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Politik ist Dienst: Festschrift für Bernhard Vogel zum 80. Geburtstag
Politik ist Dienst: Festschrift für Bernhard Vogel zum 80. Geburtstag
Politik ist Dienst: Festschrift für Bernhard Vogel zum 80. Geburtstag
eBook474 Seiten5 Stunden

Politik ist Dienst: Festschrift für Bernhard Vogel zum 80. Geburtstag

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Über dieses E-Book

Die Maxime »Politik ist Dienst« kann als Leitmotiv des Lebens und Wirkens von Bernhard Vogel gelten. Als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen und Vorsitzender sowie Ehrenvorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung hat er die politische und gesellschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik und des vereinigten Deutschlands seit mehr als fünf Jahrzehnten nachhaltig mitgeprägt. »Politik ist Dienst« - Zitate wie dieses hat Bernhard Vogel in seiner langen wissenschaftlichen und politischen Laufbahn gerne geprägt oder genutzt. In dieser Festgabe würdigen Freunde und Wegbegleiter den Jubilar ausgehend von dessen besonders markanten Äußerungen. In thematischen Blöcken wie Bildung, Familie, soziale Marktwirtschaft, Globalisierung, deutsche und europäische Einigung, Föderalismus, Demokratie und Verfassung, Menschenwürde, Wertebewusstsein sowie der Idee der Christlichen Demokratie nähern sich die Beiträge der vielgestaltigen Person Bernhard Vogels und seiner beeindruckenden Lebensleistung. Einführende Gedanken von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und dem Präsidenten des Deutschen Bundestages Dr. Norbert Lammert sowie persönliche Eindrücke von Weggefährten und literarische Würdigungen runden den Band ab, der auch ein Schriftenverzeichnis des Jubilars seit 2007 enthält.
SpracheDeutsch
HerausgeberBöhlau Köln
Erscheinungsdatum3. Dez. 2012
ISBN9783412216474
Politik ist Dienst: Festschrift für Bernhard Vogel zum 80. Geburtstag

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    Buchvorschau

    Politik ist Dienst - Hans-Gert Pöttering

    VORWORT

    Zum Geleit

    Hans-Gert Pöttering

    „Eigentlich habe ich gar nichts anderes getan, als zu versuchen, meine Pflicht zu tun." Mit diesen Worten hat der Jubilar, dem diese Festschrift zur Vollendung seines 80. Lebensjahres gewidmet ist, bereits vor zehn Jahren seinen Lebensweg beschrieben.

    Immer wieder hat Bernhard Vogel sich in die Pflicht nehmen lassen. Jeden Dienst, zu dem er sich verpflichten ließ, hat er in außerordentlichem Maß erfüllt. „Politik ist Dienst" gilt für Bernhard Vogel in besonders treffender Weise. ­Politik ist für ihn Dienst – Dienst für die Menschen, Dienst für das Gemeinwohl, Dienst aus Überzeugung für das Wohl der Menschen.

    Bernhard Vogel verbindet auf unnachahmliche Weise Politik mit Menschlichkeit. Er führt Menschen zusammen, bringt sie einander näher, erklärt und erläutert ihnen Politik, nimmt sie auf dem Weg der Politik mit, bietet ihnen Orien­tierung und Richtung. Das christliche Menschenbild und die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Katholische Soziallehre sowie die Grundwerte unserer Verfassung sind Fundament seiner Überzeugungen und Entscheidungen. Daran orientiert sich sein Denken und Handeln, darauf gründen seine Pflicht­erfüllung und Leidenschaft, seine Weitsicht verbunden mit Zuversicht, sein Optimismus verbunden mit Realismus, seine Grundsatz- und Prinzipientreue. Sie haben Bernhard Vogel zu einem außergewöhnlichen Politiker werden lassen.

    Dabei hat der Politische Wissenschaftler Bernhard Vogel nie beschlossen, Politiker zu werden. Er hat seinen Weg in die praktische Politik nie geplant. 1965 kandidierte er erfolgreich für den Deutschen Bundestag. Er war der Auffassung: Vier Jahre Praxis in der Politik könnten nicht schaden. Bekanntlich kam es anders: Nach nicht einmal zwei Jahren wurde er Kultusminister von Rheinland-Pfalz. Spätestens jetzt war die Politik zu seinem Dienst geworden.

    Zahlreiche politische und gesellschaftliche Ämter und Funktionen folgten, manche davon mehr als einmal. Zweimal war er CDU-Landesvorsitzender – in Rheinland-Pfalz und Thüringen; zweimal Landtagsabgeordneter – in Mainz und Erfurt. Vor allem aber war er: Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Ministerpräsident des Freistaates Thüringen. Der Regierungschef mit der längsten Amtszeit in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland; der erfahrenste, der populärste und der einzige, der in zwei Ländern – einem west- und einem ostdeutschen Land – die Regierungsverantwortung inne hatte. Augenzwinkernd sage ich gerne zu Bernhard Vogel – auch öffentlich: Ministerpräsident in zwei Ländern gewesen zu sein – dazu im Westen wie im Osten unseres Landes – sei „mehr als Bundeskanzler".

    [<<17] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe

    Die Landespolitik ist das Betätigungs- und Wirkungsfeld Bernhard Vogels. Ob als engagierter Kultusminister von Rheinland-Pfalz oder zweimaliger Minister­präsident, zweimaliger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz oder zweimaliger Präsident des Bundesrates: Die deutschen Länder, ihre histo­rischen und kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Besonderheiten, ihre landsmannschaftlichen und landschaftlichen Eigenheiten sind dem vehementen Streiter für den Föderalismus seit jeher ein Herzensanliegen.

    Auch persönlich ist er mit vielen Ländern eng verbunden. Von Göttingen in Niedersachsen, seinem Geburtsort, über Gießen in Hessen, wo er aufwuchs, München in Bayern, wo er sein Abitur ablegte, und Heidelberg in Baden-­Württemberg, wo er studierte und promovierte, bis nach Speyer, wo er seit bald 50 Jahren lebt: Lang ist die Liste der Orte, an denen er sich zu Hause fühlt. Und wo er sich zu Hause fühlt, so sagt er, dort ist für ihn Heimat. Deutschland – sein Vaterland – ist seine Heimat.

    Er weiß um die Bedeutung des Begriffes Heimat – auch für Europa. Europa werde nur gelingen, wenn die Bürgerinnen und Bürger ein europäisches Bewusstsein erlangen – und dabei zugleich ihre heimatliche Verbundenheit bewahren, wenn die kulturelle Vielfalt in Europa gewahrt bleibe. Dafür engagierte er sich unter anderem auch als Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-franzö­sische Zusammenarbeit sowie als Vizepräsident der Europäischen Demokratischen Union. Er verkörpert in besonderer Weise den so wichtigen Dreiklang „Heimat – Vaterland – Europa". Als Niedersachse, als Deutscher und als Europäer schließe ich mich diesem Denken Bernhard Vogels vorbehaltlos an.

    Schon als junger Politiker hat mich das Wirken Bernhards Vogel sehr beeindruckt. Mit großem Interesse habe ich seinen Weg aufmerksam verfolgt. Beim Ring Christlich Demokratischer Studenten an der Universität Bonn sind wir uns während meiner Studienzeit zum ersten Mal begegnet. Damals habe ich mir nicht vorstellen können, dass sich unsere Wege eines Tages überschneiden würden, dass ich einmal sein Nachfolger in einem seiner unzähligen Ämter werden würde. Vor allem hätte ich nie zu hoffen gewagt, dass es das Amt des Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung werden könnte.

    Bernhard Vogel hat mir den Weg in die Stiftung geebnet, die den Namen des ersten deutschen Bundeskanzlers trägt. Es ist mir eine Ehre, sein Nachfolger als Vorsitzender dieser außergewöhnlichen Institution, einer an Werten und Überzeugungen orientierten Gemeinschaft von Persönlichkeiten sein zu dürfen. Das gilt auch für unsere Zusammenarbeit. Ich kann sagen: Seit dem ersten Tag arbeiten wir gut und erfolgreich, ja freundschaftlich, zum Wohl der Konrad-Adenauer-Stiftung zusammen.

    Dabei wird mir immer wieder bewusst, wie sehr Bernhard Vogel die Stiftung und wie sehr ihm vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich tagtäglich in ihr und für sie engagieren, am Herzen liegen. Ohne ihn, ohne

    [<<18]

    seine unermüdliche Arbeit und sein Pflichtbewusstsein würde die Stiftung heute anders aussehen, hätte sie nicht das Gesicht, welches sie in Deutschland, Europa und der Welt unverwechselbar macht. Wir sind mit unserer Arbeit und unserem Engagement heute an vielen Orten in der Welt willkommen. Daran trägt Bernhard Vogel maßgeblichen Anteil. Sein Name wird auch in Zukunft mit der Konrad-Adenauer-Stiftung verbunden bleiben.

    Die Stiftung kann sich glücklich schätzen, dass er als ihr Vorsitzender viele Jahre Verantwortung für sie getragen hat. Wir sind dankbar, dass er als Ehrenvorsitzender mit Rat und Tat, mit seinem Wissen und seiner Erfahrung unverändert an unserer Seite steht.

    Wir, die Konrad-Adenauer-Stiftung, und die über 50 Autoren – Freunde, Kollegen, Wegbegleiter – sagen mit dieser Festschrift für alles, was er für die Stiftung, für unser Land und für Europa, geleistet hat, herzlichst „Danke, ­Bernhard Vogel!"

    Ungezählt sind die Reden, die er in den vergangenen Jahren gehalten hat, ebenso ungezählt die Zitate anderer, die er darin verwendet hat – viele einmal, manche mehrmals. Einige der Zitate, die er gerne und häufig wiedergibt, sind Ausgangspunkt der Beiträge dieser Festschrift. Jeder Beitragende hat zu einem ausgesuchten Zitat seine Gedanken zu Papier gebracht. Die Festschrift weist damit den im Vorhinein gewünschten hohen persönlichen Bezug zum Jubilar auf. Sie spiegelt die Vielfalt und die Reichhaltigkeit seines politischen und gesellschaftlichen Engagements, seines Denkens und Handelns auf besondere Weise wider.

    Als Herausgeber gilt mein herzlicher Dank allen Autorinnen und Autoren, die mit ihren lesenswerten Beiträgen zum Gelingen dieses Bands beigetragen haben und auf diesem Weg ihre Wertschätzung gegenüber Bernhard Vogel zum Ausdruck bringen. Verständlicher- und gleichwohl bedauerlicherweise bedurfte es der zahlenmäßigen Begrenzung des Autorenkreises. Es war nicht möglich, jeden, der eng mit Bernhard Vogel über die Zeit verbunden ist, aufzunehmen. Eine mehrbändige Festschrift wäre andernfalls erschienen. Für das Erscheinen dieses Bandes danke ich herzlich dem Böhlau-Verlag.

    In der Konrad-Adenauer-Stiftung sind Professor Dr. Hanns Jürgen Küsters und Dr. Michael Borchard maßgeblich verantwortlich für das Entstehen der Festschrift. Für Idee, Konzeption und Umsetzung gilt ihnen und ihren Hauptabteilungen – Wissenschaftliche Dienste/Archiv für Christlich-Demokratische Politik sowie Politik und Beratung – mein ganz besonders herzlicher Dank! Ebenso herzlich danke ich unserem Generalsekretär, Michael Thielen, der diese Festschrift mit Rat und Tat begleitet hat. Für die redaktionelle Bearbeitung sei Dr. Wolfgang Tischner, Dr. Kordula Kühlem, Denise Lindsay M.A. und Jenny Kahlert vielmals gedankt.

    Bernhard Vogel vollendet sein achtes Lebensjahrzehnt: Es steht nicht zu befürchten, dass er sich weniger zu Wort meldet, weniger einbringt, weniger

    [<<19]

    engagiert, dass er sich zurücknimmt und in den Ruhestand verabschiedet. Er wäre hochverdient. Doch das Gegenteil dürfte der Fall sein: Er wird an dem Tag nach seinem 80. Geburtstag mit Sicherheit nicht weniger aktiv sein, als an dem Tag davor. Wir haben die berechtigte Hoffnung, dass dies für sein gesamtes neuntes Lebensjahrzehnt gelten wird.

    Körperliche und geistige Gesundheit sind ein Geschenk für jeden Menschen. Ein wertvolles Geschenk, welches mit jedem weiteren Lebensjahr und erst recht mit jedem weiteren Lebensjahrzehnt an zusätzlichem Wert gewinnt. ­Bernhard Vogel wird seine körperliche und geistige Gesundheit als ein besonderes Geschenk annehmen. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung ist es ein Geschenk, dass er sich für uns engagiert.

    Herzlichen Glückwunsch, Bernhard Vogel!

    [<<20]

    BERNHARD VOGEL – GEDANKEN ZUM 80. GEBURTSTAG

    Bernhard Vogel – Eine Stiftung. Zwei Länder. Und fünf Kopiermaschinen

    Angela Merkel

    In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat Bernhard Vogel ein Alleinstellungsmerkmal: Außer ihm hat es noch niemand vollbracht, in zwei Bundesländern zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden. Ihm ist das in Rheinland-Pfalz und in Thüringen gelungen. Beide Bundesländer hat er politisch, wirtschaftlich und kulturell geprägt, in beiden Bundesländern wurde er von den Bürgern wiedergewählt, im Amt bestätigt und ist bis heute den Menschen als geschätzter und verehrter Landesvater in Erinnerung.

    Auch hat es in der Konrad-Adenauer-Stiftung noch niemanden gegeben, der – nachdem er den Vorsitz der Stiftung einmal niedergelegt hatte – erneut zum Vorsitzenden berufen wurde. Auch diese Auszeichnung ist Bernhard Vogel vorbehalten.

    Ministerpräsident in zwei verschiedenen Bundesländern, zweimal Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung – allein dies zeigt, dass Bernhard Vogel eine außerordentlich hohe Wertschätzung über die Parteigrenzen hinweg genießt.

    Man kann zu Recht behaupten: Bernhard Vogel hat in seiner Partei, der Christlich Demokratischen Union Deutschlands, große Spuren hinterlassen. Als er vor über 50 Jahren in die CDU eintrat, konnte niemand wissen, wie sehr er diese Partei in ganz verschiedenen Ämtern und Funktionen mit gestalten würde. Es waren die prägende Kraft des christlichen Menschenbildes und die katholische Soziallehre, die Bernhard Vogel 1960 in die Christlich Demokratische Union geführt haben. Vertrauen schaffen, Vertrauen entgegen bringen – das zeichnet die Arbeit Bernhard Vogels aus. Bei ihm steht der Mensch im Mittelpunkt. Der Mensch, dem die Freiheit gegeben ist und die er in Verantwortung nutzen soll. Der Mensch, der nach diesem Verständnis nicht das Maß aller Dinge ist, sondern der um seine Fehlbarkeit und um seine Verantwortung vor Gott weiß.

    Im Wissen um diese Verantwortung hat Bernhard Vogel unserem Land und der CDU in zahlreichen Funktionen gedient. Sein erstes Mandat für die CDU übernahm er 1963, als er in den Heidelberger Stadtrat einzog. Er war Kultusminister in Rheinland-Pfalz und insgesamt 23 Jahre Ministerpräsident. Über 30 Jahre war er Mitglied des Vorstands der CDU Deutschlands.

    Meine ersten Begegnungen mit Bernhard Vogel hatte ich nach dem Fall der Mauer, kurz nachdem Bernhard Vogel die Stiftungsleitung übernommen hatte. Damals, als das Brandenburger Tor in Berlin wieder offen war, entschied Bernhard Vogel, dass sich in einem ersten Schritt fünf Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in der damaligen DDR engagieren sollten. Sie sollten helfen, die entstehenden demokratischen Strukturen aufzubauen.

    [<<23] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe

    Diese Vertreter der Stiftung führten viele Gespräche mit den örtlichen Organisationen des „Neuen Forums, des „Demokratischen Aufbruchs, der „Deutschen Sozialen Union" oder mit Kreisverbänden der CDU. Die Hilfe war oft ganz praktischer Natur: Es ging um Papier, um Kopiermaschinen, also um Infrastruktur, die benötigt wurde, um als Organisation in einer Demokratie wirken zu können. Es wurden engagierten Bürgern Grundausstattungen für die politische Arbeit – beispielsweise in Form einer kleinen Bibliothek – zur Verfügung gestellt. Danach kamen Lehrgänge, Seminare, Diskussionsveranstaltungen und vieles mehr.

    Heute ist die Konrad-Adenauer-Stiftung nicht nur in Berlin, sondern in allen neuen Bundesländern mit ihren politischen Bildungswerken vertreten. Es war Bernhard Vogel, der schnell und beherzt entschied, mit der Konrad-Adenauer-Stiftung beim demokratischen Neuanfang in den neuen Bundesländern mitzuwirken. Ihm und den vielen Mitarbeitern der Stiftung gebührt Dank für ihren großen Einsatz. Sie haben in mittlerweile mehr als zwei Jahrzehnten Großes beim Aufbau der demokratischen Strukturen in den neuen Bundesländern geleistet.

    Ebenso entschlossen wie Bernhard Vogel die nationale Arbeit der Stiftung auf die veränderten politischen Rahmenbedingungen ausgerichtet hat, hat er auch die Neuausrichtung der internationalen Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung vorangetrieben. Die Stiftung nahm daher nach dem Ende des Kalten Krieges ihre Arbeit in Polen sowie in Ungarn, in Tschechien und danach in vielen weiteren Ländern Mittel- und Osteuropas auf. Überall wurden mit unzähligen Veranstaltungen, Workshops und Diskussionsrunden Beiträge zur Entwicklung der parlamentarischen Demokratie und zur Integration in die europäischen und transatlantischen Strukturen geleistet. Auch in Russland und in der Ukraine arbeitet die Stiftung weiterhin an dem Ziel, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Zivilgesellschaft zu stärken.

    Im Februar 1992 wurde Bernhard Vogel Ministerpräsident in Thüringen, wo er ein Jahr später auch zum Vorsitzenden der CDU gewählt wurde. Deshalb musste die Konrad-Adenauer-Stiftung einige Jahre ohne sein Engagement an der Spitze auskommen. Gründe dafür, dass Thüringer Abgeordnete mit Bernhard Vogel einen Speyerer Bürger zum Ministerpräsidenten wählten, waren seine langjährige Erfahrung als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und nicht zuletzt sein unermüdliches Engagement als Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung in den neuen Bundesländern. Die Thüringer kannten ihn und hatten Vertrauen zu ihm.

    Diese Akzeptanz bei den Menschen in zwei doch ganz unterschiedlich geprägten Bundesländern lässt sich nur mit der Persönlichkeit Bernhard Vogels erklären. Er versuchte nicht, sich über Nacht vom Pfälzer zum Thüringer zu wandeln. Vielmehr stürzte er sich 1992 zwar mit großer Hingabe auf seine neue Aufgabe und ließ sich auf Thüringen und die Thüringer ein, aber er ist dabei immer er selbst geblieben.

    [<<24]

    Die Bürger im Westen wie im Osten unseres Landes haben gespürt: Hier ist ein Mann mit Überzeugungen, der auf einem festen Wertefundament steht. Mit anderen Worten: Eine echte Persönlichkeit. Ein Politiker, der offen auf die Menschen zugeht, ihnen zuhört und mit ihnen spricht, aber ihnen nicht nach dem Munde redet. Jemand, dem man vertrauen kann und der selbst Vertrauen in die Menschen hat. Diese Haltung ist Bernhard Vogels Erfolgsgeheimnis, als Politiker, als Stiftungsvorsitzender, als Mensch.

    Im Frühjahr 2001 übernahm Bernhard Vogel erneut den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung. Unter seiner Leitung wurde die Begabtenförderung deutlich ausgeweitet. Dabei hat die Stiftung an ihren strengen Auswahlkriterien festgehalten und damit das hohe Niveau der Förderung und der Geförderten gehalten. Die Stiftung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung der Bildungsrepublik Deutschland. Das Archiv für Christlich-Demokratische Politik, gleichsam das Gedächtnis der CDU, wächst stetig. Dort werden heute so viele Nachlässe aufbereitet und verwahrt wie nie zuvor. Nicht zuletzt wurde der Bereich Politik und Beratung zu einem „Think Tank" ausgestaltet, der die politischen Debatten in Deutschland immer wieder maßgeblich mit beeinflusst.

    Ich habe Bernhard Vogel gerade in seiner zweiten Amtszeit als Stiftungsvorsitzender noch intensiver kennen und schätzen gelernt als zuvor schon. Besonders in Erinnerung ist mir sein entscheidender Beitrag zum aktuellen Grundsatzprogramm der CDU „Freiheit und Sicherheit. Grundsätze für Deutschland", das 2007 in Hannover verabschiedet wurde. Damit hat er an allen drei Grundsatzprogrammen der CDU mitgearbeitet, ein Wirken, das für sich spricht.

    Bei der Erarbeitung unseres aktuellen Grundsatzprogramms trug er die Verantwortung für die ersten Kapitel zur Identität der Christdemokraten und zu den Grundwerten Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. Er erinnerte in den programmatischen Diskussionen immer wieder an die Vorstellungen der Sozialethiker insbesondere aus dem Bereich der katholischen Kirche. Mit großer Umsicht hat Bernhard Vogel auch bei der Arbeit an diesem Text gezeigt, was uns als CDU stets auszeichnen sollte: Dass wir immer das rechte Maß finden müssen zwischen Bewahren und Verändern. Offen sein für Neues und Bewährtes bewahren – auch dafür steht Bernhard Vogel.

    2009 gab Bernhard Vogel zum zweiten Mal den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung ab. Es freut mich deshalb umso mehr, dass er sich nach insgesamt 14 Jahren an der Spitze der Stiftung bereit erklärte, den Ehrenvorsitz der Stiftung zu übernehmen. Er bleibt so mit seinem unschätzbar wertvollen Erfahrungsschatz, seinem Wissen und mit all seinen menschlichen Gaben, die ihn immer besonders ausgezeichnet haben, Teil der Stiftung und damit auch der christdemokratischen Familie.

    Bei allen großen Aufgaben, denen sich Bernhard Vogel im Laufe seines Lebens gestellt hat, waren und sind es einerseits das Vertrauen in Gott, das ihm Kraft gibt, andererseits sein Frohsinn und sein Optimismus, die ihn auch durch schwierige Phasen tragen.

    [<<25]

    Bernhard Vogel war und ist ein großer Brückenbauer. Wie kaum ein anderer versteht er es zuzuhören, durch argumentative Stärke zu überzeugen und Gräben zu überwinden. Das waren gute Voraussetzungen, um als Ministerpräsident in zwei unterschiedlich geprägten Bundesländern zu wirken, und das sind gute Voraussetzungen, um eine Stiftung zu führen, die weltweit im Einsatz für Demokratie, Menschenrechte und die Soziale Marktwirtschaft ist. Eine Stiftung, die sich für das Gemeinwohl in der globalisierten Welt einsetzt. Eine Stiftung, die geistige Brücken baut.

    Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Bernhard Vogel ist ein ansteckend fröhlicher Mensch. Sein christlicher Glaube gibt ihm Halt und Gelassenheit. Wir können froh sein, ihn in unserer Mitte zu haben und viel von ihm zu lernen.

    [<<26]

    „Demokratie heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen."

    (Max Frisch)

    Norbert Lammert

    I.

    Als mich die Anfrage erreichte, ob ich einen Beitrag für die Festschrift zum 80. Geburtstag von Bernhard Vogel beisteuern könnte – was ich gerne mit mindestens so viel Freude wie Respekt vor einer der großen politischen Persönlichkeiten unseres Landes tue – war das mit der Bitte der Redaktion verbunden, in diesen Beitrag zwei ausgewählte Zitate aufzunehmen. Beiden mir vorgegebenen Sätzen ist gemeinsam, dass sie mühelos zu mancherlei Gedanken inspirieren: zu Demokratie und demokratischer Beteiligung, zu Politik und Politikern, vor allem aber: zu Bernhard Vogel und seinen herausragenden Verdiensten um unseren Staat und unsere Demokratie.

    II.

    „Demokratie heißt, sich in seine eigenen Angelegenheiten einzumischen. Dies ist ein Zitat von Max Frisch, es könnte allerdings genauso gut von Bernhard Vogel stammen, der diesen Gedanken in dieser oder leicht variierter Formulierung immer wieder vorgetragen hat. Zu Recht, denn das Sich-Einmischen, das Sich-Einbringen ist nun mal die unverzichtbare Voraussetzung einer funktionierenden Demokratie. Selbstverständlich ist es deshalb noch lange nicht, im Gegenteil: Bernhard Vogel hat immer wieder auf die Gefahr einer wachsenden politischen Enthaltsamkeit der Bürger hingewiesen, auf eine Haltung, das politische Geschehen gewissermaßen nur noch von den Zuschauerrängen aus zu betrachten, ohne sich selbst als Akteur zu beteiligen. Diese Distanz beobachten wir schon auf der kommunalen Ebene, wo es auch immer schwieriger wird, Menschen für die politische Mitgestaltung zu gewinnen und zu motivieren – vor allem zu einem auch auf Dauer angelegten „Mitmachen. Zu dem bewussten „Raushalten auf der einen Seite gesellt sich komplementär die Neigung, sich als Leidtragender einer politischen Entscheidung zu begreifen, was den Verdruss über „die Politik und „die Politiker" befeuert.

    Auch wenn es paradox klingt: Einer insgesamt eher geringer werdenden Bereitschaft, sich politisch zu engagieren, steht auf der anderen Seite ein wachsendes

    [<<27] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe

    Bedürfnis nach mehr Beteiligung gegenüber. Laut einer Allensbach-Umfrage sind viele Bürger überzeugt, sie verstünden mehr von der Politik als Politiker. Der Aussage: „Ich denke mir oft, die Politiker haben keine Ahnung, das könnte ich besser, stimmen laut dieser Umfrage 48 Prozent der Befragten zu. Unter den Anhängern der Piratenpartei sind es sogar 61 Prozent. Konkreter Ausdruck einer solchen „Ich-weiß-es-besser-Haltung waren u. a. die Proteste um Stuttgart 21. Nicht nur dieses besonders populäre, ebenso irritierende wie ermutigende Exempel um den Stuttgarter Bahnhof hat uns zwei Einsichten gebracht.

    Erstens, was die Planungsprozesse angeht, brauchen wir offenkundig Korrekturen, mindestens aber Ergänzungen in unserem Planungs- und Baurecht. Der Deutsche Bundestag berät zurzeit einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der für öffentliche Planungen eine frühere und bessere Beteiligung vorsieht, um Konflikte schon im Vorfeld zu vermeiden.

    Zweitens, wir müssen über die Möglichkeiten wie die Grenzen von direkten Bürgerentscheidungen neu nachdenken. Nicht im Sinne einer Ablösung repräsentativer Demokratie durch eine plebiszitäre Demokratie, sondern vielmehr im Sinne einer neuen Balance zwischen der repräsentativen Demokratie als „Normalzustand" politischer Willensbildung und den vermeintlichen oder tatsächlichen Sondersituationen, für die man vielleicht solche besondere Verfahren braucht. Dass repräsentative Verfahren unersetzlich sind, wurde übrigens auch bei Stuttgart 21 schon daran deutlich, dass die große Zahl von Tausenden Protestierenden zunächst ihrerseits Repräsentanten bestimmen mussten, um den geforderten Dialogprozess überhaupt möglich zu machen. Und man tritt niemandem zu nahe, wenn man darauf hinweist, dass die Auswahl und die Bestellung dieser Repräsentanten mit Blick auf ihre demokratische Legitimation den Repräsentanten auf der anderen Seite – freundlich gesagt – nicht überlegen war.

    Die überschwängliche Begeisterung derer, die plebiszitäre Verfahren gegenüber parlamentarischen Entscheidungen bevorzugen, teile ich nicht:

    Erstens glaube ich, dass wir für politische Entscheidungen das gleiche Mindestmaß an Professionalität sicherstellen müssen, wie man es für jeden anderen Lebensbereich, von der Autowerkstatt bis zum Zahnarzt, für unverzichtbar hält. Es ist schon erstaunlich, dass der moderne Bürger sich zunehmend in allem und jedem vertreten lässt, nur wenn es um den Bau von Bahnhöfen, Flughäfen oder Kraftwerken geht, meint er, es selbst besser zu können.

    Zweitens muss es klare Verantwortungen für getroffene Entscheidungen geben. Für Volksentscheide ist aber niemand verantwortlich zu machen. Dagegen kann man Regierungen und Abgeordnete für Entscheidungen, mit denen man nicht einverstanden ist, bei der nächsten Wahl durch die Verweigerung der Stimme sanktionieren.

    Drittens muss man fragen, welche der großen Richtungsentscheidungen dieser Republik wohl ein Plebiszit überstanden hätte – vom Beitritt der Bundesrepublik zur NATO über die Einführung der Wehrpflicht, den NATO-Doppelbeschluss

    [<<28]

    bis zur Einführung des EURO. Von der Serie der Reformverträge der EU und den Rettungsmaßnahmen für den EURO gar nicht zu reden. Diese Republik sähe jedenfalls anders und vermutlich nicht unbedingt besser aus, wenn sie plebiszitär organisiert wäre. Das Grundgesetz kennt deshalb aus gutem Grund – mit ganz engen Ausnahmen – keine plebiszitären Elemente. Auf Landes- und Kommunalebene gibt es diese Formen direkter Beteiligung sehr wohl, und dass diese Möglichkeiten vielfach genutzt wurden und werden, zeigt eine veränderte Bedarfslage. Schon deshalb plädiere ich dafür, dass man beide Formen nicht als konkurrierende und sich ausschließende Alternativen ansieht, sondern als sich wechselseitig ergänzende Varianten. Eine direkte Entscheidung durch Bürger erscheint mir jedenfalls in solchen Fällen sinnvoll, wenn es sich um lokal oder regional begrenzte Themen handelt, die noch dazu mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten sind. Von dieser Möglichkeit wird in Deutschland auch seit langem und in zunehmendem Ausmaß Gebrauch gemacht: Auf kommunaler Ebene gab es bislang (Stand: Anfang 2012) rund 6.000 Bürgerbegehren, von denen rund 40 Prozent erfolgreich waren.

    III.

    „Wer die eigene Überzeugung für das Maß aller Dinge hält, taugt zum Fanatiker und Fundamentalisten, aber gehört nicht in ein Parlament." Das zweite mir vorgegebene Zitat stammt von Bernhard Vogel selbst. In diesem Satz kommt sein persönliches Verständnis von Politikgestaltung zum Ausdruck: Für die persönlichen Überzeugungen eintreten und streiten, natürlich ja, wenn nötig leidenschaftlich, aber sie für die absolute Wahrheit halten – nein. Die Haltung eines aufgeklärten Demokraten.

    Bernhard Vogel hat über viele Jahre Politik mitgedacht und mitgestaltet, in Legislative wie Exekutive. Er war Abgeordneter im Deutschen Bundestag wie im Landtag von Rheinland-Pfalz, er war Kultusminister und – bislang beispiellos und wohl nicht wiederholbar – Ministerpräsident in einem alten und in einem neuen Land. Er kennt das politische System also wie kaum ein anderer von innen. Deshalb kann er auch gut beurteilen, wie Politik sich im Laufe der Zeit verändert hat. Politik heute sei – so hat er es Anfang 2011 gesagt – „nicht unbedingt schwieriger, aber anders. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass wir viele Probleme nicht mehr vor uns haben, die „wir vor 50 Jahren noch für unlösbar hielten: Die Teilung Deutschlands, der drohende Atomkrieg, der sowjetische Machtblock. An deren Stelle sind allerdings neue, andere Probleme getreten – vom Klimawandel über die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus bis zur demographischen Herausforderung.

    Abgesehen von unterschiedlichen Themen gibt es aber durchaus einen sehr gravierenden Unterschied zwischen dem früheren und dem heutigen Politik­betrieb:

    [<<29]

    Politik hat es heute mit einem massiven Vertrauensverlust zu tun. 1972 – damals war Bernhard Vogel gerade in den Landtag von Rheinland-Pfalz gewählt worden – genossen Abgeordnete noch eine bemerkenswerte Wertschätzung. 1972 äußerten 63 Prozent der Befragten, man brauche „große Fähigkeiten, um Bundestagsabgeordneter zu werden." Heute sind nur noch 25 Prozent dieser Meinung. Auch bei der zugeschriebenen Fachkompetenz schneiden Politiker im Jahre 2012 schlecht ab. 51 Prozent der Befragten schreiben zwar Regierungsberatern eine hohe Kompetenz zu, 47 Prozent den Richtern und 35 Prozent den Vertretern von Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International. Von solch einem Ansehen können Parlamentarier nur träumen: Gerade einmal 21 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Bundestagsabgeordnete eine hohe Fachkompetenz haben. Und die können sich nicht wirklich damit trösten, dass noch weniger, nämlich nur 8 Prozent der Bürger, Fachkompetenz bei Parteivorständen vermuten. Auch wenn diese Zahlen neu sind, sind sie nicht wirklich überraschend. Sie bestätigen lediglich andere, ähnliche Umfragen, die das Bild von einem massiven Vertrauensverlust illustrieren, der Parteien, Parlamente, Regierung und Opposition ergriffen hat. Und tatsächlich reicht er noch viel weiter – das Misstrauen umfasst längst auch andere gesellschaftliche Bereiche – Kirchen, Gewerkschaften, Medien und Wirtschaft. Ja, man möchte fast sagen, dass das durchgängige Kennzeichen im Selbstverständnis dieser Gesellschaft ein massiver wechselseitiger Vertrauensverlust ist.

    Sicherlich ist ein Teil der Politik- und Parteienkritik, die sich in schlechten Ansehenswerten manifestiert, nicht von der Hand zu weisen. Allerdings gibt es auch viel überzogene und unzutreffende Kritik, die zum einen mit einem höchst widersprüchlichen Bild von der Politik und von Politikern zu tun hat und zum anderen mit unrealistischen Erwartungen an die Demokratie. Vermutlich drückt sich im Vertrauensentzug auch die Enttäuschung darüber aus, dass eine immer komplizierter werdende Welt keine einfachen Lösungen bereithält. Aber – und hier zitiere ich nochmals Bernhard Vogel – „Probleme sind lösbar, und da empfehle ich der jungen Generation ein wenig mehr Selbstbewusstsein. Ich ergänze: Und Zutrauen in die Lösungskompetenz unserer Demokratie, die in den vergangenen gut 60 Jahren immer wieder bewiesen hat, dass sie sehr wohl in der Lage ist, die anstehenden Aufgaben zu lösen, auch wenn sie nicht die tiefe Sehnsucht nach einer schnellen „Hauruck-Lösung befriedigt. Demokratie ist eben ein zäher und mühsamer Prozess. Max Weber und seine dicken Politikbretter sind in diesem Zusammenhang schon so oft zitiert worden, dass ich mir hier nur den Hinweis erlaube, dass Politik aus viel Handwerk und wenig Glamour besteht.

    Auch wenn sich im Politikbetrieb manches verändert hat, eines scheint über die Jahre konstant zu sein: Die Menschen erwarten von Politikern Zuverlässigkeit. Die Aussage: „Die Bürger wollen nicht jemand, der ihnen nach dem Mund redet, sondern jemand, der ihnen Orientierung gibt" wird von 87 Prozent der

    [<<30]

    befragten Bürger bestätigt, außerdem wünschen sich die Bürger von Politikern Verlässlichkeit (87 Prozent) und Aufrichtigkeit (83 Prozent). Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Verlässlichkeit: Das ist genau der Dreiklang von Attributen, der mir zu Bernhard Vogel einfällt, und der das hohe Ansehen begründet, das er heute genießt – bei Bürgern genauso wie bei politischen Weggefährten, und zwar nicht nur bei denen aus den eigenen Reihen.

    [<<31]

    WORTE VON DICHTERN

    landstieg

    Wulf Kirsten

    Verehrter, lieber Bernhard Vogel,

    auch wenn für unsere Jahrgänge die Zeit der großen Fußwanderungen zu Ende geht oder schon zu Ende gegangen ist (von wegen Rudolstadt – Weimar in zehn Stunden mit nur zwei kurzen Pausen), grüße ich Sie aus gegebenem Anlass mit einer Einladung nach Thüringen. Dorthin, wo es für mich am schönsten ist, ins Vorland des Thüringer Waldes, zwischen Ilm und Saale zu ergründen. Inmitten der toskanisch anmutende Reinstädter Grund bei Kahla. Angesichts schroffer Felswände bis hinauf zu dem Weiler Beckers Kirchhof (nach dem Dreißigjährigen Krieg blieb da nur das eine Gehöft) und imposanter Bergzacken „abendlich wohlgeschmiedet" (Hölderlin).

    Herzlich

    Ihr Wulf Kirsten

    [<<35] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe

    landstieg

    auf baumpfaden im nirgendwohin,

    graslilien flächendeckend

    hangunter in voller blüte,

    wie zart, wie filigran

    dieser grundton der erde

    und woher nur genommen?

    grasspringer inmitten,

    augenscheinlich nachgerade,

    was weiß ich, unterwegs

    auf ausgedientem landstieg,

    der sich verirrt hat

    und nicht mehr weiß, wohin

    sich winden und wenden,

    weithin beiläufig tagesglanz

    uns freimütig überlassen,

    allgegenwärtig ausgewitterte

    felsbrocken, ausgewürfelt

    von abschüssigem felsengurtband,

    augenfällig laubflecken im schattenwurf,

    und du fragst mich entgeistert,

    efeugewandet, in welcher welt

    leben wir hier unter soviel

    ungebändigter krächzender einsamkeit?

    was da so flimmrig schwirrt,

    sei das licht der natur, nicht

    zu ergründen, nimm diesen landstieg an,

    so wie er uns trägt, als sei er

    schlichtweg das mundum seiner selbst.

    [<<36]

    Was ist der Mensch, dass Du an ihn gedacht hast Für Bernhard Vogel zum Geburtstag Ad multos Annos feliciter

    Arnold Stadler

    Ich schaue hinauf zu den Bergen:

    Aus welcher Richtung wird die Hilfe kommen?

    Meine Hilfe kommt von Ihm her,

    der Himmel und Erde gemacht hat.

    Er wird dich nicht stolpern lassen.

    Jener, der über dir wacht, schläft nicht.

    Der Wächter Israels schläft und schlummert nicht.

    Auch dein Wächter ist er.

    Er gibt dir Schatten.

    Er ist dein Geleitschutz.

    Am Tag wird dir die Sonne nichts antun

    und nicht der Mond in der Nacht.

    Vor dem Bösen schützt er dich.

    Er hüte dein Leben.

    Er

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