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Auf dem Weg in die Unterschicht
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eBook261 Seiten3 Stunden

Auf dem Weg in die Unterschicht

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Über dieses E-Book

Diese Erzählung protokolliert einen Lebensabschnitt in der Arbeitswelt der mit Hürden die Leiter in die Unterschicht, Harz IV, beschreibt. Dabei kommt die Mittelschicht in Betracht, die sich kaum diese Hindernisse ausmalen können,
denn die willkürliche Verachtung des Arbeitsalltags, von Seiten der Ämter ist hier zu erkunden mit den nötigen Biss!
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum27. Dez. 2014
ISBN9783734745584
Auf dem Weg in die Unterschicht
Autor

Carl-Otto Clausen

Als Mitbürger dieses Landes hat er in der Arbeitswelt die Problematik des stetigen Abstiegs in der Mittelschicht erlebt und in seinem Werk kraftvoll niedergeschrieben.

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    Buchvorschau

    Auf dem Weg in die Unterschicht - Carl-Otto Clausen

    Inhaltsverzeichnis

    Titelseite

    Gesellschaftsbilder

    Nachwort

    Impressum

    VORWORT:

    Diese Zeilen die sie nun lesen, entspringen nicht dem Rachegedanken des Autoren, vielmehr der Besorgnis um die Zukunft der arbeitenden Bevölkerung, die denen hoffnungslos ausgeliefert sind, die eigentlich ihrer Fürsorgepflicht als Unternehmer nachkommen sollten. Die Arbeit ein Gut das jeden die Möglichkeit gibt, lebensnotwendige Anerkennung zu finden, sodann ein gesellschaftliches Leben ermöglicht und ein menschliches Miteinander erstrebenswerter macht.

    Personen sind hier im zeitgeschichtlichen Ablauf als auswechselbar zu sehen. Das heißt nicht, dass die Handlung und ihre Folgen fiktiv sind und als ein Einzelfall in unserem Land bezeichnet werden können. Nein, ich bin der Meinung dass man solche oder ähnliche Erlebnisse aus allen Teilen unserer Republik zu hören bekommen würde, wenn die Betroffenen die Gelegenheit und den Mut hätten, sich zu äußern.

    Immer sehen wir tatenlos zu und jammern über unser Leid, was immer nur andere verschulden. Nie denken wir über die Manipulationen und Untaten der anderen nach. Der Gedanke die diebische Selbstbedienung zu verhindern, kommt bei uns erst auf, wenn der Karren im Dreck liegt. Nein, wir suhlen lieber in Eigenmitleid und versuchen durch gemeinschaftliches Stöhnen eine Wende hervorzurufen. Nun denn, dann warten wir bis zum Jüngsten Tag und nichts bewegt sich. Die Lobbyistenparteien jener farblosen Gesinnungsrichtung werden ihre helle Freude an dieser Haltung haben, oder? Nicht, dass sie uns ausnutzen weil es ihnen ihre Dummheit gebietet, nein, sie machen es mit dem Vorsatz der Wissenden. In dieser Gesellschaft gibt es keine Kräfte, die sie aufhalten können, sie bedienen sich schamlos an dem Volksvermögen, das von uns abhängig Arbeitenden erwirtschaftetet wurde. Hier rede ich nicht von vereinzelten Gesellschaftsgewinnern, sondern von deutschen Managern, die die Arbeit der gesamten Gesellschaft in Frage stellen, weil sie die Ansicht des absoluten Egomanen vertreten. Über diese Menschen und ihre Handlanger möchte ich ein wenig aufklären und nicht über die kleinen Schmarotzer, die den alltäglichen Missbrauch von Eigentum als „Lustsport ansehen, weil es ihnen von den Konzernvertretern so vorgelebt wird, aber auch die gleiche Schädigung am Bruttosozialprodukt vorweist. Ich versuche beiden Seiten gerecht zu werden, doch meinen „Stallgeruch, wird man beim Lesen herausfiltern können.

    Mit einer Arroganz die an Menschenverachtung grenzt, werden Gewinnvorgaben der Konzerne umgesetzt. Arbeitsplätze werden entsorgt und anfallende Gebühren hierfür auf ein Mindestmass beschränkt. Die These heißt „Gewinnmaximierung" auf Kosten der Allgemeinheit (d.h.Steuern)! Ohne Gewissen schlagen sie eine Schneise durchs Land, die nur mit dem Kahlschlag der Urwälder zu vergleichen ist. Eine Schneise der Vernichtung von Arbeitsplätzen. Strategieprogramme zur Personalverschlankung und Nischenmonopolismus haben Hochkonjunktur. Die Aktionäre fordern hohe Dividenden, die nur noch durch Personaleinsparungen verwirklicht werden können. Anders sind große Gewinnmitnahmen nicht mehr zu erzielen, denn jahrzehntelange wurden die nötigen Investitionen in Forschung und Wissenschaft der puren, kurzsichtigen Geldmitnahme geopfert.

    Wenn die Energie einer Gesellschaft nicht mehr die angedachten Zukunftsprognosen erfüllen kann, liegt es an ihrer degenerierten Führungsschicht. Diese Worte sind hart, aber die Wahrheit lässt keinen anderen Schluss für feinfühlig denkende Menschen zu. Konzernbosse sind verantwortlich für die Schieflage in unserer Gesellschaft. Politiker geben ihnen die Rahmenbedingungen hierfür, weil sie als käufliche Vasallen nicht dem Volke dienen, wie es einmal angedacht und per „Eid" geschworen war, sondern dem schnöden Mammon ihre Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft opfern.

    Einen kleinen Ausschnitt aus der skrupellosen Vielfältigkeit möchte ich mit meinen Worten aufzeichnen, um anderen Betroffenen Mut zu geben, nicht zu schweigen, wie ich es in der folgenden Geschichte beschämend ausführe und deshalb nicht als gutes Beispiel gelten kann.

    Teil I

    Nun wollen wir den Teppich mal abrollen und die zeitlichen Abläufe so darstellen, um jedem Leser einen Einblick in die Wunderwelt „Pharma" zu geben.

    Ich nicht Ali sondern Hausmeister. Wie man weiß, hat dieser genauso viel Einblick bei der Firma, in der er arbeitet, wie der Vorstand, wenn nicht mehr.

    Die Namenswahl ist rein zufällig und auch so gewollt, damit sich niemand entrüsten kann, genannt zu werden oder auch nicht. Wahrheit oder Fiktion, wer denken kann, findet seine Wahrheit.

    Der Tag war verregnet und meine Schwester saß auf dem Beifahrersitz, um mit mir die Bewerbungsunterlagen abzugeben bei einem Arzneimittelhersteller, dessen Name mir völlig unbekannt war. Versteckt in einem Wohnviertel fanden wir mit Umwegen den Betriebseingang. Eingezäumt mit einem ca. 2 Meter hohen Zaun aus Weißspeerstangen, stand an der Straßeseite das mit Kletterranken verzierte modern nachgestaltete Verwaltungsgebäude!

    „Ich werde deine Unterlagen abgeben, vielleicht hast du dann mehr Glück mit einer Anstellung", sprach sie und war schon enteilt. Als sie wieder aus der Eingangspforte kam, machte sie einen entspannten Eindruck und schenkte mir Mut auf der Rückfahrt nach Hause. Vor ihrer Wohnung setzte ich sie ab und war voller neuer Hoffnung nach mehreren Enttäuschungen, die eine Absage meiner Bewerbungen in anderen Firmen verursachte.

    Einige Tage waren seit dem vergangen und mit jedem neuen Tag schwand meine Zuversicht, der ungeliebten Arbeitslosigkeit zu entkommen, denn ich hatte keine Nachricht erhalten, von den Firmen, in denen ich mich beworben hatte. Auch nicht von dem Arzneimittelhersteller. Lustlos öffnete ich meinen Briefkasten und fand dort

    2 DINA 4 Umschläge und einige Briefe. Nicht weiter draufschauen dachte ich mir meinen Teil, denn die Absender verrieten, was für einen Inhalt sie enthielten. Ablehnungen mit Begründungen ,die ich schon von früheren Texten kannte!

    „ Wünschen wir ihnen noch viel Erfolg für Ihren weiteren Berufsweg! Begierlich schaute ich mir die anderen Briefe an und fand dabei den Umschlag mit dem Absender der mir noch nicht bekannten Pharmafabrik. Vor Aufregung entglitt mir die andere Post. Ohne darauf zu achten riss ich den Brief auf und überflog die Zeilen. Beim letzten Absatz ging eine stille Freude durch meinen Körper als ich las, „wollen gerne ein persönliches Gespräch mit Ihnen führen, – Datum, Uhrzeit usw. Vorstellungstermin schon in zwei Tagen erzählte ich meiner Schwester am Telefon, die hörbar meine positiven Impulse aufnahm um mir erneut in der jetzigen Lage eine Perspektive aufzuzeigen, die meine negative Grundhaltung ins Gegenteil umwandelte.

    Nun war es soweit. Mit meinem alten Jeep fuhr ich auf den Betriebshof. Die Pförtnerin, eine nette und höfliche Frau, wies mir einen Parkplatz zu, nachdem ich meine Einladung zu einem Einstellungsgespräch vorzeigte. Den Wagen abgestellt empfing mich dieselbe Frau am Eingang der Verwaltung. Sie bat mich im Foyer Platz zu nehmen und fragte, ob ich einen Kaffee oder ein anderes Getränk wünsche, denn die Gesprächspartner würden mich in etwa 15 Minuten empfangen. Dankend verneinend setzte ich mich auf einen angebotenen Besuchersessel. Sie entschwand meinen Blicken und ich inspizierte mit den Augen die Umgebung. Das ganze Foyer war bis zur Decke in Palisander eingekleidet und nicht nur die Treppe die hineinführte war aus geschliffenem Marmor, sondern auch der Fußboden des hallenförmigen Raumes. Selbst die Flügeltüren, die den Blick ins Treppenhaus erlaubten, waren genauso aus Palisander, wie die Türen, die in angrenzende Zimmer führten. Alles war schlicht gehalten und doch sah man die in sich glänzende Eleganz, die eine beruhigende Atmosphäre ausstrahlte. In diesen Gedanken versunken öffnete sich die Flügeltür und es erschien eine Dame mit zwei Herren in Begleitung. Die Dame eröffnete den Reigen der Begrüßungen und stellte sich vor als Verwaltungschefin. Die beiden Herren als Personalleiter und dessen Vertreter. Mit einem kurzen Blick versuchte ich die Gesellschaft zu taxieren, die mit mir nun ein Gespräch führte, um herauszufinden, ob ich der richtige Mann am richtigen Platz bei ihnen sei. Höflich bat man mich in eines der angrenzenden Zimmer und wies mir einen Platz zu. Der Raum war im Gegensatz zum Foyer sehr hell gehalten. Einige echte Kunstbilder verschönerten die Wände und der achteckige Tisch war von 6 Stühlen umringt. Wartend darauf, dass sie Platz nahmen, setzte ich mich als Letzter ihnen gegenüber positiv aufbauend hin. Das Gespräch wurde von der Dame eröffnet. Kurz und bündig überflog man meine Bewerbungsmappe und erläuterte mir die Vorstellungen von einer Tätigkeit in der Firma. Als dann das Gespräch auf meine persönlichen Verhältnisse kam, verabschiedete sich der Personalleiter mit dem Einwand, er hätte noch einen auswärtigen Termin. Das Frage - und Antwortspiel ging weiter und endete mit der Zusage, „sie hören von uns".

    Die Dame begleitete mich bis zur Pförtnerloge und verabschiedete sich. Noch etwas nachdenklich bedankte ich mich bei der Pförtnerin und trat meinen Heimweg an. Während der Fahrt versuchte ich ein Resümee zu ziehen über das Gespräch. Immer wieder kamen mir die Worte ins Gedächtnis, „sie hören von uns". Hatte ich bei meinen anderen Vorstellungsgesprächen nicht die gleiche Leier vernommen und als einzige Antwort meine Bewerbungsmappe zurück erhalten? Was sollte hier anders laufen? So in Gedanken versunken fuhr ich im Unterbewusstsein die Wohnung meiner Schwester an und erzählte ihr den Ablauf des Gesprächs mit meinen Eindrücken die ich gesammelt hatte. Ablenkung würde mir gut tun sagte sie und schickte mich in die Innenstadt um für meinen Neffen, ihren Sohn, ein Paar Fußballschuhe zu kaufen. Diesem Wunsch kam ich nach ohne mich weiter zu quälen über die Erlebnisse am Vormittag und den daraus folgenden Nachwirkungen.

    Endlich wieder in meiner Wohnung angekommen, bemerkte ich, dass mein Anrufbeantworter aufleuchtete. Das abhören des aufgezeichneten Textes setzte mich in freudige Verwunderung, denn die Stimme des stellvertretenden Personalchefs der Pillenfabrik war zu hören. Kurz und knapp war seine Aufforderung, mich doch telefonisch zu melden, denn man habe sich entschlossen, meine Person einzustellen!! Nötige Formalitäten müssten noch geklärt werden.

    Konnte ich noch heute am späten Nachmittag den Rückruf wagen oder sollte ich den morgigen Tag dafür auswählen? Der Versuchung erlegen rief ich gleich zurück und erhielt einen Termin von ihm für den kommenden Tag um die noch zu klärenden Einzelheiten abzusprechen.

    Die verlangten Unterlagen im Umschlag fuhr ich zum festgesetzten Termin in meine neue Firma. Eine schablonenhafte Wiederholung der Empfangsrituale ließen mich wissen, dass es noch keine Informationen betreffs meiner Arbeitsaufnahme an die Mitarbeiter gegebnen hatte. Der Vertreter des Personalleiters empfing mich im Foyer und bat mich in sein Büro. Im zweiten Stock angekommen, betrat ich seine Arbeitsstätte, um die Einstellungsformalitäten mit ihm abzuarbeiten. Zunächst übergab ich die allgemeinen Arbeitspapiere. Dann wurde ich gebeten einen „Arbeitsmedizinischen Dienst in den nächsten Tagen aufzusuchen - den genauen Termin würde er mir noch schriftlich zukommen lassen. „Wenn wir von dort Grünes Licht erhalten, können sie am 01.Mai ihren neuen Arbeitsplatz antreten. Klare Einweisungen der Arbeitsaufgaben des neuen Betätigungsfeldes konnte oder wollte er mir zunächst nicht mitteilen. Floskeln der Höflichkeit wurden zum Schluss ausgetauscht und er begleitete mich bis zum Ausgang.

    Zu Hause angekommen, war ich guter Dinge und benachrichtigte meine Schwester über den Ablauf des Gesprächs mit dem Vertreter des Personalschefs. Nebenbei bemerkte meine Schwester noch das ungewöhnliche Einstellungsdatum. Der 1. Mai ist doch „Tag der Arbeit" und somit ein Feiertag. Daran hatte ich nicht gedacht, denn in der allgemeinen Aufregung war mir diese Perspektive nicht in den Sinn gekommen. Aber sei es wie es sei, jetzt war ich schon bald wieder in Arbeit. Nach der vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchung bekam ich von der neuen Firma meinen Arbeitsvertrag in doppelter Ausführung zugeschickt, mit der Bitte, die Unterlagen unterschrieben am ersten Arbeitstag mitzubringen.

    Nun war es soweit, der 2.Mai eröffnete mir eine neue Einsicht in einen Betrieb, den ich so noch nicht kannte. Um 8:00 Uhr erwartete man mich schon an der Pförtnerloge um mir die Betriebzugehörigkeitspapiere auszuhändigen. Gleichzeitig eröffnete man mir, dass meine Vorgesetzte schon im Büro auf mein Kommen wartete, um mir die nötigen Einweisungen in den neuen Arbeitsbereich aufzuzeigen.

    „Raum 211 im zweiten Stock war die Antwort der Pförtnerin auf meine Frage, „wo finde ich meine Chefin. Dort angekommen war die Tür geschlossen. Nach kurzem Klopfen hieß es „herein und zur Begrüßung stand sie auf und hieß mich willkommen. Nun sah ich es, sie war eine wirkliche Dame. Dezent gekleidet und ein angenehmes Vokabular verrieten mir ihre gute Kinderstube. Ihre gezielten Infos versetzten mich in die Lage, das System und die Vorgehensweise bei der Arbeit hier im Hause schnell zu verstehen und die Umsetzung in eine machbare zielorientierte Richtung zu lenken. Beide wurden wir uns schnell einig, dass Dienstleistungen aus den Worten „Dienen und „Leistung" bestehen, jedoch nicht Unterwürfigkeit bedeuten. Nachdem wir die Richtlinien und die Kompetenz des Hausmeisters im Hause der Arche besprochen hatten, übernahm ich den Generalschlüssel und mein Büro, das sich im Keller des Verwaltungsgebäudes befand.

    Danach nahmen wir das Frühstück in der „Arche – Kantine ein und mir wurden die Kolleginnen dieser Abteilung vorgestellt. „Das ist der neue Hausmeister war ihre Einleitung. Wenn seine Probezeit gut verläuft, wird er die Verbindung zwischen Verwaltung und ihnen aufrechterhalten und problematische Störfälle beseitigen Auch die kaufmännischen Arbeiten wie Einkaufskontrolle, Warenlieferaufsicht, Bargeldkontrolle und die Abwicklung der morgendlichen Servicearbeiten obliegen dann ihm. Eine genaue Einarbeitung übernehme ich, sagte sie den Kantinenmitarbeiterinnen mit ihrer portugiesischen Vorarbeiterin, die das Kommando auf der Kantinenbrücke hatte. Diese Frühstücksunterredung dauerte fast 1 Stunde. Auf dem Rückweg ins Verwaltungsgebäude wurde mir dann noch von ihr mitgeteilt, dass nun ein Rundgang durchs Produktions- und Verwaltungsgebäude anstehe. Diesen übernahm ein anderer Kollege, weil ihre Anwesenheit in einer Abteilungsleiterbesprechung unabdinglich war. Die Vorstellung der neuen Kolleginnen und Kollegen war eine Informationsflut, die ich zwar aufnahm, aber erst in den nächsten Monaten verarbeiten konnte. Nach dem Mittagsessen in der Kantine wurden mir von meiner neuen Chefin die restlichen Aufgabengebiete zugeteilt. Die Arbeitszeit von 6:00 Uhr bis 15:15 Uhr war vereinbart und danach konnte ich auf Anordnung der Chefin nach Hause fahren.

    Am Abend zuhause ließ ich die neuen Eindrücke erst einmal auf mich einwirken.

    Gedankliche Einordnung der erhaltenen Regelbestimmungen war schnell verarbeitet. Kein Raster fand ich für die Kollegen, denn ihre Schubladenfantasie öffnete sich mir erst später.

    Die Monate vergingen und man war mit meiner Arbeit sehr zufrieden. Natürlich gab es einige Kollegen, die meine Art nicht mochten und ihre, ohne mich näher zu kennen, negative Sprachsprühpistole einsetzten. Dieses ermunterte mich noch mehr, gerade diese unzufriedenen Mitarbeiter besonders gut zu behandeln, ohne ihnen in den Arsch zu kriechen. Bei einigen kam es zu Aussprachen und wenn sie mich danach auch nicht mochten, so registrierten sie doch meinen guten Willen und frotzelten nicht weiter her - rum.

    Allen konnte man es nicht Recht machen und die Kolleginnen und Kollegen, die nach Monaten der Zusammenarbeit immer noch Vorbehalte hatten, versuchte ich nicht auf meinem Weg mitzunehmen. Die neue Chefin war von meiner Arbeitsweise aber sehr angetan und zeigte es mir auch. Immer mehr entsorgte ich die Probleme auf ihrem Schreibtisch. Wobei ich in einigen Angelegenheiten nicht zu ihr durchdringen konnte. War ich geschult in der Sichtweise, dass es für einen Hausmeister dringenden Handlungsbedarf gibt wenn es um Kostenfragen ging, so wurde mir immer die Firmenrichtlinie eingebläut, dass das Beste eben doch nur gut genug sei für die Firma und Einsparungen nicht die Grundlage der Betriebsreligion wiedergeben würde! Hier bekam ich immer von meiner Chefin mein Fett weg. Die Philosophie, dass Geld keine Rolle spiele, wurde von anderen Führungskräften immer wieder bestätigt: Meine Absicht, Vorschläge zur Einsparung zumachen, verringerte sich immer mehr ohne dass ich diese je aus den Augen verlor.

    Trotz Kostendispute entwickelte sich ein angenehmes Arbeitsklima zwischen den Wünschenden und dessen Wunscherfüllungsgehilfen in Form meiner Person. Dieses reflektierte sich in der Kundenzufriedenheit, die ich mit einer genehmigten Befragung der Mitarbeiter erforscht hatte. Natürlich hinterließ diese Befragung bei meinen Kunden auch ein bleibendes Kompetenzzeugnis für den Posten als Hausmeister.

    Dadurch entwickelte sich eine Akzeptanz aller Kollegen, die mir die Möglichkeit eröffnete, auch einen Gesamteinblick hinter den Kulissen zu bekommen. Die mir damals verschlossene Firma öffnete sich mir spaltenweise und ich kam dem Geflecht der Abhängigkeiten zwischen den Kollegen auf die Spur. Abgründe öffneten sich mir, die ich so nicht kannte, denn lebenserhaltende Egoismen standen hier nicht zur Debatte, das wurde mir aber erst nach einigen Jahren bewusst.

    Meine Bezahlung wurde besser und von den Sozialleistungen des Arbeitsgebers kann man keine nachteiligen Äußerungen verbreiten. Wirtschaftliche Stürme durchtobten die Nation mit allen Folgen untergehender Unternehmensschiffe. Arbeitslosigkeit und ihre sozialen Folgen waren kein Gespräch unter den Kolleginnen und Kollegen. Das kleine Luxusschiff „Pharma" stampfte unaufhaltsam durch den tobenden Sturm und erarbeitete immer höhere Gewinnvorgaben für den Konzern. Die Belegschaft führte ein sorgenfreies Leben, als wäre die unkündbare Beamtenanwartschaft ausgerufen worden.

    Nicht oft ließ mir meine Arbeit Zeit übrig um meine Gedankengänge weiter zu verfolgen.

    Unsere Marketingabteilung war eine in sich geschlossene Gesellschaft. Hier wurden die Quellen des Umsatzes gezielt angebohrt. Wettbewerbsgesetze hatten keine Regeln. Alles war erlaubt. Alle strategischen Geschütze wurden eingesetzt, um denen, die die Gewinnmargen in die Höhe trieben, ein reichliches Zubrot zukommen zu lassen. Rezeptverschreibungswillige Fachgehilfen offerierte man Tagungsurlaub in entfernten Ländern. Werbegeschenke mit Symbolcharakter bestimmten die Besuche der Außendienstler bei ihrer Klientel. 35% des Umsatzes vereinnahmte allein der Werbemitteletat der Marketingerfolgsfürsorger. Verschreibungswillige Gewinnmitnahmemenschen sorgten für volle Geschäftsbücher mit ihrer daraus resultierenden grenzenlosen Gewinnmaximierung. Der Einfallsreichtum kannte keine Grenzen und schoss auch schon mal über die erlaubte gesetzliche Vorschrift hinaus. Willige Buchprüfer verdeckten den Tintenklecks und ließen keinerlei Unstimmigkeiten mit dem Gesetzgeber aufkommen. Diese Handlungen hatten der finanztechnischen Prüfung standgehalten und meine Person auch nicht zu interessieren. Mit dieser These wusch ich meine Hände in Unschuld, wie 33nCh, auch Pontius Pilatus es tat.

    Es war Montag und ich hatte um 7:00 Uhr eine Unterredung mit meiner Chefin. Da ich schon um 6:00 Uhr mit meiner Anwesenheit glänzte und den Frühkaffee in der Kantine zum kochen brachte, bemerkte ich den Zeitsprung nicht, der mit anfallender Zusatzarbeit in den Sozialräumen, den Uhrzeiger auf 7:15 brachte. Ein Handy in der Tasche und kein Anruf von meiner Chefin machten mich ein wenig stutzig. Ein Rückruf in der Pförtnerei bestätigte meinen Verdacht, dass meine Chefin noch nicht im Hause sei, was mir bei ihrer Pünktlichkeit zu denken gab.

    Der Tag verstrich, ohne dass ich etwas über das Wegbleiben meiner Chefin erfuhr. Krank sei sie wohl, kam es aus der Führungsriege. Die Bestätigung erfolgte einige Tage danach. Was dann aber verbreitet wurde, versetzte mir einen Schock. Lungenkrebs sollte sie haben. Eine Chemotherapie laufe schon und man hoffe das Beste. Eine vorläufige Übernahme ihrer Geschäftsbereiche sollte der stellvertretende Personalchef abdecken. Nötige Bearbeitungsinformationen und anstehende Termine sollte ich mit ihm durchsprechen, so waren die Vorgaben des Personalleiters. Das klappte auch ganz gut, denn der stellvertretende Personalchef war einer der wenigen Kollegen die über den Tellerrand schauten. Nicht dass seine Entscheidungen immer unumwerfliche Muster aufwiesen, nein, er war einer derjenigen, der die

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