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INSEL DER DRACHEN: Ein Abenteuer-Roman
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INSEL DER DRACHEN: Ein Abenteuer-Roman
eBook246 Seiten3 Stunden

INSEL DER DRACHEN: Ein Abenteuer-Roman

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Über dieses E-Book

Magische, rituelle Tänze bei einem Eingeborenenfest geben den Anstoß zu Rebellion und Aufstand auf Borneo.

Talos Cord jagt im Auftrag der UNO nach den Drahtziehern, welche dieses Unheil für die Eingeborenen heraufbeschworenen haben...

Insel der Drachen von Robert MacLeod - ein Pseudonym des schottischen Kriminal-Schriftstellers Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999 ebenda) - erschien erstmals im Jahr 1967; eine deutsche Erstausgabe folgte 1969.

Insel der Drachen erscheint in der Reihe APEX ADVENTURE, in welcher Klassiker der Abenteuer-Literatur als durchgesehene Neuausgaben neu aufgelegt werden.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum23. Sept. 2020
ISBN9783748758488
INSEL DER DRACHEN: Ein Abenteuer-Roman

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    Buchvorschau

    INSEL DER DRACHEN - Robert MacLeod

    Das Buch

    Magische, rituelle Tänze bei einem Eingeborenenfest geben den Anstoß zu Rebellion und Aufstand auf Borneo.

    Talos Cord jagt im Auftrag der UNO nach den Drahtziehern, welche dieses Unheil für die Eingeborenen heraufbeschworenen haben...

    Insel der Drachen von Robert MacLeod - ein Pseudonym des schottischen Kriminal-Schriftstellers Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999 ebenda) - erschien erstmals im Jahr 1967; eine deutsche Erstausgabe folgte 1969.

    Insel der Drachen erscheint in der Reihe APEX ADVENTURE, in welcher Klassiker der Abenteuer-Literatur als durchgesehene Neuausgaben neu aufgelegt werden.

    INSEL DER DRACHEN

    Erstes Kapitel

    In den Buchten von Borneo gibt es noch viele altersschwache, überforderte kleine Küstendampfer wie die Tari, in deren klappernden Kolben gerade noch genug Leben steckt, dass sie ein bisschen Gewinn abwerfen. Der Rost hatte den größten Teil der Farbe vom eisernen Rumpf gefressen, und der einzige Schornstein über dem Achterschiff war mehrfach in auffälliger Weise geflickt. Die Tari hatte im Hafen von Tawau festgemacht; sie wurde beladen, und auf ihrem sonnenverbrannten Deck wimmelten zwischen halb verstauten Kisten geduldig wartende Passagiere durcheinander.

    Talos Cord stand im Obergeschoss des Bürogebäudes der Rajah-Laut-Agencies am Fenster und betrachtete interessiert die Szene. Tawau ist einer der wenigen nennenswerten Häfen an der ganzen Ostküste von Nordborneo. Es herrschte hier emsiges Treiben. Tränenförmige einheimische Kumpits, Schoner und andere Wasserfahrzeuge drängten sich neben riesigen Flößen mit Baumstämmen aus dem Inneren des Landes. Vor der Küste lagen zwei schlanke australische Frachter vor Anker und warteten auf ihre Kopra-Ladung.

    Noch weiter draußen, jenseits der weiten Sibuko-Bucht, konnte er im Dunst den Strich dunkelgrünen Dschungels ausmachen, der den Beginn des Territoriums von Indonesien anzeigte: sein Ziel, das hier irgendwie drohend am Horizont erschien.

    »Nun, was halten Sie von dem Kahn?« Die mürrische, ein wenig ironisch klingende Stimme ließ Cord aufhorchen. Er drehte sich um.

    An dem großen Schreibtisch aus Stahl und Chrom saß ein gedrungener, kahler Mann von Mitte Fünfzig. Sein Hemd strahlte in makellosem Weiß, der nüchterne graue Schlips war vorschriftsmäßig geknotet – der Bezirkschef der Handelsagentur Rajah-Laut verstand es immer, Tüchtigkeit mit Komfort zu verbinden. Die Einrichtung von Jameson Taggards Büro wirkte modern und funktionell, eine Klimaanlage summte in der Ecke und kämpfte gegen die Außentemperatur an.

    »Die Tari?« Die Andeutung eines Lächelns huschte über Cords junges bronzefarbenes Gesicht und machte an einer haarfeinen Narbe halt, die sich über seine linke Gesichtshälfte zog. Vor knapp einer Stunde war er aus Jesselton im Westen des Landes mit einem hastig gecharterten Fokker-Doppeldecker von zweifelhaftem Jahrgang nach Tawau herübergeflogen. Nach diesem Flug schien ihm sogar ein Küstendampfer einen gewissen sicheren Reiz auszuüben. »Sie ist nicht gerade ein Delphin, aber sie wird’s schon schaffen. Wann legt sie ab?«

    »Erst wenn sie bis an den Rand vollgepackt ist. Sie haben noch genug Zeit.«

    Cord blieb am Fenster stehen. Unten schob sich auf der staubigen Uferstraße ein schwerer Lastwagen langsam durch die achtlosen Menschenhaufen. Malaien und Chinesen, schwarzgekleidete Dusuns, kleine, schmächtige Muruts aus dem Landesinneren, turbangekrönte Sikhs und auch die übrigen schienen ihre Ehre dareinzusetzen, das Fluchen und Hupen des Lastwagenfahrers bis zum letzten möglichen Augenblick zu ignorieren.

    »Kommen Sie, Mann, trinken Sie aus«, rief Taggard. »Da, wo Sie hinfahren, ist guter Schnaps rar.«

    Das Whiskeyglas, in dem langsam die Eiswürfel schmolzen, blitzte kühl und einladend auf einem kleinen Tischchen. Talos Cord ließ sich bereitwillig in den geflochtenen Sessel daneben nieder und entspannte sich. Noch vor drei Tagen war er in West-Berlin. Berlin ist Anfang Juli warm und angenehm. Was er bis jetzt von Borneo zu sehen bekommen hatte, schien sich zu gleichen Teilen aus Hitze, Feuchtigkeit und dem ranzigen, öligen Geruch trocknender Kopra zusammenzusetzen.

    Und doch hatte die ganze Geschichte eigentlich in Berlin begonnen. Ganz gezielt war ihm ein Tipp zugesteckt worden, dass in einer abgelegenen Ecke von Indonesisch–Borneo sehr sorgfältig eine größere Rebellion vorbereitet würde, die unter Umständen den ohnehin fragwürdigen Frieden der ganzen Insel stören und wahrscheinlich sogar die Nachbarinseln anstecken könnte.

    Warum der sowjetische Geheimdienst dieses Gerücht ausgerechnet in Berlin durchsickern ließ und ob es sich um ein ideologisches Motiv oder um Rachsucht handelte, waren nebensächliche Fragen. Wichtig war nur, dass die chinesischen Kommunisten schon einmal eine blutige Niederlage hatten einstecken müssen, als sie einen Handstreich in Indonesien versuchten. Falls sie dasselbe noch einmal vorhatten, würde es Moskau wohl nicht ungern sehen, wenn gerade dieser Expansionsversuch Pekings danebenginge – solange man die Schuld nicht Moskau in die Schuhe schieben konnte.

    »Na ja...« Ein wenig verärgert über die Schweigsamkeit seines Gastes räusperte sich Taggard geräuschvoll. »Mit zugeschraubtem Sicherheitsventil schafft die Tari sieben Knoten und dürfte morgen früh Barumma erreichen.« Man merkte ihm eine Spur von Verlegenheit an, als er sich gezwungen sah, seine Position zu erklären. »Ich habe alles nach Möglichkeit vorbereitet, aber mir sind gewisse Grenzen gesetzt. Die Firma Rajah-Laut ist eben ein reines Handelsunternehmen. Mein Direktorium sieht es nicht gern, wenn wir uns in irgendeiner Weise auf etwas einlassen, was mit Politik zu tun hat, gleichgültig welcher Schattierung. Das ist schlecht fürs Geschäft, ganz besonders für unsere Art von Geschäften.«

    Cord trank einen Schluck und nickte. »Aber Sie sind manchmal anderer Ansicht?«

    »Manchmal.« Taggard betrachtete seinen Besucher sehr nachdenklich.

    Talos Cord war glattrasiert, trug sein schwarzes Haar kurzgeschnitten, war etwas über mittelgroß und kräftig gebaut. Unter der rehfarbenen, von der Reise zerknitterten Jacke, die er offen über einem blassblauen Hemd trug, wirkte er schlank und muskulös. Dazu trug er eine Köperhose und weiche Ledermokassins. Scheinbar sorglos lehnte er in dem Sessel. In dem Gesicht fielen die dunklen Augen und die kräftige Nase auf – und natürlich die Narbe. Bei manchen Leuten hätte sie hässlich gewirkt, dachte Taggard, aber zu Cord passte sie – die Wirkung wurde gemildert durch den breiten Mund, der Humor ausdrückte und darauf hindeutete, dass dieser Mann jetzt schon mehr erfahren hatte, als andere Leute in ihrem ganzen Leben.

    Taggard beruhigte sich ein wenig und taute wieder auf.

    »Wie geht’s eigentlich Andy Beck?«

    »Sie kennen ihn?« Cord spielte mit seinem Glas und bemühte sich, seine Überraschung zu verbergen.

    »Ich kannte ihn vor vielen Jahren. Wir haben eine Zeitlang zusammen im Pazifik gekämpft, dann riss die Verbindung ab – bis jetzt.«

    »Er ist jedenfalls gesund«, sagte Cord und fügte in Gedanken hinzu: Und ein gutes Gedächtnis hat er auch. Mit einem bitteren Geschmack auf der Zunge dachte er: Wieder einmal typisch für den dicken, unordentlichen Andrew Bede, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort jemanden zu kennen. »Unter anderem ist er auch mein Chef.«

    Chef der UN-Ermittlungsabteilung mit einem Büro hoch oben in der Streichholzschachtel des Gebäudes der Vereinten Nationen in New York; von dort aus regierte Andrew Beck mit drei Telefonen und einer Weltkarte. Er sammelte geflüsterte Gerüchte, Andeutungen und missgünstige Bemerkungen und verflocht sie zu einer Voraussage. Deshalb hatte er auch Cord zuerst nach Berlin und nun nach Borneo geschickt.

    Leute, die über die Ermittlungsabteilung Bescheid wussten, gebrauchten manchmal den Ausdruck Peacemakers; das Wort hat einen Doppelsinn und heißt nicht nur Friedensbringer, sondern es ist auch der Name einer berühmt gewordenen Handfeuerwaffe. Wenn Beck etwas unternahm und einen seiner Leute wie eine Karte im internationalen Pokerspiel in einer bestimmten Situation einsetzte, dann verlangte er auch Resultate. Die Ermittlungsabteilung hatte die Wahrheit herauszufinden und an Ort und Stelle etwas zu unternehmen – manchmal drastisch, manchmal behutsam, um die erhitzten Gemüter in dem drohenden Konflikt abzukühlen.

    Schon eine einzige Karte mehr in einer bestimmten Hand kann das ganze Spiel verändern, das war jedenfalls Becks Grundregel, die er überlegen befolgte, wobei er sich über die beteiligten Nationen und die anfallenden Probleme einfach hinwegsetzte. Das Überraschungsmoment war die einzige Trumpfkarte, die er in diesem gefährlichen Spiel im Ärmel hatte.

    »Waren Sie schon einmal auf Borneo?«

    Taggards Frage brachte Cord mit einem Ruck in die Gegenwart zurück. Er schüttelte den Kopf. »Auf ein paar anderen Inseln ringsherum, aber hier noch nicht. Meine Sprachkenntnisse reichen aber aus, um nicht verlorenzugehen.«

    Trotz der Klimaanlage schimmerten ein paar Schweißperlen auf Taggards kahlem Schädel. Der Geschäftsführer der Rajah-Laut-Agentur wischte sich mit einem großen Taschentuch darüber.

    »Nun, ich nehme an, dass Sie die Lage in großen Zügen kennen. Nordborneo gehört zur Föderation Malaysia. Indonesien besitzt den Süden und möchte gern die ganze Insel haben. Sukarno hat es mit seinem sogenannten Konfrontationskrieg versucht, weil er damit unter anderem sein Volk vom Chaos im eigenen Land ablenken wollte. Dann wollten die Kommunisten in Indonesien an die Macht kommen, zogen bei einem zweiseitigen Massaker den Kürzeren, und alles kühlte sich ein wenig ab. Die Konfrontation wurde unter den Teppich gekehrt. Das heißt aber nicht, dass man sie vergessen hat oder dass die örtlichen Militärbehörden geneigt sein könnten, einen UN-Beauftragten willkommen zu heißen.«

    Cord zwinkerte ihm zu – er hatte die milde Untertreibung verstanden. Indonesien war als die erste Nation, die freiwillig aus der UNO auszog, zu einigem historischen Ruhm gelangt. Die meisten anderen Mitgliedsländer hätten es lieber gesehen, wenn Indonesien geblieben wäre, und man war erleichtert, als schließlich die Rückkehr erfolgte. Zynische Gemüter meinten in Privatgesprächen, es sei immer besser, einen möglicherweise aufsässigen Nachbarn im Auge behalten zu können, als ihn irgendwo frei herumlaufen zu lassen.

    »Nach meinem Pass bin ich Fotograph«, erinnerte Cord. »Angeblich arbeite ich für einige europäische Zeitschriften und habe den Auftrag, einen Bildbericht über das Borneo des zwanzigsten Jahrhunderts zusammenzustellen.«

    »Das habe ich gehört«, sagte Taggard trocken. »Schön, wenn Sie drüben landen, vergessen Sie nicht, dass Borneo umgetauft wurde, es heißt jetzt Kalimantan.« Er zog eine Schreibtischschublade heraus, entnahm ihr einen Umschlag und schob ihn Cord zu. »Ich weiß nicht, welche Empfehlungen Sie mitbringen, aber das hier wird Ihnen vielleicht helfen. Es ist ein persönliches Schreiben von mir an Oberst Suramo, den Militärgouverneur des Bezirks Barumma. Wenn er Sie mag, ist alles in Ordnung. Wenn nicht – nun, das ist Ihre Sache.«

    »Danke.« Cord öffnete den Umschlag und warf einen Blick auf den kurzen, maschinegeschriebenen Text.

    »Ich habe nur geschrieben, dass Sie uns um Hilfe baten und dass ich Sie an ihn weiterreiche«, sagte Taggard unbeteiligt. »Es heißt hier nicht, dass ich Sie kenne oder dass die Firma Rajah-Laut Sie unterstützt. Aber Suramo hat – nun, sagen wir einmal – eine persönliche Vereinbarung mit uns, sodass dieser Einführung schon einiges Gewicht zukommen dürfte.«

    »Geschäft bleibt Geschäft, wie?« Cord ließ ein zufriedenes Lachen hören, schob den Brief wieder in den Umschlag und steckte ihn weg. »Ich hätte gern mehr über den Oberst gewusst.«

    »Das kann Ihnen jemand anderer viel besser erzählen.« Taggard drückte auf einen Knopf neben seinem Ellbogen. Gleich darauf klopfte es leise an die Tür, und ein schlankes, honigfarbenes Malaien-Mädchen in einem europäischen, sehr schicken Baumwollkleid trat ein. »Mora, ist Peter Dimo schon hier?«

    »Er wartet draußen, Tuan.« Sie streifte Cord mit einem raschen Blick. »Brauchen Sie ihn jetzt?«

    »Ja.«

    Das Mädchen ging, und Taggard wandte sich wieder seinem Gast zu.

    »Peter Dimo ist bei uns als Einkaufsagent beschäftigt«, sagte Taggard. »Was in seinem Fall bedeutet, dass er unser Kontaktmann für den größten Teil der Küste von Barumma ist. Er stammt von Malaien, Chinesen und wahrscheinlich noch ein paar anderen Völkerstämmen ab. Er kam aus Singapore zu uns, und fast jede zweite Woche wünsche ich mir, dass er schleunigst wieder dorthin zurückkehrt.«

    »Also ein recht selbständiger Typ?«

    »So kann man es auch nennen.« Taggard seufzte leise. »Aber er kennt die richtigen Leute, weiß, an welcher Stelle man wieviel Schmiergeld bezahlen muss und wann. Er fährt zusammen mit Ihnen auf der Tari hinüber, und ich habe ihn gebeten, Sie da drüben ein wenig einzuführen. Aber etwas möchte ich klarstellen.« Er beugte sich vor und legte beide Hände flach auf den Schreibtisch. »Ziehen Sie ihn nicht mit hinein. Wir haben es Dimo zu verdanken, dass ein so großer Teil des Kopra- und Gummihandels aus dem Süden über uns läuft. Er ist für uns so wertvoll, dass wir nicht riskieren wollen, ihn zu verlieren.«

    »Ich werde daran denken«, murmelte Cord beruhigend. »Wieviel weiß er überhaupt von der Sache?«

    »Ich habe ihm erklärt, dass Sie Fotograph sind. Falls er anderer Meinung ist, wird er es für sich behalten.« Taggard kaute unzufrieden auf der Unterlippe. »Cord, niemand hat sich die Mühe gegeben, mir auch nur andeutungsweise zu sagen, was hier vorgeht. Wenn ich Ihnen schon helfen soll...«

    »Tut mir leid.« Cord schüttelte langsam und mit besänftigendem Lächeln den Kopf. »Andrew Beck hat mich mit einem bestimmten Auftrag hierhergeschickt, und ich werde ihn erledigen. Halten Sie mich ruhig für widerlich, wenn Sie wollen, aber ich werde Ihnen nichts sagen.«

    Taggard brummte etwas vor sich hin und drehte sich dann mit seinem Sessel herum, als es laut und selbstbewusst an der Tür klopfte.

    »Masuk – kommen Sie herein, Peter.«

    Der große Mann, der eintrat, war dünn wie eine Bohnenstange und sah ganz anders aus, als Talos Cord ihn sich vorgestellt hatte. Peter Dimo mochte noch Anfang Zwanzig sein und hatte einen dichten Schopf schwarzes, ölig-glänzendes Haar. Er trug einen cremefarbenen Leinenanzug, dessen Jacke für seine schmächtige Gestalt um mindestens eine Nummer zu groß war, auf Hochglanz polierte beigefarbene Schuhe von fast derselben Tönung wie seine Haut, dazu eine mächtige Brille mit dicken Gläsern, die den Ausdruck vorsichtiger Neugier in seinem eigenartig jungenhaften Gesicht nicht zu verbergen vermochten.

    »Selamat siang – guten Tag, Jameson.« Der junge Mann sprach mit leichter, fast akzentfreier Tenorstimme. »Das ist Ihr Mr. Cord?«

    Taggard nickte. »Ich habe ihm schon von Ihnen erzählt.«

    »Und jetzt muss ich versuchen, meine Beschreibung zu rechtfertigen, wie?« Dimo schob mit dem Zeigefinger die schwere Brille ein Stückchen höher und grinste. »Ich verstehe nicht viel von Fotographie, Mr. Cord, wenn man von den unanständigen Bildern absieht, die manchmal aus Hongkong hereingeschmuggelt werden. Die Polizei besitzt davon eine phantastische Sammlung.« Er zog eine kleine, reichverzierte silberne Zigarettendose aus einer Tasche und öffnete sie. »Amerikanische.«

    »Nein, danke.« Cord erhob sich, aber er schüttelte den Kopf und zog eine seiner dicken, braunschwarzen Zigarren aus der Brusttasche seiner Jacke. »Ich rauche nur diese hier.« Er sah Taggard fragend an.

    »Jameson hat nur wenige Untugenden«, antwortete Dimo. Er riss ein Streichholz an, wartete, bis Cords Zigarre richtig zog, zündete dann seine Zigarette an und stieß eine elegante Rauchwolke aus. »Ich habe mich auf der Tari erkundigt. Sie ist fast fertig zum Auslaufen.«

    »Gut«. Fast schien Taggard erleichtert. »Peter, wenn Sie Oberst Suramo sehen...«

    »Werde ich zu ihm wie ein Bruder sein«, sagte Dimo. Zu Cord gewandt erklärte er: »Der Oberst hat die Ausfuhrgenehmigungen aus Barumma in der Hand. Jedes Boot von dort braucht eine Genehmigung, bevor es mit einer Ladung hierher dampfen darf, und in den letzten zwei Wochen waren diese Genehmigungen ziemlich schwer zu bekommen.«

    »Also muss man den Oberst wieder irgendwie freundlicher stimmen?«, fragte Cord.

    »Vielleicht.« Dimo verzog das Gesicht, dadurch wirkte er noch jünger. »Wenn Sie ihn mit Ihren Kameras besuchen, so könnte es zum Beispiel recht günstig sein, wenn Sie ihm ein paar spezielle Porträtstudien empfehlen.«

    »Günstig für wen? Für mich oder für Rajah-Laut?«

    »Sagen wir einmal, es könnte allen helfen«, knurrte Taggard und stand auf. »Zum Schluss noch etwas, Cord: Sollte es auf der Tari irgendwie Ärger geben, so überlassen Sie das Peter. Er kennt die Tricks, Sie nicht.«

    »Das kann er gern machen.« Cord streckte ihm die Hand hin. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Taggard.«

    »Sparen Sie sich das bis zu Ihrer Rückkehr«, sagte Taggard nüchtern. Nach einem kurzen, festen Händedruck fügte er hinzu: »Glückliche Reise.«

    »Dann können wir ja gehen«, sagte Dimo gut gelaunt.

    Taggard hob die Hand zu einem zerstreuten Abschiedsgruß, dann gingen sie. Als die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, lehnte er sich in seinem Sessel zurück und legte die Stirn in nachdenkliche Falten. Sollte es im Süden zu irgendwelchen Unruhen kommen, so konnte leicht der gesamte Kopra-Nachschub aus Indonesien ausbleiben, und das vielgefragte, getrocknete weiße Fleisch der Kokosnuss mit seinem hohen Ölgehalt musste auf dem Weltmarkt unmittelbar im Preis anziehen. Wenn nun das Hauptbüro sich einige Optionen für nicht aus Indonesien stammende Ladungen beschaffte und die bereits eingelagerten Lieferungen festhielt, bis der Markt auf das unabänderliche Gesetz von Angebot und Nachfrage reagierte, dann...

    Rasch entschlossen griff er zum Telefon.

    Talos Cords grüne Reisetasche aus Segeltuch lag unten im Hauptbüro, wo ungefähr ein Dutzend Angestellter und Stenotypistinnen, meist Chinesen, fleißig bei der Arbeit waren.

    Peter Dimo entschuldigte sich für einen Augenblick und kam mit einem Koffer zurück, den er kaum schleppen konnte.

    »Fertig«, verkündete er. »Allzu schlimm wird die Reise schon nicht werden. Ich habe uns eine Kabine besorgt. Noch eine Bitte: Nennen Sie mich Peter, ja?«

    Als sie durch den Haupteingang hinaustraten, prallte ihnen die Nachmittagshitze wie eine solide Mauer entgegen. Dimo sah sich um und winkte. Ein kräftiger Dusun-Träger in schmutzigen Shorts und mit einem ausgebleichten Schweißband um die breite Stirn schlenderte von der Mauer, an der er gelegen hatte, herbei. Er bestätigte mit einem kurzen Nicken Dimos Anweisungen, hob den Koffer hoch, als enthalte er nichts als Federn, und griff nach Cords Tasche.

    »Nein.« Cord schüttelte den Kopf. »Tidak.«

    Achselzuckend schulterte der Mann Dimos Koffer und marschierte auf den

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