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Hessische Münzen und Medaillen: Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant
Hessische Münzen und Medaillen: Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant
Hessische Münzen und Medaillen: Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant
eBook805 Seiten8 Stunden

Hessische Münzen und Medaillen: Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant

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Über dieses E-Book

In einundzwanzig in sich geschlossenen Aufsätzen werden hessische Münzen und Medaillen in ihren geschichtlichen Zusammenhang gestellt, beschrieben und kommentiert. Die Aufsätze beruhen auf dem Studium neuerer und älterer Literatur und der Auswertung von Münzmaterial aus verschiedenen Sammlungen und Verkaufs- und Auktionskatalogen. Diese Essays beginnen bei den thüringischen Landgrafen und der Gründung des Landes Hessen durch Sophie von Brabant, der Tochter der heiligen Elisabeth, und reicht bis zur Eingliederung Kurhessens in das Königreich Preußen im Jahr 1866. Auch werden Münzen und Medaillen des Hauses Hessen-Darmstadt und von hessischen Nebenlinien gewürdigt und beschrieben. Dieses Buch macht einen ausführlichen und facettenreichen Streifzug durch die hessische Münzgeschichte und das hessische Münzwesen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum29. Juni 2017
ISBN9783743923607
Hessische Münzen und Medaillen: Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant

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    Buchvorschau

    Hessische Münzen und Medaillen - Dr. Wolfgang Eichelmann

    VORWORT

    Die vorliegenden Aufsätze sind Betrachtungen zur hessischen Numismatik, beruhend auf dem Studium neuerer und älterer Literatur und der Auswertung von Münzmaterial aus verschiedenen Sammlungen und Verkaufs- und Auktionskatalogen.

    Mein besonderer Dank gilt Herrn Christoph Raab von der Münzhandlung Dr. Busso Peus, Frankfurt, Herrn Wolfgang Rittig, Münzhandlung, Schwelm, Herrn Rudolf Künker, Münzhandlung, Osnabrück, und einigen privaten Sammlern, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen und sich auch bereit erklärten, mir durch die Bereitstellung geeigneten Münzmaterials bei der Gestaltung der Artikel behilflich zu sein.

    Dr. Wolfgang Eichelmann

    Buseck, im Januar 2010

    VORWORT

    ZUR NEUAUFLAGE

    Die positive Reaktion vieler hessischer Numismatiker auf dieses Buch hat mich sehr gefreut. Mit großem Interesse und mit Dank habe ich ihre Anregungen, Anmerkungen und die immer wohlwollende Kritik aufgenommen. Das Ergebnis war, dass ich einige Texte überarbeitet, erweitert und zum Teil mit zusätzlichen Abbildungen versehen habe. Außerdem wurden dem Buch weitere Kapitel über Münzen und Medaillen von Hessen-Darmstadt und hessischen Nebenlinien zugefügt.

    Durch verschiedene äußere Umstände bedingt erschien mir eine Neuauflage dieses Buches als gegeben.

    Dr. Wolfgang Eichelmann

    Buseck im Mai 2017

    TERRA HASSIA – VOM NEBENLAND DER LANDGRAFSCHAFT THÜRINGEN ZUR EIGENSTÄNDIGEN LANDGRAFSCHAFT HESSEN

    HESSEN UNTER DEN LUDOWINGISCHEN LANDGRAFEN VON THÜRINGEN

    LANDGRAF LUDWIG I. (†1140) UND HEINRICH RASPE I. (†1130) VON THÜRINGEN

    Die erste Verbindung Hessens mit Thüringen erfolgte unter Bonifatius, der in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts den Hessengau missionierte. Er gründete um 720 Klöster in Fritzlar und in Amöneburg und schloss die Missionierung Hessens mit der Gründung der Diözese Büraburg im Jahr 741/742 ab. Bonifatius vereinigte schließlich Büraburg mit seiner Diözese Erfurt. Damit war der Norden Hessens im kirchlichen Bereich Thüringen angeschlossen und dem Bistum Mainz unterstellt, im säkularen war er eine fränkische Grafschaft. Die hochmittelalterlichen Grafschaftsverhältnisse in Hessen sind schwer überschaubar. Demandt schreibt dazu: „Die geschichtliche Überlieferung läßt klar bedeutende und unbedeutende Grafen und Grafensippen erkennen, wie etwa die Rupertiner und Konradiner, die Nüringer, die Luxemburg-Gleiberger und die Wernerschen Grafen...Für jene großen Geschlechter ist kennzeichnend, daß es „politische Familien waren; nicht einheimisch, sondern auf Grund der politischen Verhältnisse vom Reich nach Hessen gebracht; hier wegen ihrer Stellung am Königshof und in der Reichspolitik mit großer Macht und einflußreichen Amtsstellungen (Grafschaften, Vogteien) ausgestattet, aber ebenso mit dem Wandel der politischen Lage wieder beseitigt oder vorher verbraucht und erloschen (wie die Grafen Werner).

    1122 gelangten die Ludowinger in den Besitz der Grafschaft Hessen und des Lahngaus. In diesem Jahr starben die beiden hessischen Grafenhäuser aus, die Grafen Werner, die aus Schwaben stammten und seit 1027 die Grafschaft Hessen, die etwa dem heutigen Niederhessen entsprach, mit der Grafschaft Maden, dem Gebiet um Gudensberg, das seit dem 10. Jahrhundert ein mainzisches Lehen war, und Vogteien über die Abteien Fritzlar, Breitenau, Wetter und Hasungen besaßen, und die Gisonen, die den Lahngau, der etwa dem heutigen Oberhessen entsprach, beherrschten und die Vogtei der Reichsabtei Hersfeld inne hatten. Zunächst beerbten die Gisonen das Grafenhaus der Werner. Aber bereits kurz nach der Erbschaft starb der letzte Graf von Gudensberg, Giso IV. Die Erben dieser Grafschaften und Vogteien waren die Witwe des Grafen Giso IV. und dessen Stieftochter, die beide Hedwig hießen. Ludwig, der spätere, erste Landgraf von Thüringen, heiratete die Stieftochter Hedwig und erhielt den Lahngau und die Vogteirechte aus dem Wernerschen Erbe. Sein Bruder Heinrich Raspe I., der Bannerträger Kaiser Lothars III. von Supplinburg wurde, heiratete die Witwe Hedwig und wurde so Graf von Hessen/Gudensberg und Hersfelder Domvogt. So entstand das Kuriosum, dass Ludwig der Schwiegersohn seines jüngeren Bruders Heinrich Raspe wurde.

    Der Anfall von Hessen bedeutete einen erheblichen Zugewinn an Macht und Land, insbesonders der Gewinn der Vogtei des Reichsklosters Hersfeld, das in Thüringen beträchtlichen Besitz hatte, und somit die ludowingische Position in Thüringen erheblich stärkte. Dies zeigte sich besonders deutlich als Heinrich Raspe III., der Enkel Ludwigs I., kinderlos starb und daraufhin die Reichsvogtei Hersfeld ihre Lehen einzog. Es brach zwischen dem Landgrafen von Thüringen und dem Reichsabt von Hersfeld darüber ein heftiger Streit aus und letztlich verblieb nur ein geringer Teil dieses Lehensbesitzes beim Thüringer Landgrafen. Aus dem Erbe der Hessen- und Lahngaugrafen formten die Ludowinger das Land Hessen, terra Hassia. Sie erbten damit aber auch den Streit und die Probleme mit dem Erzbistum Mainz, das in Thüringen und in Hessen einen gewichtigen Machtfaktor darstellte. Es besaß große Gebiete um und mit den Städten Erfurt und Fritzlar, im Rheingau um Bingen, im Eichsfeld, die Abtei Seligenstadt und die Reichsabtei Lorsch an der Bergstraße. Durch den Erwerb des Landes Hessen waren die Ludowinger nun selbst zum mächtigsten Grafengeschlecht in Thüringen geworden, dem dort allerdings der Makel anhaftete, zugewandert zu sein, und so keinen allzu großen und sicheren Rückhalt bei den alteingesessenen Dynasten hatte. Die heimische Machtposition, anhaltende Spannungen mit dem Mainzer Erzbischof in Hessen und Thüringen und auch die salische Restitutionspolitik führten dazu, dass die Ludowinger sich der antisalischen Fürstenopposition um den Sachsenherzog Lothar von Supplinburg anschlossen.

    1130 wurde Hermann II. von Winzenburg, der Landgraf von Thüringen, wegen der Anstiftung zu einem Mordanschlag seines Amtes enthoben. König Lothar III. ernannte jetzt eingedenk alter Waffenbrüderschaft und Gefolgschaft zu Zeiten der Fürstenopposition 1131 Ludwig auf einem Hoftag in Quedlinburg zum Landgrafen von Thüringen und bestätigte ihn auf dem anschließenden Reichstag in Goslar in seinem neuen Amt. Man kann davon ausgehen, dass es in König Lothars Interesse lag, die Territorien im Osten des Reiches mit königstreuen Landesfürsten zu besetzen, die seine Ostpolitik trugen und durchsetzten – auch zu ihrem eigenen Vorteil, und seine Reichspolitik stützten. Im besonderen Falle Thüringens bedeutete die Erhebung der erstarkten Ludowinger zu Landgrafen, dass sie die politischen und besonders die territorialen Interessen des Erzbischofs von Mainz schon vor den Grenzen des Herzogtums Sachsen banden und auch eventuelle westwärts gerichtete territoriale Bestrebungen der wettinischen Markgrafen verhinderten.

    Von einer eigenständigen Münzprägung Landgraf Ludwigs I. ist nichts überliefert, auch sind keine Münzen von ihm bekannt.

    LANDGRAF LUDWIG II. VON THÜRINGEN (1140 – 1172)

    Im Januar 1140 starb Landgraf Ludwig I. und bereits im Februar wurde sein erst zwölfjähriger Sohn Ludwig II., den man später wegen seines harten Durchgreifens im Interesse einer mehr zentralen Landesmacht und zur Erhaltung des Landesfriedens den Eisernen nannte, auf dem Reichstag zu Worms mit der Landgrafschaft Thüringen belehnt. Unter seiner Herrschaft begann der zielstrebige Ausbau der Landgrafschaft – verwaltungsmäßig mit der Einrichtung einer Kanzlei auf der Wartburg und wirtschaftlich mit der Eröffnung von Münzstätten 1140 in Marburg, 1150 in Eisenach und etwas später in Gotha. Die Versorgung der Landgrafschaft Thüringens und des Landes Hessen mit Umlaufgeld erfolgte bis dahin hauptsächlich durch die Münzstätte des Erzbischofs von Mainz in Erfurt, wo seit 1025/1030 Denare und Hälblinge geprägt wurden und zwischen 1120 und 1130 unter Erzbischof Adalbert (1111 – 1137) die Brakteatenprägung begann, und in geringerem Umfang auch durch Münzstätten anderer geistlicher Münzherren, so dem Kloster Saalfeld (vor 1120), das der Oberhoheit des Erzbischofs von Köln unterstand, dem Frauenstift zum heiligen Kreuz in Nordhausen (vor 1130) und dem Kloster Pegau, wo bereits um 1115/1120 gemünzt wurde, dessen Münzstätte aber erst 1172 urkundlich erwähnt wurde.

    Abb. 1. Landgraf Ludwig II. von Thüringen, 1140 – 1172, Reiterbrakteat, Münzstätte Eisenach, reitender Landgraf mit Flagge und Schild zwischen zwei Türmen. Auf den Türmen je ein Bogenschütze.

    Abb. 2. Landgräfin Jutta von Thüringen, gest. 1191, Brakteat, Münzstätte vermutlich Weißensee, der Witwensitz der Landgräfin. Im Damensitz reitende Landgräfin.

    Dass die Ausübung des Münzrechtes von den geistlichen Fürsten, besonders von den Klöstern, wahrgenommen wurde, hatte seinen Grund darin, dass sie über ausreichendes Münzsilber verfügten, das wohl zumeist aus Stiftungen stammte. Lediglich Saalfeld hatte eine Silbergrube in Betrieb. Landgraf Ludwig II. der Eiserne ließ seine ersten Brakteaten um 1145 vermutlich noch in der erzbischöflichen Münzstätte in Erfurt schlagen, so dass sie sich kaum von den dortigen erzbischöflichen Geprägen unterschieden. Für den Aufbau einer eigenen Münzstätte in Eisenach um 1150 nahm er die Hilfe des Erfurter Bischofs in Anspruch. Vermutlich wurden die ersten landgräflichen Stempelschneider in der Münzstätte in Erfurt ausgebildet.

    Das Münzbild der neuen landgräflichen Münzstätte in Eisenach war das des reitenden Landgrafen, der Reiterbrakteat. In den alten thüringischen Kerngebieten zwischen Saale und Unstrut wurden in alter Zeit die verstorbenen Fürsten als Zeichen ihrers Standes zusammen mit ihren Pferden begraben. Es ist durchaus denkbar, dass Landgraf Ludwig II. auf diese alte Tradition Bezug nahm, um seine Standeswürde zu unterstreichen. Zugleich knüpfte er mit der Darstellung als Reiter an römische und karolingische Kaiserdarstellungen an, wohl um seine Nähe und Verbundenheit zum Kaiser zu dokumentieren. Das Reiterbild wurde von der 1132 von König Konrad gegründeten Münzstätte in Mühlhausen übernommen.

    Der Aufbau der Münzstätte in Eisenach war für den Landgrafen eine wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Notwendigkeit, um den Westen Thüringens ökonomisch und strukturell zu erschließen und so den hessischen und den thüringischen Landesteil miteinander zu verbinden, als auch um eine eigene, für ihn fiskalisch nutzbare Währung zu schaffen. Vor der Gründung der Eisenacher Münzstätte hatten die Ludowinger bereits eine in Marburg errichtet. Auch hier ging es offensichtlich um die Eigenständigkeit der Währung.

    Als die Ludowinger Hessen erwarben, lag das hessische Münzwesen in den Händen geistlicher Fürsten. Die Münzversorgung erfolgte hier ebenfalls hauptsächlich vom Erzbistum Mainz aus, aber auch vom Kloster Helmarshausen an der Diemel, das 997 von Kaiser Otto III. das Münzrecht erhalten hatte. Etwas später folgten Fritzlar, wo seit König Konrad II. (1024 – 1039) Nachahmungen von Coloniapfennigen geprägt wurden, und die beiden Reichsklöster Fulda (1019) und Hersfeld, wo man zwischen 1130 und 1150 mit der Prägung von Brakteaten begann. In der Münzstätte Eschwege wurden seit 1140/1150 unter den Äbtissinnen Juditha und Gertrude Brakteaten geschlagen, 1188 erhielt die Äbtissin Gertrude von Kaiser Friedrich Barbarossa das unbeschränkte Nutzungsrecht über die Eschweger Münze, den Markt und den Zoll.

    Zur weiteren Konsolidierung ihrer landgräflichen Machtposition bauten die Ludowinger Städte aus und befestigten sie, wie Kassel, und gründeten Städte, wie Grünberg, Melsungen und Alsfeld. Wie hoch das Ansehen der Ludowinger geworden war, zeigte sich darin, dass Landgraf Ludwig II. der Eiserne 1150 Jutta, die Nichte König Konrads III., die Halbschwester des späteren Kaisers Friedrich I. Barbarossa, heiratete. Diese Verbindung war noch auf Konrads Königswahl 1138 zurückzuführen, bei der Landgraf Ludwig I. und sein Bruder Udo, der Bischof von Naumburg, die Wahl des Staufers zum deutschen König unterstützt hatten. Das enge Verhältnis der thüringischen Landgrafen zu den Staufern war aber nicht nur ein familiäres. Gleiche macht- und militärpolitische Interessen verbanden Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Landgraf Ludwig II. den Eisernen. Es war vor allem die gemeinsame Gegnerschaft zum Erzbischof von Mainz, der stauferfeindlich und papstergeben eingestellt war und in Hessen und Thüringen eine eigene, den landgräflichen Vorhaben entgegengesetzte Territorialpolitik betrieb, die Landgraf Ludwig II. zu militärischen Aktionen wie der Zerstörung der Erfurter Stadtbefestigung 1165 und der mainzischen Stützpunkte Rusteberg und Horburg im Eichsfeld veranlasste. Für die Beschränkung der erzbischöflichen Macht in Erfurt hatte der Landgraf die volle Rückendeckung des Kaisers.

    Abb. 3. Konrad II. Abt von Fulda, 1177 – 1192, Brakteat, sitzender Bischof mit Mitra, Buch und Bischofsstab, Umschrift im Doppelkreis CVNRADVS ABBAS CVNRA. Die Äbte von Fulda hatten die päpstliche Erlaubnis, die Insignien eines Bischofs zu tragen.

    Abb. 4. Heinrich III. Abt von Fulda, 1192 – 1216, Brakteat, Büste eines Bischofs mit Bischofsstab und Palmwedel. Trugschrift im Doppelkreis.

    Abb. 5. Heinrich I. von Biengarten, Abt von Hersfeld, 1127 – 1155, Brustbild eines Abtes nach links mit Hirtenstab, Umschrift: (I.Hei) NRICV(S) A(bbas).

    Abb. 6. Gertrud, Äbtissin von Eschwege, 1180 – 1188, Brakteat, Äbtissin mit Palmwedel und Buch, Umschrift: ABBATISSAGV CRVTINESREN (Abbatissa Gertrud in Eskenwage).

    Abb. 7. Landgraf Ludwig III. von Thüringen, 1172 – 1190, Reiterbrakteat, Münztätte Eisenach, reitender Landgraf mit Flagge und Löwenschild, im Doppelkreis Trugschrift.

    Noch früher als die Staufer geriet Landgraf Ludwig II. der Eiserne mit dem Sachsenherzog Heinrich dem Löwen in Konflikt, der seine Besitzungen in Bayern und Sachsen in den Herrschaftsbereich der Ludowinger auszudehnen versuchte und so die Landgrafschaft Thüringen in die Zange nahm. Auch durch die Bindung einiger alteingesessener Herrschaften an sich trachtete er, seinen Einfluss in Thüringen zu vergrößern. So provozierte Herzog Heinrich der Löwe Landgraf Ludwig II. zu kriegerischen Auseinandersetzungen, die in der Belagerung von Haldensleben durch den Landgraf 1166/1167 gipfelten und von Kaiser Friedrich I. Barbarossa schließlich geschlichtet werden mussten. 1172 starb Landgraf Ludwig der Eiserne.

    LANDGRAF LUDWIG III. VON THÜRINGEN (1172 – 1190)

    Landgraf Ludwig III. erbte von seinem Vater den Streit mit Herzog Heinrich dem Löwen. Er war ein getreuer Anhänger des staufischen Kaisers und wurde zu einem der erbittertsten Gegner des Sachsenherzogs. Der Hoftag von Gelnhausen 1180 war für Landgraf Ludwig III. von herausragender Bedeutung. Mit der hier ausgestellten Gelnhäuser Urkunde wurde der Landgraf von Thüringen mit der Pfalz Sachsen, einem Fahnlehen, belehnt, damit in den Reichsfürstenstand erhoben und den Herzögen ranggleich gestellt. Im ludowingischen Herrschaftsgebiet kam es zu einer Teilung der Regierungsgeschäfte. Landgraf Ludwig III., der die Beinamen der Milde und der Fromme erhielt, verwaltete die Landgrafschaft Thüringen, sein Bruder Heinrich Raspe III. das Land Hessen und sein jüngster Bruder Hermann die Pfalz Sachsen. Um sich von seinen Brüdern heraldisch zu unterscheiden, führte Hermann in dieser Zeit 1181 – 1190 den Adler der Pfalz Sachsen in seinem Schild. Die Oberhoheit über alle Gebiete verblieb aber beim Landgrafen von Thüringen.

    1186 gelang es den Ludowingern, Rechte auf die Grafschaft Ziegenhain zu erwerben, die den Rechtsanspruch auf ihre spätere Eingliederung in die Landgrafschaft Hessen begründeten. 1180 starb Heinrich Raspe III., und Hessen wurde von Ludwig III. mitregiert. Bis 1186 nannte er sich daher auch Graf von Hessen. Dann erreichte er von seinem kaiserlichen Onkel die Sanktionierung der Oberhoheit über Hessen, das Rektorat. Die Oberherrschaft in Hessen war ihrer Natur nach ein Politikum und ein Rechtsmittel, das sich gegen den Erzbischof von Mainz richtete. So konnte jetzt der Landgraf von Thüringen seinem Lehnsherrn und Lehensgeber, dem Mainzer Erzbischof, aufgrund seiner fürstlichen Obergewalt rechtsverbindliche Vorschriften machen, wie ihm die Anlage von Burgen zu verbieten. Damit war der Erzbischof von Mainz in den hessisch-ludowingischen Gebieten entmachtet. Der Preis für die kaiserliche Anerkennung der ludowingischen Oberhoheit in Hessen war die Teilnahme Landgraf Ludwigs III. des Frommen am dritten Kreuzzug, von dem weder Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der im Fluss Saleph in Kleinasien ertrank, noch Landgraf Ludwig III., der 1190 auf einem Schiff auf der Fahrt nach Zypern starb, zurückkehrten.

    Abb. 8. Landgraf Hermann I. von Thüringen, 1190 – 1217, Reiterbrakteat, 1208, Münzstätte Eisenach, über einem Gebäude der reitende Landgraf mit Flagge und Löwenschild, Trugschrift in einem Doppelkreis.

    LANDGRAF HERMANN I. VON THÜRINGEN (1190 – 1217)

    Der Übergang der ludowingischen Reichslehen an Landgraf Hermann I. erfolgte nicht reibungslos. Der neue Kaiser Heinrich VI., der Sohn von Kaiser Friedrich I. Barbarossa, wollte zunächst diese Reichslehen als heimgefallene Lehen einziehen, was auf der Linie seiner Restitutionspolitik von Reichsgut lag. Nur Hermanns Protest und wahrscheinlich mehr noch die Fürsprache der Landgräfin Jutta, des neuen Kaisers Tante, konnten ihn von diesem Vorhaben abbringen. Aber seitdem war das Verhältnis Landgraf Hermanns zum staufischen Kaisertum recht unterkühlt, und er wechselte je nach den politischen Umständen zwischen Welfen und Staufern.

    Im kulturellen Bereich machte er die Wartburg zu einem Zentrum der Dichtung und des Minnegesangs – man denke nur an den berühmten Sängerstreit und an Walther von der Vogelweide, der längere Zeit auf der Wartburg lebte.

    1217 starb Landgraf Hermann I. Sein Nachfolger war Landgraf Ludwig IV.

    Abb. 9. Landgraf Hermann I. von Thüringen, 1190 - 1217, Reiterbrakteat, 1210, Münzstätte Eisenach, über einem Bauwerk mit drei Türmen der reitende Landgraf mit Flagge und Löwenschild, Trugschrift im Doppelkreis.

    Abb. 10. Landgraf Hermann I. von Thüringen als Pfalzgraf von Sachsen, Münzstätte Eisenach, über Gebäuden mit mehreren Türmen der reitende Landgraf mit Flagge und Adlerschild, Trugschrift im Doppelkreis.

    Abb. 11. Landgraf Hermann I. von Thüringen, 1190 – 1217, Brakteat, Münzstätte Alsfeld, stehender Landgraf mit Szepter und Flagge, neben ihm zwei Gebäude, Trugschrift im Doppelkreis.

    Abb. 12. Landgraf Hermann I. von Thüringen, 1190 – 1217, Brakteat, Münzstätte Rothenburg an der Fulda, stehender Landgraf mit Szepter und Schwert, neben ihm zwei Türme, Trugschrift im Doppelkreis.

    Abb. 13. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, Brakteat, 1220, Münzstätte Kassel, reitender Landgraf mit Flagge und Schild, über dem Pferdekopf ein Löwenkopf (Zeichen für die Landgrafschaft Thüringen), hinter dem Landgraf ein Gebäude mit Turm.

    Anfang des 13. Jahrhunderts setzten sich in Hessen in den von den Staufern und von Thüringen beherrschten und beeinflussten Gebieten die Brakteaten durch. Um eine bessere Versorgung des hessischen Landesteiles mit Brakteaten zu erreichen und die lokalen Märkte mit ausreichendem Geld zu versorgen, wurden unter Landgraf Hermann und seinem Bruder und späteren Nachfolger Ludwig IV. neue Münzstätten errichtet, so in Alsfeld, urkundlich 1222 erstmalig genannt, in Kassel, wo wahrscheinlich schon seit Landgraf Ludwig III. eine Münzstätte bestand, die aber erst 1239 urkundlich erwähnt wurde, und in Rothenburg an der Fulda.

    LANDGRAF HERMANN IV. VON THÜRINGEN (1217 – 1227)

    In Thüringen wurde die Landespolitik nach dem Tod Landgraf Hermanns I. im Jahr 1217 und dem Dietrichs des Bedrängten, Markgraf von Meißen, im Jahr 1221 durch die Vormundschaft Landgraf Ludwigs IV. über seinen Neffen Heinrich, der später den Beinamen illustris, der Erlauchte, erhielt, bestimmt und richtete sich auf die Mark Meißen aus. 1226 erreichte Landgraf Ludwig IV. von Kaiser Friedrich II. die Eventualbelehnung mit der Mark Meißen. Der Preis dafür war die Begleitung des Kaisers auf dem fünften Kreuzzug. Dieser begann mit einer Katastrophe. Das Kreuzfahrerheer wurde von einer schweren Seuche heimgesucht, der auch Landgraf Ludwig IV. zum Opfer fiel, so dass der Kaiser den Kreuzzug abbrechen musste.

    Landgraf Ludwig IV. von Thüringen war mit Elisabeth von Ungarn verheiratet, der späteren heiligen Elisabeth. Er hinterließ drei Kinder, Sophie, die spätere Herzogin von Brabant, Gertrud, die Äbtissin von Altenberg wurde, und Hermann II. Landgraf Ludwigs Bruder Heinrich Raspe IV. wurde der Vormund seines Neffen Hermann II. und damit Regent der Landgrafschaft Thüringen. Ludwigs jüngster Bruder Konrad erhielt die Herrschaft über das Land Hessen.

    Abb. 14. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, 1217 – 1227, Brakteat, Münzstätte Marburg, sitzender Landgraf mit Schwert und Lilienszepter zwischen zwei Türmen.

    Abb. 15. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen. Brakteat, in einem Perlkreis ein thronendes Herrscherpaar, links der Herrscher mit Schwert und einem kleinen Kreuz auf der linken Seite seines Mantels, rechts die Herrscherin mit Lilienszepter und Reichsapfel

    Im Landesmuseum Kassel befindet sich ein einzigartiger Brakteat aus dem Fund von Niederkaufungen. Er zeigt ein thronendes, weltliches Herrscherpaar. Es ist das einzige bekannte zeitgenössische numismatische Zeugnis, das mit Landgraf Ludwig IV. und seiner Gemahlin Elisabeth in Zusammenhang gebracht werden kann. Der Landgraf trägt ein Barett, hält in seiner rechten Hand ein Schwert und auf der linken Seite seines Mantels befindet sich ein Kreuz, das ihn als Kreuzfahrer ausweist. Die Landgräfin hält in ihrer rechten Hand als Insignien der Macht ein Lilienszepter und in ihrer linken einen Reichsapfel. Dies kann so gedeutet werden, dass sie für die Zeit der durch den Kreuzzug bedingten Abwesenheit ihres Gemahls die Herrschaft über die Landgrafschaft inne hat.

    Abb. 16. Landgraf Heinrich Raspe IV. von Thüringen, Brakteat, Münzstätte Marburg Zwei Köpfe unter einem Doppelbogen, darüber das Brustbild des Landgrafen mit zwei Szeptern, als Randinschrift VVVV

    Abb. 17. Landgraf Hermann II. von Thüringen, 1227 – 1242, Brakteat, Münzstätte Kassel, reitender Landgraf mit Flagge und Löwenschild, hinter dem Landgrafen ein Jagdhorn, Umschrift: C•E•S•V•

    DIE LANDGRAFEN HERMANN II. (1227 – 1241) UND HEINRICH RASPE IV. VON THÜRINGEN (1227 - 1247), SEIT 1246 GEGENKÖNIG

    Nach dem Tod Landgraf Ludwigs IV. (†1227) verschaffte sich dessen Bruder Heinrich Raspe IV. von Kaiser Friedrich II. die Belehnung mit der Landgrafschaft Thüringen und der Pfalz Sachsen.

    1234 erhielt sein Bruder Konrad das Land Hessen und die Mitbelehnung mit den Lehen des Landgrafen Heinrich Raspe IV. In die Mitbelehnung wurde auch Landgraf Ludwigs IV. Sohn Hermann II., der bis 1238 unter Heinrich Raspes IV. Vormundschaft stand, aufgenommen. Nach dem Eintritt Landgraf Konrads von Hessen in den Deutschen Orden fiel die Herrschaft über Hessen an Landgraf Hermann II. Dieser nannte sich nun in einer Urkunde aus dem Jahr 1241 junior Thuringiae Lantgravius, comes Hassiae et dominus terrae prope Laynam – der jüngere Landgraf von Thüringen, Graf von Hessen und Herr des Landes an der Leine. Das letztere Gebiet war 1227 nach dem Tod des Rheingrafen Heinrich an Thüringen gefallen.

    Abb. 18. Landgraf Hermann II. von Thüringen, 1227 – 1242, Brakteat, In einem Kerbkreis der reitende Landgraf nach links mit Lanze und Löwenschild. Über der Kruppe des Pferdes eine befußte Lilie. Auf dem Außenrand die Umschruft h E R I – Herimanus/ Hermann

    Die Herrschaftsverhältnisse in Thüringen nach dem Tod Landgraf Ludwigs IV. werden auf dem Brakteaten Landgraf Heinrich Raspes IV. deutlich aufgezeigt – Heinrich Raspe mit gleich zwei Szeptern und unter ihm in zwei Bögen eingeengt zwei Köpfe, den seines Mündels Hermann II. und den seines Bruders Konrad. (Abb. 16).

    Auf einem in der hessischen Münzstätte Kassel geschlagenem Reiterbrakteaten Landgraf Hermanns II. findet sich als Randinschrift C•E•S•V• (Abb. 17), die von Buchenau wie folgt gelesen wird: Communis Examinatus Sincerus Valens – Währungsmünze, geprüft, lauter, gültig. Diese Lesart nimmt Bezug auf das Statutum per favorem principium von 1232, in dem der Kaiser garantiert, dass er in keinem Land eines Fürsten Geld schlagen lassen werde, das den Wert des Geldes des Fürsten mindert, und auf ein kaiserliches Edikt aus demselben Jahr, das festlegt, dass in einer Stadt, in der Münzen geschlagen werden, Waren nur mit den Pfennigen bezahlt werden sollen, die die Währung der Stadt bilden. Dieser Brakteat wäre der einzige, auf dem Bezug auf eine Münzvorschrift genommen wird. Eine andere Lesart gibt folgende Deutung: Comes [Hassiae Sanctae] Elisabethae Sepulcri Vigil – der Graf von Hessen ist der Wächter des Grabes der heiligen Elisabeth. 1240 wurde Hermanns Mutter Elisabeth kanonisiert, und im selben Jahr starb in Rom sein Onkel Konrad, der, bevor er 1234 in den Deutschen Orden eintrat und Deutschordenshochmeister wurde, Herr von Hessen war. Er wurde in Marburg in der Elisabethenkirche, der Grabkirche seiner Schwägerin Elisabeth, beigesetzt. Die Elisabethenkirche war zugleich die Ordenskirche der Ballei Hessen. Offensichtlich sah sich Landgraf Hermann in der Nachfolge seines Onkels und übernahm zusammen mit dem Deutschen Orden die Verantwortung für das Grab seiner Mutter. Zugleich begründete er damit seinen Herrschaftsanspruch auf Hessen. Man muss hier auch sehen, dass das Verhältnis Landgraf Heinrich Raspes zu seiner Schwägerin Elisabeth nicht das beste gewesen ist und dass er sie nach dem Tod ihres Mannes zum Verlassen der Wartburg genötigt hatte.

    Um 1241 muss es zwischen Landgraf Heinrich Raspe IV. und dem jungen Landgraf Hermann II. zu einer Auseinandersetzung gekommen sein, in der es sicher um Herrschaftsansprüche in Hessen und Thüringen ging, vielleicht sogar um die Aufteilung des Landes, die zumindest Landgraf Hermann II. als endgültig ansah. Er legte nämlich das Thüringer Wappen ab und nahm das der Markgrafen von Meißen an, was er mit der Eventualbelehnung mit der Mark Meißen durch den Kaiser nach seines Vaters Tod begründete. Zwangsläufig kam es zwischen ihm und Markgraf Heinrich dem Erlauchten zu einem Wappenstreit, dessen Ausgang nicht bekannt ist, weil Landgraf Hermann II. 1242 ermordet wurde.

    Unter Hermanns Erben scheint es eine Absprache derart gegeben zu haben, dass Landgraf Heinrich Raspe IV. in Hermanns Immobiliarnachlass nachfolgte, dass Sophie, seine Schwester, nach Heinrich Raspes IV. Tod den von Landgraf Hermann regierten hessischen Landesteil erhalten sollte, und dass auf Helene von Braunschweig, Hermanns Ehefrau, die noch im Kindesalter war, gemäß ihres Ehevertrages das Land an der Leine übergehen sollte. Für eine solche Übereinkunft spricht auch, dass diese Positionen bei allen Beteiligten im späteren hessischthüringischen Erbfolgekrieg nicht strittig waren, bei dem es ja zunächst nur um die Aussonderung des landgräflichen Eigenbesitzes aus dem Zubehör der Reichsfürstentümer ging und um dessen Verteilung unter den vollbürtigen Geschwisterkindern Landgraf Heinrich Raspes IV. Selbst als dieser Krieg dann seine Eigendynamik entwickelte, wurden die Kernpunkte dieser Absprache respektiert.

    Noch bei der zweiten Bannung Kaiser Friedrichs II. 1239 versuchte Heinrich Raspe IV. zusammen mit einigen anderen Fürsten bei Papst Gregor IX. zu vermitteln, um den Kaiser aus dem päpstlichen Verdikt zu lösen. Das brachte dem Landgrafen selbst den Bann ein, was nur zeigte, wie verhärtet die Fronten zwischen Kaiser und Papst waren. 1240 wurde Heinrich Raspe IV. Reichsprokurator für Konrad, den Sohn des Kaisers. Nachdem der Heilige Stuhl nach zweijähriger Vakanz wieder besetzt war und sich ein Wiederaufleben der Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser anbahnte, erlangte Heinrich Raspe IV. am 30. Juni 1243 in Benevent beim Kaiser die Eventualbelehnung seines Vetters Heinrich, des Markgrafen von Meißen, mit der Landgrafschaft Thüringen, denn Heinrich Raspe IV. war der letzte noch lebende männliche Ludowinger und war in dritter Ehe noch immer kinderlos. Er neigte jedoch zunehmend der päpstlichen Partei zu und ließ sich, nachdem Kaiser Friedrich II. 1245 auf dem Konzil von Lyon unter einer mehr als zweifelhaften Argumentation von Papst Innozenz IV. für abgesetzt erklärt wurde, 1246 von den drei rheinischen Erzbischöfen und einigen hessischen, wetterauischen und thüringischen Grafen zum Gegenkönig wählen. Seinen Abfall vom Kaiser ließ er sich mit 25.000 Mark Silber bezahlen, die er aber nie erhielt, weil Kaiser Friedrich II. Kenntnis von dem Geldtransport erhielt, ihn überfallen ließ und das Geld nun für seine Zwecke einbehielt und verwendete. Auch konnte Heinrich Raspe IV., der nie gekrönt wurde, sich und sein Gegenkönigtum nicht durchsetzen. 1247 starb Landgraf Heinrich Raspe IV.

    Für seine Erben entstand nun eine schwierige Situation, denn es bestand die Gefahr, dass die Reichslehen der Ludowinger jetzt als erledigte heimfielen. Herzog Heinrich II. von Brabant brach daher sofort mit einer Heeresmacht auf, um in Hessen die Erbrechte seiner Frau Sophie und des gemeinsamen Sohnes Heinrich und in Thüringen die Wittumsrechte seiner Tochter Beatrix aus seiner ersten Ehe, der dritten Ehefrau Heinrich Raspes IV. zu sichern. Die zweite Maßnahme war die Wahl eines neuen Gegenkönigs, wiederum auf Betreiben der rheinischen Erzbischöfe. Sie wählten Graf Wilhelm von Holland, den Neffen Herzog Heinrichs von Brabant, zum Gegenkönig Konrads IV., des Sohnes Kaiser Friedrichs II. So konnten nun die durch Ankäufe und Meliorationen vermehrten Lehensobjekte unter den Erben der Ludowinger aufgeteilt werden. Aber als Herzog Heinrich von Brabant mit bewaffnetem Gefolge 1247 in Marburg und Hersfeld einrückte, war an eine gütliche Einigung der Erben nicht mehr zu denken.

    Abb. 19. Herzogin Sophie von Brabant (1247 – 1275) als Regentin für ihren Sohn Heinrich, Brakteat, Münzstätte vermutl. Marburg, Kopfbild der Fürstin zwischen zwei Türmen.

    Abb. 20. Herzogin Sophie von Brabant (1247 – 1275) als Regentin für ihren Sohn Heinrich, Brakteat, Münzstätte Marburg, Fürstin mit zwei Lilienszeptern auf einem Thron mit zwei beknauften Säulen sitzend, Umschrift M+A+B+V+R+C+h

    Abb. 21. Markgraf Heinrich von Meißen, der Erlauchte, (1221 – 1288), Brakteat, sitzender Markgraf mit Schwert und Fahne.

    Abb. 22. Siegfried III. von Eppstein, Erzbischof von Mainz, (1230 – 1249), Brakteat, Büste des Erzbischofs mit Krummstab und Buch über einer Leiste.

    Abb. 23. Herzog Albrecht von Braunschweig,der Große, (1252 – 1279), Brakteat, Münzstätte Braunschweig, hersehender welfischer Löwe.

    DER HESSISCH-THÜRINGISCHE ERBFOLGEKRIEG

    Die Konfliktparteien dieses Krieges waren folgende: Zum ersten war es Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen, der Neffe Heinrich Raspes IV., dem Kaiser Friedrich II. noch vor Heinrich Raspes IV. Tod die Landgrafschaft Thüringen zugesagt hatte und der nun das Gesamterbe einforderte. Zum zweiten war es Sophie, die Tochter Landgraf Ludwigs IV. und der inzwischen heilig gesprochenen Elisabeth. Sie war mit Herzog Heinrich II. von Brabant verheiratet und erhob nun für ihren 3-jährigen Sohn Heinrich Anspruch auf die Kirchenlehen, die Grafschaft Maden und die Gebiete an der Werra und der Leine, die ihr Bruder Hermann II. unter Heinrich Raspe IV. verwaltet hatte. Zum dritten war es der Erzbischof von Mainz, der die Grafschaft und das Landgericht Hessen für das Erzstift Mainz einziehen wollte, denn das Erzstift Mainz hatte ein natürliches Interesse, eine Verbindung zwischen seinen Besitzungen in Hessen und denen in Thüringen herzustellen und so eine eigene Landesherrschaft aufzubauen. Durch den plötzlichen Tod Herzog Heinrichs von Brabant verschlechterte sich plötzlich Sophies Situation erheblich. Aber die 24-jährige Fürstin war eine kluge, tatkräftige und unerschrockene Persönlichkeit. Sie kämpfte – auch mit militärischen Mitteln – für den Erhalt ihres Erbes für ihren minderjährigen Sohn Heinrich, „das Kind von Brabant". Sie begab sich nach Hessen und fand Unterstützung bei den Ständen des Landes Hessen. Die Grafen, Ritter, freien Herren und Amtleute einigten sich darauf, das Kind von Brabant als den neuen und rechtmäßigen Herrn von Hessen anzuerkennen.

    1249 starb Sophies größter Widersacher Siegfried III. von Eppstein, der Erzbischof von Mainz. 1250 gelang es Sophie auf der Wartburg, eine Einigung mit ihrem Cousin Markgraf Heinrich dem Erlauchten von Meißen, dem neuen Landgraf von Thüringen, zu erzielen. Sie kam mit ihm überein, ihm die Wartburg zu überlassen, das Land Hessen zugunsten ihres Sohnes von Thüringen abzutrennen und ihm die Vormundschaft über den minderjährigen Heinrich zu übertragen. Dadurch wurde Markgraf Heinrich ihr wichtigster Verbündeter gegen den Erzbischof von Mainz. 1254 schloss der Markgraf mit Gerhard, dem neuen Erzbischof von Mainz, einen Vergleich. Gegen Zahlung von 1000 Mark Silber erhielt er alle mainzischen Lehen in Thüringen und vereinbarte für Hessen einen Waffenstillstand bis zum Tage der Volljährigkeit seines Mündels am 24. Juni 1256. Wegen dieses Separatfriedens musste sich Herzogin Sophie nun nach einem neuen Verbündeten umsehen. Sie fand ihn in Herzog Albrecht von Braunschweig, dem Bruder ihrer ehemaligen Schwägerin Helene, mit dem sie ihre 11-jährige Tochter Elisabeth (†1261) verlobte und dem sie als Mitgift die Stadt Biedenkopf verpfändete. Weiterhin fand Sophie Unterstützung bei König Wilhelm von Holland, den sie gegen Frankreich unterstützte, und trat 1256 dem rheinischen Bund bei.

    Abb. 24. Landgraf Heinrich I. und Fürstin Sophie, Brakteat, Münzstätte vermutlich Marburg, gelockter Landgraf und Fürstin nebeneinander auf einem Thron sitzend, Umschrift: N•+•N•+•N•+•N•+•

    Abb. 25. Landgraf Heinrich I. von Hessen, (1263 – 1308), Brakteat, Münzstätte Marburg, in einem Perlkreis hersehender bekrönter Löwe, Rand mit Kugeln besetzt.

    Abb. 26. Landgraf Heinrich I. von Hessen, (1263 – 1308), Brakteat,in einem Perlkreis gelockter Kopf über einer Brüstung unter einem Bogen zwischen zwei Türmen, darüber ein Gebäude, Rand mit Kugeln besetzt.

    Abb. 27. Landgraf Heinrich I. von Hessen (1263 – 1308), Brakteat , in einem Perlkreis über einem

    Bogen das Brustbild des Landgrafen mit zwei Löwenschilden (Hessen und Brabant).

    Abb. 28. Werner von Eppstein, Erzbischof von Mainz, (1259 –1284), Brakteat, Münzstätte Amöneburg, in einem Perlkreis Kopfbild des Erzbischofs mit Mitra, Rand mit Kreuzen besetzt

    1260 kam es zwischen Herzog Albrecht von Braunschweig und Markgraf Heinrich dem Erlauchten zum Krieg, weil man sich nicht über die Aufteilung des Allodialbesitzes Heinrich Raspes‘ und über die Werrastädte Witzenhausen, Wanfried, Sontra, Allendorf und Eschwege einigen konnte. Im Herbst 1263 fügte Markgraf Heinrich Herzog Albrecht bei Wettin eine schwere Niederlage zu, wobei Herzog Albrecht in meißnische Gefangenschaft geriet. Aus dem Lösegeld des Braunschweigers entschädigte Markgraf Heinrich seine Cousine Fürstin Sophie und ihren Sohn Heinrich für den Verlust der Wartburg und andere von ihnen beanspruchte Erbteile in Thüringen. Auf diesem Wege gelangten auch die Werrastädte endgültig an Hessen. Seit diesem Frieden nannte sich Herzog Heinrich „Landgraf, Herr von Hessen" – Herr oder Fürst von Hessen, so hatte sich Heinrich Raspe IV. genannt, nachdem er die hessischen Landesteile nach dem Tod von Elisabeths Sohn Hermann 1241 für sich in Besitz genommen hatte. Mit dem Titel Herr von Hessen wollte Herzog Heinrich offensichtlich deutlich machen, dass er für sich voll und ganz die von seinen thüringischen Vorfahren in Hessen ausgeübte Herrschaftsgewalt beanspruchte, was wiederum für den Erzbischof von Mainz ein Stein des Anstoßes war.

    Nach einem 16 Jahre währenden Krieg kam es schließlich auch im Feldlager bei Langsdorf im September 1263 zwischen Sophie, die sich in den Urkunden als Tochter der heiligen Elisabeth, Landgräfin von Thüringen und Herrin von Hessen bezeichnete, und ihrem Sohn Heinrich, der sich hier „Landgraf von Thüringen" nannte, und Erzbischof Werner von Mainz zum Friedensschluss. Der Erzbischof von Mainz überließ der Fürstin und ihrem Sohn alle mainzischen Lehen in Hessen, die Landgraf Hermann innegehabt hatte. Im Gegenzug trugen sie dem Mainzer Erzbischof die allodialen Städte und Burgen Grünberg und Frankenberg zu Lehen auf und zahlten ihm eine nicht unbeträchtliche Geldsumme.

    Abb. 29. Erzbischof Werner von Mainz und Landgraf Heinrich I. von Hessen, Brakteat, Münzstätte Wetter, in einem Kerbkreis über einer Brüstung die Brustbilder des infulierten Erzbischofs mit Krummstab und des Landgrafen mit einem Lilienszepter, Rand mit Kugeln belegt

    Abb. 30. Landgraf Heinrich I. von Hessen und Erzbischof Werner von Mainz, Brakteat, Münzstätte Wetter, in einem Kerbkreis über einer Brüstung die Brustbilder des Landgrafen mit Schapel (Schmuckreif um den Kopf) und des infulierten Erzbischofs, dazwischen ein senkrechter Palmwedel

    In der Münzstätte Wetter prägten Landgraf Heinrich I. von Hessen und Werner von Eppstein, der Erzbischof von Mainz, zwischen 1263 und 1280 gemeinsame Brakteaten. Seit jeher war die Herrschaft über das an der von Mainz nach Wetzlar führenden Weinstraße gelegene Städtchen Wetter zwischen dem Erzstift Mainz und dem Landgraf von Hessen, der Vogt des Stiftes Wetter war, umstritten. Im Vertrag von Langsdorf wurden 1263 die Stadt und die Vogtei zwischen den beiden streitenden Parteien geteilt, so auch die Münzstätte. Um die Gleichberechtigung der beiden Fürsten im Kondominium Wetter zu dokumentieren, wurden Brakteaten geschlagen, wo der Landgraf einmal rechts und einmal links vom Erzbischof sitzend dargestellt ist.

    1292 bestätigte König Adolf von Nassau die Landgrafschaft Hessen ausdrücklich als Reichsfürstentum. Die Erzbischöfe von Mainz hingegen versuchten noch bis 1415 mit allen ihnen zur Verfügung stehenden kirchlichen, politischen und militärischen Mitteln – Kichenbann und Interdikt, Reichsacht, Burgenbau und Krieg – die Herrschaft über Hessen an sich zu bringen.

    Literatur

    Demandt, Karl E., Geschichte des Landes Hessen, Kassel u. Basel 1972

    Franz, Eckhart G. (Hrg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991

    Fried, Torsten, Die Münzprägung in Thüringen 1138 – 1291, Speyer, Jena 2000

    Heckmann, Hermann, Thüringen, Historische Landeskunde Mitteldeutschlands, 3. Aufl., Würzburg 1991

    Jonscher, Reinhard, Kleine thüringische Geschichte, 2. Aufl., Jena 1995

    Hess, Wolfgang, 2000 Jahre Münzen und Geld in Hessen, Marburg, 1972

    Historische Kommission für Hessen, Hessen und Thüringen – Von den Anfängen bis zur Reformation, Katalog zur Ausstellung in Marburg und auf der Wartburg, 1992

    Kühn, Walter, Die Anfänge der Brakteatenprägung in Thüringen und ihre Entwicklung bis etwa 1150 Jahrbuch der Gesellschaft für Thüringer Münz- und Medaillenkunde, Band 7, 1995/1996

    Künker, Fritz Rudolf, The De Witt collection of medieval coins, Katalog zur 130. Auktion, Osnabrück, 2007

    Peus, Busso, Katalog zur 299. Auktion, Frankfurt 1980

    Schütz, Artur, Die hessischen Münzen des Hauses Brabant, Teil 1, Frankfurt a.M. 1993

    Soltan, Friedrich, Heinr. Künzels Großherzogtum Hessen, 2. Aufl., Gießen 1893

    Steguweit, Wolfgang Thüringische Brakteaten des Münzkabinetts Gotha, Gotha 1981

    Suhle, Arthur, Münzbilder der Hohenstaufenzeit, Leipzig, 1938

    DIE BEZIEHUNGEN DES HESSISCHEN MÜNZWESENS ZUM ERSTEN KURRHEINISCHEN MÜNZVEREIN

    DIE GRÜNDUNG DES KURRHEINISCHEN MÜNZVEREINS 1386

    Item litera ordinacionis Adolphi archiepiscopi Maguntinensis, Friderici Coloniensis, Cunonis Treverensis archiepiscoporum, et Ruperti senioris comitis Palentini et ducis Bavarie, decudenda moneta in auro ad 23 grana, ita quod 66 floreni facere teneantur unam marcam auri ponderis legalis, quodque monetarii pro una marca auri puri ultra 67 florenos dare non audeant, et insuper quod in Reno cudantur albi denarii quorum 96 faciant 1 marcam argenti.

    Wir Adolph von gots gnaden des heiligen stules zu Mencze erzbischof des heiligen Romeschen riches in Duschen landen erzcanceler, wir Frederich von gots gnaden erzbischof der heiligen kirchen zu Kolne des heiligen Romeschen riches durch Italien erzcanceler, wir Cune von gots gnaden erzbischof zu Triere des Romeschen riches durch Welschland unde daz kungrich von Aralat erzcanceler, unde wir Rupracht der elter von gots genaden palanzgrave bie Rine des heiligen Romeschen riches oberster trochseße unde herzoge in Beyern, tun kunt allen luden unde irkennen mit diesem brief: wand eine lange zit her mancherleie swache munzen in diesen landen gangen hant unde gent, die ir wert nit inhatten noch inhant an gulde noch an silbere darvur daz sie geslagen unde ußgegeben werden, damide unser vorgeschriben herren stede unde auch daz gemein land großen virderplichen schaden entphangen unde geliden hant unde noch merer schaden inphangen unde liden mochten ab man des in der zit mit zidigen rade nit enverhute, herumbe so han wir hern vorgenante unser stede unde lande unde underseßen unde des gemeinen landes noid unde verderpniße in diesen sachen dedacht und besorget umbe zu widerstaen sulichen leufen der swachen munzen, unde sin ubirmicz rade unser frunde gote zu eren unde umbe ein gemeine beste unde nucz unser lande unde lude unde des gemeinen landes eindrechtig worden unde genzelichen ubirkummen einer munzen von gulde unde von silber, in solichen loyenunde in solichem werde tun zu machen daz menlich domide bewart sie, in der fugen unde manerien als hernach geschriben stet.

    Um Schaden von ihren Ländern abzuhalten, dem schlechten Geld Einhalt zu gebieten und das Vertrauen in ihre Währung herzustellen, schlossen die vier rheinischen Kurfürsten, Erzbischof Adolf von Mainz (*1353 – R1381 – †1390), Erzbischof Friedrich von Köln (*1348 – R1370 – †1414), Erzbischof Kuno vonTrier (*um 1320 – R1362 – †1388) und Pfalzgraf Ruprecht der Ältere (*1309 – R1353/1354 – †1390) am 8. Juni 1386 einen Münzvertrag. Das Neue an diesen Vertrag war, dass die Gold- und Silberwährung, also der rheinischen Gulden und der 1368 erstmals in Köln geprägte Albus, als gleichwertige Währungen nebeneinander gestellt wurden. Dadurch wurde am Mittel- und Niederrhein und an der Mosel ein einheitliches Währungs- und Wirtschaftsgebiet geschaffen. Der Erfolg des neuen rheinischen Guldens war so groß, dass er, kaum aus der Taufe gehoben, schon zu einer der Leitwährungen im deutschen Reich wurde, also zum Bezugspunkt der Wechselkursfestsetzungen aller übrigen Münzsorten.

    Abb. 31. Adolf I. Graf von Nassau, Erbischof von Mainz, Gulden, o. J., 1386, Münzstätte Udenheim (Philippsburg), Vs.: Johannes der Täufer, ADO(lph)VS AR(chi)EPIS(copus) MA(go)N(tiae)

    Rs.: Im Dreipass das Wappen des Mainzer Erzstifts, in den Winkeln die Wappen Köln/Saarwerden, Trier/ Münzenberg, Pfalz/Bayern, MONETA VTE(nheim) RHEN(ensis).

    Abb. 32. Graf Friedrich von Saarwerden, Erzbischof von Köln, Gulden, o. J.,1386, Münzstätte Bonn, Vs.: Johannes der Täufer, FRID(er)ICVS AR(chi)EP(iscopu(S COL(oniensis), Rs.: Im Dreipass die Wappen Trier/Münzenberg, Mainz, Pfalz, in der Mitte das Wappen des Erzbistums Köln mit dem aufgelegten Schild von Saarwerden, MONETA BVNENSIS.

    Abb. 33. Kurfürst Ruprecht I.Pfalzgraf bei Rhein, Gulden, o. J., 1386, Münzstätte Bacharach, Vs: Johannes der Täufer, RVP(e)RT(us) DVX (Bavariae) COM(e)S PAL(atini Rheini), Rs.: Im Spitzdreipass das gevierte Wappen der Pfalz, in den Winkeln die Wappen Mainz, Trier/Münzenberg, Köln/ Saarwerden, MONETA BACHERAC

    In Westfalen wurde der rheinische Gulden als „oberländischer goldener Gulden" zur Leitwährung. Zahlreiche Landesherren prägten Gulden nach den Münzvorbildern des kurrheinischen Münzvereins: Das Bistum Münster unter Heinrich von Moers (1424 – 1450), die Stadt Dortmund seit 1419 und das Bistum Osnabrück unter Johann III. von Diepholz (1424 – 1437). Andere Münzstände wie die Herzöge von Jülich-Berg waren zeitweilig auch Mitglieder des kurrheinischen Münzvereins. Die andere Münze, die im Laufe des 15. Jahrhunderts in Westfalen zur Rechenmünze wurde, war der rheinische Albus, der bald auch von mehreren ansässigen Münzstätten geprägt wurde, von Dortmund, Osnabrück (um 1470), den Grafen von Limburg um 1420/1430 und dem Bistum Münster um 1430/1440. Auch im Kleingeldbereich ging man in Westfalen bei den Hellern und Pfennigen auf die rheinische Art über.

    Die Landgrafschaft Hessen grenzte im Nordwesten an Westfalen und Kurköln, im Südwesten und Süden an die Einflussgebiete des Erzbistums Mainz und der Stadt Frankfurt, wo seit 1400 in der königlichen Münzstätte Gulden nach rheinischem Schlag geprägt wurden. Andererseits grenzte Hessen im Osten an wettinisches Gebiet. Diese Lage der Landgrafschaft Hessen zwischen zwei Währungsgebieten war für ihre monetäre Entwicklung von erheblicher Bedeutung.

    DIE SäCHSISCH-HESSISCHEN MüNZVERBINDUNGEN BEI DER GROSCHENWäHRUNG

    Das Kurfürstentum Sachsen mit seinen reichen Silbervorkommen im Erzgebirge war ein äußerst bedeutender Münzsstand im deutschen Reich.

    1368 traf Markgraf Friedrich III. der Strenge (*1332 – R1349 – †1381) im Einvernehmen mit der Stadt Erfurt einen folgenschweren Entscheid. Er löste die Bindung des Meißner Groschens an den Florentiner Gulden und setzte ihn in Bezug zum rheinischen Gulden, ebenso wie sich jetzt auch die Erfurter Mark nach ihm richtete. Dieser Entschluss des Markgrafen trug ganz offenkundig den Wünschen und Bedürfnissen der Kaufmannschaft Rechnung, denn diese folgten bereits dem rheinischen Gulden, wie J. F. Klotzsch in seiner sächsischen Münzgeschichte ausführt: Der commercierende Theil des Publikums sahe dahero sich nach einem bewährten Hülfsmittel einer richtigen Geldvergleichung um und fand solches in dem Rheinischen Goldgülden noch zur Zeit dessen damaliger Unschuld. Die allgemeine Silberknappheit führte jedoch zu einer gewissen Unbeständigkeit des Wertes des rheinischen Goldguldens. Hinzu kamen noch die sogenannten Postulatsgulden, Gulden minderen Goldgehaltes, die die Aufschrift POSTULATUS, also eines noch nicht im Amt befindlichen Bischofs, trugen, die von einigen Kölner Erzbischöfen, besonders von Erzbischof Dietrich von Moers, in nicht eben lauterer Absicht in Umlauf gebracht wurden.

    1390 konnte noch einmal im Einvernehmen mit dem König von Böhmen die Parität des Meißner mit dem Prager Groschen erreicht werden, der sich seine Stabilität durch die Bindung an den ungarischen Goldgulden erhalten hatte. Unter Markgraf Friedrich I. von Meißen dem Streitbaren (*1370 – R1381 – †1428), Markgraf Wilhelm I. von Meißen (*1343 – R1379 – †1407) und Landgraf Balthasar von Thüringen (*1336 – R1382 – †1406) begann man mit der Unsitte der schleichenden Verminderung des Edelmetallgehaltes des Meißner Groschens. Die ersten Groschenemissionen hatten noch einen hohen Silbergehalt, wobei hier zwanzig Groschen auf einen rheinischen Gulden kamen. Der Silbergehalt wurde aber so verschlechtert, dass er zwanzig Jahre später nur noch die Hälfte des ursprünglichen betrug und nun immer mehr Groschen für den rheinischen Gulden bezahlt werden mussten – 1410/1411 waren es schließlich 57. Zwar wurden zwischenzeitlich immer wieder einmal gutwertige Groschen geprägt, von denen 20 einem rheinischen Gulden entsprachen. Durch diese nur halbherzig durchgeführten Stützungsmaßnahmen für die sächsische Währung konnte der schleichende Wertverfall aber nicht behoben werden. In den fremden Städten begegnete man dieser Münzverschlechterung mit einer Gegenstempelung der alten, guthaltigen Groschen, die dort nur so in den Umlauf gelangen durften.

    Nach dem Aussterben der sächsischen Kurfürsten aus dem Haus Askanien im Jahr 1422 ging die Kurwürde 1423 an Friedrich den Streitbaren, Markgraf von Meißen, aus dem Hause Wettin über. Nach seinem Tod 1428 regierten seine Söhne Friedrich II.(*1412 – R1428 – †1464) und Wilhelm III. (*1425 – R1445 – †1482) gemeinsam die wettinischen Gebiete. Friedrich II. wurde Kurfürst. Es entstand aber heftiger Streit und Zwietracht unter den beiden Brüdern, so dass es 1445 zur Landesteilung, die in Altenburg vereinbart wurde, und schließlich zum sächsischen Bruderkrieg, 1446 – 1451, kam. Trotz des Krieges blieben Berg- und Münzregal gemeinsamer Besitz und es wurden auch die bisherigen Münzbilder beibehalten. Nach dem Friedensschluss von Naumburg 1451 kam es zu einer Wiederannäherung der beiden Brüder.

    Wirtschaftliche Notwendigkeiten führten 1456 zu einer großen sächsischen Münzreform. Kurfürst Friedrich II. und Landgraf Wilhelm III. von Thüringen vereinbarten am 21. September 1456 die Prägung neuer Schildgroschen: „Die schildichten Groschen, die wir beide schlagen lassen, 26 = 1 fl., die soll man zu Freiberg schlagen, daß auf einer Seite der Schild Landsberg mit dem Löwen bleiben soll wie an den vor geschlagenen schildichten Groschen...der Schild Landsberg aber soll absein und an desselben Statt soll man die zwei Schilder nebeneinandersetzen, Sachsland mit dem Kranze und das Marschallamt mit den Schwertern. Unser aber, Herzog Friedrichs, Münzmeister zu Leipzig soll die schildichten Groschen also schlagen, daß an der zwei Schilder Statt im Rand allein stehen soll das Marschallamt mit den Schwertern. So soll auch unser, des Herzog Wilhelms, Münzmeister zu Gotha die schildichten Groschen schlagen wie die zu Freiberg, doch statt der zwei Schilde im Rande soll allein stehen der Schild Sachsland mit dem Kranz. Alle diese schildichten Groschen sollen halten 6½ Loth ohne ½ Grän, der 18 ein Loth thun, und 84 auf eine gemischte Mark gehen." In einer Zusatzvereinbarung zu den gemeinsamen Schildgroschen wurden die Prägungen jeweils eigener Groschenmünzen erlaubt.

    Abb. 34. Adolf II. Graf von Nassau, Erzbischof von Mainz, 1461 – 1475, Groschen, 1457 – 1475, Münzstätte Heiligenstadt. Die Prägung dieses Groschentyps war für den Geldumlauf im Eichsfeld bestimmt.

    Abb. 35. Herzog Albrecht III. von Braunschweig-Grubenhagen-Herzberg, 1427 – 1486, Groschen, o.J., geprägt 1457 – 1465, in der vorderseitigen Umschrift der welfische Leopardenschild.

    Bei der Ausbringung seiner Gepräge hatte sich Landgraf Ludwig I.von Hessen schon immer eng an Sachsen angelehnt, aber weil er nicht das Einfließen minderwertiger Münzsorten in das sächsisch-hessische Münzsystem verhinderte und weil er immer wieder gegen die mit seinen Schwägern getroffenen Münzvereinbarungen aus den Jahren 1436 und 1444 verstieß, sahen sich die beiden Sachsen genötigt, ihn 1456 strenger in die Pflicht zu nehmen. Gemäß dem Münzmandat Landgraf Ludwigs I. aus dem Jahr 1444 sollten in Hessen Schillinge zu 6 Pfennigen, 40 auf den rheinischen Gulden ausgebracht werden. Tatsächlich wurden aber sie nach dem Vorbild der Münzordnung des Fränkischen Münzvereins von 1437 geprägt. Dieser Schilling entprach einem halben Meißner Groschen. Vorderseitig zeigte er den hessischen Löwen und die Umschrift MOE L LANTG hASSIE (Moneta Ludovici Lantgravii Hassiae)und rückseitig ein Hüftbild der heiligen Elisabeth mit dem Kirchenmodell und die Umschrift SANCTA ELISABETH LA. Seine Prägung wurde 1450 mit dem Anfall der Landgrafschaft Ziegenhain an Hessen eingestellt.

    Weiterhin wurde bereits bei der Planung der Münzreform 1456 die Einbeziehung des hessischen Landgrafen beschlossen. Landgraf Ludwig I. (* 1402 – R1413 – †1458) war der Schwager der beiden sächsischen Fürsten. Er hatte 1436 Anna (*1420 – †1461), die Tochter Kurfürst Friedrichs des Streitbaren geheiratet. „Item wir fursten wullin beyde vnnser rete schicken zu vnnserm swager von Hessen vnd an sin Liebe werben lassen, dieser reformacion mit vns eyn zu sin, nach dem sin Liebe vns allezyd glich sal vnd daz er des andern muntzens vffhöre." Die Verhandlungen zur festeren Einbindung der Landgrafschaft Hessen in die neue sächsische Münzordnung wurden durch sächsische Räte unter der Verhandlungsleitung des sächsischen Kanzlers Georg von Haugwitz geführt, und Landgraf Ludwig I. von Hessen schloss sich 1456 der Münzreform an.

    Im Februar 1457 wurde die neue Münzordnung in allen beteiligten Ländern – Sachsen, Thüringen und Hessen – verkündet. Die sächsisch-hessisch Münzvereinbarung wurde am 12. Februar den Städten Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen kundgetan mit der Anweisung, die hessischen Münzen genauso zu akzeptieren wie die sächsischen. Die hessischen Gepräge passten sich auch in ihrem Aussehen und Münzbild den sächsischen Groschen an. Vorderseitig zeigten sie ein Blumenkreuz im Vierpass und in der Umschrift das Wappen der Grafschaft Ziegenhain und auf der Rückseite den hessischen Löwen mit dem Schild der Grafschaft Nidda. 1457 wurde mit der massenhaften Prägung dieser Groschen begonnen. Die Prägung dieser Zweischildgroschen behielten nach dem Tod Landgraf Ludwigs I. 1458 seine Söhne Ludwig II. in Kassel und Heinrich III. in Marburg bei. Dass sich die beiden wettinischen Brüder das Recht zu eigener Münzprägung mit unterschiedlicher Heraldik eingeräumt hatten, zeigte, dass doch schon ein Riss zwischen dem meißnischen und dem thüringischen Landesteil klaffte.

    Die neue sächsische Münzordnung war für den mitteldeutschen Raum offensichtlich sehr attraktiv, denn eine ganze

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