Wo wir sprechen: Schwarze Diskursräume
Von Djamila Ribeiro und Grada Kilomba
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Über dieses E-Book
des modernen afrolateinamerikanischen Feminismus.
Herausgegeben von Inajá Wittkowski, Jamila Adamou und Ana Graça Correia Wittkowski
Mit Beiträgen von Inajá Correia Wittkowski, Jamila Adamou und Ana Graça Correia Wittkowski.
Djamila Ribeiro
Djamila Taís Ribeiro dos Santos ist Autorin, Kolumnistin und Dozentin. Sie hat Abschlüsse in Philosophie und in politischer Philosophie der Bundesuniversität São Paulo. Ihre Werke über Feminismus, Intersektionalität und Rassismus wurden in mehrere Sprachen übersetzt
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Buchvorschau
Wo wir sprechen - Djamila Ribeiro
Djamila Ribeiro
Wo wir sprechen.
Schwarze Diskursräume
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar
Eigentumsvorbehalt:
Dieses Buch bleibt Eigentum des Verlages, bis es der gefangenen Person direkt ausgehändigt wurde. Zur-Habe-Nahme ist keine Aushändigung im Sinne dieses Vorbehalts.
Bei Nichtaushändigung ist es unter Mitteilung des Grundes zurückzusenden.
Djamila Ribeiro
Wo wir sprechen.
Schwarze Diskursräume
1. Auflage 2022
ISBN 978-3-96042-832-9
© edition assemblage
Postfach 27 46 | D- 48041 Münster
info@edition-assemblage.de
www.edition-assemblage.de
Herausgeberinnen: Jamila Adamou, Ana Graça Correia Wittkowski, Inajá Correia Wittkowski
Übersetzung: Inajá Correia Wittkowski
Umschlag: Camilla Ridha
Satz: Carina Büker | edition assemblage
Lektorat: Jamila Adamou, Nora Langenfurth
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt
Inhalt
Vorworte
Danke
Einführung
Ein wenig Geschichte
Die Schwarze Frau: Andere des Anderen
Was sind Schwarze Diskursräume?
Jede:r hat einen Diskursraum
Glossar
Bibliographie
Vorworte
Eine Übersetzung ist wie ein tausendteiliges Puzzle, das abhängig davon, wann und wie versucht wird, es zu lösen, ein anderes Bild ergibt. Wir haben dieses Puzzle aus unserem Raum als Schwarze Frauen in Deutschland heraus gelöst und freuen uns, den Leser: innen in Deutschland aus unserer Perspektive einen kleinen Einblick in die Weiten lateinamerikanischer Wissensbestände geben zu dürfen. Dabei war es uns besonders wichtig, den Text möglichst unverfälscht – und nicht europäisiert – wiederzugeben.
Inajá Correia Wittkowski
Als einzige in ihrer Familie lesen und schreiben zu können war der größte Stolz meiner Großmutter, die als Wäscherin arbeitete. Nun bin ich hier, eine in Deutschland lebende Schwarze Frau aus Salvador da Bahia, Migrantin in Deutschland, so bewegt sich mein Körper in Zeit und Raum ohne zu akzeptieren, weniger Respekt zu bekommen als alle anderen, die in dieser Gesellschaft Verantwortung übernehmen. Lesen und schreiben habe ich auch lernen dürfen und genieße es, eine der Herausgeberinnen dieser Arbeit zu sein.
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Schwarze Frauen solche Chancen bekommen, auch nach so vielen Jahren feministischer Bewegungen. Darum erfreut es mich ungeheuer, dass wir es geschafft haben, das Buch von Djamila Ribeiro im deutschsprachigen Raum zu veröffentlichen. Es ist keine leichte Aufgabe gewesen, aber wir wussten, dass es Zeit war, hierzulande einen feministischen Diskurs aus dem sogenannten globalen Süden zu veröffentlichen. Wir, drei Schwarze Frauen, haben uns dabei auch gestärkt und verstärkt, diese Stärke teilen wir mit allen Leser: innen, und das hier ist nur der Anfang.
Ana Graça Correia Wittkowski
Die Idee zur Übersetzung dieses Buches entstand während der Besuche von Djamila Ribeiro in Frankfurt/Main in den Jahren 2018 und 2019. Diese Besuche versammelten viele verschiedene Akteur: innen aus der Afro-Diaspora in Deutschland. Als Übersetzerinnen und Herausgeberinnen war und ist es uns wichtig, in Form transkontinentaler Dialoge die Wissensbestände und Widerstandsformen, die intellektuelle und aktivistische Wissensproduktion insbesondere von Frauen der Afro-Diaspora in den Ländern Mittel- und Südamerikas in Europa und Deutschland sicht-, hör- und lesbar zu machen.
Als Nachfahrin starker, kluger und sensibler Frauen – einer Schwarzen Großmutter, die als sog. formale Analphabetin als eine der ersten und wenigen Frauen ihrer Generation große soziale und politische Macht innehatte und deren großer Wunsch es war, lesen, schreiben und studieren zu können und einer weißen deutschen Großmutter, die als eine der ersten und wenigen Frauen ihrer Generation Humanmedizin studierte und darin promovierte – bin ich froh, demütig und dankbar angesichts der Privilegien, an dieser Übersetzung und Veröffentlichung mitwirken zu können.
Uns ist als Übersetzerinnen und Herausgeberinnen die besondere Verantwortung und Herausforderung bewußt, Übersetzungen zwischen verschiedenen geographischen und soziopolitischen Kontexten und verschiedenen zivilgesellschaftlichen und aktivistischen Bewegungen authentisch und kritisch zu gestalten. Deshalb haben wir uns in Achtsamkeit, Solidarität und Respekt vor dem Original und seinen spezifischen Bezugsräumen weitgehend an die Worte und die Wortwahl des Originaltextes gehalten. Wir hoffen, damit einen möglichst authentischen Text zu gestalten, der angesichts von Unterschieden zu konstruktiven Debatten und neuen Formen von Austausch einlädt.
In Zeiten, in denen viele von uns sich in virtuellen und realen Filter- und Gesellschaftsblasen bewegen und sich (Schein-)Debatten gefiltert durch Algorithmen vollziehen, ist es wichtiger denn je, Impulse für Austausch, Dialog und (Selbst-)Reflexion zu geben und Räume zu schaffen, in denen sog. Marginalisierte ihre Erfahrungen, Realitäten und Expertisen in ihren Worten ausdrücken, schreiben, sprechen, teilen.
Wo wir authentisch sprechen, entstehen neue Räume des Spiegelns, des Erkennens, des Achtens und des (Mit-)Fühlens, neue Formen von Wahrheit, Solidarität und Empathie.
Jamila Adamou
Der Originaltitel dieses Buches lautet Lugar de fala – Diskursräume. Ein enigmatischer Titel. Nicht, weil es ein unverständliches oder schwer definierbares Konzept wäre, sondern weil es uns dazu bringt, über seine Definition nachzudenken. Es ist ein Spiel mit verschleierten Wörtern, die erst verstanden werden müssen; und hier betreten wir die wunderbare Welt Djamila Ribeiros: sie lädt uns laufend dazu ein, nachzudenken.
Was ist ein Diskurs? Wo ist der Raum? Und wie kann ein Diskurs einen Raum haben?
Dies sind die Fragen, die der Titel aufwirft, die bereits entstehen, bevor wir zu lesen beginnen, noch bevor das Buch geöffnet, durchblättert oder gelesen wird. Djamila hat die große Gabe, ihr Publikum in neue Gedankengänge zu verwickeln. Die beiden Wörter Diskurs und Raum haben ihre eigenen Bedeutungen, aber zusammengesetzt bilden sie einen neuen, spannenden Begriff, der eines neuen Verständnisses und einer neuen Definition bedarf. Wir assoziieren selten die Funktion eines Organs, des Mundes mit seinem Diskurs, mit einem Ort oder Raum, den diese Funktion bewohnt. Djamila erinnert uns also daran, dass jeder Diskurs einen Raum bewohnt. Ein Diskurs ist nicht neutral. Er ist nicht objektiv und auch nicht universell, Diskurs wird immer von einer Person produziert, die einen bestimmten Punkt in Raum und Zeit bewohnt, die eine bestimmte Geschichte und Biografie hat. So wird der Diskurs zu einem politischen Ort. Er ist nicht neutral, nichts ist neutral. Auch nicht der von Djamila gewählte Titel, und auch nicht die Worte, die ich wähle, um dieses Vorwort zu schreiben, sei es bewusst oder unbewusst. Jedes der Worte gibt preis, wer wir sind und welchen Ort wir bewohnen, in Raum, Zeit und in der Geschichte.
Aber was passiert, wenn ein Diskurs sich nicht an einem Ort positioniert?
Der Anspruch auf Neutralität oder gar Universalismus zeigt eine Wiederholung eines alten, kolonialen Systems, das nicht wahrnimmt – oder zumindest nicht wahrnehmen will – dass es keinen neutralen Diskurs produziert, sondern aus einer Machtposition