Israelische Start-Up-Kultur als Innovationskooperation für deutsche Unternehmen: Qualitative Studie zum interkulturellen Open-Innovation-Management am Beispiel des Bavaria Israel Partnership Accelerator (BIPA)
Von Pascal Kolb
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Über dieses E-Book
Pascal Kolb
PR-Berater, International MBA in Management and Communications, Auswanderer, Zeitsoldat, Waldorfschüler. Pascal Kolb ist gebürtiger Berliner, Jahrgang 1972. Er wächst jedoch überwiegend im Allgäu auf, wo er viele Jahre die Waldorfschule besucht. Im direkten Anschluss verpflichtet er sich beim Militär als Zeitsoldat. Die insgesamt 10 Dienstjahre bei einer Fernspäheinheit und in der Sportfördergruppe Fallschirmspringen prägen ihn. In seiner Freizeit bereist und betaucht er viele Gebiete der Erde. Der „disruptive“ Lebenslauf setzt sich fort. Nach einigen Semestern des Informatikstudiums in München, verwirklicht er sich den Traum im Ausland zu leben und zu arbeiten: Spanien. Nach über einem Jahrzehnt selbstständiger Tätigkeit in der Tauch-, Notfall-, Versicherungs-Branche kehrt er 2013 nach München zurück. Wie zuletzt in Spanien ist er auch hier zunächst für die Öffentlichkeitsarbeit, den Vertrieb und die Trainings-Koordination einer internationalen Tauchnotfall-Assistance zuständig. Nebenberuflich absolviert er den International MBA in Management and Communications und nimmt an einem deutsch-israelischen Accelerator-Programm teil. Die Studienreise nach Israel und die wissenschaftliche Beschäftigung mit der dortigen Innovationskultur sind ein wichtiger Meilenstein in seinem Leben. Aktuell ist Pascal Kolb als Manager (digitale Marktforschung) eines israelischen SaaS-Unternehmens tätig.
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Rezensionen für Israelische Start-Up-Kultur als Innovationskooperation für deutsche Unternehmen
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Buchvorschau
Israelische Start-Up-Kultur als Innovationskooperation für deutsche Unternehmen - Pascal Kolb
1. Einleitung
Die vorliegende, nebenberuflich geschriebene Masterthesis thematisiert ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Potential vor dem Hintergrund kultureller und historischer Einflussfaktoren.
1.1 Problemstellung
In der Vergangenheit hat sich folgende Entwicklung abgezeichnet: Unternehmen sehen sich zunehmend kürzeren Produkt- und damit verbundenen Entwicklungszyklen gegenübergestellt (vgl. Vogel-Heuser et al. 2014, S. V). Das gilt sowohl für Multi-National-Corporates, die über mehrere Zeitzonen agieren, als auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Solche, sich verändernde Bedingungen fordern von den Unternehmen ein angepasstes Innovationsmanagement. Die Innovationsprozesse ändern sich in vielen Unternehmen von der „Closed Innovation zu einer internationaleren und „Open Innovation
¹. Internationale Innovationskooperationen bieten dabei die Chance, auch interkulturelle Denk- und Arbeitsstrukturen in den Innovationsprozess zu integrieren. Gleichzeitig stellen die Kommunikations- und Arbeitsunterschiede dieser interkulturellen Teams auch besondere Herausforderungen dar. In der vorliegenden Arbeit geht es um eben diese veränderten Innovationsansätze, unter Nutzbarmachung von komplementären Eigenschaften in binationalen Teams. Im Konkreten geht es um israelisch-deutsche Innovationsteams.
Seit der Gründung des Staates Israel im Mai 1948 hat sich das Land in einer bemerkenswerten Weise zu einer heute sehr dynamischen, innovativen High-Tech- Marktwirtschaft entwickelt (vgl. Roland Berger GmbH 2016, S. 12).
Bei einem nur ca. 8,4 Millionen EinwohnerInnen zählenden Binnenmarkt und einer politischen Insellage sticht Israel vor allem durch (oftmals disruptive) Innovationskraft, überwiegend in den Wirtschaftsbereichen IT, Sicherheits-, Rüstungs-, Pharma- und Medizintechnik hervor. Lt. einer Untersuchung durch Deloitte ist Israel zum vierten Mal in Folge, nach den USA, das für Venture Capital (VC) InvestorInnen² zweitbeliebteste Land. Wenn es um das Vertrauen von InvestorInnen geht, liegt Israel nicht nur international an zweiter Stelle, sondern wird auch im Vergleich mit US-Märkten wie Chicago, Boston und New York nur von Silicon Valley auf den zweiten Platz verwiesen (vgl. Rabi 2015). Deutsche Unternehmen wie SAP, Telekom, Siemens, BMW, Merck, RWE und andere halten Niederlassungen in Israel, um von dortigen, kreativen Entwicklungen zu profitieren. So finden deutsche Unternehmen in Israel oft, was sie im eigenen Land vermissen: innovative GründerInnen in der Hightech-Industrie (vgl. Alvares de Souza Soares 2015). Israel ist bekannt für seine kreative Start-Up Szene und innovativen Entwicklungen.
Die deutsche Wirtschaft dagegen ist vor allem wettbewerbsstark darin, Technologieprodukte zur Marktreife zu bringen und gilt als sehr exportorientiert (vgl. Grimme2017). Der Industriestandort Deutschland bietet israelischen Unternehmen einen Zugang zum EU-Binnenmarkt.
Besondere Bedeutung hat die Fragestellung der Zusammenarbeit israelisch-deutscher Teams auch vor dem geschichtlichen Zusammenhang. Es sind nur etwas über siebzig Jahre vergangen, seit dem Ende des systematischen Genozids an den europäischen Juden während des Holocaust im nationalsozialistischen Deutschland. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland bestehen erst wieder seit 1965 und israelisch-deutsche Geschäftskooperationen waren viele Jahre nach Kriegsende tabu oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Inzwischen sind die wirtschaftlichen Beziehungen weitgehend normalisiert und „Made in Germany" ist in Israel wieder ein Qualitätsmerkmal. Um die deutsch-israelischen Beziehungen zu festigen und eine Kooperation von Unternehmen beider Länder zu unterstützen, wurde neben anderen Programmen der Bavaria Israel Partnership Accelerator (BIPA) entwickelt. Das Programm ist ein Beispiel für angewandte, transnationale, offene Innovation. Durchführungsorte sind Tel Aviv und München.
Guy Katz (Gründer des BIPA) hat in seiner Dissertation 2011 „Intercultural Negotiation – The unique case of Germany and Israel" die unterschiedlichen Verhandlungsansätze von ManagerInnen beider Länder vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse der Shoa untersucht (vgl. Katz 2011).
Bis heute findet sich in der wissenschaftlichen Literatur jedoch keine Information zum vielleicht komplementären Innovationspotential, aus Kooperationen deutsch-israelischer Arbeitsgruppen. Auch ist bisher nicht untersucht worden, inwieweit die deutsch-israelische Vergangenheit binationale Teams in interkulturellen Innovationskooperationen beeinflusst.
1.2 Forschungsleitende Fragestellung und Zielsetzung
Die forschungsleitende Fragestellung muss so ausgerichtet sein, dass die Antwort dem gemeinsamen, theoretischen Wissenstand etwas hinzufügt. Dabei wird in der Sozialforschung der Zusammenhang zwischen Bedingungen, Verlauf und Wirkungen untersucht (vgl. Brüsemeister 2008, S. 49). Die Erkenntnis dieser sozialen Prozesse wird nicht isoliert, sondern nur im Verständnis der vorhergehenden Prozesse erlangt werden (vgl. Gläser und Laudel 2004, S. 62 f.).
Hinsichtlich der Thematik ergibt sich folgende forschungsleitende Fragestellung, die von Bedeutung ist und am Beispiel des BIPA erforscht werden soll:
Wie profitieren deutsche, innovationsgetriebene Unternehmen von der Zusammenarbeit deutsch-israelischer Teams in offenen Innovations-Kooperationen?
Als nicht minder wichtige Nebenfrage soll beantwortet werden:
Wie beeinflusst der Holocaust als Teil der deutsch-israelischen Vergangenheit ggf. heute noch die interkulturelle Zusammenarbeit?
Über die Frage wie
wird nach dem Kausalmechanismus gefragt. Damit liegt die Fragestellung im Fokus sozialwissenschaftlicher Forschung (vgl. Gläser und Laudel 2004, S. 67)
Die Beantwortung der Fragen ist für deutsche Unternehmen, die disruptive Innovationsansätze suchen, von praktischer Relevanz. Diese Arbeit soll am Beispiel des BIPA ein wissenschaftliches Fundament für zukünftige Innovationskooperationen zwischen deutschen und israelischen Unternehmen liefern. Die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen sollen deutschen Unternehmen dabei helfen, gelungene Innovationen in ähnlichen bilateralen Kooperationen erfolgreich zu entwickeln.
1.3 Zu untersuchende Hypothesen
Diese wissenschaftliche Arbeit überprüft konkret folgende, von den Forschungsfragen abgeleitete, Hypothesen am Beispiel des BIPA:
H1: Deutsch-israelische Innovationskooperationen führen durch komplementäre Eigenschaften beider Kulturen zu Synergieeffekten, von denen deutsche Unternehmen profitieren können.
H2: Der Holocaust als Teil der deutsch-israelischen Vergangenheit führt in der heutigen Generation zu keiner maßgeblichen Beeinträchtigung der Zusammenarbeit in interkulturellen Arbeitsgruppen.
Dabei fordert die fall-basierte Forschungsform keine statistisch überprüfbaren Hypothesen, da diese nicht detailliert überprüft werden können (vgl. Gläser und Laudel 2004, S. 76 f.).
1.4 Methodik und Eingrenzung
Neben der Literaturrecherche und deren Auswertung wurde folgende wissenschaftliche Analyse in dieser Einzelfallstudie verfolgt:
Insgesamt wurden 12 qualitative Interviews durchgeführt: vier davon unter teilnehmenden deutschen FirmenpartnerInnen der BIPA-Editionen 1 und 3 sowie jeweils vier Interviews unter TeilnehmerInnen mit Lebensmittelpunkt in Israel und Deutschland derselben BIPA Projekte³. Als persönlicher Teilnehmer der BIPA-Edition 3 erhielt der Autor Einblicke in den Aufbau und die Arbeitsdynamik des Programmes⁴.
Auf einen Vergleich mit weiteren Innovations-Programmen oder Innovations-Kooperationen anderer Länder wird im Rahmen dieser Arbeit bewusst verzichtet. Dies kann Ziel von weitergehender Forschung sein. Auch eine Ausweitung der Gruppe der InterviewpartnerInnen, auf jene der in Israel stattgefundenen BIPA 2 und 4, wurde bewusst verzichtet, da sich diese Arbeit auf Effekte für deutsche Firmen konzentriert. Für eine quantitative Befragung war die Anzahl aller TeilnehmerInnen und FirmenpartnerInnen nicht ausreichend, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern.
1.5 Struktur der Arbeit
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit gliedert sich nach dieser Einleitung in fünf weitere Abschnitte:
Die Kapitel zwei bis vier widmen sich der Darstellung der theoretischen Grundlagen und Definitionen für die darauffolgende qualitative Informationserhebung durch Interviews im Kapitel fünf und das Fazit in Kapitel sechs.
Zunächst liefert das Kapitel zwei einen Überblick zu den Grundlagen interkultureller Kommunikation.
Im Fokus des dritten Kapitels stehen die Begriffe der Innovation. Nach einer ersten Definition und Begriffsabgrenzung geht es hier um Voraussetzungen und Herausforderungen für (disruptive) Open Innovation. Zudem wird der Stellenwert für Unternehmen herausgearbeitet.
Das vierte Kapitel betrachtet zunächst einige Besonderheiten des Staates Israel sowie dessen Bevölkerung, Innovationskennzahlen der „Start-up Nation" und Eigenheiten der dortigen Geschäftskultur. Die Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen nach 1945 sowie die Frage nach einer anhaltenden Belastung durch den Holocaust schließen das Kapitel ab.
Das Kapitel fünf widmet sich der empirischen Untersuchung der Forschungsfrage durch qualitative Leitfadeninterviews sowie deren Analyse und Interpretation.
In der abschließenden Conclusio (Kapitel sechs) werden die Ergebnisse zusammengefasst und Handlungsempfehlungen gegeben.
Im Folgenden werden nun zuerst die theoretischen Grundlagen betrachtet, die zum Verständnis der methodischen Vorgehensweise und der Schlussfolgerungen notwendig