Über dieses E-Book
Mathias Hirsch
Dr. med. Mathias Hirsch, ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytiker (affiliiertes Mitglied DPV, DGPT), Gruppenanalytiker und in ausklingender psychoanalytischer Praxis in Düsseldorf tätig.
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Buchvorschau
Körperdissoziation - Mathias Hirsch
Herausgegeben von
Franz Resch und Inge Seiffge-Krenke
Mathias Hirsch
Körperdissoziation
Vandenhoeck & Ruprecht
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.
© 2018, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG,
Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.
Umschlagabbildung: Paul Klee, Angstausbruch III, 1939/akg-images
Satz: SchwabScantechnik, Göttingen
EPUB-Produktion: Lumina Datamatics, Griesheim
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com
ISBN 978-3-647-90102-2
Inhalt
Vorwort zur Reihe
Vorwort zum Band
1Einleitung
2Der Körper in der frühen Entwicklung: Differenzierung des Selbst, des Körperselbst und der äußeren Objekte
2.1»Protopsyche«
2.2Die »Geburt« des Ich
2.3Selbst-Objekt-Differenzierung
2.4Embodiment
2.5Erste Symbolisierung im Containment
2.6Mutterambivalenz
3Zur Dynamik und Funktion des dissoziierten Körperselbst
3.1Der Körper wird zum Opfer destruktiver Gewalt gemacht
3.2Der Körper als selbst erschaffener Mutterersatz
3.2.1Der Körper als Übergangsobjekt bei der Selbstbeschädigung
3.2.2»Selbstbeschädigung als Selbstfürsorge«
3.3Die Verwendung des Körpers zur Abgrenzung
4Körperdissoziation in der traumatisierenden Situation
5Zweizeitige Abwehr: Dissoziationszustand als Abwehr des Traumaäquivalents – Körperabspaltung als Abwehr des Dissoziationszustands
6Selbstbeschädigung
6.1»Ein sauberer Schnitt«
6.2»Vater-Trauma«
6.3Artifizielle Krankheit
7Essstörungen
7.1Fettsucht
7.2Anorexie
7.2.1Familiendynamik
7.2.2Mutter-Tochter-Beziehung
7.2.3Natalie
7.3Bulimie
7.3.1Das Symptom als Bild für die Borderline-Beziehung
7.3.2»Bulimie ohne Bulimie«
8Hypochondrie
8.1Auslösesituationen
8.2Arretierung des Autonomie-Abhängigkeits-Konflikts
8.3Warum ist der Körper Ziel der Projektion? – Spezifisches Verhalten der Mütter
8.4»Hypochondrie-by-proxy«
9Dysmorphophobie
10Schlussbemerkung
Literatur
Vorwort zur Reihe
Zielsetzung von PSYCHODYNAMIK KOMPAKT ist es, alle psychotherapeutisch Interessierten, die in verschiedenen Settings mit unterschiedlichen Klientengruppen arbeiten, zu aktuellen und wichtigen Fragestellungen anzusprechen. Die Reihe soll Diskussionsgrundlagen liefern, den Forschungsstand aufarbeiten, Therapieerfahrungen vermitteln und neue Konzepte vorstellen: theoretisch fundiert, kurz, bündig und praxistauglich.
Die Psychoanalyse hat nicht nur historisch beeindruckende Modellvorstellungen für das Verständnis und die psychotherapeutische Behandlung von Patienten hervorgebracht. In den letzten Jahren sind neue Entwicklungen hinzugekommen, die klassische Konzepte erweitern, ergänzen und für den therapeutischen Alltag fruchtbar machen. Psychodynamisch denken und handeln ist mehr und mehr in verschiedensten Berufsfeldern gefordert, nicht nur in den klassischen psychotherapeutischen Angeboten. Mit einer schlanken Handreichung von 70 bis 80 Seiten je Band kann sich der Leser schnell und kompetent zu den unterschiedlichen Themen auf den Stand bringen.
Themenschwerpunkte sind unter anderem:
–Kernbegriffe und Konzepte wie zum Beispiel therapeutische Haltung und therapeutische Beziehung, Widerstand und Abwehr, Interventionsformen, Arbeitsbündnis, Übertragung und Gegenübertragung, Trauma, Mitgefühl und Achtsamkeit, Autonomie und Selbstbestimmung, Bindung.
–Neuere und integrative Konzepte und Behandlungsansätze wie zum Beispiel Übertragungsfokussierte Psychotherapie, Schematherapie, Mentalisierungsbasierte Therapie, Traumatherapie, internet-basierte Therapie, Psychotherapie und Pharmakotherapie, Verhaltenstherapie und psychodynamische Ansätze.
–Störungsbezogene Behandlungsansätze wie zum Beispiel Dissoziation und Traumatisierung, Persönlichkeitsstörungen, Essstörungen, Borderline-Störungen bei Männern, autistische Störungen, ADHS bei Frauen.
–Lösungen für Problemsituationen in Behandlungen wie zum Beispiel bei Beginn und Ende der Therapie, suizidalen Gefährdungen, Schweigen, Verweigern, Agieren, Therapieabbrüchen; Kunst als therapeutisches Medium, Symbolisierung und Kreativität, Umgang mit Grenzen.
–Arbeitsfelder jenseits klassischer Settings wie zum Beispiel Supervision, psychodynamische Beratung, Soziale Arbeit, Arbeit mit Geflüchteten und Migranten, Psychotherapie im Alter, die Arbeit mit Angehörigen, Eltern, Familien, Gruppen, Eltern-Säuglings-Kleinkind-Psychotherapie.
–Berufsbild, Effektivität, Evaluation wie zum Beispiel zentrale Wirkprinzipien psychodynamischer Therapie, psychotherapeutische Identität, Psychotherapieforschung.
Alle Themen werden von ausgewiesenen Expertinnen und Experten bearbeitet. Die Bände enthalten Fallbeispiele und konkrete Umsetzungen für psychodynamisches Arbeiten. Ziel ist es, auch jenseits des therapeutischen Schulendenkens psychodynamische Konzepte verstehbar zu machen, deren Wirkprinzipien und Praxisfelder aufzuzeigen und damit für alle Therapeutinnen und Therapeuten eine gemeinsame Verständnisgrundlage zu schaffen, die den Dialog befördern kann.
Franz Resch und Inge Seiffge-Krenke
Vorwort zum Band
Dem eigenen Körper Gewalt anzutun, setzt eine Dissoziation von Selbstanteilen voraus, insbesondere eine Dissoziation des Körperselbst vom Gesamtselbst. Unter diesem Fokus kann man unterschiedliche Störungsbilder von der Selbstbeschädigung über die Essstörungen, die Hypochondrie bis zur Dysmorphophobie betrachten. Auch die Konversion und die Somatisierungsstörungen sind mit einer Abspaltung des Körperselbst verbunden. Als ätiologischer Faktor bietet sich überzeugend die Traumatisierung an, wobei die traumabezogenen Störungen bis heute nicht in einer diagnostischen Einteilung gebündelt sind. Die Idee von der Abspaltung des Körpers findet sich ja bereits bei Autoren des 19. Jahrhunderts.
Dem Phänomen der Körperdissoziation ist dieses Buch gewidmet. In einem einleitenden Kapitel wird die Beziehung des Ich zum eigenen Körper beleuchtet. Schon aus der frühen Kindheit heraus entsteht ein Körperselbst, das eine stufenweise Entwicklung von Symbolqualitäten der Körperrepräsentanzen aufweist. Den Theorien des Protoselbst und der »Geburt des Ich« wird die Differenzierung von Selbst- und Körperrepräsentanzen gegenübergestellt. Auch die aktuelle Konzeption des »Embodiment« wird aufgegriffen. Die frühe Mutter-Kind-Beziehung wird in ihrer Bedeutung für die frühen Symbolisierungsprozesse hervorgehoben, wobei die widersprüchlichen Haltungen mütterlicher Bezugspersonen durchaus Ambivalenzen und Ambitendenzen beim Kind hervorrufen können, die schließlich in Körpersymptomen ihre Abbildung finden.
Auf die Dynamik und Funktionen des dissoziierten Körperselbst wird in einem eigenen Kapitel Bezug genommen. Dem Körper als Opfer folgt der Körper als Mutterersatz. Selbstbeschädigungen werden in ihrer fürsorglichen Qualität und zur Errichtung von Grenzen veranschaulicht. Beispiele von Patientinnen und Patienten machen die Darstellung lebendig und überzeugend. In der traumatisierenden Situation wird Dissoziation zu einem Faktor des Überlebens, in einer zweizeitigen Abwehr fungiert Dissoziation zur Abwehr des Traumaäquivalents und die Körperabspaltung schließlich zur Abwehr des Dissoziationszustands.
Die Selbstbeschädigungen werden in einem eigenen Kapitel abgehandelt. Die Patientenbeispiele und literarischen Zitate – beispielsweise von der Künstlerin Niki de Saint Phalle – machen deutlich, wie sehr die Aggressionen gegen den eigenen Körper im Alltag gegenwärtig sein können. Auf die artifizielle Störung wird mit einer Fallvignette eingegangen.
Essstörungen sind ebenfalls Formen von Selbstschädigung in ihren Ausprägungen als Fettsucht oder Magersucht. Auf die Beziehungsdynamiken zwischen Müttern und Töchtern sowie andere familiendynamische Aspekte dieser Störungen wird explizit eingegangen. Die Psychodynamik der Bulimie verweist auf die Doppelrolle von Nahrung als »mütterliche Substanz«, die ein ambivalent ersehntes und gefürchtetes Mutterobjekt repräsentiert.
Hypochondrie und Dysmorphophobie werden in ihrer klinischen Ausprägung und ihrer unterschiedlichen Dynamik hervorgehoben und durch Beispiele verdeutlicht. Ein kurzer Blick auf unsere heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die Tatsache, dass körperbezogene psychische Störungen in den letzten Jahren zugenommen haben, beschließen dieses sehr lesenswerte und informative Buch.
Inge Seiffge-Krenke und Franz Resch
1Einleitung
Wie lässt sich das erst einmal exotisch anmutende Phänomen erklären, dass der Mensch fähig ist, sich selbst zu beschädigen, wie man sagt,
