Biografie eines 68er-Linken: Stationen, Erlebnisse, Erfahrungen
Von Walter Simon
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Über dieses E-Book
Der Autor bekennt sich zu seiner linkssozialistischen Weltanschauung und beschreibt die dazugehoerigen Aspekte. Dazu gehoeren Mitgliedschaften in SPD und DKP, Engagements in der Ausserparlamentarischen Opposition, der Kommunalpolitik und Buergerinitiativen, um nur die wichtigsten zu nennen.
Über alle Kapitel hinweg beschreibt er seine Rolle und sein Wirken in diesen Organisationen und benennt auf der Basis eigener Erfahrungen Ursachen deren Niedergangs, so beispielsweise der DKP und der APO. Dieser wird durch viele Einzelbeispiele und Beschreibungen des eigenen und des Wirkens von Weggefaehrten angereichert. Auch sein parteipolitisch ungebundenes kommunalpolitisches Engagement findet Raum in diesem Buch. Zwei Buergermeisterkandidaturen in Bad Nauheim gehoeren zu seinem Erfahrungsschatz.
Walter Simon
Walter Simon, geboren 1946 in Hamburg, erlernte zunächst den Beruf des Drogisten, fuhr zur See und erwarb auf dem zweiten Bildungsweg die Hochschulreife. Er studierte in Hamburg und Frankfurt Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Nach seiner Promotion wirkte er zunächst als Managemententwickler in der Weiterbildung des AEG-Telefunken-Konzerns. 1990 machte er sich als Strategieberater und Coach selbständig. Von 1995 bis 2002 hatte er den Lehrstuhl für Unternehmensführung an der Business University Wiesbaden inne. Prof. Simon schrieb 23 Bücher und 200 Artikel zu gesellschaftspolitischen und managementtheoretischen Themen. In 35 Berufsjahren trainierte er etwa 12.000 Führungskräfte und Mitarbeiter aus Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Politisch war er zunächst bei den Jusos und in der SPD, dann in der APO und bis 1988 in der DKP und anschließend kommunalpolitisch aktiv.
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Buchvorschau
Biografie eines 68er-Linken - Walter Simon
Inhaltsverzeichnis
Prolog
0. Warum ich dieses Buch schrieb
1. Kindheit und Jugendzeit
Jugendzeit und Politisierung in Geesthacht
2. Streit mit dem Ministerpräsidenten in spe Uwe Barschel (CDU)
Einheirat in den Bismarck-Clan
3. Geesthacht, ein Ort mit „explosiver" Vergangenheit
Geburtsstätte des Dynamits
4. Die Welt um 1968. Wie und warum ich nach links schwenkte
Vier Monate Gefängnis wegen Landfriedensbruch
5. Mein Freund Alfred als Initiator und Motor der APO
Gratwanderung zwischen Wohlverhalten und Absturz
6. APO-Expansion von der Universität Hamburg nach Bergedorf
Die Bergedorfer APO und der moralische Verfall des Stadtteils
7. Interessieren durch Provozieren
Marktführerschaft in Sachen Polithappenings
Go-In in einem unternehmerischen Elitezirkel
Unsere Weihnachtsbotschaft 1969
APO überschätzt
SPD-Parteiausschluss
8. Kommune als alternative Wohnform und APO-Hauptquartier
Unser Nachbar: Kurt Adolf Körber, der vermeintliche Gutmensch
9. Der Brandstifter, der ich nicht war
So kam alles raus. RAF-Anwalt Otto Schily verteidigt die Brandstifter
10. Verteidigungsminister Helmut Schmidt im Kampfeinsatz gegen die APO
11. APO = RAF, eine Gleichung, die nicht aufging
Die Mitschuld ewig gestriger Studienräte
Christa Eckes als Unterrichtsthema: Das Beispiel einer fortschrittlichen Pädagogin
12. Sünder oder demokratische Pflichterfüller?
Die APO spaltet und verliert sich im linkssektirerischen Labyrinth
Ausblick mit Hoffnung
13. Studium an einer progressiven Universität
14. Umzug in das Rhein-Main-Gebiet
SPD-Ortsverein und DGB-Ortskartell
DKP-Chefideologe wagt es, SED-Bürokraten zu kritisieren
15. Mein erstes Buch
Riesenauflage in der Sowjetunion
Diplom und Promotion
Starkes Interesse an meinem Buch
16. Berufseinstieg bei der AEG-Telefunken AG
Hat die Partei immer recht?
17. Startup in die Selbständigkeit 1981
Ist man als Unternehmensberater zwangsläufigein Klassenverräter?
Marsch durch die Institutionen
Aufträge aus DDR-eigenen Westunternehmen
Diebe mit DKP-Parteibuch
Geheimnisvolle Tote
Misslungene Verkaufsgespräche auf DDR-Parkett
18. Ein interessantes Treffen mit Physikgenie Ardenne
Die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie
19. Der DKP-Hofjurist, ein Kommunist zum Abgewöhnen
Stasi-Oberst Schalck-Golodkowski im Hause Pfannenschwarz
Der SPIEGEL fragt an
Probleme bei der Gründung eines Ost-West-Handels-Unternehmens
Die Partei hat immer recht, vor allem wenn es ums Geld geht
20. DKP ade, scheiden tat nicht weh
Tschernobyl 1986 – UZ-Berichterstattung für Dummies
Sozialistische Diebe
21. Klaus, ein echter Freund oder ein vielseitiger Agent?
Chinesische Gratisprofessur für Marketingzwecke
60 Millionen Euro Schaden für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern
22. Der bulgarische Geheimdienst klopft an
Doppelagent: Das Gegenangebot des deutschen Staatsschutzes
Amtliche Geheimakten über den linken Staatsbürger Simon
23. Kommunalpolitisches Solo in Bad Nauheim
Eine abgelehnte Bewerbung als Auslöser
Zwei Bürgermeisterkandidaturen: 2000 und 2005
Wahlkampf 2005
Agenda 21
Mein Vorschlag: Deliberative Kommunalpolitik
Die Grundidee
24. Die Metamorphose eines DKPisten zum AfD-isten
Weltanschaulicher Wandervogel
Klimaleugnung gegen Bezahlung
Kreuzritter gegen die Klimaretter
Eine radikal, katholische und demagogische Webseite
Geistesblitze eines Ex-Kommunisten
Gärtner, AfD-Wahlhelfer
25. Die Alma Mater hält jung
Business School Wiesbaden (University)
Technische Akademie Südwest an der Hochschule Kaiserslautern
26. Fazit und Kursbestimmung
Gegenoffensive von rechts
Was tun?
Wo stehe ich heute?
Buchveröffentlichungen von Walter Simon
Prolog
In der vorliegenden Biografie beschreibt der Autor seinen lebenslangen Streifzug durch die Politik, die Stationen des Weges und die dabei gemachten Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnisse. Er beschränkt sich auf die Sphäre des Politischen. Wesentliche Lebensbereiche, so etwa Familie, Beruf und Freizeit bleiben ausgeklammert.
Der Autor bekennt sich zu seiner linkssozialistischen Weltanschauung und beschreibt die dazugehörigen Aspekte. Dazu gehören Mitgliedschaften in SPD und DKP, Engagements in der Außerparlamentarischen Opposition (APO), der Kommunalpolitik und Bürgerinitiativen, um nur die wichtigsten zu nennen.
Viel Raum widmet er der APO und der DKP. Die mit ihm befreundete APO-Aktivistin und spätere RAF-Terroristin Christa Eckes konnte er nicht von ihrem Irrweg abbringen. Interessant ist auch seine Darstellung der Anbahnungsversuche von Geheimdiensten. Der Hamburger Staatsschutz informierte ihn offiziell, dass er, mittlerweile siebzigjährig, weiterhin der Überwachung obliegt.
Über alle Kapitel hinweg beschreibt er seine Rolle und sein Wirken in diesen Organisationen und benennt auf der Basis eigener Erfahrungen Ursachen deren Niedergangs, so beispielsweise der DKP und der APO. Dieser wird durch viele Einzelbeispiele und Beschreibungen des eigenen und des Wirkens von Weggefährten angereichert. Auch sein parteipolitisch ungebundenes kommunalpolitisches Engagement findet Raum in diesem Buch. Zwei Bürgermeisterkandidaturen in Bad Nauheim gehören zu seinem Erfahrungsschatz.
Der Autor betont, dass er seinen linken Grundüberzeugungen treu geblieben ist. Den bis 1989 praktizierten Realsozialismus betrachtet er im Nachhinein als globalen Irrtum. Der Partei DIE LINKE oder dem Bündnis Wagenknecht ist es nicht beigetreten, schließt aber letzteres nicht aus. Er empfiehlt, sich programmatisch an der Losung der französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" zu orientieren.
0. Warum ich dieses Buch schrieb
Es gibt Menschen, die ihre Biografie schreiben, weil Sie ihren Lebensweg als außergewöhnlich betrachten. Dies wollen sie der Nachwelt mitteilen. Sie denken dabei an Kinder und Enkelkinder, Nachbarn, Bekannte und Verwandte. Davon leben Ghostwriter und Self-Publishing Verlage. Doch leider interessiert sich oft niemand für das, was der Vater oder Opa zu Papier gebracht hat oder hat bringen lassen. Die Kriegserlebnisse, die Beschreibung der Flucht aus Ostpreußen oder die Kriegsgefangenschaft in Russland waren für den jeweiligen Autor nachwirkende Erlebnisse, aber die heutige Generation wurde durch kulturelle Einflüsse unserer Epoche geprägt, so zumindest in den westlichen Bundesländern. Dazu kamen nahezu extensive Konsummöglichkeiten, das digitale Zeitalter und mithin das Internet. Was Klassenkameraden in der Social Media berichteten war interessanter als das, was Großvater niederschrieb. Der Bildschirm trat an die Stelle des Buches.
Was also soll diese Publikation? Ich habe keine missionarischen Ambitionen, sondern schreibe für mich selbst. Obwohl sich das Zeitalter des Buches dem Ende nähert, macht es mir Spaß, nochmals durch mein politisches Leben zu streifen und dabei, wie beim Aufräumen, Dinge wiederzufinden, von denen ich gar nicht mehr wusste, dass es sie noch gibt. Das ist jedes Mal wie ein kleines Geschenk. So erlebe ich auch die Erstellung dieses Manuskripts. Vieles lag in den Tiefen meiner Hirnwindungen und kam erst beim Schreiben wieder ans Licht. Manches entwickelte sich zum neurologischen Selbstlauf. Mit A wurde B aktiviert, B belebte C und C erweckte D.
Ein Treffen 2020 mit meinen 1968er-Freunden zum verspäteten 50jährigen Jubiläum der APO wirkte als Impulsgeber. Man hatte mich gebeten, unsere gemeinsame Zeit in der APO des Stadtteils Hamburg-Bergedorf schriftlich darzustellen. 2019 entstand eine kleine Broschüre mit dem Titel „50 Jahre APO Bergedorf. Dann starb ein guter Freund aus dieser Epoche. Ich hatte das Bedürfnis, sein Lebenswerk zu würdigen. Plötzlich war ich wieder in der „guten alten Zeit
, was auch immer darunter verstanden wird. Der Historiker Arne Andersen verpackte sie in einem Buch mit dem Titel „Die Bergedorfer APO. Politischer Protest in der Hamburger Provinz", das 2021 mit finanzieller Unterstützung der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kunst herauskam. Es stieß auf große Resonanz.
Aus dem Kreis ehemaliger SDS-Studenten kam 2020 der Vorschlag, die Lebenswege der APO-Opas und -Omas aufzuzeichnen und auf einer öffentlichen Webseite der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Was meine Person betrifft, überschneidet sich einiges von dieser Webseite mit dem, was ich in diesem Buch darstelle.¹
In mir reifte der Gedanke, den politischen Teil meiner Biografie zu schreiben. Mit der Betonung „auf den politischen Teil" ist ausgesagt, dass andere Teile meines Lebens, Beruf, Familie, Reisen, Hobbies und meine Bücher, hier unerwähnt bleiben. Als Zielgruppe habe ich meine früheren und gegenwärtigen Freunde und jene Bekannten im Auge, die mich eher für einen Parteigänger der CDU oder FDP halten und nunmehr erschrocken zur Kenntnis nehmen, dass ich nicht der bin, für den sie mich immer hielten. Hin und wieder gab es Versuche, mich in die FDP zu locken. Als Unternehmensberater war ich parteipolitisch etikettiert. Die Neujahrsempfänge von Parteien habe ich allein schon wegen der reichlich gedeckten Buffets gern besucht, aber nichts mehr.
Da sich nach den 1968er Aufbruchjahren die Wege der „Kampfgefährten" getrennt hatten, lag es nahe, die Verbindung, wenn auch reichlich verspätet, in publizistischer Form aufrecht zu erhalten. Mir geht es darum, dass alle, die damals dabei waren, sich nochmals vergegenwärtigen, dass sie mit ihrem Engagement die Tür zu einem besseren Deutschland aufgestoßen haben.
Wer hier eine geschichtswissenschaftlich fundierte Lektüre erwartet, wird enttäuscht. Die wurde von Historikern und Politologen schon vor Jahren geschrieben. Auch Insider teilten sich mit, so etwa Herbert Mies, langjähriger Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei. Sein Buch wurde mit einem Vorwort von Egon Krenz geadelt. Im Parteijargon, sehr hölzern formuliert, drückt Mies nochmals seine Treue zur Sowjetunion aus. Auf 200 Seiten rechtfertigt er die Politik der DKP-Parteiführung, für die er verantwortlich war, einschließlich die Treue zur Sowjetunion. Man merkt, dass er während der Schreibarbeit noch immer die Parteibrille trug.
Mit dem vorliegendem Buch teile ich als Aktivist der 68er-Generation und späteres Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei meine Erlebnisse und Sichtweisen auf die damaligen Szene mit. Diese werden vor dem Hintergrund meiner gegenwärtigen Lebenssituation geschrieben. Insofern ist eine Autobiografie eine narrative Sinnkonstruktion. Als Verfasser teile ich mit, was ich für sagbar halte. Meine gegenwärtige Lebens- und Erzählsituation, 50 Jahre nach den Ereignissen, prägt meine Darstellungen und Deutungen. Darum möge der Leser den Quellenwert für die jeweils beschriebene Zeit kritisch einschätzen.
Der Stil dieses Buches mag streckenweise befremdlich erscheinen, manche Begriffe gar brachial. Ich habe mir erlaubt