Folker und das Influencer: Der dritte Folker Schmittem-Roman
Von Rich Schwab
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Über dieses E-Book
Ein Grund zur Freude – sollte man meinen. Dass sich einer von ihnen als unheimlicher Stalker entpuppt, schmälert die Freude der schönen
Henriette, genannt Henry, allerdings gewaltig. Zu allem Überfl uss weiß die 20-Jährige nicht so recht, ob sie lieber die oder der Henry sein will. Folker, mal wieder unsterblich verliebt, hofft auf Ersteres. Erst recht, wenn es ihm, Taifun und Jupp gelingt, den Stalker zur Strecke zu bringen. Was gar nicht so leicht ist, wo doch Regina nach einem Überfall schwer verletzt im Krankenhaus liegt und die drei sich im Herbst 2024 gleichzeitig auf die Suche nach den Übeltätern machen müssen …
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Buchvorschau
Folker und das Influencer - Rich Schwab
Prolog
»Das ist eine schöne Pflanze – wie heißt sie?«
»C'est une jolie plante – quel est son nom? … Repetez!«
»C'est une jolie plante …«, wiederholte sie. Ich glaub, ich werde tatsächlich besser, dachte sie stolz. Dabei hatte sie anfangs befürchtet, dass Französisch absolut nicht ihr Ding sei. Aber in den letzten drei Monaten hatte sie spürbare Fortschritte gemacht. Sie lächelte vor sich hin. Ihr Liebster würde staunen, wenn sie beide im Dezember in Mosambik landeten und sie sich mit den Einheimischen unterhalten konnte, ohne Hände und Füße zu Hilfe zu nehmen. Oder eine Übersetzungs-App. Mann, wie sie sich auf die Reise in das Land seiner Vorfahren freute! Beschwingt ging sie etwas schneller.
Von irgendwoher schmuggelte sich Musik an ihren Earbuds vorbei. Brings, erkannte sie, das Lied von der bunten Brücke. Brings, die Kölschrocker, und dieser Rapper.
Sie sah auf. Ein Stück weiter, im Halbdunkel zwischen zwei Straßenlaternen, saßen drei Jungs auf dem Mäuerchen zum Römerpark, einen Ghettoblaster neben sich. Sonst war weit und breit niemand zu sehen.
Eine Marihuana-Wolke wehte von dem Grüppchen zu ihr herüber. Kurz erwog sie, die Straßenseite zu wechseln – Mitternacht war lange vorbei, meist keine gute Zeit, um sich auf der Straße anquatschen zu lassen, schon gar nicht in der Kölner Südstadt. Aber die drei da vorn machten einen harmlosen Eindruck, kifften halt ein bisschen, hörten Musik und kicherten fröhlich. Trotzdem schloss sie für alle Fälle die Hand um die Pfefferspray-Dose in ihrer rechten Jackentasche.
»Braucht sie viel Wasser?«
»Elle a besoin de beaucoup de …«
»Na, auch 'n Schluck?« Einer der Jungs lachte sie an und schwenkte eine Cognacflasche. Die Frisur des schmalen Typen neben ihm leuchtete regelrecht im Halbdunkel – er hatte stroh-, fast weißblonde, raspelkurz geschorene Haare.
Sie schüttelte nur stumm den Kopf, lächelte ihn jedoch freundlich und bedauernd an. Er trank einen Schluck aus der Flasche und zeigte ihr mit der freien Hand den Stinkefinger. Grinste aber, als er die Flasche absetzte.
Harmlos, dachte sie erleichtert und marschierte an ihnen vorbei.
»Dämliche Marienburg-Bitch«, hörte sie im Vorbeigehen. Unterdrückte den Reflex, darauf zu reagieren. Geh einfach weiter, lass dich auf nichts ein. Bringt doch eh nix. Tut's eigentlich nie.
Zwei, drei Schritte. Sie zählte mit. Fünf. Zwölf. Fünfzehn.
Sie wollte schon aufatmen, als sie das Geräusch hinter sich registrierte.
Sneaker auf Asphalt. Jemand rannte hinter ihr her.
Ein Adrenalinstoß schoss durch ihren Körper, sie wollte das Spray aus der Tasche ziehen, blieb mit der Hand am Saum hängen, wollte sich umdrehen …
Zu spät. Ein Tritt mit Anlauf traf ihr Rückgrat, gleich oberhalb des Steißbeins, sie stürzte nach vorn, eine Hand noch halb in der Jackentasche, und landete fast ungebremst mit dem Gesicht auf der Straße. Geschockt und halb bewusstlos spürte sie, wie sie am Jackenkragen hochgerissen wurde.
»Bist dir wohl zu schade, mit mir aus einer Pulle zu trinken, was?«, zischte jemand ihr ins Ohr. Und langte grob zwischen ihre Beine. Jemand mit einer scharfen Cognac-Fahne.
Nicht mit mir, Arschloch! Sie rammte ihm den Ellenbogen in den Magen. Er keuchte auf, und in rascher Folge schlug er ihr die Faust in den Bauch, stieß seine Stirn auf ihre Wange und trat ihr in die Kniekehle. Hart prallte sie mit den Knien auf den Asphalt, konnte endlich die Hand mit dem Pfefferspray befreien … Aber das Döschen nicht festhalten – klackernd rollte es über den Boden.
»Ach, nee …!«, sagte der Typ, und sie konnte das hämische, triumphierende Grinsen hören. Wieder zerrte er sie hoch. »Komm, Schatz, wir geh'n mal 'n bisschen auf die Wiese.«
»Lass den Quatsch!«, sagte eine zweite Stimme. Die ganz anders klang.
Was? Du bist gar kein …? Sie wollte den Kopf drehen und hochblicken, aber da traf sie der Spann eines Turnschuhs mitten ins Gesicht.
Danach konnte sie nur noch hilflos auf dem Boden liegen und es geschehen lassen, dass Blut aus ihrer Nase strömte, vier Hände ihre Taschen durchwühlten und ihr die Earbuds aus den Ohren fummelten. Bis weitere Tritte, ein letzter an ihre Schläfe, gnädig einen schwarzen Teppich über sie senkten.
Da steht 'ne bunte Brücke mitten in der Stadt, hörte sie Peter Brings noch von weit, weit weg, dort findet jede Farbe sicher einen Platz. Wir halten sie, und sie hält uns ganz fest zusammen …
Dann nichts mehr.
Montag, 30. September 2024
»Mann, wie kann man nur so stur sein!«
Folker zuckte zurück – Bertram hatte in seinem Eifer eine mehr als feuchte Aussprache. Hinter der Theke grinste Adi, genannt das lange Laster, mitfühlend und legte rasch einen Bierdeckel auf sein halb volles Kölschglas. Ansonsten hatte sie nicht mehr allzu viel zu tun – es war bald ein Uhr, und die meisten der wenigen Montagabendgäste hatten sich längst verkrümelt, gehörten wohl zur arbeitenden Bevölkerung und mussten in ein paar Stunden schon wieder die größere Wirtschaft ankurbeln.
Folker kniff ein Auge zu – es konnte doch gar nicht sein, dass Adi plötzlich vier Augen und zwei Münder hatte, oder? Sollte er etwa schon betrunken sein? Nach gerade mal zwölf oder fünfzehn Bierchen?
Falls ja, dann von Bertrams endlosem Gelaber, dachte er, ignorierte die fünf Kabänes auf seinem Deckel und versuchte sich auf Adis Playlist zu konzentrieren; Bryan Ferry sang Boys and Girls. Gutes Stichwort. Folker sah sich kurz um. Schlechte Aussichten. Links am Ende des Tresens hockte Margot auf ihrem Stammplatz und sah aus, als schliefe sie schon halb, vielleicht träumte sie aber auch davon, was sie ab dem nächsten Sommer als Rentnerin alles unternehmen würde. Rechts am anderen Ende spielte ein Heteropärchen Frischverliebt-Sein, und an Tisch drei kläffte sich die fünfköpfige lesbische Doppelkopfrunde wegen eines umstrittenen Stichs an. Sehr leidenschaftlich, was bei der siebten Flasche Grauburgunder aber auch kein Wunder war. Und das war's. Folker seufzte. Mal wieder ein einsamer Heimweg, eine weitere Nacht allein …
»Vielleicht hast du mir nicht richtig zugehört.« Natürlich ließ Bertram nicht locker. Er hatte schließlich eine Mission. »Ich hab deine CD rauf und runter gehört, -zig Mal, sage ich dir, und ich kann jeden Song im Schlaf begleiten. Jeden verdammten Song, hörst du? Und zwar vom Feinsten! Und ich war bei mindestens sechs oder sieben Gigs von dir – du brauchst einen Mitmusiker, Folker! Und was könnte besser all deine Mitmusiker auf dem Album ersetzen als ein Akkordeon? Und wer könnte das besser spielen als ich?«
»Pete Haaser?«, brummte Folker.
»Pah!«, spie Bertram aus und wandte sich an Adi. »Machst du uns noch zwei?« Sie starrte ihn ausdruckslos an. »Bitte«, schob er nach. Sie deutete ein Geht-doch-Nicken an und griff zum Zapfhahn und zwei leeren Gläsern.
»Jetzt hör du mir mal zu«, sagte Folker, nachdem er sein Glas geleert hatte, und legte Bertram eine Hand auf den Unterarm. »Erstens: Du bist bestimmt ein ganz wunderbarer Mensch und Mitmusiker. Vielleicht bist du ja sogar der beste Akkordeonspieler, den ich in der Stadt finden könnte. Aber zweitens: Ich brauche kein Akkordeon. Ich will keins. Denn drittens: Mein Akkordeonspieler ist letztes Jahr gestorben, er wurde ermordet, wenn du's genau wissen willst, und jedes Mal, wenn ich jemanden dieses Instrument spielen höre, werde ich daran erinnert. Und es zerreißt mir das Herz. Jedes verdammte Mal. Und ich kann es viertens nicht brauchen, dass ich auf der Bühne bei jedem Song anfange zu heulen, kapierst du das nicht?«
Bertram schüttelte mit verkniffenem Mund den Kopf.
»Wir könnten's doch wenigstens mal probieren. Nur einmal proben …«
»Nein!«
»Pass auf. Ich hab so 'nen Kassettenrekorder. Ich lass deine CD laufen, und dann spiel ich dazu und nehm das auf. Dann hörst du dir die Kassette mal an, und dann reden wir noch mal …« Bertram verstummte, weil Folker ihm einen nassen Bierdeckel auf den Mund drückte.
»Wow!«, rief Folker. »Van The Man! Pass du mal auf, Bertram – was da gerade läuft, das ist Summertime in England. Das Stück dauert fünfzehn Minuten und siebenunddreißig Sekunden, und wenn du da jetzt auch nur einmal dazwischenquatschst, hau ich dir 'nen Aschenbecher auf 'n Kopp. Klar?« Bei jedem der letzten Worte verstärkte er den Druck auf den Unterarm.
Bertram machte große Augen und nickte eingeschüchtert.
Nach vier Minuten trottete er aufs Klo. Was ihn vollends disqualifizierte.
Zwei Minuten später ging die Kneipentür auf. Drei lachende Mädels, eine hübscher als die andere. Und alle drei um die zwanzig. Folker fühlte sich ziemlich alt.
***
Dann erkannte er die mit den kastanienbraunen Haaren.
Sie war ihm vor einigen Wochen schon mal aufgefallen, auch hier in der Sansibar, aber das war an einem Freitagabend gewesen, der Laden rappelvoll, und sie war mit einer ganzen Clique unterwegs gewesen.
»Vergiss es, Folker«, hatte Sansi, die Wirtin der Sansibar, geknurrt, als sie seine Blicke bemerkte.
»Wieso?«, hatte er entrüstet gefragt.
»Erstens ist die viel zu jung für dich, zweitens mag sie kein Bier – und auch keine Biertrinker –, und drittens ist sie ein Promi. Was soll die mit einem wie dir?«
»Ich bin auch 'n Promi«, hatte er beleidigt erklärt, sich aber widerwillig wieder zur Theke umgedreht.
»Na, klar doch«, lenkte Sansi ein und tätschelte seine Hand. »Schließlich hattest du dieses Jahr schon mehr als elf Auftritte und fast zweihundert CDs verkauft.«
»Woher weißt du das alles überhaupt?«
Sie sah ihn erstaunt an. »Na, weil ich mir deine Abrechnungen auch schon mal angucke – ich will doch wissen, was aus meinen Investitionen geworden ist. Im Gegensatz zu dir, anscheinend.«
»Nee, ich meine, über sie.«
»Ach so. Na ja, sie war schon ein, zwei Mal hier, und Regina kennt sie natürlich. Also, nicht persönlich, aber von ihrem You-Tube-Kanal. Und in der Eifel hat man ja abends viel Zeit, sich Videos anzugucken.«
Seit Anfang des Jahres verbrachte Sansi die Wochentage bis Freitagmorgen in dem alten Bauernhof, den sie mit Folkers verstorbenem Freund Jimmi zusammen gekauft hatte und jetzt gemeinsam mit der betagten Nachbarin Schäfisch bewohnte.
»Und was gibt's da zu sehen?«, fragte Folker.
»Henry. Heißt eigentlich Henriette, verabschiedet sich am Ende ihrer Clips aber mal mit ›eure‹, mal mit ›euer Henry‹. Sie gibt, und das erstaunlich erfolgreich, Haushaltstipps. Für Singles und junge Pärchen.«
»Haushaltstipps …« Er schüttelte den Kopf, konnte aber nicht umhin, sich dabei zu fühlen wie sein eigener Großvater. »So was wie ›Steckt eure süße kleine Katze nicht in die Mikrowelle‹? Oder ›Vorsicht, euer Kühlschrank taut ab, wenn ihr ihn die ganze Nacht auflasst‹?«
Sansi grinste. »Du würdest staunen. Letztens hab sogar ich noch was von ihr gelernt. Wusstest du, dass du einen verstopften Abfluss mit Essigessenz und Natron wieder freikriegst?«
»Klar«, behauptete Folker. »Natron rein, Essig drauf – schäumt wie Sau, und der Schaum zersetzt den Schmodder im Siphon. Geht aber auch mit Cola.«
»Cola?« Sansi schüttelte sich. »Oder wusstest du, dass deine Zähne wieder heller werden, wenn du sie regelmäßig mit der Innenseite von Bananenschalen abreibst? Wäre für dich Kettenraucher wohl auch nicht der schlechteste Tipp.«
Er winkte ab. »Mein Zahnarzt sagt, wenn ich nicht bald aufhöre zu rauchen, hab ich in absehbarer Zeit sowieso keine Zähne mehr. Aber egal – mit so was wird man also Promi?«
»Zumindest hat sie über dreihunderttausend Follower und Abonnenten. Und verdient bestimmt schon ganz schön Asche mit Werbeeinnahmen.« Sansi stockte. »Wäre ja vielleicht gar keine so blöde Idee, dich mit ihr zu verkuppeln – meines Wissens liegen da noch an die zweitausend CDs, schön eingeschweißt, im Büro deines sogenannten Managers …«
»Manni ist nicht mehr mein Manager«, knurrte Folker. »Ich hab ihm gekündigt.«
»Und die CDs mitgenommen?«
»Nee, muss ich bei Gelegenheit noch abholen.«
»Folker …!«
»Jaaa, mach ich.«
»Wann?«
»Nächste Woche.«
Sansi hatte die Augen verdreht, ihm noch kurz mit einem erhobenen Zeigefinger gedroht und sich wieder anderen Gästen zugewandt.
»Henry also«, brummte er jetzt vor sich hin und riskierte noch einmal einen Blick auf sie. Wahrhaftig eine Schönheit – die rötlich schimmernden Haare fielen ihr in sanften Wellen auf die Schultern, ihre grasgrünen Augen leuchteten, die vollen Lippen flüsterten Küss mich! Knabber an uns!, und die enge schwarze Jeans über den roten Cowboystiefeln und die passende rote weite Bluse unter der dunkelgrünen Wildlederjacke versprachen höchstes Vergnügen beim Auspacken.
»Och, nee, lasst uns an die Theke gehen«, sagte sie zu ihren Begleiterinnen, einer hübsch molligen Blonden und einer attraktiven Dunkelhaarigen. Lustig, fand Folker, dass die Blonde türkisch aussah und die Dunkle etwas Herb-Nordisches hatte. »Hi, Adi! Kriegen wir noch was?«
Das lange Laster starrte sie stumm an und tat genervt.
»So drei Wodka-Lemon, für den Heimweg? Oder vier, wenn du auch einen möchtest?«
Folker versuchte, Adi unauffällig zu hypnotisieren. Sag ja! Mach ihnen die Drinks, lass sie noch ein bisschen hierbleiben! Hinter ihren schwarzen Augen konnte er sie rechnen sehen: Sie hatte an diesem Abend nicht gerade viel Umsatz gemacht. An dem sie mit elf Prozent beteiligt war – Sansi sorgte gut für ihre Schäfchen.
Adi nickte kurz gnädig, stellte vier hohe Longdrinkgläser parat und füllte sie mit Eiswürfeln.
»Supi, danke!«, zwitscherte Henry, wandte sich an Folker und wies auf den Barhocker neben ihm. »Ist der noch frei?«
Für zwei Sekunden versank er in den grünen Augen.
»Frei, sauber und gemütlich«, brachte er dann heraus. »Wie ich.«
Mit einem kurzen Stirnrunzeln bedankte sie sich, setzte sich und drehte ihm den Rücken zu, um sich weiter mit ihren Freundinnen zu unterhalten. Folker schnupperte hinter ihr her – sie roch ganz leicht nach Gras. Aber nicht nach dem zum Rauchen, sondern nach frisch gemähtem.
Die Mädels jubelten, als Adi ihnen die Drinks servierte.
»Du bist ein Schatz!« Henry schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Wäre die immer stoische Adi nicht schwärzer als Will Smith, wäre Folker gewillt zu wetten, dass sie errötete. Zumindest rang auch sie sich die Andeutung eines Lächelns ab, stieß mit den Mädels an, schrieb viermal vierzehn Euro auf Henrys Deckel und ging hinüber zu dem Pärchen, das schon seit einer halben Stunde vor fast leeren Gläsern hockte.
»… jedenfalls, um das eben noch zu Ende zu bringen«, plapperte die Dunkelhaarige los, »er macht und tut, und ich fange langsam an, die Lust zu verlieren – er küsst, als würde er ein Marmeladenglas ausschlecken, und fummelt an mir rum, als sei ich irgend so 'ne Gummi-Sexpuppe und seine Challenge wäre, innerhalb von dreißig Sekunden drin zu sein. Ich schubs ihn von mir weg und sage: ›Hey, hör mal – nimmst du eigentlich die Pille?‹«
Die beiden anderen Mädels gackerten begeistert.
»Da hat er aber blöd geguckt, was?«, sagte die Blonde.
»Blöd geguckt ist gar kein Ausdruck. Der hat überhaupt nicht kapiert, was ich meinte. ›Eh …, nö …, wieso?‹, stammelt er. ›Tja‹, sag ich, ›ich glaube nicht, dass du der passende Papa für meine Kinder bist. Mir scheint, du gehst jetzt besser.‹ Da wurde der doch glatt pampig. Fängt wieder an, mich zu begrapschen. ›Hey‹, sag ich, ›noch nie was von Nein heißt nein gehört?‹ ›Red keinen Stuss‹, sagt er, ›du willst es doch auch, sonst wär ich doch gar nicht hier.‹«
»Was für 'n Arsch«, warf Henry ein.
»Aber hallo. ›Und hier warst du jetzt auch lange genug‹, sag ich, ›nu' mach 'nen Abgang.‹ Aber meint ihr, der lässt locker? Im Gegenteil – packt mich und drückt mich wieder aufs Bett. Na ja, da hab ich halt gepfiffen.«
Die Mädels kicherten.
»Georgie springt in der Küche natürlich direkt auf die Türklinke, Tür geht auf, und er kommt ins Zimmer gepest, springt neben mich aufs Bett und knurrt den Typen böse an.«
»Autsch!«, freute sich die Blonde. »Mit 'nem Pitbull hat er sicher nicht gerechnet.«
»Schon gar nicht mit so 'nem Monster wie Georgie«, sagte Henry.
Folker zuckte zusammen. Jedoch nicht wegen der Pitbull-Pointe, sondern weil Bertram ihm auf den Rücken klatschte.
»Ja, netter Song«, verkündete er, als Folker herumfuhr. Summertime in England war gerade zu Ende. »Für meinen Geschmack 'n bisschen zu viel Jatz. Ich bin ja eher so der Rocker. Wie du.«
»Tja«, sagte Folker. »So kann man sich irren. Mach's gut, Bertram.«
Hinter ihm krähten die Mädels, dreistimmig, und klatschten sich vor Lachen auf die Schenkel. Bertram grinste und tippte Henry auf die Schulter.
»Wieso hast du keinen Aschenbecher auf 'm Kopp?«, fragte er sie, als sie sich rumdrehte. Verständnislos guckte sie ihn an und suchte offenbar nach einer schlagfertigen Antwort.
»Sie hatte Angst, du könntest drin sitzen«, sprang Folker ein. Hatten die Mädels wieder was zu lachen. Bertram wurde rot, warf ihm einen bösen Blick zu und schlich sich. Henry schenkte ihrem Retter ein flüchtiges Lausbubengrinsen.
»Ach, komm, Henry«, sagte die Dunkelhaarige, »dafür hat er sich ein Bier verdient. Adi!«, rief sie, »kriegen wir noch 'ne Runde?«
Die Playlist sprang weiter. Lucky Day, sang Chris Rea.
»Schöne Playlist«, sagte Folker zu Adi. Sie hob nur eine Augenbraue, etwa zwei Millimeter: Was dachtest du denn …?
***
»Prost und danke!«, sagte Folker, als Adi die neue Runde serviert hatte, und hob sein Kölsch. Aber die Mädels bestanden auf die lästigen Formalitäten – er musste (na ja: durfte) mit jeder von ihnen anstoßen. Mit Henry, mit Silke (die Dunkelhaarige aus Bremen, also richtig geraten) und mit der blonden Aylin (also auch richtig geraten – Folker klopfte sich innerlich beifällig auf die Schulter). Sie fanden es putzig, dass er Volker hieß, aber auf Folker bestand. Und enttäuschten ihn ein bisschen, als sie gestanden, noch nie von ihm gehört zu haben.
»Gibst du mir mal eine von meinen CDs?«, bat er Adi. Sie holte ein Exemplar aus dem Karton unter dem Schnapsregal und legte es auf den Tresen.
»Wow!«, tat Aylin begeistert.
»Cooles Coverfoto«, meinte Silke. Fand Folker auch. Ein sepiafarbenes Bild, er saß auf dem Mäuerchen an der rechtsrheinischen Rheinufer-Promenade vor dem Hyatt und spielte Gitarre, und hinter ihm verschwammen Hohenzollernbrücke, Dom und Hauptbahnhof in Unschärfe und etwas, das wie ein Sonnenuntergang aussah.
»Stimmt«, fand auch Henry und wunderte sich über die Tracklist, als sie das Cover umdrehte. »›Ob blond, ob braun‹, ›Ein Freund, ein guter Freund‹, ›Ich brauche keine Millionen‹ … Komisch – kommt mir alles irgendwie bekannt vor; hast du die geschrieben?«
»Nee«, er grinste und erklärte den dreien seinen genialen Plan, Gassenhauer der zwanziger und dreißiger Jahre in ein moderneres, bluesiges Gewand zu kleiden.
»Interessant«, fand Aylin und sah sich eher gelangweilt in der Sansibar um.
»Was sind denn Gassenhauer?«, fragte Silke. Henry klärte sie auf, bevor Folker dazu kam.
»Und, läuft das?«, erkundigte sie sich.
»Na ja …, geht so«, gestand er wahrheitsgemäß.
»Dann stehen die doch sicher nicht zum Verschenken hier rum, oder?« Sie wandte sich an Adi. »Schreibst du das bitte mit auf unseren Deckel?« Wow, dachte Folker. Das nahm ihn noch mehr für sie ein. Auch wenn es nur ein Zehner war – die Einstellung gefiel ihm, und die Geste zählte.
Sie reichte Silke das Album.
»Die kriegst du ja dann wohl. Silke ist die Einzige, die noch ein CD-Laufwerk hat«, erklärte sie ihm. »Sie macht mir dann davon eine MP3-Playlist.« Wieder mal fühlte er sich alt.
»Danke«, sagte er. »Mögt ihr Kabänes?«
»Na, klar!«, rief Silke. Die anderen beiden schüttelten den Kopf, wollten aber auch nichts anderes. Also kippte er eine Portion Kräuter mit Silke, die sich anschließend die Lippen leckte und ihn verschwörerisch angrinste.
Na, toll – sitze ich hier wie Paris, hab noch nicht mal 'nen goldenen Apfel, soll mich zwischen drei Schönheiten entscheiden, und die falsche flirtet mit mir …
Und dann rief Adi auch noch »Letzte Runde, Kinners!«, tippte an ihrer Playlist herum, drehte die Lautstärke etwas höher und ließ Frank Sinatra You and The Night and The Music singen, wie immer am Ende ihrer Schicht, gefolgt von Chet Bakers Instrumental-Version, die endgültig jede fröhliche Lasst-uns-doch-nocheinen-heben-Stimmung im Keim erstickte.
Sogar die Doppelkopfrunde machte sich, wenn auch grummelnd, zum Aufbruch bereit. Das Pärchen an der Theke tauschte verliebte Blicke, nickte in stillem Einverständnis, und er holte ihre Jacken von den Garderobenhaken in der Ecke. Margot hob müde den Kopf und sah erwartungsvoll Adi an, die ihr wie immer zum Schluss ein Schnapsglas voll Maggi servieren würde – Margot schwor darauf, dass sie morgens deshalb nie einen Kater hatte.
»Ja, wird eh Zeit«, sagte Aylin. »Du hast's ja gut, Henry – heute schon vier Clips auf Halde gedreht. Ich muss morgen mindestens zwei davon zusammenschnippeln.«
»Och, du Arme …« Henry gähnte. »Aber ich merke langsam auch, dass es ein harter Tag war.« Sie zog ein iPhone aus der Jackentasche, Titanblau. »Kann ich hiermit bezahlen?«, fragte sie Adi. Die bedauernd den Kopf schüttelte und Bargeld verlangte. Es stellte sich heraus, dass keins der drei Mädels so etwas Altmodisches bei sich hatte. »Oje …«, murmelte Henry.
Der Weiße Ritter schwang sich auf seinen Schimmel.
»Schreib's bei mir auf, Adi«, sagte Folker. Ohne mit der Wimper zu zucken, notierte sie hundertzwanzig Euro und vierzig Cent auf seinem Deckel. Folker schluckte. Wollte sich aber natürlich nicht lumpen lassen, schon gar nicht vor diesem Publikum. »Plus Tip«, korrigierte er. Adi nickte anerkennend, strich die Summe durch und machte aus der Zwei deine Drei.
»Boah, das ist aber nett!«, fand Henry. »Kriegst du natürlich wieder. Bist du öfter hier?« Adi schnaubte leise.
»Wann immer es dir passt«, sagte Folker, ganz Gentleman. In ihren Mundwinkeln zuckte es.
»Ich könnte morgen Abend mal kurz rüberkommen.«
»Okay. Ich werd hier sein.«
»Fein, dann bis dann. Ich hasse Schulden, weißt du.« Henry und Aylin wandten sich zur Tür. »Silke …?«
Silke stand da und schaute Folker an, als sei sie recht angetan von seiner Heldentat. Schließlich warf sie erst einen raschen Blick zu Adi, dann zu Henry hin, schenkte ihm ein verlegen-resigniertes Vielleicht-ein-andermal-Lächeln und drehte sich ebenfalls zur Tür herum.
»Ja, ich komme mit«, sagte sie betont leichthin. Die Tür klappte langsam hinter ihnen zu. Chet Bakers Trompete weinte.
»Zwei von dreien, an einem Abend«, sagte Adi und stellte ihm ein Bier für den Heimweg vor die Nase. »Nicht schlecht.« Sie kam mit den Tisch-drei-Deckeln und ihrer Kellnerbörse um die Theke herum, um die Doko-Runde abzukassieren. »Aber du lässt nach, oder?«, murmelte sie, als sie an ihm vorbeikam.
»Du willst ja bloß, dass ich jetzt sage: ›Dann lass uns doch drei von vieren draus machen‹, um mich dann auszulachen.«
Sie hielt inne, kam einen Schritt zurück und drückte ihm aus ihrer Eins-einundneunzig Höhe ein Küsschen auf die Stirn.
»Du bist echt süß manchmal«, sagte sie.
Am Lesbentisch hinter ihr erklangen Kichern, Johlen, ironisches Jauchzen und Buh-Rufe.
Dann wurde heftig polternd die Tür aufgestoßen.
***
Es ist gar nicht leicht zu beurteilen, ob ein Mensch mit schokoladenbrauner Haut blass geworden ist, aber Jupp sah regelrecht grau aus.
Er schien froh zu sein, Folker anzutreffen, sah sich aber unruhig um.
»Die Zukunft hat schon zu«, sagte er ohne jede Begrüßung. »'ne Ahnung, wo Taifun sich rumtreibt?«
»Nee«, antwortete Folker. »Was ist passiert?«
»Wartet mal«, beschied Adi die Doko-Runde und kam zurück an die Theke. »Was ist denn mit dir los? Was ist passiert?«
Jupp schnappte sich Folkers Bier und leerte es auf einen Zug.
»Regina wurde überfallen.«
»Was?!?« Adi schnappte nach Luft, und Folker war auf einen Schlag wieder halbwegs nüchtern.
»Übel verprügelt und ausgeraubt. Sie liegt im Klösterchen. Tu mir 'nen Gefallen und gib mir 'nen Schnaps, Adi.«
»Hol dir selbst einen, ich werd mal eben die Mädels hier los.«
Jupp ging hinter die Theke und schenkte sich einen dreifachen Kabänes ein. Kippte die Hälfte, zapfte zwei Biere und kehrte mit den drei Gläsern auf den Hocker neben Folker zurück.
»Ey, wieso darf der Typ sich denn …?«, wollte eins der Mädels protestieren.
»Der ist vom Gesundheitsamt«, würgte Adi sie ab, schob sie hinter den anderen aus der Tür und schloss hinter ihnen ab. Goss sich hinter dem Tresen ein Glas Wasser ein und stützte sich vor den beiden Jungs auf den Tresen.
»Erzähl, Jupp.«
Der musste sich erst den Rest der Kräuter gönnen.
»Eine Prellung überm Steißbein, von einem Tritt. Rippenprellungen von mehreren Fußtritten, eine Rippe gebrochen. Das halbe Gesicht zerschrammt, die Nase zerdetscht – jemand hat ihr ins Gesicht getreten. Der Doktor meint, es sei ein Wunder, dass ihr Nasenbein nicht gebrochen ist.«
»Ach du Scheiße«, knurrte Folker.
»Ich sag's dir. Ihre schöne rote Marc O'Polo-Daunenjacke weg. Ihr Portemonnaie mit Ausweis, Scheckkarte und vielleicht siebzig Euro Bargeld – scheiß drauf –, ihr Schlüsselbund und ihr Handy. Die Karte hab ich zum Glück gleich sperren lassen können – offenbar war noch niemand damit am Automaten gewesen. Am meisten trauert Reggie dem Handy nach, war zwar nur«, er malte Gänsefüßchen in die Luft, »ein iPhone zwölf ist, das sie bei O2 abstottert, aber allein dessen Kamerafunktionen sind ja schon ein paar hundert Ocken wert. Und sie hat sich ja so begeistert in ihr neues Hobby fotografieren gestürzt. Am blödesten ist, dass die Typen jetzt ihre Adresse kennen und 'nen Schlüssel haben. Ich hab von innen abgeschlossen, den Schlüssel stecken lassen und bin über'n Balkon raus – aber auf dem Weg kommt man natürlich auch rein, wenn man's drauf anlegt.«
»Und wie geht's ihr jetzt?«, fragte Adi.
»Ach, sie ist erstaunlich gut drauf. Aber womöglich kommt der Schock auch mit Verzögerung. Und erkältet ist sie – sie hat fast zwei Stunden am Römerpark auf der Straße gelegen. Irgendein Penner hat sie gefunden und die Bullen angerufen.«
»Hat sie denn jemanden erkennen können?«, fragte Folker.
»Drei ziemlich junge Typen mit 'nem Ghettoblaster, meint sie. Saßen kiffend und Cognac saufend auf dem Mäuerchen am Park. Einer davon mit sehr auffälligen, superkurzen weißen Haaren. Mehr weiß sie auch nicht; die haben sie von hinten angegriffen, und dann ging alles furchtbar schnell.«
»Die Arme«, seufzte Adi. »Braucht sie jetzt irgendwas?«
»Nee, sie kann wahrscheinlich auch übermorgen schon nach Hause.« Jupp sah sich in der leeren Kneipe um. »Ich wollte jetzt eigentlich Taifun aufstöbern und mich mit ihm schon mal 'n bisschen umgucken … Ihr habt wohl auch keine Ahnung, wo er steckt, oder?«
Beide schüttelten bedauernd den Kopf. Er sah Folker an.
»Könntest uns 'nen Gefallen tun und in ihrer Bude pennen. Wenn ich an deren Stelle wäre, würde ich da spätestens am frühen Morgen mal hin. Ich suche weiter nach dem Türken.«
Folker überlegte eine Weile.
»Lass uns das andersrum machen. Du gehst in Reggies Bude, und ich suche ihn. Nachher findest du noch irgendwas raus und tust was, das dir hinterher leidtun könnte.«
»Gute Idee«, sagte Adi. »Du bist doch eh noch immer nicht ganz fit.« Wie zur Bestätigung griff Jupp sich unwillkürlich an die rechte Brustseite. Wo im letzten Jahr eine Kugel nur knapp seine Lunge verfehlt hatte.
»Ich will die Arschlöcher in die Finger kriegen«, knurrte er.
»Klar«, sagte Folker. »Sollst du. Aber erst mal müssen wir sie ja finden. Geh dich ausruhen und abkühlen.«
»Ich will nicht abkühlen!«, protestierte Jupp.
»Doch, willst du«, sagte Adi so bestimmt, als duldete sie keinen Widerspruch.
Dienstag, 1. Oktober
Es war gar nicht so schwer.
In der Ömeria, dem dritten als Dönerladen getarnten türkischen Zockerschuppen, in dem Folker unter misstrauischen Blicken nachsah,
