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Lebenslinien nachgezeichnet ... bis Langenhorn
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eBook135 Seiten1 Stunde

Lebenslinien nachgezeichnet ... bis Langenhorn

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Über dieses E-Book

Wer wissen will, wer er ist,
muss wissen, woher er kommt,
um zu sehen, wohin er will!
(Jean Paul, 1763-1825)

Ein Jahr lang hat die Biografiegruppe Interviews mit Männern und Frauen aus der St. Jürgen-Zachäus Gemeinde in Hamburg-Langenhorn oder Menschen aus dem Bekanntenkreis geführt.

Neben Alltagsszenen wie Schulweg, Spiele, Essen oder Sprüche der Eltern wurden die großen Erlebnisse wie Krieg, Verlust der Heimat oder Überleben nach der „Stunde Null“ nachgezeichnet, oft zum ersten Mal.

Zeitzeugen und Biografen spürten: Die Arbeit an der Lebensgeschichte bedeutet Begegnung mit sich selbst und mit anderen, mit Vergangenem und Gegenwärtigem.

Für die vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre, für Ernstes und Fröhliches, Zeitloses und Persönliches dankt die Biografiegruppe den Zeitzeugen mit diesem Buch herzlich.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum31. März 2015
ISBN9783738698305
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    Buchvorschau

    Lebenslinien nachgezeichnet ... bis Langenhorn - Books on Demand

    Weihnachten

    Und trotzdem ein erfülltes Leben

    Aufgezeichnet 2014 von Ursula Weise

    Leni hatte eine glückliche Kindheit - mit einigen Einschränkungen. Geboren ist sie 1924 in einem kleinen Dorf am Niederrhein mit einer riesengroßen katholischen Kirche. Als evangelisches Kind gehörte man damals nicht so richtig dazu. Zu gerne wäre sie bei den vielen Prozessionen im Dorf auch als weiß gekleidetes „Engelchen" mitgelaufen, aber das ging ja nicht.

    Wenn sie und ihre ältere Schwester mit der Tante im Dorf spazieren gingen, hörte sie oftmals die Leute sagen: „Was haben sie nur für eine hübsche Nichte, Fräulein R." Da war aber nicht sie gemeint, sondern ihre hübsche Schwester. Das tat schon etwas weh.

    Dafür hatte sie aber ein ganz besonders vertrautes Verhältnis zu ihrem Vater. Der war Studienrat in der nächstgelegenen Stadt und betrieb als Hobby zu Hause eine Obstplantage. Leni half ihm besonders gerne und eifrig und erntete viel Lob vom Vater. Sie war lebhaft, neugierig und immer in Bewegung - der Schorf an den Knien heilte nie richtig ab. Als die große Schwester schon zu der Fraktion der Frauen im Haus zählte, fühlte sie sich immer als die kleine Unwissende. Irgendwann wurde sie dann vom Vater aufgeklärt. Ja - sie war ein richtiges Papa-Kind. Besonders ist ihr die Enttäuschung in Erinnerung, als der Vater sie einmal ungerecht behandelt hatte. Der Vater entschuldigte sich bei ihr und schenkte ihr ein schönes Bilderbuch und ein Gedicht. Leni war aber noch weiter bockig und hat sich dann sehr geschämt, als der Vater ihr eindringlich klarmachte, dass man Entschuldigungen auch annehmen muss.

    Als die ersten Auswirkungen der ungeliebten nationalsozialistischen Regierung zu spüren waren, wurde in der Familie die Parole ausgegeben: „Was am Tisch zu Hause geredet wird, dringt nicht nach außen. Die beiden Mädchen durften nicht in den BDM eintreten und sollten sagen, wenn sie von Lehrern bearbeitet werden sollten, warum nicht: „Da müssen sie unseren Vater fragen. Weitere Begründungen gab es nicht. Der Vater selbst war nicht in der Partei und auch nicht dem nationalsozialistischen Lehrerbund beigetreten.

    Leni1927

    Bei einem Spaziergang mit dem Vater fiel Leni auf, dass ein dem Vater bekannter jüdischer Kollege aus dem jüdischen Waisenhaus die Straßenseite wechselte, als er den Vater von weitem erkannte. Später wurde ihr klar, dass der jüdische Kollege verhindern wollte, dass der Vater Schwierigkeiten bekäme, da es verboten war, Juden zu grüßen. Der Vater war politisch ein mutiger Mann, hat aber wohl keine größeren Probleme bekommen.

    Für die Kinder war es wieder eine Ausgrenzung, nicht die BDM-Veranstaltungen mitmachen zu dürfen, nicht diese interessanten Schuhe mit Nägeln auf den Sohlen tragen zu dürfen, die bei den Aufmärschen so schön klackerten. Stattdessen musste eine Lehrerin die Kinder unterrichten, die davon nicht gerade begeistert war.

    Nach der Schulzeit musste Leni zum Arbeitsdienst nach Steinkirchen im Alten Land. Danach wurde sie zum Kriegshilfsdienst in eine Munitionsfabrik in Munsterlager geschickt. Nach kurzer Zeit fühlte sie sich krank, schwach und elend. Der Arzt guckte ihr in den Hals und befahl: „Weiterarbeiten". Man dachte wohl, sie wäre eine Simulantin. Kurz darauf fand eine Lungen-Reihenuntersuchung statt und dabei wurde bei Leni eine Tuberkulose festgestellt. Die Entfernung aus der Fabrik erfolgte sofort. Nach einer Kur im Schwarzwald wurde sie als geheilt entlassen und konnte ihre Ausbildung zur Medizinisch-Technischen Assistentin in Gelsenkirchen im Ruhrgebiet beginnen.

    Zur ersten Prüfung als medizinische Gehilfin „durfte" sie mit dem Fahrrad vom Niederrhein ins Ruhrgebiet fahren. Sie hatte von den Amerikanern, die gerade vorher auf der Höhe des Dorfes den Rhein per Pontonbrücke überquert hatten, einen Passierschein für die andere Besatzungszone bekommen.

    Zur Zeit der zweiten Prüfung zur MTA hatte Leni einen Rückfall; die TB war zurück und sie konnte nicht an der Abschlussprüfung teilnehmen. Durch eine kurzfristige Aufforderung einige Wochen später konnte sie krank, fiebrig und unvorbereitet doch noch ihre Prüfung nachholen. Sie kann sich an keine Details dieser Prüfung erinnern und meint heute, sie hätte die Note 1 wahrscheinlich aus lauter Mitleid der Ausbilder bekommen.

    Inzwischen war die schwer geschädigte Lunge so angegriffen, dass sie wieder ins Krankenhaus und zur Kur musste, diesmal nach Warstein im Sauerland. In dieser Heilstätte wurde sie auch in ihrem Beruf MTA im Labor angestellt und war gleichzeitig gesundheitlich unter Kontrolle.

    Leni meint, dass sie mehr als zwei Jahre ihres Lebens wegen ihrer Krankheit im Bett liegen musste. Aber, so bitter die Zeit der akuten Krankheit auch war - es gab noch keine wirklich wirksamen Medikamente gegen TB - so wertvoll war die Zeit in der Heilstätte. Sie hat viel Mitmenschlichkeit erfahren, viel Zugehörigkeit und viele gute Freundschaften und Beziehungen aufbauen können. Ihre Begabung zum Trösten und Einfühlen zeigte sich zum Beispiel, als eine Mitpatientin sagte: „Wenn ich sterbe, musst du aber da sein."

    Dazu kamen auch die wöchentlichen Briefe vom Vater, der ihr immer den Rücken gestärkt hat und mit seiner Liebe wie ein Schutzengel seine Hand über sie gehalten hat.

    Leni hat ihre Freundschaften und Beziehungen auch nach ihrer Zeit in der Heilstätte stets weiter gepflegt.

    Sie hat später geheiratet und ist inzwischen verwitwet. In ihrer humorvollen und lebensbejahenden Art hat sie auch heute noch einen größeren - wenn auch leider immer kleiner werdenden - Kreis von Bekannten und Verwandten von jung bis alt um sich versammelt. Sie ist ihnen Vertraute, Freundin und Beraterin.

    Mit den Folge- und Spätschäden ihrer Krankheit musste sie immer wieder schwere Krisen durchstehen und sich durchkämpfen. Aber sie sagt heute: „Ich bin dankbar für ein sehr interessantes, erfülltes und zufriedenes Leben - und hätte nie gedacht, dass ich einmal so alt werden würde."

    Zufälle – die Dinge, die Gott uns zufallen lässt

    Aufgezeichnet im Frühjahr 2014 von Birgit Wiedenmann-Naujoks

    Im Frühsommer des Jahres 1928 erblickt Wilhelm in Swinemünde, der Stadt, die am Schnittpunkt der Inseln Usedom und Wollin liegt, das Licht der Welt. Vier Jahre später bekommt Wilhelm einen kleinen Bruder und nach weiteren vier Jahren eine kleine Schwester. 1928 beginnt die Weltwirtschaftskrise, die nachfolgend auch in Deutschland hohe Arbeitslosigkeit und großes soziales Elend bewirkt. Wilhelm bemerkt als Kind davon nichts, er hat eine wohlbehütete und glückliche Kindheit, die Familie muss keine Not leiden.

    Innenansicht des väterlichen Geschäfts, 1947 von Wilhelm aus der Erinnerung gezeichnet

    Der Vater hat in guter Lage mitten in der Stadt ein Geschäft für Spielwaren, Schreibwaren, Kunstgewerbe und Sportbedarf. Das Geschäft gehört in Kindertagen mit zum „Reich" von Wilhelm. Peitschenkreisel und Brummkreisel sind zum Spielen vorhanden, mit dem Roller kann man die lange Geschäftsfront auf- und abfahren, es sind stolze 70 Meter. Es werden aber nicht alle Kinderträume wahr. Die wunderschönen, maßstabsgetreuen Schiffsmodelle aus Blei von Viking haben es Wilhelm schon früh angetan, zu gerne hätte er eines, nicht zum Spielen, denn dafür sind die Modelle nicht geeignet, aber zum Haben, zum Träumen. Wilhelm hat die Idee, sich zu Weihnachten und dem Geburtstag zusammen nichts außer einem solchen Modell zu wünschen, aber der Wunsch wird nicht erfüllt. Fünf Mark soll ein solches Viking-Modell kosten, das ist einfach zu teuer.

    Über dem Geschäft hat der Großvater väterlicherseits die Waschküche gebaut, er ist Tischlermeister. In der Waschküche steht u.a. der große Waschkessel auf dem Feuer. Das Waschen aller Wäsche geschieht natürlich von Hand, die Wäsche wird mit Wäscheblau zum Strahlen gebracht.

    In Swinemünde werden auf einer Werft alte Schiffe abgewrackt, viele Materialien werden aber woanders weiterverarbeitet. So erwirbt der Großvater die Decksplanken, die aus Teakholz sind, um aus ihnen Möbel und Gebrauchsgegenstände herzustellen. Oft sieht Wilhelm die Werke, die der Großvater aus Teak gearbeitet hat, und bis auf den heutigen Tag ist Teak Wilhelms Lieblingsholz. In späteren Jahren wird er sich alle Möbel und Einrichtungsgegenstände aus diesem Holz kaufen, weil er es so gerne mag.

    In der Vorweihnachtszeit bekommen die Kinder „wichtige" Aufgaben im Geschäft. Sie dürfen die Waren, die die Kunden sich ausgesucht haben, zum Packtisch tragen. Sie erfüllen diese Aufgabe mit sehr großem Stolz und Eifer.

    In den Sommerferien verbringen die Kinder herrliche Zeiten bei den Großeltern mütterlicherseits in Wollin. Der Großvater besitzt eine Werft, dort können die Kinder wunderbar spielen. Auch wird oft das Ruderboot benutzt, um auf dem Dievenow-Strom zu rudern. Aber die Kinder lernen auch segeln. Zu Segelbooten umgebaute Ruderboote oder auch kleine Segelboote beherrschen die Kinder bald perfekt. Besonders stolz sind sie, als sie dem Großvater verkünden, dass sie nun auch das Wriggen beherrschen.

    Panorama von Wollin, 1947 gezeichnet von Wilhelm

    Der Vater hatte nach dem ersten Weltkrieg den Wunsch, Förster zu werden. Daraus wurde zwar nichts, aber ein guter Freund des Vaters ist Förster, und so verbringt die Familie auch viel Zeit dort. Dem jungen Wilhelm wird die Natur gezeigt, er lernt z.B. Flugbilder von Habicht und Mäusebussard unterscheiden und stromert oft lange in den herrlichen Kiefernwäldern Usedoms herum, um Wild und Natur zu beobachten. Ich meine

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