Die Übung, in Gottes Gegenwart zu sein: Sein Leben, seine Gespräche, Briefe und spirituellen Lehrsätze
Von Bruder Lorenz
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Über dieses E-Book
Bruder Lorenz empfiehlt die einfache und doch sehr anspruchsvolle Übung, sich Gottes Gegenwart ständig bewusst zu sein und in diesem Bewusstsein zu leben (und wenn die Zeit kommt, auch zu sterben). Er tat dies ganz praktisch in seinem Alltag als Koch und später als Schuster (Sandalenmacher) des Klosters.
Abbé de Beaufort sagte er einmal: "Für mich unterscheidet sich die Zeit des Handelns nicht von der Zeit des Gebetes, und im Lärm und Getöse meiner Küche, während mehrere Personen zusammen nach ebenso vielen verschiedenen Dingen rufen, besitze ich Gott in so großer Ruhe wie auf den Knien vor dem Allerheiligsten Sakrament. Manchmal wird mein Glaube sogar so klar, dass ich fast glaube, ihn verloren zu haben. Die Schatten, die unsere Sicht gewöhnlich verschleiern, scheinen zu fliehen, und es beginnt der Tag zu dämmern, der ohne Wolken und ohne Ende sein soll, der herrliche Tag des kommenden Lebens."
Für ihn unterschieden sich die Gebetszeiten nicht mehr von den Zeiten, die er in der umtriebigen Küche verbrachte. Alltag und spirituelles Leben waren für ihn eins geworden. Ebenso näherte er sich in seiner kompromisslosen Übung dem, was die christliche Mystik die "Unio Mystica" nennt, die Vereinigung oder Einheitserfahrung mit Gott. Sein direkter Ansatz ist heute so praktisch wie damals.
Das Quellenmaterial über Bruder Lorenz ist spärlich. Die Herausgeberin und Übersetzerin Gabriele Ebert hat daraus eine Biografie zusammengestellt und die Texte nach alten englischen Ausgaben übertragen.
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Buchvorschau
Die Übung, in Gottes Gegenwart zu sein - Bruder Lorenz
Inhalt
Einleitung
Zum Leben von Bruder Lorenz
Der Charakter von Bruder Lorenz als seine Lehre
Gespräche mit Bruder Lorenz
Einleitung
Erstes Gespräch
Zweites Gespräch
Drittes Gespräch
Viertes Gespräch
Briefe von Bruder Lorenz
Einleitung
Erster Brief
Zweiter Brief
Dritter Brief
Vierter Brief
Fünfter Brief
Sechster Brief
Siebter Brief
Achter Brief
Neunter Brief
Zehnter Brief
Elfter Brief
Zwölfter Brief
Dreizehnter Brief
Vierzehnter Brief
Fünfzehnter Brief
Die spirituellen Maximen (Lehrsätze) von Bruder Lorenz
Einleitung
Die spirituellen Maximen
Über die nötige Praxis, um ein spirituelles Leben zu erlangen
Wie wir Gott im Geist und in der Wahrheit anbeten müssen
Die Einheit der Seele mit Gott
Über die Gegenwart Gottes
Mittel zur Erlangung der Gegenwart Gottes
Von den Vorteilen der Gegenwart Gottes
Gesammelte Gedanken von Bruder Lorenz
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die kleine Schrift über den spirituellen Weg des Karmeliterbruders Lorenz von der Auferstehung, der im 17. Jh. in Paris lebte, ist ein kleines Juwel christlicher Weisheit.
Bruder Lorenz empfiehlt die einfache und doch sehr anspruchsvolle Übung, sich Gottes Gegenwart ständig bewusst zu sein und in diesem Bewusstsein zu leben (und wenn die Zeit kommt, auch zu sterben). Er tat dies ganz praktisch in seinem Alltag als Koch und später als Schuster (Sandalenmacher) des Klosters.
Abbé de Beaufort sagte er einmal: „Für mich unterscheidet sich die Zeit des Handelns nicht von der Zeit des Gebetes, und im Lärm und Getöse meiner Küche, während mehrere Personen zusammen nach ebenso vielen verschiedenen Dingen rufen, besitze ich Gott in so großer Ruhe wie auf den Knien vor dem Allerheiligsten Sakrament. Manchmal wird mein Glaube sogar so klar, dass ich fast glaube, ihn verloren zu haben. Die Schatten, die unsere Sicht gewöhnlich verschleiern, scheinen zu fliehen, und es beginnt der Tag zu dämmern, der ohne Wolken und ohne Ende sein soll, der herrliche Tag des kommenden Lebens."
Für ihn unterschieden sich die Gebetszeiten nicht mehr von den Zeiten, die er in der umtriebigen Küche verbrachte. Alltag und spirituelles Leben waren für ihn eins geworden. Ebenso näherte er sich in seiner kompromisslosen Übung dem, was die christliche Mystik die „Unio Mystica" nennt, die Vereinigung oder Einheitserfahrung mit Gott. Sein direkter Ansatz ist heute so praktisch wie damals.
Das Quellenmaterial über Bruder Lorenz ist spärlich. Für die von mir erstellte Biografie habe ich die im Literaturverzeichnis angegebenen Bücher verwendet, für die Gespräche und Briefe: Brother Lawrence: The Practice of the Presence of God, Fleming H. Revell Company New York and London, 1895 und für die Maximen, die Biografie von Abbé de Beaufort (Der Charakter von Bruder Lorenz) sowie die Gesammelten Gedanken: The Spiritual Maxims of Brother Lawrence, London, H.R. Allenson, 1907, sie aber teils in eine etwas modernere Sprache übertragen.¹
Ich denke, die kleine Schrift spricht für sich selbst, und hoffe, dass sie für den Leser/die Leserin eine wertvolle Hilfe ist.
In der Osterzeit 2023
Gabriele Ebert
¹ Die Übersetzung der Schriften von Bruder Lorenz in dem Büchlein „All meine Gedanken sind bei dir" (s. Literaturverzeichnis) fußt im Gegensatz dazu auf der alten deutschen Übersetzung von Gerhard Tersteegen. Die Briefe haben dort eine andere Anordnung, und es sind 16 anstatt 15. Auch gibt es weitere kleine Unterschiede.
Zum Leben von Bruder Lorenz
Bruder Lorenz, aus einem von Fleming Revell Co. veröffentlichen Buch, 1900
Bruder Lorenz wurde 1611 als Nicholas Herman in Herimenil in der Nähe von Lunéville, Lothringen, einem Herzogtum im Nordosten Frankreichs, geboren. Über sein vorklösterliches Leben ist nicht viel bekannt. Er stammte aus ärmlichen Verhältnissen, und seine Eltern Dominic und Louise waren vermutlich Bauern. Von ihnen lernte er die christlichen Grundlagen, und wir wissen, dass er lesen und schreiben konnte.
Damals wütete der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) in Zentraleuropa. 1632 wurde Lothringen von Frankreich besetzt, und Herzog Karl IV. warb Truppen an, um seine Gebiete zurückzuerobern. Vielleicht trat Nicholas aus Eifer in seine Armee ein, vielleicht aber auch einfach aus Armut und weil es ihm an anderen Möglichkeiten fehlte.
Abgesehen von einigen wenigen disziplinierten, professionellen Einheiten bestanden die meisten Militärkontingente dieser Zeit aus schwer bewaffneten Schlägern, die nicht bezahlt wurden, sondern sich auf Kosten der Zivilbevölkerung durchschlagen mussten. Der erbitterte Hass zwischen protestantischen und katholischen Fraktionen führte zu wechselnden Allianzen kleiner Einheiten, die untereinander Koalitionen schlossen und wieder lösten. Zu der Zeit, als Nicholas diente, kämpften in Lothringen sechs verschiedene Armeen, die sich gegenseitig und die Zivilbevölkerung bekämpften. Es war normal, dass marodierende Heere Dörfer plünderten, Zivilisten ermordeten und ihre Gefangenen erschossen oder erstachen.
1635 kämpfte Nicholas bei Rambervillers, nicht weit von seinem Heimatdorf entfernt. Er wurde von deutschen Truppen gefangen genommen und geriet in den Verdacht, ein Spion zu sein. Sie drohten sogar, ihn zu hängen. Er antwortete furchtlos, dass er nicht das sei, was sie dächten. Durch seinen Mut beeindruckt, ließen die Soldaten ihn schließlich frei. Er kehrte zu seiner Truppe zurück und wurde bei dem Angriff von Rambervillers durch die Schweden verwundet. Fortan hinkte er. Daraufhin wurde er aus der Armee entlassen. Er sprach nie über die Schrecken, die er erlebt hatte, aber die Auswirkungen blieben ihm für den Rest seines Lebens erhalten.
Er schilderte seine spirituelle Erfahrung, die er im Alter von achtzehn Jahren gemacht hatte und die er als seine „Bekehrung" bezeichnete. Als er im Winter einen kahlen, geisterhaft wirkenden Baum sah, der seiner Blätter und aller Lebenszeichen beraubt war, dachte er darüber nach, dass Gott den Baum im zeitigen Frühjahr wieder zum Leben erwecken würde, mit einer Fülle von Blättern und Früchten. Dies war für ihn wie eine Offenbarung.
Nach einer Zeit der Rekonvaleszenz im Haus seiner Eltern suchte Nicholas nach geistiger Erfüllung in der Einsamkeit des Einsiedlerlebens, gab es aber schließlich wieder auf. Anschließend trat er in Paris in die Dienste von William de Fieubet, dem Schatzmeister des Königs von Frankreich. Nicholas diente ihm als Lakai und beschrieb sich selbstironisch als „ein sehr ungeschickter Kerl, der alles kaputt machte".
Als sein Dienst als Lakai endete, war er fest entschlossen, in die Fußstapfen seines Onkels, eines Karmeliten, zu treten. Mitte Juni 1640, im Alter von sechsundzwanzig Jahren, trat er als Laienbruder in das Kloster der unbeschuhten Karmeliten in der Rue Vaugirard in Paris (heute das Institute Catholique) ein und blieb dort bis zu seinem Lebensende. Trotz seiner Unbeholfenheit und seines Mangels an praktischen Fähigkeiten fügte er sich gut in die Gemeinschaft ein.
Die ehemalige Karmeliterkirche St. Josef in der Rue Vaugirard in Paris, Wikimedia Commons, Foto: G. Freihalter, 2012
Durch sein tugendhaftes Handeln gewann er die Achtung aller. Sein Novizenmeister prüfte seine Berufung, indem er ihm verschiedene unangenehme Aufgaben übertrug. Das entmutigte den jungen Ordensbruder jedoch nicht. Einmal kam ein Bruder zu ihm und erzählte, dass sie darüber sprachen, ihn aus dem Kloster zu entlassen, worauf er antwortete: „Ich bin in den Händen Gottes, und Er kann mit mir machen, was Ihm gefällt. Ich handle nicht aus Respekt vor den Menschen. Und wenn ich Gott hier nicht dienen kann, dann tue ich es anderswo."
Am 14. August 1642 beendete er sein Noviziat, legte seine feierlichen Gelübde ab und erhielt den Ordensnamen Bruder Lorenz von der Auferstehung (Fray Laurent de la Résurrection). Die ersten fünfzehn Jahre arbeitete er als Koch