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Aus der Luft gegiffen?
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eBook137 Seiten1 Stunde

Aus der Luft gegiffen?

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Über dieses E-Book

Jede einzelne dieser Erzählungen und Geschichten spiegelt eine Welt für sich wider. Dennoch ist der Zusammenhang die bunte Viefalt des Lebens, an dem Onkel Willi seine Freude hat und sicherlich auch die Leserinnen und Leser, die sich darin wiederfinden. Ob aus der Luft gegriffen oder nicht, mag letzlich der Leser entscheiden.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum2. Jan. 2015
ISBN9783734741067
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    Buchvorschau

    Aus der Luft gegiffen? - Peter Ostermann

    Inhaltsverzeichnis

    Titelseite

    Impressum

    Peter Ostermann

    Aus der Luft gegriffen?

    Erzählungen und Kurzgeschichten

    für Grazyna, meine Frau

    Peter Ostermann , geboren 1937 in Stettin, lebte nach dem Großangriff 1943 in Treptow an der Rega. Sein Vater fiel 1944. 1948 wurde der Rest der Familie zwangsweise nach Oberschlesien ausgesiedelt, 1949 kamen sie frei und konnten nach Hannover ausreisen. Nach dem Abitur studierte er Anglistik und Romanistik in Kiel, Göttingen und Bonn. 1997 wurde er als Oberstudienrat pensioniert. Er schreibt Gedichte, Kurzgeschichten, Erzählungen und Romane. Peter Ostermann

    Aus der Luft gegriffen?

    Erzählungen und Kurzgeschichten

    Vorwort

    Ich fuhr so gern von der Großstadt aufs Land, wo meine großzügige Tante Margarethe und mein verschmitzter Onkel Willi eine Blumengärtnerei betrieben. So manches Mal versüßte mir meine Tante das Wochenende mit einem Griff in die Kasse, während mein Onkel nicht müde wurde, Geschichten und Dönekes zu erzählen, von denen einige seine autogene Jugendweihe oder seine Initiation darstellten, wie er sich ausdrückte.

    Ich werde nie sein bauernschlaues Lächeln vergessen, wenn er von dem Steuerprüfer berichtete, der gekommen war, um die Anzahl einer Blumensorte zu schätzen. „Wie viele Petunien haben Sie da?- „Na, schätzen Sie mal! –„Sagen wir fünftausend. – „Sehr gut, sechstausend.

    In Wirklichkeit waren es dreißigtausend, und das sei gerecht, war er überzeugt, man müsse ja auch den Kuchen, den Kaffee, den Cognac und den zeitlichen Aufwand mit einbeziehen, die seine Regierung – so nannte er seine Frau – dem genialen Genießer zur Verfügung gestellt hatte.

    Bei solchen Gelegenheiten musste ich wohlwollend schmunzeln, weil man an eigene Erfahrungen erinnert wird, die Ähnlichkeiten, manchmal sogar Übereinstimmungen aufweisen.

    Neider hingegen, die kaum offen sind für Erlebnisse anderer oder sogar für ihre eigenen, weil sie an überlieferten Glaubenssätzen hängen, neigen zu der Behauptung, das sei doch alles nur aus der Luft gegriffen. Ich stelle mir immer vor, wie jemand in die Luft greift, um sich etwas herauszuholen.

    Mein Onkel und seine Kumpane hatten ein junges Pärchen beobachtet, das ein altes Gartenhäuschen, das vernachlässigt worden war wie der Garten selbst, in eine Liebeslaube verwandelt hatte. Eines Tages nun hatten die Jungs bei Abwesenheit des Paares unter dem Sofa eine Glocke montiert (kein Glöckchen), und bald darauf, höre da! erscholl ein liebliches rhythmisches Glockengeläut, das man weithin vernehmen konnte, und das den Schlingeln die Genugtuung verschaffte, dass sich ein Traum der Liebe erfüllte.

    Von allen Erzählungen meines Onkels sind mir einige in besonderer Erinnerung geblieben, weil er sie mehrmals wiedergab, und weil es bei allen Malen kaum Abweichungen gab. Ich wollte ihn nicht fragen, ob sie aus der Luft gegriffen waren, um seine Begeisterung und seine Verrücktheit nicht zu stören: Da sind zum Beispiel die Schilderungen seines Freundes Josef, Jupp genannt, Professor für Germanistik, oder von dem Pharmareferenten Michael und seinem Sohn Timo, dann Erfahrungen aus Brüssel, von einem Kindergeburtstag und so weiter.

    Eine Freundin in Dellbrück

    Ich war vierundzwanzig, erzählte Jupp, und Student in Köln, in meiner Heimatstadt, und ich hatte ne Freundin, die war achtzehn, die war kurz vor der Reifeprüfung, nix Abitur, Abgang, Reifeprüfung! Die Dame wohnte in einem kleinen Dorf hinter Dellbrück. An Wochenenden war ich häufig bei ihr, und sie holte mich immer mit dem Auto vom Dellbrücker Bahnhof ab.

    Ihre Eltern hatten mir erlaubt, in der Dachkammer zu schlafen, ihr aber streng verboten, mit mir sexuellen Kontakt zu haben. Der Vater gnadenlos katholisch, ich evangelisch – dat war schon nene Katastrophe – hatte mit Blick auf ihren Bauch geschworen: Wenn sisch da wat drin von denem Kerl entwickelt, dann fliegste raus, dann biste unsre Tochter jewesen! Einmal, wahrscheinlich weil er merkte, dass ich immer noch nicht katholisch geworden war, brüllte er sie an: Wenn du mit nem Kind nach Hause kommst, biste für misch jeschtorben. Leider hatten wir damals noch keine Ahnung, welche körperlichen und seelischen Folgen solche Drohungen haben können.

    Also, was machten die fromme Helene – so nenne ich sie hier mal – und ich? Wir trieben es im Auto, schön mit Parisern, wie sich das gehört.

    Wir fuhren von Dellbrück in Richtung Dorf, und da kamen wir an einem Waldstück vorbei. Wir wählten einen etwas abschüssigen Waldweg, ich parkte rückwärts ein, so konnte man die ’Liebeslaube‘ nicht so direkt sehen. Sie zog sich draußen den Slip aus – sie trug zu besonderen Anlässen gern Kleider, auch um ihre betörenden Beine zu zeigen – ich setzte mich wohl vorbereitet auf den Rücksitz und sie sich auf mich, und wir sahen einander an und erkannten einander nicht. Wo die Liebe hinfällt, da finden sich Wege, und wenn es Waldwege sind. Auf diese Weise konnten wir ihren Eltern die Heiligen, die Unberührten, wenn man will, die Unbefleckten vorspielen – was ja tatsächlich stimmte – und sie waren es zufrieden, oder besser gesagt, sie waren beruhigt, denn sie merkten nichts.

    Einmal hatten wir allerdings ein besonderes Erlebnis. Es hatte am Vorabend stark geregnet, ich fuhr wieder rein in den Weg, wir liebten uns, sogar mehrmals, weil sie nicht genug kriegen konnte, und ich dachte schon, nicht dass sie schwanger wird, was ja gar nicht möglich war, weil die Mäntelschen die Strapazen aushielten, aber Helene war so heiß! Na gut, es war spät geworden, und wir meinten, dass uns so langsam die glaubwürdigen Märchen ausgehen würden.

    Wir machten uns startklar, und sie fuhr los, das heißt, sie wollte losfahren, aber es ging nicht, das rechte Hinterrad rutschte immer tiefer in den matschigen Boden, dessen Zustand uns erst jetzt so richtig bewusst wurde, denn wir waren ja mit Blindheit geschlagen. Ich sprang raus, schob links, wir bekamen den Wagen nicht vom Fleck. Fahrerwechsel, ging auch nicht, der Weg fiel zu sehr ab, außerdem nahmen die Hinterräder schon so langsam eine andere Farbe und einen anderen Zustand an. Hätte die Laube anders herum gestanden, wäre es uns trotz Hinterradantrieb vielleicht gelungen, aber so nicht. Ja, da war … am Dampfen …der Waldboden natürlich, was denn sonst, und guter Rat teuer. Jedenfalls waren wir im Stress. Vor allen Dingen war alle Seligkeit vergessen und die ganze schöne Erotik auf eine schreckliche Wirklichkeit geschrumpft. Ohne Auto bei den Eltern auftauchen? Unvorstellbar. Abschleppdienst oder Traktor? Ihres Wissens nichts in der Nähe. Ein Mobiltelefon gab’s noch nicht. Da kann man mal sehen, wofür Mobiltelefone überhaupt erfunden wurden! Es blieb uns nichts anderes übrig, wir zogen los, aber nicht zu ihr nach Hause, sondern zwei Kilometer zurück in ein Dorf, wo wir immer an einer Kneipe vorbeifuhren.

    Wir hatten Glück, da waren ein paar gestandene Männer und tranken ihr Bier, aber mein Vortrag war mit das Peinlichste, was ich bis dahin erlebt hatte: Wir seien stecken geblieben auf einem Waldweg. Man kann sich vielleicht die feixenden, grinsenden, schmunzelnden Mienen vorstellen, die Sprüche sind mir heute noch im Ohr: Da habt ihr’s euch aber gegeben; jut, dat ihr jetrennt hierher jekommen seid; ein Auto is für alles jut, die Hauptsach is, de Stoßdämpfer sinnoch heil! Es half alles nichts, Clara, so hieß Helene wirklich, hatte glühende Wangen und hochrote Ohren, und mein Blutdruck war sicherlich auch vergleichbar mit dem eines Mannes, der mit 280 über die Autobahn schießt. Egal, wir gestanden das Faktum und pochten auf ihr Mitgefühl. Und da man solche Gefühle entweder aus Erfahrung kennt oder sich Situationen dieser Art gut vorstellen kann, weil sie so menschlich und doch nicht so außergewöhnlich sind, siehe da, alle waren bereit, uns zu helfen. Wir fuhren mit zwei Autos, deren Fahrer meinten, in dieser gottverlassenen Gegend kontrolliere die Polizei nur zu Ostern oder zu Silvester, wenn überhaupt. Mit Abschleppseil und Schieben holten wir schließlich unsere Karre aus dem Dreck, beziehungsweise aus ihrem tragischen Versteck, wobei sich einer der Schieber, Anton, derartig einsaute, dass wir ihn nicht nur trösten mussten, sondern in unserem Wagen zurückbrachten und ihm die Reinigungskosten ersetzen wollten. Außerdem sollten alle Helfer auf unsere Kosten ein paar Bier trinken. Dann sagte einer der Schieber, er hieß Theo: „Hörens, Jupp, so kannste doch de Clara ihre Papa dat verdreckte Schmuckstück nisch überjewe. Mir trinken nen Bierschen op de Rettung, dann kommste zu mir röber, isch wohn do drübbe, und dann spritzen mir dat Wäjelschen ab, datte wie neu aussieht. „Du bissen liewe Jung!

    Wir kamen in die Kneipe, als Clara am liebsten wieder rückwärts rausgegangen wäre: Ihr Onkel saß am Tresen und hatte die ganze Geschichte von einem jungen Pärchen, das im Wald stecken geblieben war, schon vernommen.

    „Onkel Otto, sach bloß nix, du weißt ja, wat de Papa mit mir macht."

    „Naja! Verdient hätt deret schon, der Spinner, sacht immer, an meine Tochter kommt nix dran: von wejen."

    „Onkel Otto, jetz hörens zu, wenn du wat sachst, dann sach isch wat von dir un Jertrud…"

    „Wie, wat von Jertrud? Habt ihr uns jesehen?"

    „Na klar hab isch eusch jesehen."

    „De Abend im Schuppen? Is dat wahr? Jesses nee, un isch dacht, dat wär jeheim!"

    „Nee nee, nix jeheim! Von wejen, ihr wart janz schön vernehmlisch!"

    „Psst, Clara, nidde so laut!"

    Also, Onkel Otto, alles klar?

    „Also jut, isch weiß vonnix."

    Onkel Otto bekam auch noch ein Pils, und das ganze Projekt war ein teures Vergnügen geworden, das unser gesamtes Wochenenddepot aufbrauchte. Wir bedankten uns nochmals bei allen Helfern, empfanden keinerlei Scham mehr und verdrückten uns.

    Als wir die Kneipe verließen, bekam Clara einen Lachanfall und konnte sich auch im Auto längere Zeit nicht beruhigen. Als ich sie fragte, was denn los sei, sagte sie: „Stell dir ma vor, ich wusste gar nix von Gertrud und Onkel Otto … Es wurde nur erzählt, er hätte ein Fisternöllchen mit ihr, verstehste?"

    Da musste ich auch lachen und sagte: „Siehst du, in der Politik nennt man zwei Erpressungen auf gleichem Niveau friedensbildende Maßnahmen. „Au ja, sagte sie, „das kann ich ja im nächsten Aufsatz als Beispiel bringen, weißt du, mir fehlen immer Beispiele."

    Ihren Eltern berichteten wir, wir hätten im Dom eine Messe besucht und hätten anschließend den Wagen waschen lassen, denn in einem sauberen Gefährt könne man sich doch eher unter die Leute trauen. Na ja! So weit von der Wahrheit entfernt war die ganze Sache ja nun auch wieder nicht, also aus der Luft gegriffen, meine

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