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Die Steuerfahndung und der Schwarzmeer-Clan: Der Staat ist ein Ozean, du brauchst nur die richtige Kelle, um daraus zu schöpfen
Die Steuerfahndung und der Schwarzmeer-Clan: Der Staat ist ein Ozean, du brauchst nur die richtige Kelle, um daraus zu schöpfen
Die Steuerfahndung und der Schwarzmeer-Clan: Der Staat ist ein Ozean, du brauchst nur die richtige Kelle, um daraus zu schöpfen
eBook336 Seiten4 Stunden

Die Steuerfahndung und der Schwarzmeer-Clan: Der Staat ist ein Ozean, du brauchst nur die richtige Kelle, um daraus zu schöpfen

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Über dieses E-Book

Der Staat ist ein Ozean, du brauchst nur die richtige Kelle, um daraus zu schöpfen!"
Der Autor war über 25 Jahre Steuerfahnder bei einem Finanzamt. Dabei war er insbesondere als Leiter von Ermittlungsgruppen tätig. Er beschreibt in seinem Roman, basierend auf Erlebnissen als Steuerfahnder, sogenannte "Schwarzgeschäfte" im Dienstleistungsgewerbe. Die fiktive Handlung umfasst Aspekte der organisierten Kriminalität in Bezug zu Steuerstraftaten. Mit Exkursionen zu den Themen Sozialhilfe, Krankenversicherung und Rotlicht-Milieu schildert er anschaulich und spannend die Auswüchse in diesen Bereichen.

Zu Beginn des Romans begleiten wir den Protagonisten, Steuerfahnder Tom, zu einer groß angelegten Durchsuchungsaktion der Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und Polizei. Die ersten Durchsuchungen richten sich wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Inhaber von Spielhallen, Dönerketten, einer Security-Firma und einer Baufirma. Bei anschließenden Ermittlungen findet Tom heraus, dass alle handelnden Personen mittels ihrer Firmen Einnahmen erzielen, die sie auf professionelle Art und Weise der Besteuerung entziehen. Dadurch stellen sich die "Unternehmer" in Deutschland oft mittellos und kassieren zusätzlich zu den hinterzogenen Steuern Sozialleistungen.

Fazit des Autors: Die im Roman thematisierten Schäden könnten sich locker im Bereich von Milliarden Euro pro Jahr bewegen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum24. Mai 2023
ISBN9783347946989
Die Steuerfahndung und der Schwarzmeer-Clan: Der Staat ist ein Ozean, du brauchst nur die richtige Kelle, um daraus zu schöpfen
Autor

Helmut M. Klempa

Helmut M. Klempa war über 25 Jahre Steuerfahnder bei einem Finanzamt. Während seiner aktiven Dienstzeit hat er in allen Wirtschaftszweigen wegen Steuerhinterziehung ermittelt, unter anderem auch im Bereich des bandenmäßig organisierten Steuerbetrugs. Dabei war er insbesondere als Leiter von Ermittlungsgruppen tätig.

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    Buchvorschau

    Die Steuerfahndung und der Schwarzmeer-Clan - Helmut M. Klempa

    Vorwort des Autors

    Ich schildere in meinem fiktiven Roman, basierend auf Erlebnisse aus meinem Berufsleben als Steuerfahnder bei einem Finanzamt, sogenannte „Schwarzgeschäfte" im Dienstleistungsgewerbe. Die fiktive Handlung umfasst Aspekte der organisierten Kriminalität in Bezug zu Steuerstraftaten. Mit Exkursionen in den Bereich von Sozialhilfe, Krankenversicherung und Rotlicht-Milieu beschreibe ich anschaulich die Auswüchse in diesen Bereichen.

    Ich zeige dabei ein spannendes und unterhaltsames aber auch erschreckendes Bild eines Landes auf, das sich immer mehr in einer kulturellen sowie wirtschaftlichen Transformation befindet. Dabei liegt der Fokus auf der hoch kriminell organisierten Schattenwirtschaft im Dienstleistungsgewerbe.

    Die Steuerstrafverfahren in diesem Milieu, die im Bereich der organisierten Kriminalität angesiedelt sind, stellen lediglich einen Teilbereich aus der Arbeit der Steuerfahndung dar.

    Die Handlung und alle in meinem Roman auftretenden Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Kapitel 1 Aktion in der Stadt

    „Na du Landei, schon wieder verfahren?"

    Tom Möller, Steuerfahnder beim örtlichen Finanzamt und Leiter der Ermittlungsgruppe Schwarzmeer, wollte sich um 6:30 Uhr mit seinen Kollegen in den Räumlichkeiten der Bereitschaftspolizei zu einer Einsatzbesprechung treffen. Alle Abteilungen der Steuerfahndung waren heute Morgen in einer gemeinsamen Durchsuchungsaktion mit der Polizei unter Leitung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft unterwegs.

    Als verantwortlicher Ermittlungsführer der Ermittlungsgruppe „EG Schwarzmeer" hat Tom die für heute angesetzte Durchsuchungsaktion seit Tagen akribisch geplant. Die Ermittlungsgruppe bildet innerhalb der Steuerfahndung eine eigene Organisationseinheit bestehend aus Tom und sechs weiteren Fahndern. Die restlichen Abteilungen waren heute zur Unterstützung der Durchsuchungsmaßnahmen eingeteilt.

    Die Ermittlungsgruppen der Steuerfahndung sind vergleichbar mit den aus Film und Fernsehen bekannten Ermittlungsgruppen der Polizei, die auch Sonderkommissionen oder kurz Sokos genannt werden. Diesen EGs wird zu Beginn der Ermittlungen ein griffiger Name gegeben, damit Post, E-Mails usw. direkt an die zuständigen Bearbeiter weitergeleitet werden können. Während einer kleinen Kaffeepause in der Dienststelle hatten die Mitglieder der Ermittlungsgruppe nach einem Namen für die EG gesucht. Paul Ehrler, ein langjähriger Kollege und Freund von Tom, hatte die Initialzündung für einen treffenden Namen und verdiente sich damit ein kühles Feierabendbier.

    Tom musste beim Gedanken an den Namen „EG Schwarzmeer" schmunzeln. Der könnte nicht passender sein, da es sich bei den Personen, auf die sich die Ermittlungen derzeit fokussieren, hauptsächlich um Türken, Bulgaren und Rumänen handelt, also alle aus Ländern, die am Schwarzen Meer liegen.

    Bei der Steuerfahndung werden EGs für die Ermittlung von bedeutenden Steuerstraftaten oder wie bei der EG Schwarzmeer beim Verdacht einer bandenmäßigen Steuerhinterziehung zusammengestellt. Die EG Schwarzmeer war aktuell für die Ermittlungen von Straftaten im Bereich Geldspielautomaten, Abdeckrechnungen im Baugewerbe, Securitybranche, Dönerbuden und Prostitution zuständig.

    Tom hatte sich vor Beginn der Ermittlungen mit seinem Sachgebietsleiter Emir Turan zusammengesetzt, um das Team zusammenzustellen. Beide wussten, dass neben der Qualifikation der einzelnen Teammitglieder auch die Chemie zwischen allen passen musste. Hinzu kam, dass die Fahnder die Ermittlungen an ihre eigenen, aktuellen Fällen, zurückstellen mussten. Weitere Kriterien waren die Bereitschaft auch mal am Wochenende zu arbeiten und vor allem war absolute Teamfähigkeit gefordert. Für diese im Dienstleistungsbereich zu führenden Strafverfahren waren auch spezielle Kenntnisse erforderlich, die Tom und alle Kollegen der EG bei der Arbeit an früheren Verfahren gewonnen hatten. Tom selbst – 50 Jahre alt und vom Dienstgrad her Oberamtsrat - war schon seit Jahren in diesem Sektor tätig. Er wurde von der Staatsanwaltschaft als Ermittlungsführer und Koordinator zwischen Staatsanwaltschaft, Polizei und Steuerfahndung eingesetzt.

    Heute morgen waren er und weitere Kollegen seines Teams zum Treffpunkt bei der Polizei unterwegs: Der IT-Spezialist Steffen Becker, der im Rahmen der Durchsuchungen für die Datensicherung verantwortlich war, außerdem noch Noah, Mareike, Svenja, Mats und Paul - alle hochqualifizierte Steuerfahnder und Ermittlungspersonen für die Staatsanwaltschaft. Weitere Steuerfahnder aus der Dienststelle unterstützten die Durchsuchungshandlungen und würden danach wieder an ihren eigenen Fällen weiterarbeiten.

    Die Fahrt zur Einsatzbesprechung war für Tom wie immer purer Stress, da sich eine Fahrt mit dem Auto durch das Labyrinth der Quartiere mit ihren Einbahnstraßen für ihn immer noch als schwierig erwies. Tom war zwar nach über 20 Jahren Fahndungsdienst ortskundig, aber eine Baustelle brachte ihn dann doch kurzfristig aus dem Konzept.

    Die nörgelnde Susi „Wenn möglich bitte wenden!" half da auch nicht wirklich weiter.

    Aber etliche Quartiere später hatte er es geschafft. Tom fuhr um 6:28 Uhr auf den Hof der Polizei, seine Kollegen erwarteten ihn bereits. Breit grinsend kam Paul Ehrler auf ihn zu:

    „Na du Landei, schon wieder verfahren?"

    Tom ließ das kommentarlos in der frostigen Morgenkälte stehen. Die Bemerkung von Paul bezog sich darauf, dass Tom seit Jahren ca. 40 Kilometer von der Stadt entfernt auf dem Land wohnt. Tom begab sich ohne schuldhaftes Zögern in den riesigen Besprechungsraum der Bereitschaftspolizei. Paul und die Kollegen der EG Schwarzmeer folgten ihm zusammen mit den restlichen Steuerfahndern.

    „Jetzt können wir ja anfangen…"

    Sie wurden von den Kollegen der Polizei bereits erwartet. Mit den Worten: „Jetzt können wir ja anfangen,"

    eröffnete der Polizeipräsident der Stadt die Einsatzbesprechung. Paul, sonst für jeden Spruch zu haben, verzichtete Tom gegenüber auf weitere Kommentare und sie lauschten der Ansprache des Herrn Präsidenten. Nach einer kurzen Begrüßung übergab er das Wort an den Einsatzleiter der Polizei, Thilo Werner, welcher auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei zuständig war.

    Die Einsatzbesprechung diente der letztmaligen Absprache und Koordinierung der Durchsuchungen, die an diesem frühen, kalten Aprilmorgen zeitgleich um 8:00 Uhr an sieben Einsatzstellen in der Innenstadt und der weiteren Umgebung beginnen sollten.

    Herr des Verfahrens war der neben dem Rednerpult sitzende Erste Staatsanwalt (EStA) Nicolas Mölders von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität, ein brillanter, oft schlecht gelaunt wirkender 40 jähriger Jurist. Tom und seine Kollegen kannten Nicolas schon seit Jahren und waren per du mit ihm. Nicolas hielt sich erfahrungsgemäß in solchen Einsatzbesprechungen immer zurück, da vorrangig die logistischen Abläufe für heute Morgen besprochen werden sollten. Dabei war die Polizei federführend. Sie hatte sozusagen das Kommando während der Durchsuchungsaktion.

    Die Steuerfahnder, hier speziell die EG Schwarzmeer, waren als Ermittler in Bezug auf Steuerhinterziehung in die Aktion eingebunden. Mit den Sachverhalten waren alle Fahnder schon durch Vermerke, Grafiken, Tabellen und intensiver Vorbesprechungen bestens vertraut. Sie hatten nach Ablauf des Verfahrens die Ermittlungsergebnisse an EStA Nicolas Mölders zu berichten.

    Die Polizei stellte an diesem Morgen mit Sondereinsatzkommandos, Schutzpolizei, Bereitschaftspolizei und Kriminalpolizei ein beeindruckendes Kontingent von insgesamt 30 Personen. Diese waren im Rahmen der heutigen Aktion für die Sicherheit der beteiligten Kollegen und die Sicherung der Durchsuchungsobjekte verantwortlich.

    Der im Strafverfahren beschuldigte Yusuf Aslan - ein 28-jähriger türkischstämmiger Deutscher - und dessen Umfeld waren quasi alte Bekannte der Polizei. Die Gruppe um Yusuf Aslan fiel der Polizei schon seit Jahren im Bereich bandenmäßiger Betrug, Prostitution und verschiedener Gewaltdelikte auf. Tom war vor einigen Wochen im Verlauf von Vorermittlungen aufgrund einer Anzeige zum Ergebnis gekommen, dass gegen Yusuf Aslan - zusätzlich zu dessen polizeibekannten Aktivitäten - auch der Verdacht auf Steuerhinterziehung in großem Ausmaß bestand. Die Staatsanwaltschaft hatte nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens Polizei und Steuerfahndung für die heutige, gemeinsame Aktion zusammengeführt.

    Die Polizisten waren ausschließlich für heute Morgen zugeteilt, sie waren bewaffnet und speziell für Durchsuchungen ausgerüstet. Dies kam besonders Tom und seinen Kollegen zugute, da die Bundesländer ihrer „Steuerpolizei" aus Kostengründen lediglich Schutzwesten zur Verfügung stellten. Tom erinnerte sich gerade an die letzte Talkshow, die er sich im Fernsehen angesehen hatte. Darin hatte der Ministerpräsident die Grundgedanken seiner Politik verkündet:

    „Oberste Priorität im Land hat der Umweltschutz und der Schutz bedrohter Tiere."

    Die Steuerfahnder gehören offensichtlich nicht dazu. Sie waren zusammen mit Staatsanwalt Nicolas Mölders, der in Bezug auf die Ausrüstung ihr Schicksal teilte, als einzige in Zivil unterwegs. Darüber trugen sie einfache Schutzwesten. Es beruhigte Tom, dass für die heutige Durchsuchung die Sicherheit der Aktionen und eventuelle Verhaftungen der Polizei zufielen. Svenja Römer, die zur Rechten von Tom Platz genommen hatte, plagten offensichtlich die gleichen Gedanken. Sie flüsterte Tom zu:

    „Ich bin froh, dass die Polizei dabei ist, die Vorstrafen von Aslan und den Kumpels aus seinem Umfeld sind beeindruckend."

    Svenja war innerhalb der Ermittlungsgruppe für die Abklärung der persönlichen Daten der in Verdacht geratenen Personen zuständig und hatte dazu auch deren Vorstrafenregister eingesehen. Heute hatte sie endlich die Möglichkeit, die Steuerstraftaten des Beschuldigten und anderer türkischer Unternehmer aufzuklären, die schon lange in ihrer geliebten Heimatstadt aktiv waren - eine Aufgabe, die ihr sehr am Herzen lag.

    Der Einsatzleiter der Polizei, Thilo Werner, ein hochdekorierter Kollege aus dem Führungsstab des Polizeipräsidiums der Stadt und Pressesprecher begann mit seinen Ausführungen. Er stellte aufgrund der bisherigen Erkenntnisse der Polizei mit kurzen, markigen Worten die Straftaten vor, die Yusuf Aslan und den polizeibekannten Personen aus seinem Umfeld zur Last gelegt wurden. Es handelte sich dabei – wie von Svenja auch festgestellt - nach seinen Worten um „das übliche Betätigungsfeld" der Beschuldigten, dem Glücksspiel an Geldautomaten in den Spielhallen, einhergehend mit Betrug, Erpressung, Drogen und Prostitution.

    Thilo meinte dazu noch ergänzend:

    „Aslan selber war in diesem Bereich vor einigen Jahren auffällig unterwegs. Aktuell sind eher seine Freunde aus der Poser-Szene und Shisha-Bars im Fokus unserer Ermittlungen. Jetzt haben aber auch die Steuerfahnder Aslan am Wickel."

    Mit seinem Blick auf Tom gerichtet fuhr er fort:

    „Denn last but not least, weshalb wir auch die heutigen Durchsuchungen gemeinsam durchführen, geht es diesmal um bandenmäßige Steuerhinterziehung."

    Dabei lächelte er in die Runde der anwesenden Steuerfahnder, da das „last but not least" ausschließlich deren Job war. Und der war nicht einfach.

    Die EG Schwarzmeer führte bereits verschiedene Steuerstrafverfahren im Bereich Sicherheitsgewerbe, Baugewerbe und Dönerbuden. Heute ging es um Spielhallen, die auch schon länger im Fokus der EG Schwarzmeer standen. Begonnen hatte es damit, dass seit geraumer Zeit beim Bereitschaftsdienst der Steuerfahndung immer wieder per Mail und Telefon Anzeigen eingingen. Sie richteten sich u.a. gegen Yusuf Aslan und gegen verschiedene Personen aus dem gerade von der Polizei beschriebenem „Milieu" in der Stadt. Dabei ging es auch um vermeintlich manipulierte Geldspielgeräte in Spielhallen.

    Die Anzeigen führten zunächst zu Strafverfahren gegen Verantwortliche von Bau- und Security-Firmen und Vorermittlungen gegen den Betreiber einer Döner-Kette. Für den Bereich Geldspielautomaten waren die Anzeigen bis vor Kurzem nicht dezidiert genug, um Vorermittlungen in die Wege zu leiten. Nachdem aber eine Anzeigerin während des Bereitschaftsdienstes von Tom Anfang März Manipulationen eines türkischen Spielhallenbetreibers namens Yusuf Aslan mit Wohnsitz in der Stadt unter angeblicher Mithilfe seines Steuerberaters Karl Wendig geschildert hatte, wurde mit Vorermittlungen begonnen.

    „Deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund…"

    Diese Ermittlungen führten Ende März zur Einleitung eines Verfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Yusuf Aslan. Die ortsansässige Schwerpunktstaatsanwaltschaft hatte das Verfahren übernommen. Die Steuerfahndung hat zwar ihre „hauseigene Staatsanwaltschaft" beim Finanzamt, die Straf- und Bußgeldsachenstelle. Deren Zuständigkeit endet aber, wenn es sich um eine sogenannte Haftsache handelt oder wenn sich der zu erwartende Steuerschaden in einem hohen fünfstelligen Bereich bewegt. Bei dem beschuldigten Yusuf Aslan trafen nach den ersten Ermittlungen und der Verifizierung der Angaben der Anzeigerin beide Faktoren - Anregung eines Haftbefehls und die Höhe der zu erwartenden Steuerschuld im hohen fünfstelligen Bereich - zu, weshalb die Staatsanwaltschaft zuständig war.

    Die Vorermittlungen, die aufgrund der Anzeige geführt worden waren, hatten ergeben, dass Aslan deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund war. Er war ledig und hatte seinen Wohnsitz innerhalb Deutschlands mehrfach verlegt, zeitweise war sein Aufenthaltsort nicht bekannt. Aslan wohnte nach den Recherchen von Svenja aktuell in einer kleinen Mietwohnung in einem sechsstöckigen Hochhaus am Rande der Innenstadt-Quartiere.

    Im Rahmen der Gewinnermittlungen für seine fünf Spielhallen erklärte Aslan in den letzten Jahren Umsätze zwischen 130.000 Euro und 140.000 Euro und Gewinne zwischen 10.000 Euro und 16.000 Euro jährlich. Für das letzte Jahr wurden noch keine Steuererklärungen eingereicht. Für das aktuelle Jahr lagen Umsatzsteuer-Voranmeldungen vor. Es wurden monatliche Umsätze in Höhe von 10.000 Euro bis 12.000 Euro vorangemeldet.

    Mit ihrer Anzeige gegen Yusuf Aslan übergab die Anzeigerin an Tom Kopien von verschiedenen Schriftstücken in türkischer Sprache und Auslesestreifen von Geldspielautomaten. Emir Turan, der Sachgebietsleiter und gleichzeitig Chef der EG Schwarzmeer, hatte die Schriftstücke übersetzt. Danach war Yusuf Aslan aufgrund einer türkischen Eigentumsurkunde seit zwei Jahren Eigentümer einer Villa in der Nähe von Bodran an der türkischen Schwarzmeerküste. Der Wert der Villa wurde in diesem „Tapu mit umgerechnet 450.000 Euro beziffert. Weiter legte die Anzeigerin ein Bündel Auslesestreifen von Geldspielgeräten im Original vor. Diese Auslesestreifen waren an einen Zettel angeheftet. Auf diesem Zettel befand sich eine handschriftliche Notiz „Yusuf Nakit yatirmak, Ocak Bodran 30.000 Euro. Übersetzt bedeutet das sinngemäß „Yusuf Bargeldeinzahlung Januar Bodran 30.000 Euro."

    Zu der Herkunft der Unterlagen teilte die Anzeigerin mit, dass sie das „Tapu", was immer das auch sei, im Tresor ihres Mannes, Manni Drechsler, vorgefunden hätte. Sie habe davon eine Kopie gefertigt und das Original im Tresor belassen. Die Auslesestreifen bringe immer Yusuf zu ihrem Mann, der würde dann die Streifen im Tresor aufbewahren. Nach vier bis fünf Tagen riefe Yusuf bei ihrem Mann an, um ihm mitzuteilen, dass er die Auslesestreifen vernichten solle. Dies habe sie dann auf Anweisung ihres Mannes auch getan. Da sie aber schon lange mit dem Gedanken gespielt hatte, eine Anzeige gegen diesen Yusuf beim Finanzamt zu erstatten, hatte sie die Auslesestreifen für Januar beiseite geschafft.

    Seltsamerweise habe Yusuf seit Februar keine Auslesestreifen mehr gebracht. Sie habe deshalb Angst, dass Yusuf oder ihr Mann etwas bemerkt haben könnten. Dieser Yusuf sei ein Freund ihres Mannes und ziehe mit ihm zusammen in letzter Zeit immer öfters nachts durch die Kneipen und Shisha-Bars.

    Ihr Mann besitze in den Quartieren Mietshäuser. Er vermiete die Wohnungen überwiegend an Ausländer, die u.a. von Yusuf an ihn vermittelt werden. Von einem bulgarischen Mieter sei ihr auch zugetragen worden, dass ihr Mann ein Verhältnis mit einer Olga hätte. Olga betreibe in der Stadt ein Bordell, in dem sich ihr Mann mit Yusuf und anderen Typen öfters treffen würden. Weiter sei ihr noch bekannt, dass Yusuf seine Steuererklärungen mit Hilfe eines illegalen Steuerberaters oder Buchhalters namens Karl Wendig gefertigt habe.

    Mehr wolle sie zu den ganzen Umständen aktuell nicht sagen. Sie übergab Tom zum Schluss ihre Visitenkarte mit ihren Namen, Monika Drechsler, und ihrer Handy-Nummer.

    Tom hatte Mareike die Auslesestreifen zur weiteren Bearbeitung übergeben. Aufgrund von allgemein gültigen Erfahrungssätzen im Bereich Geldspielautomaten führte Mareike zunächst eine Nachkalkulation durch. Danach kam sie bei 40 Konzessionen, die Aslan für die Geldspielgeräte bei der Stadt beantragt hatte, auf einen monatlichen Umsatz von ca. 55.000 Euro. Als zweite Kalkulationsgrundlage dienten die Auslesestreifen. Es handelte sich tatsächlich um Auslesestreifen von 40 Geldspielautomaten mit einem Gesamtumsatz für Januar in Höhe von 57.600 Euro. Von Aslan waren bisher monatlich zwischen 10.000 Euro und 12.000 Euro vorangemeldet worden. Damit war zumindest schlüssig, dass dem Finanzamt monatlich zwischen 45.000 Euro und 47.000 Euro nicht gemeldet wurden und quasi als „Beute" zur Verfügung stehen konnten. Dazu passte der Vermerk, dass vermutlich 30.000 Euro, wie oft und von wem auch immer, in die Türkei geschafft wurden.

    Alle Steuererklärungen, die von Yusuf Aslan seit Gründung seiner Firma vor sieben Jahren beim Finanzamt für die Spielhallen eingereicht wurden, hatte laut Aktenlage Aslan selbst gefertigt. Dies widersprach den Angaben der Anzeigerin, aber die Form der Gewinnermittlungen und Erklärungen deutete darauf hin, dass sie von einem Profi gefertigt wurden. Unter Berücksichtigung der Erkenntnis, dass dieser Yusuf Aslan in Bodran eine Villa im Wert von 450.000 Euro besaß, führte Mareike die entsprechenden Geldverkehrsrechnungen und Kalkulationen durch.

    Basis der Berechnungen bildeten zum einen die konkreten Daten aus den vorgelegten Auslesestreifen für Januar, hochgerechnet auf sieben Jahre, und zum anderen Berechnungen aufgrund von Erfahrungswerten bei erteilten 40 Konzessionen. Danach bestand der Verdacht, dass Aslan aufgrund falscher Angaben in seinen Erklärungen seit Gründung der Firma insgesamt über eine Million Euro Steuern hinterzogen hatte. Damit war es ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung. Die vergangenen sieben Jahre seit der Firmengründung waren strafrechtlich nicht verjährt und konnten somit überprüft werden.

    Die Vorermittlungen von Svenja, die für die Personenabklärung zuständig war, ergab in Bezug auf den mit angezeigten Steuerberater Karl Wendig, dass ihm schon vor Jahren die Zulassung als Steuerberater entzogen worden war. Aktuell betrieb er in den Quartieren ein Buchhaltungsbüro.

    Unter Berücksichtigung der persönlichen und steuerlichen Verhältnisse bestand bei Yusuf Aslan der Verdacht auf Hinterziehung von Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer. Außerdem bestand akute Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Er hatte immer wieder wechselnde Wohnsitze, war zeitweise unbekannt untergetaucht und besaß Immobilien im Ausland. Aufgrund seines türkischen Migrationshintergrunds war zu vermuten, dass er Verbindungen ins Ausland hatte. Zudem erwartete ihn bei über einer Million Euro hinterzogenen Steuern eine hohe Haftstrafe. Seitens der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität wurde deshalb das Steuerstrafverfahren übernommen und gleichzeitig beim örtlichen Amtsgericht ein Haftbefehl gegen Yusuf Aslan angeregt.

    „…länger als eine Rolle Klopapier…"

    Der Haftbefehl gegen Aslan, erlassen durch das zuständige Amtsgericht, lag zwischenzeitlich vor. Die Verhaftung sollte die Polizei vornehmen. Und das war auch gut so. Das Vorstrafenregister von Aslan war länger als eine Rolle Klopapier und umfasste unter anderem Delikte wegen Körperverletzung, Erpressung und Drogen. Deshalb mussten bei der Festnahme Profis ran. Tom und seine Kollegen dürften als Steuerfahnder zwar auch Verhaftungen vornehmen, waren dafür aber nur mittels Crashkursen mehr schlecht als recht ausgebildet.

    Für Karl Wendig reichten nach Auffassung von Staatsanwalt Nicolas Mölders die Ergebnisse der Vorermittlungen für die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens nicht aus, da sich die Beschuldigungen in Bezug auf ihn lediglich auf die Angaben der Anzeigerin stützten. Diese Angaben könnten aber derzeit noch nicht verifiziert werden. Nicolas regte jedoch einen Durchsuchungsbeschluss für die Büroräume von Karl Wendig als beteiligter Dritter gem. § 103 StPO an. Dieser Beschluss vom Amtsgericht sollte mit vollzogen werden.

    Die weiteren Vorermittlungen der EG Schwarzmeer erbrachten auch die Erkenntnis, dass Aslan in der Stadt in der Autoposerszene unterwegs war. Dazu gehören vor allem Personen mit Migrationshintergrund, die mit ihren PS-Boliden bei jeder sich bietenden Gelegenheit durch die Innenstadt rasen und mit ihrem Fahrzeug testosterongesteuert protzen. Vereinzelte Kontrollen in Bezug auf die Eigentümer dieser Fahrzeuge durch die Polizei gehen meistens ins Leere, weil die Poser selbst nicht als Halter der Fahrzeuge registriert sind.

    Yusuf Aslan wurde vor einiger Zeit anlässlich einer Polizeikontrolle erwischt. Er hatte dabei gegenüber der Polizei angegeben, dass er den Mercedes Benz AMG C63S für die eine Fahrt von einem Freund ausgeliehen hätte, der auch als Halter im Fahrzeugbrief eingetragen war. Als Eigentümer des Fahrzeugs konnte die Polizei eine Leasingfirma namens Ömer-Car UG aus der Stadt ermitteln.

    Bei einer UG (Unternehmergesellschaft) handelt es sich um eine Sonderform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Sie ist bei Neugründungen, insbesondere im Dienstleistungsgewerbe sehr beliebt, da für ihre Gründung in der Regel ein Mindeststammkapital von einem Euro ausreicht. Als Geschäftsführer werden oft Strohmänner eingesetzt, die in die tatsächlichen Aktivitäten der Firmen keinen Einblick haben. Sie sind rein rechtlich zwar verantwortlich, können aber strafrechtlich oftmals nicht belangt werden. Meistens tauchen sie nach Beginn eines Strafverfahrens ins Ausland ab.

    Tom dachte mit Groll daran zurück, dass führende Politiker bei Einführung der Unternehmergesellschaften propagierten, dass damit Firmen-Neugründungen erleichtert werden sollten. Später wurde auch lauthals verkündet, dass Firmenneugründungen seit Einführung dieser Gesellschaftsform sprunghaft nach oben gegangen seien und das insbesondere, weil Personen mit Migrationshintergrund diese Gesellschaftsform nutzen würden. Sie würden damit einen wertvollen Beitrag zur wirtschaftlichen und kulturellen Fortentwicklung in Deutschland leisten. Es sei auch ein Beweis dafür, dass auf dem Wirtschaftssektor die Integration voll im Gange wäre. So kann man das der Öffentlichkeit natürlich auch verkaufen.

    Tom und seine Kollegen hatten aber mit diesem Beitrag zur wirtschaftlichen Fortentwicklung täglich zu tun, da ein Großteil dieser Firmen ihren steuerlichen Verpflichtungen in keinster Weise nachkam. Es entstand dadurch in Deutschland ein erheblicher Steuerschaden. Die in diesen Firmen generierten Schwarzgelder wurden häufig nicht in Deutschland reinvestiert, um damit wenigstens die Volkswirtschaft anzukurbeln. Tatsächlich ging der größte Anteil dieser Gelder postwendend ins Ausland und war damit dem Zugriff des deutschen Staates entzogen. Diese UGs spielen auch in der Poser-Szene eine Rolle, da zur Verschleierung der tatsächlichen Eigentümer der Autos Leasingfirmen wie die ÖmerCar UG zwischengeschaltet waren.

    Bei früheren Strukturermittlungen von Mareike in Bezug auf die Poser-Szene hatte sich dazu ein bestimmtes Schema abgezeichnet. Danach war die Suche bezüglich der tatsächlichen Eigentümer schwierig, da in der Regel im Kraftfahrzeugbrief als Halter Personen oder Firmen eingetragen waren, die mit den Fahrzeugen nichts zu tun haben. Als Leasinggeber für diese Autos war die Firma ÖmerCar UG einschlägig bekannt.

    Diese bestellte in der Regel bei Händlern von Nobelmarken hochpreisige Fahrzeuge. Die Ermittlungen von Mareike bei der ÖmerCar UG ergaben damals, dass die Bezahlung an die Autohändler durch die Leasinggesellschaft mittels Banktransfers erfolgte. Der Leasinggesellschaft wurde zuvor der gesamte Kaufpreis vom tatsächlichen Käufer in bar überlassen und in der Regel bei einer ausländischen Bank deponiert. Die Gelder wurde dann mit einer hohen Leasingsonderzahlung und den fälligen Leasingraten verrechnet.

    Diese „Barzahler konnten bisher über die Leasinggesellschaft nur selten ermittelt werden, da die dazu durchgeführten Vernehmungen wegen eklatanter Gedächtnislücken der vernommenen Zeugen zu keinem Ergebnis führten. Die Vermutung lag aber nahe, dass es sich bei dem Bargeld um schwarz generierte Gelder der bei der Fahrzeugkontrolle erwischten Fahrer handelte. Durch die Zwischenschaltung von Leasingfirmen wurde Bargeld in den Bankenkreislauf gebracht und damit „gewaschen. Sinn und Zweck dieser ganzen Aktionen war, den „Bargeldeinzahler" zu verschleiern.

    Mareike stellte im Rahmen der Vorermittlungen dazu weiter fest, dass diese Art „Geldwäsche" insbesondere von den Clans in der Stadt unter anderem für den Kauf ihrer PS-Boliden genutzt wurde.

    Es lag deshalb auch bei Yusuf Aslan der Verdacht nahe, dass er den Mercedes aus seinen nicht versteuerten Spielhallengewinnen bezahlt hatte. Damit wäre auch die Mittelherkunft - das heißt: Woher hatte Aslan das Geld, um so ein Auto zu bezahlen? - erklärbar. Laut Polizei war im Fahrzeugschein, den Aslan bei sich führte, ein Sozialhilfeempfänger aus der Stadt als Halter eingetragen.

    Mareike legte deshalb im Rahmen der Vorermittlungen eine Spurenakte an, wonach die Mittelherkunft noch zu verifizieren sei. Dies sollte durch Vernehmungen bei der Leasinggesellschaft nachgewiesen werden. Da die Gefahr bestand, dass Zeugen nach ihrer Vernehmung Informationen an die Betroffenen bzw. Beschuldigten weitergeben würden, sollten die Vernehmungen aus taktischen Gründen erst nach den Durchsuchungen erfolgen.

    „Bist du sicher, dass da keine Kugel…"

    Tom hing noch diesen Gedanken nach, als er durch ein pochendes Geräusch an seiner Seite aufgeschreckt wurde. Zu seiner Linken saß eine Polizistin in voller Schutzkleidung, zusätzlich mit einer an diesem frühen Morgen wohl nicht unbedingt notwendigen Sonnenbrille, die sie gekonnt in ihrem Haar drapiert hatte, ausgestattet. Sie blickte den verdutzten Tom gelangweilt an und fragte ihn, ob er helfen könne. Tom wusste zwar in dieser Sekunde beim besten Willen nicht, wobei er ihr helfen sollte, fragte aber leise an, was er tun könne. Genervt kam die Antwort seiner Sitznachbarin:

    „Ich habe heute schon mehrmals vergeblich versucht, das klemmende Magazin aus meiner Pistole zu bekommen. Gerade habe ich es noch einmal probiert."

    Sie schlug nochmals demonstrativ den Kolben der Waffe auf ihren Stuhl. Tom wurde schlagartig bleich. Er hatte keinerlei Waffenkenntnisse, wusste aber aus Erzählungen und Zeitungsberichten, dass das ein gefährliches Unterfangen sein kann. Ihm hatte sich in das Gedächtnis eingebrannt, dass sich eine noch im Lauf befindliche Kugel plötzlich lösen kann und das unter Umständen mit tödlichen Folgen. Mit einer abwehrenden Geste Richtung Waffe fragte Tom nach:

    „Bist du sicher, dass da keine Kugel mehr im Lauf…„.

    Die Antwort kam sofort, sozusagen wie aus der Pistole geschossen: „Meinst du, ich bin blöd, natürlich sind das Magazin und der Lauf leer."

    Von der Situation sichtlich angespannt wies Tom seine Nachbarin darauf hin, dass er von der Steuerfahndung sei und keinerlei Waffenkenntnisse habe. Die Polizistin drehte sich daraufhin zu ihrem linken Nachbarn hin. Tom hörte nur ein kurzes, aber intensives Gemurmel. Ihr Sitznachbar nahm ihr kopfschüttelnd die Waffe weg,

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