Systemische Beratung in der Extremismusprävention: Theorie, Praxis und Methoden
Von Vera Dittmar
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Buchvorschau
Systemische Beratung in der Extremismusprävention - Vera Dittmar
Inhalt
Cover
Titelei
Geleitwort
Danksagung
Willkommen am Buffet! – Handreichung zum Lesen des Handbuchs
1 Einleitung
Teil A: Theoretische Einblicke
2 Phänomenbereich ›Islamismus‹, Radikalisierung und Deradikalisierung sowie Distanzierung und Ausstieg
2.1 Einleitung
2.2 Der Phänomenbereich ›Islamismus‹
2.3 Radikalisierung und Radikalisierungsmodelle
2.3.1 Die Begriffe »Radikalisierung« und »Hinwendung«
2.3.2 Das Radikalisierungsmodell nach Moghaddam (2005) – mit Fallbeispiel
2.4 Deradikalisierung, Distanzierung und Präventionsansätze
2.4.1 Die Begriffe Deradikalisierung, Distanzierung, Ausstieg und Prävention
2.4.2 Push- und Pullfaktoren der Deradikalisierung und Distanzierung
2.4.3 Verschiedene Ansätze der Deradikalisierung
2.5 Zusammenfassung
3 Erklärungsmodelle für Radikalisierung, menschliche Grundbedürfnisse und systemische Überlegungen
3.1 Einleitung
3.2 Erklärungsmodelle für eine Radikalisierung
3.2.1 Die (geringe) Bedeutung der Religion
3.2.2 Die verschiedenen Erklärungsmodelle
3.2.3 Zwischenfazit: Übersicht über die Erklärungsmodelle
3.3 Menschliche Grundbedürfnisse
3.3.1 Einleitende Überlegungen
3.3.2 Theorien der Grundbedürfnisse
3.3.3 Die vier Grundbedürfnisse nach Grawe (2004) sowie Schär und Steinebach (2015)
3.3.4 Erklärungsmodelle und Grundbedürfnisse
3.4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die systemische Beratungspraxis
4 Systemische Beratung als ein zentraler Ansatz zur Deradikalisierung
4.1 Einleitung
4.2 Systemische Beratung – eine Annäherung
4.3 Prinzipien der systemischen Beratung
4.3.1 Prinzip 1: Die kontextualisierte Problembetrachtung als ganzheitliche Beratung
4.3.2 Prinzip 2: Das Problem als soziale Konstruktion der Wirklichkeit
4.3.3 Prinzip 3: Die Selbstorganisation von sozialen Systemen und deren unterschiedliche Dynamik und Komplexität
4.3.4 Prinzip 4: Die Orientierung an systemimmanenten Ressourcen
4.3.5 Prinzip 5: Die Kooperation von Systemangehörigen
4.3.6 Prinzip 6: Die Wertschätzung aller Systemangehörigen
4.3.7 Zusammenfassung: Prinzipien im Überblick
4.4 Systemische Beratung zur Deradikalisierung
4.4.1 Systemisches Denken im Kontext der Deradikalisierung: Das ökosystemische Modell von Bronfenbrenner
4.4.2 Die Anwendung des Modells
4.4.3 Systemische Deradikalisierungsberatung als relativ junges Anwendungsfeld
4.5 Zusammenfassung
Teil B: Ziele und Zielgruppen der systemischen Beratung
5 Klient*innengruppen im Phänomenbereich ›Islamismus‹: Bedarfe, Ressourcen und systemische Strategien
5.1 Einleitung
5.2 Zentrale Klient*innengruppen von zivilgesellschaftlichen Beratungsstellen
5.2.1 Primärbetroffene
5.2.2 Sekundärbetroffene und Akteure aus dem Sicherheitsbereich
5.3 Rückkehrerinnen als Fallbeispiel für systemisches Denken
5.3.1 Systemische Beratungsstrategien anhand des Systemmodells von Bronfenbrenner
5.3.2 Beschreibung der Klientinnengruppe der Rückkehrerinnen
5.3.3 Bedarfe, Ressourcen und Methoden bei Rückkehrerinnen
5.4 Primärbetroffene: Geflüchtete, Inhaftierte, Jugendliche/junge Erwachsene
5.4.1 Geflüchtete
5.4.2 Inhaftierte
5.4.3 Jugendliche und junge Erwachsene
5.5 Sekundärbetroffene des sozialen und professionellen Umfeldes: Kontext Familie und Kontext Schule
5.5.1 Kontext Familie – Eltern
5.5.2 Kontext Schule – Lehrer*innen
5.6 Zusammenfassung
6 Beratungsziele und -verantwortlichkeiten im Feld der Deradikalisierung
6.1 Einleitung
6.2 Deradikalisierung und systemische Beratung
6.3 Ziele und Verantwortlichkeiten im Beratungsprozess
6.3.1 Deradikalisierung als Ziel mit verschiedenen Unterstufen
6.3.2 Zielfindung und -formulierung
6.4 Zusammenfassung
Teil C: Werkzeuge für die Praxis
7 Die Beratungsbeziehung, die systemische Haltung und der Beratungsprozess
7.1 Einleitung
7.2 Die Beratungsbeziehung
7.2.1 Bedingungen für den Aufbau einer förderlichen Beratungsbeziehung
7.2.2 Dimensionen der Beratungsbeziehung
7.2.3 Vorteile der Einzel- und Teamberatung
7.2.4 Orientierung an Forschungsbefunden als Basis einer funktionalen Beratungsbeziehung
7.3 Die (systemische) Haltung als Grundlage der Beratungsbeziehung im Anwendungsfeld der Extremismusprävention
7.3.1 Haltung – eine Annäherung an den Begriff
7.3.2 Haltung im Feld der Extremismusprävention
7.3.3 Haltungen in der Praxis: Erfahrungen aus der Praxis der Extremismusprävention
7.3.4 Quellen einer systemischen Grundhaltung
7.3.5 Die systemische Grundhaltung
7.4 Der Beratungsprozess
7.4.1 Der Weg als Metapher für den Beratungsprozess
7.4.2 Die Förderung der Eigenverantwortung als Beratungsziel
7.4.3 Prozess-mit-Steuerung als Beratungsmethode
7.4.4 Beratung als Einladung zur Veränderung
7.5 Zusammenfassung
8 Beratungsmethoden: Grenzen und Potenziale
8.1 Einleitung
8.2 Der Stellenwert von Methoden im Beratungsverlauf
8.3 Grundlegendes zur Anwendung von Methoden
8.4 Zusammenfassung und Auswahl von Methoden für das Feld der Extremismusprävention
9 Methoden zum Explorieren und zur Prozessgestaltung
9.1 Einleitung
9.2 Joining, Auftragsklärung plus Kontrakt für weitere Zusammenarbeit
9.2.1 Einleitung
9.2.2 Joining und Kennenlernen
9.2.3 Anliegen- und Auftragsklärung sowie Kontrakte
9.2.4 Zusammenfassung
9.3 Aufträge erkennen und die Methode des Auftragskarussells
9.3.1 Einleitung
9.3.2 Formen von Aufträgen
9.3.3 Das Auftragskarussell
9.3.4 Zusammenfassung
9.4 Problem-, Ressourcen- und Lösungsexploration im systemischen Kontext
9.4.1 Einleitung
9.4.2 Beschreibung des Problems und der Beteiligten
9.4.3 Ressourcen- und Lösungsexploration
9.4.4 Fort- und Rückschritte
9.4.5 Zusammenfassung
9.5 Arbeitshypothesen entwickeln
9.5.1 Einleitung
9.5.2 Zur Verwendung von Arbeitshypothesen in der Beratung
9.5.3 Themen von Arbeitshypothesen
9.5.4 Zusammenfassung
9.6 Den Abschied gestalten und Beratungsabbrüche
9.6.1 Einleitung
9.6.2 Ein gelungener Abschied
9.6.3 Beratungsabbrüche und atypische Beendigungen
9.6.4 Zusammenfassung
9.7 Zusammenfassung
10 Methoden zum Analysieren und Visualisieren von Informationen
10.1 Einleitung
10.2 Das Mikrosystem: Visualisierung der Familie durch das Genogramm und die Familienlandkarte
10.2.1 Genogramm
10.2.2 Familienlandkarte/Family Map
10.3 Das Meso-, Exo- und Makrosystem: Visualisierung der Kontexte durch die Familien-Helfer*innen-Map, die VIP-Karte und die Acht-Felder-Netzwerkkarte
10.3.1 Familien-Helfer*innen-Map
10.3.2 VIP-Karte und Acht-Felder-Netzwerkkarte
10.4 Das Chronosystem: Visualisierung von (Lebens-)Zeit durch das Lebensrad, den Zeitstrahl und die Zeitreise
10.4.1 Lebensrad
10.4.2 Zeitstrahl
10.4.3 Zeitreise
10.5 Zusammenfassung
11 Methoden zum Intervenieren
11.1 Einleitung – Wirkung und Auswahl von Interventionen
11.2 Systemisches Fragen – Zirkuläre Fragen – Fragetechniken
11.2.1 Zur Einführung – Das Spektrum systemischer Fragen
11.2.2 Wichtige Frageinhalte: Beziehungen stärken und extremistische Positionen aufweichen
11.2.3 Zirkuläre Fragen, Frageformen und Sprachgefühl
11.3 Kommentare zur Ressourcenaktivierung und zum Reframing
11.4 Skulpturen – PLAYMOBIL-Figuren, Systembrett und »leerer Stuhl«
11.4.1 Einleitung
11.4.2 Familienskulptur mit PLAYMOBIL-Figuren
11.4.3 Ein Ressourcenteam auf dem Systembrett
11.4.4 Das Bewältigen von Entscheidungsprozessen mit der »Leerer-Stuhl-Methode«
11.4.5 Zusammenfassung
11.5 Interventionen zwischen Sitzungen – Hausaufgaben und Briefe
11.6 Veränderungen unterstützen und Lösungen sichern
11.7 Zusammenfassung
Teil D: Herausforderungen, Gastbeiträge und Zusammenfassung
12 Herausforderungen des Arbeitsfeldes mit Lösungsansätzen, Grenzen von Beratung und Sicherung der Beratungsqualität
12.1 Einleitung
12.2 Herausforderungen mit Lösungsansätzen
12.2.1 Schwierige Beratungssituationen mit Lösungsansätzen
12.2.2 Arbeitsfeldspezifische Herausforderungen mit Lösungsansätzen
12.3 Grenzen der (systemischen) Beratung
12.4 Sicherung der Beratungsqualität
12.5 Zusammenfassung
13 Gastbeiträge zu systemischen Praxisideen, weiteren Präventionsansätzen und (extremistischen) Phänomenbereichen
13.1 Einleitung
13.2 Facetten des systemischen Ansatzes
13.2.1 Systemische Diagnostik in der Beratungspraxis
13.2.2 Systemisch konzipierte Präventionsarbeit im Strafvollzug durch re:vision
13.2.3 Religiöse Deradikalisierungsberatung – systemisch umgesetzt
13.2.4 Therapeutische Ansätze – systemisch gedacht
13.2.5 Systemische Traumatherapie
13.2.6 Systemische Supervision. Ein Praxisbeispiel im Kontext Schule
13.2.7 Systemische Selbstsupervision
13.3 Ansätze der Deradikalisierung und Prävention
13.3.1 Die ganzheitliche Fallbearbeitung von Rückkehrerfamilien in Hessen
13.3.2 Fallverstehen, Hilfeplanung und Evaluation mittels des diagnostischen Kreislaufs
13.3.3 Psychotherapie als Beitrag zur Deradikalisierung
13.3.4 Onlineberatung in der Präventions- und Ausstiegsarbeit im Phänomenbereich ›religiös begründeter Extremismus‹
13.3.5 Der Mehrwert der Erlebnispädagogik in der Deradikalisierungsarbeit
13.3.6 Extremismus Pr@vention Online: ein Praxisbericht
13.3.7 Kommunikation in den Medien als Strategie zur Terrorismusbekämpfung – Die »epistemische Autorität« am Fallbeispiel »Begum« in Großbritannien
13.4 Weitere Phänomenbereiche der systemischen Extremismusprävention
13.4.1 Praxis und System: Verschwörungserzählungen in der Beratungssituation
13.4.2 Systemische Beratung in der Ausstiegs- und Präventionsarbeit im Phänomenbereich ›Rechtsextremismus‹
13.4.3 Systemische Beratung im Phänomenbereich ›christlicher Fundamentalismus und (Semi-)Extremismus‹
14 Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis der Gastbeiträge (Kap. 13)
Abbildungs- und Tabellenverzeichnisverzeichnis
Autor*innenverzeichnis
Arbeitsblätter
emptyDie Autorin
emptyDr. Vera Dittmar ist promovierte Sozialwissenschaftlerin und hat aktuell die wissenschaftliche Leitung der Forschungsstelle Deradikalisierung (FORA). Die Forschungsstelle begleitet die auf Deradikalisierung spezialisierte Beratungsorganisation Grenzgänger (IFAK e.V.) in Kooperation mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Vera Dittmar lehrt in den Bereichen Grundlagen der Soziologie, Forschungsmethoden und Extremismusprävention. Sie hat als systemische Berater*in im Feld der Distanzierungs- und Ausstiegsbegleitung (Deradikalisierung) im Phänomenbereich ›Islamismus‹ fünf Jahre gearbeitet.
Ausgewählte Veröffentlichungen
Arbeitsmarkintegration für Migranten fördern. Potenziale der Jobcenter. W. Bertelsmann Verlag 2016.
Rückkehrerinnen und ihre Kinder: Herausforderungen, Ressourcen und systemische Beratungsstrategien. In: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hg.): Schnittstellen: Erkenntnisse aus Forschung und Beratungspraxis im Phänomenbereich islmistischer Extremismus. Nürnberg 2021, S. 70 – 84.
Arm und radikal? Auswirkungen von sozialer Ungleichheit auf Hinwendungsprozesse zum religiös begründeten Extremismus (zusammen mit Alexander Gesing). In: Ligante-3/2020. Online verfügbar unter: https://www.bag-relex.de/angebot/publikationen/.
Vera Dittmar
Systemische Beratung in der Extremismusprävention
Theorie, Praxis und Methoden
Verlag W. Kohlhammer
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
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Die Publikation wurde ermöglicht durch eine Förderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus Mitteln des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus (NPP) der Bundesregierung. Die Veröffentlichung stellen keine Meinungsäußerung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat (BMI) dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autor*innen die Verantwortung.
Grafiken und Illustrationen:
Can Atabas Design | Düsseldorf | www.canatabas.com
1. Auflage 2023
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-041368-9
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-041369-6
epub: ISBN 978-3-17-041370-2
Geleitwort
Aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen. (Art. 1)
Jeder hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. (Art. 2)
Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten. (Art 19)
Wir alle halten die Menschenrechte für eine zentrale Leitlinie für uns und unsere Gesellschaft. An ihr wollen und sollen wir uns orientieren, an ihr wollen wir unser Handeln ausrichten und messen lassen. Wir haben uns bewusst für sie entschieden bzw. sind in diese Ansicht hinein geboren und sozialisiert worden. Selbstverständlich sind wir der festen und unumstößlichen Überzeugung, dass sie die richtigen Leitlinie sind.
Diese Würde und die damit verbundenen Rechte gelten für alle Menschen, auch und besonders für diejenigen, die ›anders‹ sind und von der ›Norm‹ abweichen. Das leuchtet uns unmittelbar ein, wenn wir diejenigen in Gefahr sehen, die wir für schützenswert halten und die aus unserer Sicht besonders bedroht sind. Die eigentliche Herausforderung für uns sehe ich allerdings darin, dass diese Erklärung der allgemeinen Menschenrechte für alle Menschen gilt, auch für diejenigen, von denen wir selbst manchmal denken, dass sie eigentlich nicht schützenswert sind, weil sie Ansichten vertreten, die wir für vollkommen falsch und gefährlich für unsere Gesellschaft halten. Zum Beispiel, wenn sie die Menschenrechte und andere Werte infrage stellen und wir dies als Bedrohung für unsere Demokratie erleben. Zum Beispiel, wenn es sich um Rechtsradikale, Islamist*innen oder auch Coronaverweigernde handelt. Da können wir schon mal in Zweifel kommen und überlegen, ob diese Personen nicht ihren Anspruch auf die Menschenrechte zumindest teilweise verwirkt haben (und manchmal wird das ja auch ganz unverblümt – und von niemandem widersprochen – so formuliert).
Allerdings sind die Menschenrechte unteilbar – sie gelten für alle, und es ist nicht vorgesehen, dass irgendjemand, auch wir selbst nicht, sie relativieren und selbstständig entscheiden, in welchen Fällen es erlaubt ist, sie auszusetzen. Je größer unsere Zweifel sind, je eher wir bereit sind, sie infrage zu stellen – desto wichtiger werden sie: Genau für eben solche Situationen sind sie gemacht. Sie erinnern uns daran, dass wir allen Menschen, unabhängig auch von ihrer politischen Anschauung und ihren seltsamen Überzeugungen, mit Respekt begegnen – und dass sie das Recht haben, diese Überzeugungen und Anschauungen zu haben. Und genau hier liegt die Herausforderung für uns.
Vera Dittmar zeigt in ihrem Buch, wie der systemische Ansatz, der für die Beratung und Sozialarbeit entwickelt worden ist, sich auch für die Begegnung mit Menschen eignet, die radikal andere Ansichten vertreten als wir. Denn wenn Menschen in unserer Gesellschaft Ansichten vertreten, die wir für schädlich und gefährlich, für bedrohlich oder auch menschenverachtend halten, dann genügt es nicht, dass wir »Nazis raus!« rufen (die Frage wäre dann ja auch: wohin denn?!), sie als »Covidioten« beschimpfen und uns von ihnen abwenden, sie ausgrenzen und ihnen möglichst vollständig aus dem Weg gehen. Natürlich sind auch sie Teil unserer Gesellschaft – und so wie bei allen anderen können und sollen wir uns auch bei ihnen die Frage stellen, wie wir die Würde dieser Menschen achten können – und wie wir sie einladen können, ihre Ansichten zumindest ein wenig zu ändern und ihre Überzeugungen vielleicht ein bisschen zu wandeln. Dass dies nicht einfach sein wird, ist zu erwarten. Wie uns das evtl. aber doch gelingen könnte, zeigt Dittmar mit den Prinzipien des systemischen Ansatzes. Diese Prinzipien können uns dabei helfen, eine Haltung einzunehmen, die uns dann wiederum auch ein anderes, nützlicheres Verhalten ermöglicht als das der Ausgrenzung, Ablehnung und Abwertung, das alles eher noch verfestigt und verschlimmert. Sie können uns helfen, auf diese Menschen mit Respekt zuzugehen, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, sie zu fragen und ihnen zuzuhören, Gemeinsamkeiten zu finden, mit ihnen in Kontakt zu bleiben – auch wenn uns einiges trennt.
Dass dies nicht ohne Anstrengung möglich sein wird, machen Dittmar und ihre Mitautor*innen deutlich. Um eine menschenfreundliche Haltung mit dem entsprechenden Verhalten einzunehmen, müssen wir uns bei Rechtsradikalen, Anhänger*innen von Verschwörungstheorien und Islamist*innen schon ein wenig anstrengen. Wie dies gelingen kann, zeigt der vorliegende Band anhand vielfältiger Möglichkeiten auf. Er versammelt theoretische Grundlagen mit methodischen Vorgehensweisen und verbindet sie mit anschaulichen Praxisbeispielen, sodass es vorstellbar wird, wie wir vorgehen können. Wofür wir uns dann allerdings noch selbst entscheiden müssen, ist der Wille, diese Einsichten anzuwenden und wirksam werden zu lassen – und das könnte, wie gesagt, von uns ein wenig Anstrengung verlangen. Allerdings könnte sich diese Anstrengung lohnen, denn jede und jeder Einzelne von uns könnte so zu ein wenig Deradikalisierung beitragen, im Beruf wie im Privatleben. Ich wünsche dem Buch viele Leser*innen, die sich nicht nur anregen, sondern auch ermutigen lassen, einen eigenen Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten.
Johannes Herwig-Lempp, Halle/Merseburg
Danksagung
Mein herzlicher Dank geht an erster Stelle an alle bundesweit tätigen Berater*innen, die sich auf den Weg nach Bochum gemacht und aktiv an den Forschungsworkshops teilgenommen haben. Denn auf der Grundlage ihrer Erfahrungen, ihrer Expertise und ihrer Reflexionen der täglichen anspruchsvollen Beratungstätigkeit konnte dieses Buch entstehen. Ich möchte mich daher herzlich bei Abdulla Abdi, Torben Hollin, Iman Ismail, Nina Jacobs, Alexander Gesing und Gülhanım Karaduman-Çerkeş bedanken, aber auch bei den anonym verbleibenden Berater*innen. Mein herzlicher Dank geht ebenso an unsere Klient*innen, die den Berater*innen ihre Herausforderungen anvertrauen und sich von ihnen ein Stück des Weges begleiten lassen.
Mein besonderer Dank gilt dem Forschungszentrum »Migration, Integration und Asyl« des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dem Referat »Radikalisierung« des BAMF für ihre Unterstützung dieses Forschungsprojektes sowie der Forschungsstelle Deradikalisierung (FORA). Des Weiteren möchte ich dem Verein IFAK e. V. sowie dem Beratungsnetzwerk Grenzgänger für die fortlaufende inhaltliche und organisatorische Unterstützung danken.
emptyDesgleichen möchte ich mich bei meinem Expertenbeirat aus Wissenschaft und Praxis bedanken. Dazu gehören Prof. Dr. em. Hildegard Mogge-Grotjahn, Prof. Dr. Janne Fengler, Peter Gramm, Gloriett Kargl, Susanne Wittmann, Armin Laaf, Ibrahim Bebars, Julia Berczyck, Detlef Ullenboom und Dr. Dennis Walkenhorst.
Gleichfalls möchte ich mich bei der Familientherapeutin und Supervisorin Urte Bruncken bedanken, die mit großer Expertise die Forschungsworkshops mit systemischem Wissen und entsprechenden Fähigkeiten bereichert hat. Ihren Gastbeitrag finden Sie im Kapitel 13.2.7 dieses Handbuches. Und ein herzliches Dankeschön für ihre analytischen Fähigkeiten geht an Anja Herrmann, die als Mitarbeiterin der Forschungsstelle Deradikalisierung (FORA) sowohl die Organisation der Workshops als auch die Erhebung und Auswertung der Daten fachkundig unterstützt hat.
Ebenfalls möchte ich mich bei allen Autor*innen der Gastbeiträge für ihre interessanten Einblicke und Anregungen bedanken. Sie finden die Gastbeiträge im Kapitel 13 dieses Handbuchs.
Last but not möchte ich meinen Freund*innen, meiner Familie und besonders meinem Mann und meinen Kindern danken, die mich mit viel Charme und Witz zum Schreiben angehalten und manchmal auch davon abgehalten haben.
Dr. Vera Dittmar
im Namen der Forschungsstelle Deradikalisierung (FORA)
Willkommen am Buffet! – Handreichung zum Lesen des Handbuchs
Wer mehr über das Gesamtprojekt dieses Handbuchs und das ihm zugrunde liegende Forschungsprojekt erfahren möchte, der lese
·
Geleitwort von Johannes Herwig-Lempp,
·
Kapitel 1 (Einleitung), und
·
Kapitel 14 (Zusammenfassung mit zentralen Erkenntnissen).
Wer interessiert ist an den Grundlagen des Phänomenbereiches ›Islamismus‹ oder an Erklärungsmodellen für Hinwendungs- und Radikalisierungsprozesse, der lese
·
Kapitel 2 über den Phänomenbereich ›Islamismus‹ und
·
Kapitel 3 über die Erklärungsmodelle und menschliche Grundbedürfnisse.
Wer hören möchte, wie die Berater*innen selbst ihren Phänomenbereich sehen, welchen Herausforderungen sie in ihrer täglichen Arbeit begegnen und welche Lösungen es gibt, der lese
·
Kapitel 5 über die Klient*innengruppen,
·
Kapitel 6 über die offiziellen Beratungsziele sowie die konkrete Umsetzung in der Praxis und
·
Kapitel 12 über die Herausforderungen der Praxis und Lösungsansätze.
Wer verstehen möchte, was systemische Beratung überhaupt ist und welche theoretischen Grundlagen sie hat, der lese
·
Kapitel 4 über die systemische Beratung mit ihren Prinzipien und Grundlagen und
·
Kapitel 7 über die Beratungsbeziehung, den Beratungsprozess und die systemische Haltung.
Wer als Berater*in die systemischen Methoden im Feld anwenden möchte, der lese
·
Kapitel 8 zu Beratungsmethoden sowie ihren Grenzen und Potenzialen,
·
Kapitel 9 über verschiedene Methoden zum Explorieren und zur Prozessgestaltung,
·
Kapitel 10 über Methoden zum Analysieren und Visualisieren,
·
Kapitel 11 über Methoden zum Intervenieren und
·
im Online-Anhang die Toolbox mit Instrumenten und Methoden (s. Kasten).
Wer gerne erfahren möchte, welche weiteren systemischen Möglichkeiten und Ansätze der Deradikalisierung es gibt und wie die systemische Beratung auf andere Bereiche wie u. a. den des Rechtsextremismus angewendet werden kann, der lese Kapitel 13 mit vielfältigen Gastbeiträgen.
Onlinematerial
Die Toolbox zum Buch und die Bonusmethode zur Lebenden Skulptur¹ finden Sie unter https://dl.kohlhammer.de/978-3-17-041368-9.
Ich wünsche Ihnen, auch im Namen aller Gastautor*innen, viel Freude beim Lesen!
Endnoten
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1 Einleitung
In vergleichsweise kurzer Zeit hat sich in Deutschland eine pädagogische Fachpraxis zur Auseinandersetzung mit demokratiefeindlichen und gewaltbefürwortenden Varianten des ,Islamismus' herausgebildet. Während in der öffentlichen Debatte vor allem der 11. September 2001 fokussiert wird, steht die Entwicklung der pädagogischen Fachpraxis im Zusammenhang mit drei Entwicklungen, die etwa ab dem Jahr 2005 einsetzten (Schau et al. 2018): Erstens waren die Unterstützer*innen von Terroranschlägen wie u. a. die Mitglieder der sog. Sauerlandgruppe² anders als vorherige Terrorist*innen in Deutschland bzw. in Europa aufgewachsen. Zweitens setzte die erste Ausreisewelle von jihadistisch motivierten Menschen von Deutschland nach Afghanistan und später nach Syrien ein. Und drittens entwickelte sich parallel dazu im deutschen Raum eine salafistische Szene, die als ein wichtiges Zugangs- und Unterstützungsmilieu für den gewaltorientierten ,Islamismus' wirkt (Hummel/Rieck 2020).
Diese Entwicklungen in Kombination mit einer Serie von Anschlägen in Europa erzeugten einen Handlungsdruck, der u. a. eine Intensivierung der staatlichen Förderung für pädagogische Angebote in Beratungsstellen hervorbrachte. Obwohl es in Deutschland keine Tradition einer pädagogischen Arbeit mit der Zielsetzung der islamistischen Deradikalisierung gab, hat sich in relativ kurzer Zeit eine Fachpraxis zur pädagogischen (und psychologischen) Auseinandersetzung mit dem gewaltorientierten ,Islamismus' entwickelt. In diesem Zusammenhang ist eine Praxislandschaft an Spezialangeboten entstanden, die durch Landes- und Bundesprogramme zur Extremismusprävention und -intervention getragen werden (Dittmar/Kargl 2021; Schau et al. 2018).
Im Zentrum der Deradikalisierungs-, Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit stehen Beratungsansätze, die einer reintegrierenden Handlungslogik folgen und auf der Annahme beruhen, dass individuelle Entwicklungsverläufe nicht linear und somit grundsätzlich offen sind. Daher kann über Beratungsimpulse eine Abkehr von problematischen Entwicklungen angeregt werden (Schau et al. 2018).
Diese reintegrierende Handlungslogik als Grundlage einer Beratung zur Deradikalisierung bzw. Distanzierung oder zum Ausstieg ist nicht nur für den Phänomenbereich des islamistischen Extremismus sinnvoll, sondern eignet sich auch für weitere Phänomenbereiche wie u. a. den Rechtsextremismus, bei Verschwörungstheorien sowie beim Evangelikalismus. Wobei zu beachten ist, dass sich alle Phänomenbereiche auf spezifische Ideologien berufen und daher ihren Anhänger*innen jeweilig angepasste Wahrnehmungs-, Erklärungs- und Handlungsmuster anbieten. Für Beratende ist es wesentlich, diese ideologischen Narrative und Muster zu kennen, um Beratungsimpulse zu entwickeln, die die individuellen Herausforderungen von Klient*innen sinnvoll mit den spezifischen Herausforderungen des Phänomenbereiches kombinieren. Daher sollten Beratende nicht nur über Fachwissen, sondern auch über ausreichend Erfahrungs- und Praxiswissen über den jeweiligen Bereich verfügen. In diesem Handbuch wird dieses umfassende Wissen für den Phänomenbereich des islamistischen Extremismus vorgestellt. Obwohl es zwischen den Ideologien und Handlungsmustern der oben dargelegten differenten Phänomenbereiche zahlreiche Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten, gibt, wird argumentiert, dass sich die im Handbuch vorgestellte systemische Beratung für alle genannten Phänomenbereiche eignet. Denn diese Passung zeigt sich sowohl in der aktuellen Beratungspraxis in Deutschland als auch in den vielfältigen Gastbeiträgen, in denen Praxisbeispiele der systemischen Beratung für die Bereiche Rechtsextremismus, Verschwörungstheorien und Evangelikalismus vorgestellt werden. Obwohl die systemische Beratung also auf all diese Phänomenbereiche anwendbar ist, liegt der Fokus in diesem Handbuch jedoch auf dem islamistischen Extremismus, um die praktische Ausgestaltung der systemischen Beratung für einen Phänomenbereich vertieft zu durchdenken. Dennoch kann dieses Handbuch auch für Beratende aus weiteren Phänomenbereichen wertvolle Impulse geben.
Für die Problemstellung und Klient*innenkonstellation der Distanzierungsberatung eignet sich die systemische Beratung insbesondere dadurch, dass diese viele Elemente anderer Beratungsansätze integriert (u. a. das Prinzip der Lösungsorientierung des lösungsorientierten Beratungsansatzes). Noch wichtiger für die Eignung ist jedoch, dass das Spektrum der Zielgruppen häufig Personen beinhaltet, die sich nicht beraten lassen wollen, da aus ihrer Sicht die Anbindung an die islamistische Ideologie eine Lösung für ihre aktuelle Herausforderung darstellt und sie daher gerade kein Interesse an einer Beratung haben – während die Familie oder auch der soziale Nahraum i. d. R. sehr besorgt auf extreme Verhaltensweisen reagieren und dringend an einer Beratung interessiert sind. Hier kommt der spezifische Vorteil der systemischen Beratung zum Tragen, dass ein Problem wie eine Radikalisierung nicht als Wesensmerkmal einer Person angesehen wird, sondern »als Geschehen, an dem viele verschiedene miteinander interagierende Menschen beteiligt sind« (von Schlippe/Schweitzer 2017: 7). Der systemischen Beratung liegt dementsprechend ein kontextuelles Verständnis von Problemen und auch von Interventionsmöglichkeiten zugrunde (Nicolai 2018b), und hierbei stehen insbesondere die Beziehungen zwischen den beteiligten Personen im Fokus: Wenn es also nicht möglich ist, die sich radikalisierende Person direkt zu beraten, dann wird bspw. über die Beziehung zwischen Mutter und Sohn gearbeitet, sodass im Vergleich zu anderen Beratungsansätzen eine deutlich höhere Erreichbarkeit ermöglicht wird.
Ein weiterer Vorteil der systemischen Beratung ist, dass sie gerade für die Herausforderungen biografischer Krisen ein umfangreiches Methodenrepertoire entwickelt hat. Das ist insofern von Bedeutung, als biografische Krisen in Kombination mit fehlenden individuellen Handlungsressourcen als eine Ursache von Radikalisierung angesehen werden (Glaser/Herding/Langner 2018).
Die systemische Beratung hat sich von der ursprünglichen Orientierung auf das Familiensystem gelöst und deutlich in ihrer Ausrichtung erweitert, bspw. wird nun die systemische Pädagogik als Modell im Erziehungs- und Sozialwesen verwendet (Voss 2006) und die Beratung umfasst nun das Feld der Führungskräfte-, Team- und Organisationsberatung. Diese Ausweitung der ursprünglichen Ausrichtung ist insofern relevant, als sich für eine Distanzierungsberatung nicht nur Familienangehörige, sondern auch Fachkräfte aus Jugendamt, Schulen und auch Gefängnissen melden. Die hier bereits entwickelten systemischen Konzepte und Methoden sind auf die Herausforderungen der Distanzierungsarbeit übertragbar.
In ihrer Gesamtheit kann davon ausgegangen werden, dass die systemische Beratung (mit ihrer direkten, aber auch indirekten Arbeit über Bindungen, ihrem Umgang mit biografischen Krisen, ihrem Fokus auf das Familiensystem und ihrer Erweiterung auf soziale Systeme) besonders für die Deradikalisierungsarbeit im islamistischen Kontext geeignet ist. Wobei diese Annahme dadurch untermauert wird, dass im Jahr 2008 die Anerkennung der systemischen Beratung und Therapie als wissenschaftliches Verfahren erfolgte und im Jahr 2019 die systemische Therapie sogar die Anerkennung als sog. »Richtlinienverfahren« erhielt, sodass systemische Therapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden darf.³
Neben diesen theoretischen Argumentationen gibt es praktische Erwägungen für eine Entscheidung für die systemische Beratung. So haben spezialisierte Beratungsstellen für Deradikalisierung im islamistischen Kontext (u. a. in Hamburg, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz) für sich einen systemischen Beratungsansatz ausgewählt.⁴ Und auch die Erfahrungen der Autorin als systemische Beraterin für Deradikalisierung im Kontext ,Islamismus' spricht für die Wahl.
Um im Themenfeld der Deradikalisierung Beratungen durchführen zu können, wird handlungsfeldspezifisches Fachwissen in den folgenden Bereichen benötigt:
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Radikalisierung (Ursachen, Verläufe, Narrative des ›Islamismus‹ etc.),
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Deradikalisierung (Prozesse, Zielgruppen) und
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Vernetzung (weitere Akteure im Feld).
Dieses grundlegende Wissen wird in den Kapiteln 2 bis 6 dieses Handbuches skizziert.
Zudem benötigen Berater*innen spezifische Fähigkeiten, um über ihre Persönlichkeit und ihr Beratungswissen eine tragbare Arbeitsbeziehung zur Klientin*zum Klienten aufzubauen, die die Grundlage einer jeden Beratung darstellt. Zur Etablierung einer solchen Arbeitsbeziehung benötigt die*der Berater*in dem systemischen Beratungsansatz zufolge
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eine systemische Haltung,
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das »Denken im System« sowie
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systemische Methoden.
Anders als in der Medizin reicht es hier jedoch nicht, ein Medikament (in diesem Fall: eine Methode) anzuwenden. Denn erst über die innere Haltung, die die*der Berater*in sich durch die Reflexion persönlicher Charakteristiken in Kombination mit systemischen Prinzipien erarbeitet hat, erhalten die systemischen Methoden ihre Wirksamkeit. Mit anderen Worten: Nur wer sich über einen fachlichen Lernprozess diese systemische Haltung sowie das »Denken im System« angeeignet hat, kann sie in der Beratung überzeugend vertreten. Denn die*der Berater*in erlangt Authentizität durch die Überschneidung von innerer Haltung und angewandter Methode, und darüber erhält die Intervention ihre Wirksamkeit (Schwing/Fryszer 2017). Anregungen zur Erarbeitung einer solchen Haltung finden sich im Kapitel 7 (▸ Kap. 7).
Dieses Handbuch verbindet erstmals die Erklärungsansätze für Radikalisierung und Deradikalisierung (▸ Kap. 3) mit dem Interventionsansatz der systemischen Beratung. Es bietet Anregungen zur Erarbeitung einer systemischen Haltung (▸ Kap. 7) und gibt Impulse zum »Denken im System« (▸ Kap. 4). Darüber hinaus werden systemische Beratungsmethoden an konkreten Fallbeispielen illustriert. Dies geschieht analog zu den Phasen eines Beratungsprozesses, wodurch die*der Leser*in inhaltlich einen ganzen Beratungsprozess durchläuft (▸ Kap. 8, ▸ Kap. 9, ▸ Kap. 10, ▸ Kap. 11). Danach werden besondere Herausforderungen mit Lösungsansätzen vorgestellt (▸ Kap. 12). Anschließend stellen vielfältige Gastbeiträge zusätzliche Impulse für die Praxis des systemischen Ansatzes sowie für weitere Interventionsstrategien vor. Interessant sind auch die Gastbeiträge zur Ausgestaltung der systemischen Beratung in den Phänomenbereichen Rechtsextremismus, Verschwörungstheorien und Evangelikalismus (▸ Kap. 13). Die wichtigsten Ergebnisse finden sich in der Zusammenfassung (▸ Kap. 14).
Das Buch bietet somit neue Erkenntnisse
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aus der Fachpraxis,
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zum Zusammenspiel von Deradikalisierung und Beratung,
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zur Adaption der systemischen Beratung an das neue Tätigkeitsfeld der Deradikalisierung,
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zu besonderen Chancen und Hürden bei ausgewählten Zielgruppen.
Es eignet sich für
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Berater*innen im Bereich der Deradikalisierung, die eigenes Wissen reflektieren und erweitern möchten,
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Fachkräfte aus Schule, Jugendamt, Gefängnis etc., die eigenständig oder zusammen mit Berater*innen der Deradikalisierungsarbeit agieren möchten,
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Psycholog*innen und Therapeut*innen, die sich in dem Phänomenbereich orientieren möchten und Anregungen für die eigene Tätigkeit suchen,
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Teilnehmer*innen von Fort- und Weiterbildungen der systemischen Beratung und/oder der Deradikalisierung,
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Studierende der Sozialen Arbeit, Pädagogik, Islamwissenschaft und Psychologie, die ihre Fähigkeiten durch die Auseinandersetzung mit einem Spezialgebiet erweitern möchten,
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Mitarbeiter*innen von Sicherheitsbehörden, die mehr über die Herangehensweise von (zivilgesellschaftlichen) Beratungsorganisationen erfahren möchten,
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Eltern und Angehörige, die mehr über eigene Handlungspotenziale in einer schwierigen Situation erfahren möchten.
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Dieses Handbuch bietet eine Einführung in das Themenfeld »Systemische Beratungen in der Extremismusprävention«, inkl. dem Einblick in die wichtigsten Theorien und in praktische Handlungsmöglichkeiten. Aber das Handbuch kann keine Ausbildung ersetzen. Bitte entscheiden Sie nach Ihrem eigenen Wissensstand, welche