Die verschollene Ferne: Gedichtjournal 2000-2008
Von Erich Reißig
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Über dieses E-Book
Erich Reißig
1946 geboren in Thüringen, Arbeit als Autor und Regisseur beim Bayerischen Rundfunk und anderen öffentlich,rechtlichen Sendern. Radio- und Fernsehfeature und seit ein paar Jahren eine Anzahl Bücher bei BOD
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Buchvorschau
Die verschollene Ferne - Erich Reißig
Inhaltsverzeichnis
Altvater
Tartu
Georg Britting
Lemberg 1
Lemberg 2
Viivi Luik
Estland
Estland 2
H-G. H
Uli K.
C. M.
C.M.2
Die Dinge gehen so
Reiterheere Burgen Schlachten
Lancut
K.
Janus
R.M.
G.H.
Russische Ballade
Der Lauf der Zehnkämpfer
L.
Der Hügel des Chassidim in Uman
Die Eisblumen auf deinem Gesicht
Der Spaziergang im Wald
Was Freundschaft ist
Auch wieder ein Tag
Verse Geschichten
Waag
Nach der Arbeit an dem Bild der Welt
Vor den Augen der Nacht
Schlattner
Ein Tag fällt zur Nacht
Am Abend vor dem Spiel
Osama bin Laden
Rock Song
Altvater
Das Licht fällt aus der Nacht
Und tausend Männer schreien.
Der Vater sieht zum Wetter hin
Die Linde steht am Weiher.
Die Elster huscht von Ast zu Ast
Ein Mönch zieht aus zum Beten.
Drei Mütter taumeln in den Tag
Schauen ihren Söhnen nach.
Ein Leutnant sagt
Es ist vollbracht.
Die Spüle glänzt im Morgenlicht
Verwittert blass im Zimmer.
Tartu
Das blaue Rechteck der Nacht
Im Blick deines Wahns.
Lippen aus Fieber
Und Wangen aus
Bleikristall.
Was soll das?
Fragst du und
Willst doch bloß
Zustimmung hören
Ein Zug
als donnerndes Band
Am grauen Rand
falscher Ferne
Ich gehe
nie wieder
Zur Kirche.
Dort.
Hier.
Eine Schwalbe
Auf
dem Draht
deiner Augen
Im blauen
Rechteck
der Nacht
6.4.00
Everything goes.
Einen Krieg
Wollte er nicht
mehr mitmachen.
Soviel war klar.
Und es schien auch
Zu klappen,
bis dann die Grauhemden
an die Macht kamen
und die erste beste Gelegenheit
beim Schopfe packten.
Da saß er nun.
Nicht fern
In der Türkei,
wo die Völker
aufeinanderschlagen,
sondern mittendrin.
Hier.
Vom Flugplatz
kaum
Fünfzig Kilometer entfernt
Hoben die Bomber ab
Vom schlafenden Land.
Nacht für Nacht
Rauschten sie
An dem vorbei,
was bis dahin
Sterne waren.
Nicht für Chiffren und Zeichen
In einem Cyperspiel.
Zu noch lebenden Menschen
Trugen sie ihre Fracht.
Everything goes.
Alles geht.
1.5.00
Georg Britting
Die grüne Kälte
Deiner Gnade,
mit der du
die Zettel
dem Wasser übergabst.
Woher wusstest
Du,
dass keiner
sie vermisst,
kaum,
dass sie
davongezogen
zum
verschreckten Meer
1.5.00
Lemberg 1
Die heulende Frau
am Fenster
der Mann
mit den traurigen
Augen.
Eine Flasche
auf dem Tisch
Gläser Wodka
Und Orangensaft
Graublau
Der Hügel
hinter
Den Scheiben.
Regen
und
Radiomusik.
Ein Tag
Zieht leise
Zur Nacht.
Einzelne Laute,
die ich
verstehe
eigentlich
die ganze
Geschichte.
10.5.00
Lemberg 2
Die Kids
Ähneln einander
Auf dem blauen
Planeten,
Mit ihren Hosen,
Den Shirts,
Den Rucksäcken,
Die sie geduldig
Schleppen.
Ihren Gesten,
Die sie nicht lernen
Müssen.
Nicht
Leugnen wollen.
In welchen
Krieg
Werden
Sie einst
Einander
Gegenüberstehen,
Nachdem ihre Väter
Schon wieder
Die Welt
Verraten haben
Und die Mütter
Wieder einmal
Und wieder zu viel
Geduld beweisen?
12.5.00
Jaan Kaplinski
Der Dichter
Mit dem streng
Gebundenen
Haar.
Versonnen
Sagt er,
dass er
Erkennen
suche.
Leise,
voller Verwundern
über seine nun
fast 60 Lebensjahre.
Die vielen Wege,
die er ging.
Dinge, die er sah.
Frauen,
denen er begegnete.
Eigentlich
Habe die
Suche jüngst
Erst begonnen.
29.5.00
Viivi Luik
Leise
Verwundert
Trotzig empört
Betrachtet sie
Die Orte
Der Kindheit.
Das Licht
Und den weiten Himmel
Des Nordens.
Leer ist alles.
Leblos in Stich
Gelassen.
Jeder weiß
Vergangenes
Und trägt es
Ihr zu.
Keiner, der
Sie berührt.
6.6.00
Estland
Birken
Am Weg
Zum leeren Haus.
Tote Augen
Über freiem Grün.
Ein Feldsteinsockel
Stützt
Morsches Holz.
Graue
Schindeln klemmen
Im Wind.
Eckig huscht
Eine Elster über den
Traurigen
Hof.
8.6.00
Estland 2
Der ungeheure
Verfall
Im gleichgültig
Verrinnenden
Tag.
Und das Geld
Aus dem Westen.
Die Autos
Von dort,
die Computer,
die Träume
von immerwährender
Zufriedenheit.
Ich gehe im Juli
Nach Spanien.
Arbeiten.
Ein paar Monate.
Ein Jahr
Vielleicht
Für immer
9.6.00
Die Nacht der
Generäle
Mit dem
Blauen Visier
Im schnittigen
Panzer
Auf staubigen Wegen
Am Rande
Der Welt.
Behütet vom Glanz
Ihrer Eitelkeit
Und den stolzen
Gedanken
Der Frauen
Daheim
18.6.00
Vor den Augen
Der Frauen
flanieren die Töchter
über den blass gelben Markt.
Sie sind stolz
Auf die Röcke
Die Blusen
Die Ketten