Aller Eltern Abend (E-Book): Gute Kommunikation zwischen Schule und Eltern
Von Thomas Eberhard
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Über dieses E-Book
Die Schule bringt Menschen zusammen, die ausserhalb oft nichts verbindet. Lehrpersonen und Eltern treten in eine Beziehung, die gestaltet werden will. Diese Aufgabe nimmt die Lehrperson wahr, oft mit Unterstützung der Schulleitung. Sie muss für Klarheit sorgen, die Eltern an unterschiedlichen Orten abholen, die Richtung vorgeben und handeln, bevor es schwierig wird. Dieser Ratgeber bietet fundierte Hinweise und praktische Tipps für Standardsituationen wie Spezialfälle der Schule-Eltern-Kommunikation.
Thomas Eberhard
Thomas Eberhard berät seit 2001 Schulbehörden und andere Organisationen in den Bereichen Kommunikation, Führung und Konfliktmanagement. Zudem ist er an verschiedenen Weiterbildungsinstituten als Dozent für Kommunikation tätig, unter anderem für Schulverwaltungsleitende. Der Autor war Klassenlehrer an einer Gesamtschule auf dem Land, bevor er an der Uni Bern Erziehungswissenschaften und Kinder- und Jugendpsychologie studierte, beim Radio arbeitete und sich schliesslich als Berater selbstständig machte.
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Buchvorschau
Aller Eltern Abend (E-Book) - Thomas Eberhard
TEIL I
DIE ELTERN
ELTERN VERSTEHEN
Emotionen
Beziehungs- und Sachebene
Auf Augenhöhe
Zuhören und Verständnis zeigen
Konjunktiv und Fragezeichen
ELTERN ERREICHEN
Eingangsstufe (Zyklus I)
Mittelstufe (Zyklus II)
Oberstufe (Zyklus III)
Die richtige Sprache finden
Den richtigen Kanal wählen
ELTERN VERSTEHEN
Ihre Persönlichkeit, Ihre Erfahrungen, Ihre Wahrnehmungen prägen Ihre Wirklichkeit. Die Persönlichkeit der Eltern, ihre Erfahrungen und ihre Wahrnehmungen prägen die Wirklichkeit der Eltern. Ihre eigene Wirklichkeit und die Wirklichkeit der Eltern sind deshalb nicht unbedingt identisch. Jede Wirklichkeit wirkt sich aber auf das Handeln und auf die Kommunikation aus. Um gut zu kommunizieren, ist es deshalb wichtig, Eltern zu verstehen.
Emotionen
Als Lehrperson oder auch als Schulleiterin oder Schulleiter verbringen Sie viel Zeit in der Schule. Das Umfeld ist Ihnen vertraut, Sie fühlen sich grundsätzlich wohl, und «Schule» ist für Sie emotional positiv besetzt. Für Eltern verhält es sich anders. Viele haben keine guten Erinnerungen an ihre eigene Schulzeit, was es für sie mitunter schwierig macht, mit der Schule in Kontakt zu sein. Erinnerungen und Emotionen beeinflussen die Wirklichkeit von Menschen ganz wesentlich. Das heißt, dass Ihre Wirklichkeit – Ihr persönliches Bild von Schule – nicht unbedingt mit der Wirklichkeit der Eltern übereinstimmt. Es braucht Vertrauen, um sich auf Fremdes, auf fremde Vorstellungen einzulassen. Wenn Ihnen eine gute Kommunikation gelingt, schaffen Sie gegenseitiges Verständnis und damit dieses nötige Vertrauen sowie die Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Eltern und den Kindern.
Notiz 2 Wie wir wahrnehmen
Sinneswahrnehmung
Im ersten Schritt werden äußere Reize durch die fünf Sinne Sehen, Hören, Riechen, Tasten und Schmecken wahrgenommen und in das entsprechende neuronale Zentrum geleitet, wo der Sinneseindruck entsteht.
Interpretation durch Gehirn
Im zweiten Schritt interpretiert das Gehirn die Sinneseindrücke. Sie werden nun mit emotionaler Bedeutung versehen. Sie werden emotional «gefärbt». Dafür ist das limbische System zuständig. Es ist eng mit dem Gedächtnis und den Erinnerungen verknüpft und steuert die Emotionen.
Gefühlsbildung
Sinneswahrnehmung und bereits gespeicherte Erinnerungen ergeben die Gefühle, die – je nach persönlicher Erinnerung – bei den Menschen trotz identischer Sinneswahrnehmung unterschiedlich sein können.
Unterschiedliche Wahrnehmung
Ein Elterngespräch im Schulzimmer. Die Lehrperson sitzt an ihrem Pult und denkt: Das ist professionell. Die eingeladene Mutter sitzt gegenüber am Pult ihres Kindes und spürt das Machtgefälle.
Elternabend der 1. Klasse. Die Eltern sitzen auf den (zu) kleinen Stühlen ihrer Kinder. Die Lehrperson sitzt auf ihrem eigenen Stuhl und denkt: Herzig, eine gute Idee! Ein Vater mit negativer Schulgeschichte fühlt sich zurückversetzt in seine Schulzeit und ist demotiviert.
Wahrnehmungsbereiche
In den Elterngesprächen dreht sich alles um das Kind. Sie sprechen alle von derselben Person, nehmen es aber mitunter sehr unterschiedlich wahr. Ihr Zusammentreffen und Interagieren mit den Eltern lassen sich mit zwei Kreisen visualisieren. Sie bilden die zwei Wahrnehmungsbereiche und die Schnittmenge ab.
IWahrnehmungsbereich der Lehrperson: Verhalten und Eigenschaften des Kindes, wie sie ausschließlich von der Lehrperson wahrgenommen werden.
II Wahrnehmungsbereich der Eltern: Verhalten und Eigenschaften des Kindes, die ausschließlich von den Eltern wahrgenommen werden.
III Überschneidung: Verhalten und Eigenschaften des Kindes in der Wahrnehmung der Eltern und der Lehrperson.
Abbildung 2 Wahrnehmungsbereiche der Lehrperson und der Eltern
Kontinuierliche Kommunikation zwischen Schule und Eltern bringt die Kreise einander näher, die Schnittmenge vergrößert sich. Das vereinfacht die Zusammenarbeit mit den Eltern zunehmend.
Abbildung 3 Je größer die Überschneidung, desto gefestigter ist die Beziehung
Dasselbe Modell lässt sich auch auf die generellen Erlebniswelten von Ihnen und den Eltern anwenden. Je länger Sie sich kennen, desto mehr teilen Sie, wodurch die Zusammenarbeit in der Regel nur besser wird. Sie pflegen eine gute Beziehung, die sich mehr und mehr festigt. Dies ist die Grundlage für gute, konstruktive Elterngespräche.
Beziehungs- und Sachebene
Wenn Sie mit den Eltern in Kontakt treten, schaffen Sie eine Beziehungsebene. Hier findet Austausch statt, der über die Inhalte (Sachebene) hinausgeht. Die Beziehungsebene, also die Gefühle, Ängste und Freuden, mit denen Ihnen Eltern begegnen, definiert die Qualität der Beziehung weit mehr als die Sachebene. Das Modell des Eisbergs illustriert das gut. Die Spitze symbolisiert die Sachebene, der ganz große Teil unter Wasser die Beziehungsebene.
Abbildung 4 Der Eisberg versinnbildlicht die Sach- und Beziehungsebene
Wenn Sie auf der Beziehungsebene Klarheit haben und sich wohlfühlen, strahlen Sie über die Haltung, Stimme und Mimik Sicherheit aus. Das überträgt sich auf Ihre Gesprächsführung, was wesentlich dazu beiträgt, dass ein Elterngespräch gelingt und von beiden Seiten als befriedigend erlebt wird. Deshalb bereiten Sie sich bei der Planung von Elterngesprächen besser nicht nur auf der Sachebene vor, Sie beschäftigen sich mindestens so intensiv mit der Beziehungsebene: Denken Sie darüber nach, ob es im Zwischenmenschlichen Aspekte gibt, die Sie vorab oder während des Gesprächs mit den Eltern klären wollen. Im Folgenden finden Sie Leitfragen zum Klären der Beziehungsebene.
Abbildung 5 Inhalte Beziehungsebene
–Mit wem
Die Frage hilft Ihnen, Ihr Gegenüber besser einzuschätzen und gegebenenfalls die Gesprächsführung anzupassen, also etwa zu entscheiden, ob sie eine lange oder kurze Warm-up-Phase planen, welche Feedbackmethoden sie anwenden wollen, ob es ein Protokoll braucht und mehr.
–Gibt es eine Vorgeschichte?
Diese Frage zielt darauf ab, negative Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht in die Gegenwart zu holen. Gab es also in der Vergangenheit Schwierigkeiten zwischen der Schule und diesen Eltern? Sind sie bereinigt? Oder müssen Sie diese Thematik nochmals kurz ansprechen? Brauchen Sie externe Unterstützung?
–Ist es das erste Gespräch zwischen Ihnen und diesen Eltern?
–Ist es das erste Elterngespräch für die Eltern überhaupt?
–Hatten Sie schon Kinder dieser Eltern in Ihrer Klasse?
–Unklares
Gibt es Bereiche, die Ihnen unklar sind, die Sie verunsichern, die Sie klären möchten?
Gemeinsamkeiten finden
Mit Eltern, die selbst als Lehrperson tätig sind, können Sie direkt(er) ins Jahresgespräch einsteigen als mit Eltern, die ihr erstes Kind in der Schule haben. Dafür fühlen Sie sich vielleicht etwas weniger frei und sie wollen alles ganz perfekt machen?
Wenn die Eltern bereits das zweite Kind bei Ihnen in der Klasse haben und bislang immer alles gut gelaufen ist, gibt Ihnen das Sicherheit. Sie können den Einstieg etwas persönlicher gestalten. Vielleicht fragen Sie nach der allgemeinen Befindlichkeit von Kind eins oder wie es ihm in der Oberstufe geht. Das trägt viel zu einem guten Einstieg bei.
Wenn die Eltern neu zugezogen sind, sprechen Sie sie vielleicht auf den Umzug an.
–Verbindendes
Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den Eltern und Ihnen, an die sie im Gespräch anknüpfen können?
–Wie ist das Bauchgefühl?
Als Abschluss konsultieren Sie Ihr generelles Bauchgefühl zum bevorstehenden Gespräch. Sie spüren zuverlässig, ob es ein Machtgefälle gibt und wie unsicher Sie sind. Fragen Sie sich vor jedem Elterngespräch, warum Sie sich allenfalls unwohl fühlen,
Nötigenfalls sprechen Sie mit einer Kollegin, mit Ihrem Coach oder mit der Schulleitung.
Nachdem die Beziehungsebene geklärt ist, bereiten Sie die Sachebene vor. Das sind Fakten wie Datum, Zeit, Ort, Teilnehmerkreis oder Traktanden. Die Sachinhalte von Elterngesprächen sind meist recht klar und haben in Stichworten auf einem A5-Blatt Platz. Oft stehen zudem Hilfsmittel bereit, die das Gespräch zusätzlich strukturieren, also beispielsweise Beurteilungsbogen oder Vorgaben von Behörden. Das gibt Ihnen und den Eltern Sicherheit.
Abbildung 6 Sachinhalte Elterngespräch
Auf Augenhöhe
Im schulischen Umfeld sind die Hierarchien flach. Gegenüber den Eltern ergeben sich aber nicht selten Machtgefälle, über die dann niemand gern spricht. Lehrpersonen fühlen sich ausgeliefert, Eltern machtlos, denn beide Parteien hegen Machtansprüche in Bezug auf die Erziehung und Ausbildung der Kinder. Das lässt sich nur auflösen, indem sich Lehrpersonen und Eltern als gleichwertige Gegenüber akzeptieren und auf Augenhöhe begeben. Im Rahmen eines Elterngesprächs ist es hilfreich, wenn Sie die folgenden fünf Regeln befolgen.
Sie sind gut vorbereitet. Durch eine gute Vorbereitung fühlen Sie sich