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Der Traum des Marco Polo: Zeitreise zu den "32 Winden" Asiens und der Südsee
Der Traum des Marco Polo: Zeitreise zu den "32 Winden" Asiens und der Südsee
Der Traum des Marco Polo: Zeitreise zu den "32 Winden" Asiens und der Südsee
eBook274 Seiten3 Stunden

Der Traum des Marco Polo: Zeitreise zu den "32 Winden" Asiens und der Südsee

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Über dieses E-Book

Der venezianische Kaufmann Marco Polo (ca. 1254–1324) bereiste bereits im 13. Jahrhundert als einer der ersten Europäer das unbekannte Asien. Er hinterließ mit "Il Milione" einen minutiösen Reisebericht, der das geografische Weltbild im Europa des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit stark beeinflusste.
Inspiriert von den Abenteuern Marco Polos, verfasste Georg Illichmann einen lebendigen Bericht über seine eigenen Reisen, die ihn unter anderem nach Japan, China, Nordkorea, Vietnam und die Südsee führten.
Kurzweilig, humorvoll und äußerst sprachgewandt schildert er die Politik, die Kultur, die Sehenswürdigkeiten und die Geschichte des jeweiligen Landes und lässt den Leser so unmittelbar an seinen Erlebnissen teilhaben.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum7. Mai 2013
ISBN9783848248735
Der Traum des Marco Polo: Zeitreise zu den "32 Winden" Asiens und der Südsee
Autor

Georg Illichmann

Georg Illichmann, 1947 in Wien geboren, begann seine berufliche Karriere am Flughafen Wien-Schwechat und wechselte anschließend in die Marketing- und Vertriebsabteilung der damals größten österreichischen Fluglinie. Nach einem Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien wurde ihm die Leitung der neu eröffneten Außenstelle in Tripolis, Libyen, anvertraut. Es folgten berufliche Stationen in Stockholm und Brüssel. Die letzten sechs Jahre seiner Karriere verbrachte er in Tokio. Nach dem Ausscheiden aus dem Flugbetrieb übersiedelte er mit seiner Familie in das Burgenland. Seit vielen Jahren interessiert er sich für die Renaissance-Epoche in Italien und deren historischen Protagonisten im Zeitraum des 15. und 16. Jahrhunderts.

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    Buchvorschau

    Der Traum des Marco Polo - Georg Illichmann

    Epilog

    Marco Polo,

    seine Reisen, seine Berichte, seine Träume

    Der venezianische Kaufmann und Abenteurer bereiste bereits im 13. Jahrhundert als einer der ersten Europäer das unbekannte Asien. Er hinterließ einen minutiösen Reisebericht, »Il Milione«, der große Verbreitung fand und das geografische Weltbild im Europa des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit stark beeinflusste.

    Marco Polo starb am 8. Januar 1324 in Venedig. Seine letzten Worte lassen keinen Zweifel an der Authentizität seiner Berichte zu, aber doch nebst starkem Selbstvertrauen den Zweifel an der Akzeptanz seiner Worte durch die Nachwelt erkennen.

    »Ich habe nicht die Hälfte von dem erzählt, was ich gesehen und erlebt habe, weil keiner mir geglaubt hätte. «

    Die Historizität der Geschichten und Reiseerlebnisse von Marco Polo ist teilweise weder belegt noch nachweisbar: Ungereimtheiten und Zweifel gehen Hand in Hand mit spannenden, teils wissenschaftlich erwiesenen Fakten.

    In meinem Fall sind die Reisen und deren Hintergrundberichte authentisch, echt und vor allem nachvollziehbar.

    Was war es, das mir Marco Polo sozusagen als »geistige Vorlage« über den Weg geschickt hat? Ich glaube, es war ein Mix aus Abenteuerlust, Neugierde, auf andere Horizonte zu stoßen, und der unausweichliche Wunsch, genau diese Impressionen festzuhalten – und zwar auf eine Weise, die wesentlich spannender ist als eine Diaschau.

    Marco Polo – »in der Nussschale«

    Präludium: Die Reise von Vater und Onkel

    Niccolo und Matteo Polo, beide Juwelenhändler aus Venedig, brachen 1260 zu einer Reise auf, um am Unterlauf der Wolga ihrem Geschäft nachzugehen.

    Vor ihnen hatte bereits der Mönch Giovanni de Plano Carpini und danach der Franziskaner Wilhelm von Rubruk, seinerseits im Auftrag des französischen Königs Ludwigs IX., dieselbe Route für die Mission gen Osten gewählt.

    Über Konstantinopel kamen die Polos auf die Krim und trafen dort auf das von Dschingis Khans Enkel Berke Khan beherrschte Gebiet. Aufgrund der Kriegswirren wurden sie immer weiter nach Osten statt zurück nach Italien gedrängt und gelangten so an die Seidenstraße und bis nach Buchara. An der Rückkehr gehindert, blieben sie drei Jahre in dieser Gegend, um sich dann einer persischen Gesandtschaft auf dem Weg nach Peking (Beijing – damals Kambaluk, »Stadt des Khan«) anzuschließen. Im Winter 1266 trafen sie am Hof des Mongolenherrschers ein, wo sie vom Khan willkommen geheißen wurden. Dieser sicherte ihnen Schutz und Geleit für die Rückreise nach Italien zu, lud sie aber gleichzeitig ein, wiederzukommen und gesalbtes Öl aus dem Jesusgrab in Jerusalem mitzubringen. Außerdem bat er um einhundert christliche Gelehrte, die das Evangelium unter seinen Untertanen verbreiten sollten.

    Zurück in Venedig waren die beiden Polos 1269.

    Vom Vorderen Orient bis nach Asien

    Zwei Jahre danach, 1271, brachen Niccolo und Matteo Polo wieder nach Asien auf, diesmal gemeinsam mit dem damals siebzehnjährigen Marco.

    In Akkon, einer nördlich von Haifa gelegenen Hafenstadt, setzte Marco das erste Mal den Fuß auf asiatischen Boden. Der päpstliche Legat Tedaldo Visconti, den die Polos um Erlaubnis zur Weiterreise nach Jerusalem und zur Erfüllung der Bitte des Mongolenherrschers gebeten hatten – ihm Öl aus der Lampe des Heiligen Grabes zu bringen –, wurde gerade in dieser Zeit zum neuen Papst gewählt und beauftragte als Gregor X. die Kaufleute, den Großkhan als Bündnispartner gegen den Islam zu gewinnen.

    Die Reiseroute führte die drei Männer nach Täbris, eine Stadt, die im 8. Jahrhundert von einer Frau des Kalifen Harun al Raschid gegründet worden war, weiter über die berühmte Oasenstadt Yasd bis nach Kerman, Rajen und Qamadin nach Hormoz.

    Von hier wollten die Handlungsreisenden den Seeweg nach China nehmen, ließen aber wegen des schlechten Zustands der Schiffe von diesem Plan ab. Durch die jetzt notwendig gewordenen Umwege erreichten sie Balch im Norden Afghanistans und trafen schließlich in der Stadt Kaschgan an der Südroute der Seidenstraße ein.

    Die Alte Seidenstraße

    Als Seidenstraße bezeichnet man jene sagenumwobene, 6000 Kilometer lange Handelsstraße und Netzwerk von Karawanenstraßen, deren Hauptrouten Ostasien und das Mittelmeer verbunden haben.

    Die Faszination der alten Seidenstraße liegt in ihrer interkulturellen Bedeutung.

    Vertreter verschiedenster Kulturen und Religionen trafen sich in den Handelsstätten entlang der Route und tauschten neben Waren (vor allem Seide) auch Ideen, Philosophien und Traditionen untereinander aus.

    In der Stadt Shazhou, einem bedeutenden Knotenpunkt der damaligen Nord-Süd-Route der Seidenstraße, war Marco Polo endgültig in China angekommen. Weiter ging es nach Anxi und Yumen bis nach Schangdu als seinem eigentlichen Reiseziel.

    Dort traf Marco Polo Kublai Khan, Enkel von Dschingis Khan, und die drei Polos ließen sich unter der Obhut des Herrschers nieder, der in der Zwischenzeit die Hauptstadt von Karakorum nach Peking verlegt hatte.

    Marco Polo wurde vom Großkhan zum Präfekten ernannt. In dieser Funktion reiste er mehrere Jahre quer durch China. Er war in Xian (der Stadt der berühmten Terrakotta-Armee mit dem Mausoleum des Kaisers Qui Shihuangdi). Er reiste außerdem nach Yangzhou bis zu seiner Lieblingsstadt, dem heutigen Hangzhou.

    In den Unterlagen fand man auch den Namen Cipangu. Womit sich der Kreis schließt: Cipangu war nämlich der Name Japans in Europa während des Mittelalters…

    Hatte Marco Polo auch dem sagenumwobenen Japan schon Ende des 13. Jahrhunderts einen Besuch abgestattet?

    Marco Polo kehrte 1295 wieder in die Republik Venedig zurück und diktierte danach dem Buchautor Rustichello da Pisa seine Fernostreise. Das Ergebnis war fulminant und ging in die Literaturgeschichte als »divisament dou monde«, »Das Buch von den Wundern der Welt«, ein.

    Wie alles begann

    Mein Vater war kein Juwelenhändler wie der Vater von Marco Polo, Niccolo Polo, sondern Buchdrucker in der Staatsdruckerei. Mein Onkel, gelernter Hutmacher, verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in der Schweiz, um diesem Beruf in Zürich nachzugehen, und kam erst vor seinem Tod nach Wien zurück. Offenbar vertraute er dem schweizerischen Hutmarkt mehr als dem heimischen.

    Unsere Familie stammt auch nicht aus Venedig, sondern aus Wien; eine Familie aus dem Arbeitermilieu, von keinem Papst oder Großkhan unterstützt. Statt Edelsteinen verkaufte man Zeitungen, Bücher und Hüte. Mein Vater war, kriegsbedingt, von Frankreich bis Russland viel in der Welt herumgekommen, für meinen Onkel war schon die Reise in das Nachbarland Schweiz ein Abenteuer.

    Meine Mutter und auch meine Schwester waren weniger reiselustig, in umso größerem Ausmaß dafür der Sohn und Bruder, also: ich. Eines aber hatte unsere Familie gemeinsam: den Hang zum Abenteuer, auszubrechen in eine andere Welt und doch wieder zurückzukehren in die heimatliche, vertraute Umgebung. Glück durfte dabei natürlich nicht fehlen.

    Begonnen hat alles irgendwann im Sommer 1960, als mich meine Eltern zum ersten Mal an die italienische Adria mitnahmen. Das erste Mal das Meer sehen: Sehnsüchte, in die Ferne schweifen, Aufbruch in unbekannte Weiten. Der Grundstein für meine spätere Reiselust ist sicher in dieser Situation verankert: mein Vater und ich am Strand von Jesolo, vor uns das Meer mit seinem unendlichen Horizont. Ich fragte meinen Vater, was sich denn hinter dem Horizont verberge. »Afrika«, war seine knappe Antwort, die sich allerdings in meinem späteren Leben als ausschlaggebend zeigte. Afrika: der Hauch der weiten Welt. Exotische Träume eines Dreizehnjährigen. Wie kommt man dorthin? Fließt das Meer da hinten bergab? Schauen die Menschen am anderen Ende zu uns herüber? Fragen über Fragen, Neugierde und Wissensdrang, festgeprägtes Schema im Hinterkopf, verdrängt, aber doch immer wieder präsent.

    Nicht zu vergessen ist, dass den Fragen am Meer die Fahrt nach Italien vorausging. Mein Großonkel Otto, kurz Otti genannt, war ewiger Junggeselle und Liebhaber alter, aber großer Autos, die nicht selten, meistens tief in der Nacht, irgendwo den Geist aufgaben.

    Ingenieur Otto Hochgesand war Beamter in der Niederösterreichischen Landesregierung, ehemaliger Sängerknabe (so wie ich) und ein hervorragender Pianist. Noch heute, ein halbes Jahrhundert nach unseren nächtlichen Pannen auf dem Weg in den Süden, erinnert er sich an seine Zusammenarbeit mit Peter Weck und Professor Großmann, dem legendären Talente-Entdecker. Da bei uns zu Hause ein Klavier stand und mein eigenes Talent über Mozarts Türkischen Marsch nicht hinausreichte, war der Wunsch beim Besuch des Großonkels immer: »Geh, Otti, spüü was!«, was der sich nicht zweimal sagen ließ. Mir ist heute noch in Erinnerung, dass er bei schwierigen Akkorden laut durch die Nase schnaubte. Unvergesslich auch seine Erzählung über einen Montag im Büro: »Wer es diese Woche am längsten aushält, keinen Bleistift in die Hand zu nehmen, ist Sieger!« Fast schon selbstverständlich, dass Otti am Donnerstag als Sieger hervorging.

    Der »ewige Junggeselle« heiratete dann doch eines Tages »seine Inge«, mit der er bis heute, hochbetagt, abwechselnd im zweiten Wiener Gemeindebezirk und im Haus in Grein an der Donau wohnt.

    In Wien gab es damals seit neuestem die sogenannte Mitfahrzentrale, eine Stelle, bei der Reisende mit Auto ihre Ziele deponierten in der Hoffnung, Mitfahrer zu finden und zu einer kleinen Aufbesserung der Benzin- und Reisekosten zu kommen (heute findet man diese interessante Institution unter mitfahrgelegenheit.at im Internet und kann seinen Mitreisewunsch natürlich online buchen).

    Ich wiederum, gerade einmal 14, meldete meinen Mitfahrwunsch ohne Nennung einer bestimmten Destination an und bekam nach kurzer Wartezeit die Mitteilung, dass mich ein Reisender, dessen Ziel Passau und München war, mitnehmen würde. Die Aufregung und Vorfreude war groß, und etwaige Bedenken meiner Mutter über lauernde Gefahren wurden kurzerhand vom Tisch gewischt. Und so wurde der erste Ausflug in das benachbarte Deutschland der Grundstein einer umspannenden Reisetätigkeit.

    Was meine Eltern damals 25 Schilling gekostet hatte, kostet heute 25 Euro… Allerdings liegen mehr als 30 Jahre dazwischen, obschon der Weg der gleiche ist: von Wien nach München sind es noch immer 435,6 Kilometer – der Grundstein für Zehntausende, die damals noch darauf warteten, von mir zurückgelegt zu werden.

    Der Vordere Orient

    In den späten 60er-Jahren führte mich mein Berufsweg auf Umwegen über einen Studienaufenthalt in London und das Bundesheer in die damalige Creditanstalt-Bankverein, bis ich – intuitive Vorsehung? – beim Flughafen Wien landete.

    Die Flughafen Wien AG wickelte sämtliche Linienflüge von sogenannten Fremd-Airlines ab, sodass wir mit den Fluglinien und deren lokalen Vertretern in Wien (außer der AUA) und des arabischen Raums in Kontakt kamen. Auch Frachtflüge waren im Aufgabenbereich inkludiert, was zu einem späteren Zeitpunkt ein Schlüsselerlebnis werden sollte.

    Einer der wohl sympathischsten Manager war Stanimir Stoimenov von der staatlichen bulgarischen Fluglinie TABSO. Ihn hatten wir Mitarbeiter des Flughafens besonders ins Herz geschlossen, da er neben professionellem Fachwissen eine große Portion Humor und Herzenswärme besaß. Seine Flugzeuge waren stets die pünktlichsten, saubersten und vor allem sichersten Maschinen am Flughafen. Ein Problem war allerdings die Auslastung: Außer einigen Beamten der bulgarischen Regierung saß kaum jemals ein Passagier an Bord dieser Tupolev, zu deren Grundausstattung, neben den Vorhängen an den Kabinenfenstern, ein beißender Geruch nach Lysoform zu gehören schien. Das tat jedoch einem anderen, riesigen Vorteil keinen Abbruch: Von Herrn Stoimenov konnte man Freitickets auf dem gesamten Streckennetz von TABSO bekommen – wenn auch eine Nächtigung auf dem Flughafen von Sofia mit zum Paket gehörte.

    Eine der ganz großen Frachtmaschinen kam zu dieser Zeit aus dem Libanon nach Wien. Das riesige Flugzeug mit dem Zedern-Emblem an der Heckflosse brachte Waren aus der ganzen Welt nach Österreich. Der Libanon war vor dem Bürgenkrieg ein wohlhabendes, international wirtschaftlich prosperierendes Land, und die Flugzeuge flogen nach vierstündiger Flugzeit von Beirut nach Wien in die USA weiter. Die Piloten wechselten am Flughafen Wien, bevor sie nach der Ruhepause mit der nächsten Maschine weiterflogen.

    Einer der immer wieder nach Wien kommenden Piloten der TMA war ein gewisser George Redwanly, mit dem ich und ein Kollege uns alsbald anfreundeten – Fritz Magner, der damalige Pressesprecher der Flughafen Wien AG, der sämtlichen Anrufern stets sagte: »Nein, M wie Martha und nicht W wie Wilhelm!« George ermunterte uns bei jedem Aufenthalt, ihn doch einmal in seiner Heimat zu besuchen. Und so entschlossen Fritz und ich uns, Herrn Stoimenov um Tickets nach Beirut zu bitten.

    Gesagt, getan. Der Flug von Wien nach Sofia und die dortige Übernachtung sind in meinem Gedächtnis nicht mehr vorhanden, zumal die darauffolgenden Ereignisse eine derart prägende, langzeitliche Wirkung hatten.

    Das Flugzeug am nächsten Morgen hatte die Route Sofia – Istanbul – Beirut und die Enddestination Bagdad im Flugplan. Nach einem kurzen Flug nach Istanbul und einem ebenso kurzen Aufenthalt sollte es in Kürze weiter in Richtung Beirut gehen. Dort wollten wir aussteigen, bevor das Flugzeug weiter nach Bagdad flog.

    Wir waren schon im Taumel der Vorfreude darüber, dass wir bald über dem Mittelmeer sein würden und die Warteschleife über Zypern Richtung Libanon vor uns hatten. Zunächst war am Flughafen Istanbul Endstation: Die Maschine war defekt, und so mussten wir stundenlang auf eine Ersatzmaschine warten. Als dann der Weiterflug angesagt wurde, erfuhren wir, dass der Flug direkt von Istanbul nach Bagdad geführt werde und der Zwischenstopp in Beirut ausfallen würde. Auf die Frage nach dem Warum erfuhren wir, dass wir die einzigen Passagiere für Beirut seien und man für sogenannte Freipassagiere keinen teuren Stopp mit Landung und Start in Beirut machen würde. Und so flogen wir bedrückt nach Wien zurück.

    Aber knapp ein Jahr später erreichten wir unser Ziel dennoch. Wir landeten am Beirut International Airport und fuhren in das am Meer gelegene Hotel »Riviera« direkt an der Corniche am Mittelmeer und nahe der berühmten Hamra gelegen. Und dort trafen wir George Redwanly wieder, unseren Freund aus Wien. Aber irgendwie ließ Fritz und mich das Gefühl nicht los, dass hinter der entgegengebrachten Gastfreundschaft ein anderer, fahriger, unzuverlässiger George steckte.

    Wir verbrachten interessante Tage in Beirut, bis wir irgendwann hinter dem so charmanten und charismatischen Piloten sein wahres, fanatisches Gesicht kennenlernten.

    George war ein besessener Anhänger der »Eiferer«, der Hamas, dessen Ziel während seines Militäreinsatzes es war, so viele israelische Soldaten wie möglich zu eliminieren. Kurz darauf starb er selbst durch die Kugel seiner Organisation, der er zeit seines Lebens sehr nahestand.

    Den Abend, an dem wir vom Ende George Redwanlys erfuhren, verbrachten Fritz und ich im Casino de Liban. Aber die Stimmung war äußerst gedrückt, sodass wir relativ bald ins Hotel, dann nach Wien zurückkehrten.

    Kapitel I.

    Japan

    »Das Reich im Osten Chinas«

    Shogun Minamoto no Yoritomo

    Einleitung

    Für die kommenden Kapitel und Seiten kann ich dem Publikum schon vorab ankündigen, dass Eindrücke und Fakten sich gleicherweise mit Emotionen und Befindlichkeiten ablösen werden.

    Eine ungeheure Fülle von Ereignissen, beruflicher wie privater Natur, stürzt schon beim bloßen Überlegen und Nachdenken über die Themen- und Wortwahl auf mich ein.

    Ich verspreche aber schon jetzt, weder wehmütig noch wehleidig zu berichten, sondern meiner sechsjährigen Tätigkeit im Land der aufgehenden Sonne jenen Wert zukommen zu lassen, den der Leser verdient: völlige Authentizität – was man von meinem launischen Vorbild, Marco Polo, ja nicht unbedingt behaupten kann.

    Faszinierendes Japan. Exotisches Japan. Land der Moderne.

    Woraus, eigentlich, besteht die Faszination des heutigen Japan?

    Ist es der Aufbruch des alten Japan der Samurai und des Feudalismus in das Nippon und die Moderne von heute?

    Ist es das älteste Kaiserhaus der Welt oder die Frauenfrage im Land der Geishas?

    Oder, um die neueste Geschichte zu bemühen, wie konnte ein Land, das die USA mit Atombomben verwüstete, zum engsten Verbündeten von Amerika und zum Nuklearstaat werden?

    Oder sind es doch nur die Klischees, die, bestehend aus Sushi, Sony und Sumo, den Weg in den europäischen Alltag gefunden haben?

    Bevor ich meine Tätigkeit als Manager einer Fluglinie in Tokio antrat, war ich niemals zuvor in Japan gewesen. Am nächsten kamen noch die Besuche in Hongkong oder Shanghai, aber über das japanische Meer hatte ich es irgendwie nie geschafft.

    Obschon es von Chinas Grenzen bis Japan nur knapp zwei Flugstunden sind, hat man es mit Welten zu tun, die unterschiedlicher nicht sein können. Auch halten sich die Vorstellungskraft und das konkrete Wissen über Japan doch in bescheidenen, europäischen Grenzen. Aber die Mystik, die neue Gesellschaftsordnung, teilweise falsch überlieferte, falsch interpretierte Traditionen und Voreingenommenheit lassen sich nicht durch Sushiläden verdrängen. Vor allem die sogenannte japanische Seele, also die Denkweise der Inselbewohner, seit Jahrtausenden geprägt, ist in der Realität doch um einiges komplexer als vorgestellt und fordert vom Ausländer großes Einfühlungsvermögen.

    Allerdings, und das sei hier vorausgeschickt, machen es Japaner den Besucherinnen und Besuchern mit ihrer Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und dem weitgehenden Fehlen von rassistischen Einstellungen im Regelfall nicht allzu schwer. Natürlich bedarf es zu dieser Erkenntnis des Alltags mit all seinen Facetten. Und wenn auch die sprachliche Komponente schwierig ist, wird dies durch die ausgeprägte japanische Hilfsbereitschaft mehr als kompensiert.

    Lassen Sie mich das anhand einer Episode verdeutlichen. – Gleich zu Beginn meiner Tätigkeit hatte ich einen Termin in einem Geschäftsbezirk von Tokio. Selbstbewusst nahm ich die Metro im Glauben, goldrichtig zu liegen. Als ich ausstieg und nicht gleich den Weg fand, kam leichte Panik auf, da man ja bekanntlich nie zu spät kommen darf – schon gar nicht in Japan. So stand ich ziemlich dumm am vermeintlich richtigen Ort, drehte den Stadtplan in alle Richtungen, aber die Adresse war nicht

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