Nichts als Träume: Die Autobiografin hat alle Namen und Orte in ihrer Geschichte verändert. Und doch glaubt sie daran, dass alle, die sagen, sie könnten über ihr Leben ein Buch schreiben, es einfach mal machen sollten
Von Anna S
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Buchvorschau
Nichts als Träume - Anna S
Einleitung
Manchmal denke ich, es ist ein Unding, was ich Ihnen zumuten will. Eigentlich steht es mir gar nicht zu, Sie damit zu konfrontieren, genauso wenig wie Folgendes für mich nicht wirklich zumutbar gewesen war:
1. Eine Kindheit in einem Heim.
2. Ein sexueller Missbrauch im Kleinkindalter.
Es tut mir leid, aber es ist ganz einfach so, dass ich mit dem Älterwerden immer mehr beginne zurückzuschauen. Ich nicht mehr kontrollieren kann und will, was ich erzählen darf und was nicht.
Ich möchte frei sein.
Es ist mein Wunsch mich ganzheitlich zeigen zu dürfen, zumindest da, wo ich es möchte und mein Gegenüber dazu bereit ist.
In lockerer Runde einbringen zu können, dass wir pubertierenden Mädchen damals im Kinderheim jeden Donnerstagabend einen Stapel Unterwäsche ausbessern, also geplatzte Nähte zusammennähen und Namensschildchen in neue Unterwäsche einnähen mussten, wobei wir im Radio die Schlagerbörse hören durften, das tut so gut.
Einfach mal mit anderen Erinnerungen austauschen, ohne dass das Wort Kinderheim schon betroffenes Schweigen auslösen muss.
Es war nicht nur Schweres da, es war auch vieles hilfreich und gut.
Das 2. Trauma hatte viele Nachwirkungen in meinem Leben hinterlassen, die man besser begreifen kann, wenn man die Ursache kennt, bzw. zumindest grundsätzlich davon weiß. Auch wenn sich der sexuelle Missbrauch in meiner Geschichte nur andeutet, und es völlig unnötig ist, sich dort ganz hineinzubegeben, so ist es doch wichtig für mich, es mir anzuschauen, es aufzuarbeiten und es anzunehmen. Nur um es dann wieder gut hinter mir stehen zu lassen.
Ursprünglich habe ich nur für mich geschrieben, getragen von der Sehnsucht – Sprachlosigkeit zu überwinden – was wortwörtlich zu verstehen ist.
Die Traumata hatten mir die Sprache verschlagen.
Zeitweise war ich ganz verstummt oder so eingeschränkt, dass mir keinerlei passende Worte und Formulierungen mehr zugänglich waren.
Aber … wer hätte mir schon zuhören wollen?
Ganz, ganz langsam begann es, dass ein Mensch und noch einer und noch einer bereit war, mein Manuskript zu lesen. Und nicht nur das, es auch zu korrigieren und/oder mit mir in einen Austausch zu gehen. Dieses gemeinsame Nacharbeiten war und ist für mich ein wichtiger weiterer Entwicklungsschritt.
Beispielsweise habe ich zu dem Thema Suizid eine noch deutlichere Haltung gewinnen können und befinde mich auch weiterhin in einem Prozess der Meinungsfindung.
Dafür danke ich Euch sehr herzlich.
Anhand der Korrekturen und auch einem professionellen Lektorat erkannte ich Mängel, Unvollkommenheiten, Brüche – die es einem Leser unmöglich gemacht hätten, den roten Faden meiner Geschichte auch nur annähernd im Auge zu behalten und die Komplexität der Themen zu erfassen.
Jedoch … das Arbeiten mit den Träumen und die freie Assoziation bringen es mit sich, dass immer nur gerade das zum Vorschein tritt, was für den anstehenden Heilungsprozess aktuell, also dran ist und somit ein chronologisches Vorgehen außer Acht lässt.
Und ja … natürlich … es ist subjektiv, und auch die wörtliche Rede ist lediglich aus meiner Erinnerung herausgeschrieben.
Obendrein habe ich beim Schreiben zwischen der dritten und ersten Person gewechselt und es lange nicht bemerkt. So drückte sich sicherlich auch aus, dass es mir oft zu viel wurde und ich Distanz zu meiner eigenen Geschichte brauchte.
Das habe ich weder geändert noch ändern lassen, denn es würde den therapeutischen Prozess verfälschen. Dennoch konnte ich durch die Anmerkungen der Korrekturleser einige Unklarheiten auflösen und begreifbarer formulieren.
Mein Lebenslauf, der Ihnen eine Orientierung geben kann:
1954 – werde ich als erstes Mädchen nach drei Brüdern geboren, ein weiterer Bruder und eine Schwester folgen
1960 – Unterbringung in einem Kinderheim
1967 – habe meinen ersten Freund im Kinderheim, nach 20 Monaten beendet er unsere Beziehung.
1970 – Realschulabschluss, Umzug in ein Mädchenwohnheim, ein Jahr Frauenfachschule
1971 – Umzug in das Internat einer Fachschule für Sozialpädagogik
1973 – Geburt meiner Tochter
1974 – Anerkennung zur staatlich geprüften Erzieherin, Beginn meiner Berufstätigkeit, Gruppenleiterin in einem Kinderheim.
1978 – beruflicher Wechsel in eine öffentliche Schule
1980 – erste Eheschließung/Arbeiter
1981 – Austritt aus der Ev. Kirche
1982 – dreijährige berufsbegleitende sonderpädagogische Zusatzausbildung
1989 – beginne 300 Stunden Psychoanalyse auf der Couch nach S. Freud
19 91 – Ehescheidung
1995 – zweite Eheschließung/ Lehrer
2001 – beginne als ehrenamtliche Mitarbeiterin im Konfirmandenunterricht
2002 – Wiedereintritt in die Ev. Kirche
2003 – berufsbegleitende Fortbildung am Pädagogisch Theologischem Institut
2004 – Mitarbeit in einer Vorbereitungsgruppe für „Gottesdienst am Abend"
2006 – erkranke ich an Depression, mein Mann stirbt unerwartet
2007 – Umzug zu meinem heutigen Lebenspartner
2009 – beende meine Berufstätigkeit, Verrentung
2009 – einjährige Fortbildung zur Sterbebegleiterin, beginne ehrenamtlich im Vorstand des Ambulanten Hospizverein und als Sterbebegleiterin zu arbeiten
2011 – beginne eine Psychoanalyse nach C. G. Jung
2012 – beginne meine Therapie schriftlich zu verarbeiten
2012 – Einjährige Fortbildung zur Trauerbegleiterin – leite ein Trauer Café und eine Trauergruppe
2013 – beginne eine dreijährige Fortbildung: Aura- und Chakren- Behandlung
2014 – beende meine schriftliche Reflexion der Therapie, bin aber weiterhin in Therapie
2014 – nehme seitdem 14 tägig an einer fortlaufenden Traumgruppe nach C. G. Jung teil
2016 – werde zur 1. Vorsitzenden des Hospizverein gewählt
2017 – beginne eine dreijährige Fortbildung: Spirituelle Sterbebegleitung
2019 – beginne eine dreijährige Ausbildung nach C. G. Jung in Verbindung zur Chakren Lehre: Träume verstehen – Traumprozesse begleiten.
Alle Ausbildungen habe ich abgeschlossen. Es war ein langer Weg, der auch mit der Fertigstellung dieses Buches nicht beendet sein wird.
Möglicherweise werden wieder Irritationen, Sprachlosigkeit und Aussprache folgen.
Beim Lesen könnten einige sagen, wie kann sie sich Christin nennen und im nächsten Moment von Reinkarnation sprechen. Andere könnten äußern, dass die Institution Kirche im Laufe der Jahrhunderte dieses und jenes in der Bibel veränderte, was ursprünglich so nicht war.
Manche könnten sich fragen, ob der sexuelle Missbrauch überhaupt stattgefunden hat.
Ich sage, dass ich heute, bei Herausgabe des Buches, selten das Bedürfnis habe, diese Fragen über den Kopf lösen zu wollen. Es erscheint mir auch gar nicht mehr relevant.
Alles was ich dabei empfinde, ist, dass ich durch viel Angst und Leid gegangen bin und sich in mir ein immer weiter werdender Zustand ausgebreitet hat, der sich am ehesten mit den Worten – es ist wie es ist – beschreiben lässt.
Ich bin dankbar für jeden einzelnen Menschen, der bereit ist, sich auf mein Buch/auf meine Lebensgeschichte einzulassen.
Wissend, dass jene, die selbst betroffen sind, es möglicherweise nicht lesen können, aus ernstzunehmender Angst vor Retraumatisierung. Und jene, die nicht betroffen sind, sich nicht unnötig belasten wollen.
Was ich gut nachvollziehen kann.
Und dennoch hoffe ich auf einige, die sich auf meine Geschichte einlassen.
Die – auch wenn es zu dunkel, zu schwierig, zu unverständlich und noch immer nicht fehlerfrei, dennoch weiterlesen, dranbleiben und begreifen wollen.
Ich vertraue darauf, dass es kleine lichtvolle Augenblicke und Begegnungen geben wird und möchte jedem Menschen Mut machen, es zu lesen.
Träume sind unsere ganz persönliche Handschrift. Um dem gerecht zu werden, habe ich sie in Schreibschrift gesetzt.
Für den Titel – Nichts als Träume – habe ich mich entschieden, weil mich die Vieldeutigkeit, die sich darin versteckt, immer wieder zum Lächeln bringt.
Dieses Ab - und Aufwerten, als auch das in Frage stellen oder das philosophische Betrachten, beispielsweise ob die Träume aus dem Nichts kommen und uns wieder dahinführen beziehungsweise die Umkehrung dessen, dass eigentlich unser Leben nur eine Illusion, ein Traum ist oder aber, dass Träume Schäume sind bzw. anders herum betrachtet, ob sie uns Botschaften aus dem Unbewussten senden, uns Impulse für unser Leben geben wollen – all das kann Schwindel und immens viel Schwere, aber auch Lebendigkeit, Leichtigkeit und Lösung mit sich bringen.
Ich jedenfalls würde mich riesig freuen, wenn Traumata irgendwann ihre Macht über uns verlieren könnten.
Wäre nicht schon das ein wunderschöner Traum?
Depressionen
„Und am Ende bin ich es wieder, die das erdulden muss!"
„Aber das hat doch mit Ihnen gar nichts zu tun!"
„Das weiß ich doch nicht!"
Heftig schießt dieser Satz aus ihr heraus.
Ruhig und freundlich fragt er:
„Was wissen Sie nicht?"
Orientierungslos kann sie nur noch sagen:
„Ich weiß nicht."
Die Worte verhallen im Raum.
Stille folgt.
Langsam beginnt er zu sprechen und sie – sie kann nun wieder direkt in seine Augen schauen.
„Wo sind Sie denn jetzt?"
Sie spürt, dass das eine gute Frage ist, und wenn sie sich genug anstrengen würde, könnte sie diese Frage vielleicht sogar richtig beantworten. Sie fühlt in sich hinein und murmelt: „Ich glaube, ich bin jetzt in Wahldorf."
Und erkennt eine kleine bestätigende Reaktion in seinen Augen und ist froh, mit ihm wieder auf einem gemeinsamen Nenner angekommen zu sein.
Pure Erleichterung.
Sie ist wieder da!
Und hört seine Worte: „Ja, Sie sind da weiter als die anderen. Aber könnte es nicht sein, dass Sie ein klein wenig streng sind? Und wenn Sie es einmal mit Güte probieren?"
„Ja, sicherlich ist das so! Aber ich war so enttäuscht vom Regenbogenhaus. Dass auch hier das Symptom der Erkrankung zum Spitznamen gemacht wird!
Wissen Sie, ich bin nicht hier, weil ich einen Arbeitsplatz suche. Wenn ich wieder arbeitsfähig bin und das dann noch möchte, liebend gern. Aber deswegen bin ich nicht hier.
Ich bin hier, weil ich einen so hohen Sicherheitsbedarf habe und schon jetzt schauen möchte, wenn meine Erkrankung in mir die Oberhand gewinnt, ich keine Kraft mehr habe, um gegenzuhalten; wo ich dann bleiben kann. Zu „den Meinen" habe ich schon gesagt, wenn es mal so weit ist, gebt mich im Regenbogenhaus ab.
Und wenn es dann so weit ist, möchte ich hier Frau S. sein, ich möchte mit meinem Namen angesprochen werden, ich möchte nicht die Frau Nein sein.
Glauben Sie mir, ich habe es wirklich versucht, mit Güte und auch mit Humor! – Ich habe mich richtig bemüht und mich ermahnt: Komm sei nicht so, das ist im Alltag schnell mal dahingesagt. Das meint man gar nicht so! Und überhaupt, leg nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Aber wissen Sie, ich finde, solange psychisch kranke Menschen nicht selbst so weit sind und über sich lachen können und Witze darüber machen, solange hat niemand das Recht, sie mit solchen Namen zu belegen."
Mit viel Nachdruck hatte sie diese Worte hervorgebracht, und als sie nun genauer zu ihm hinschaut, kann sie sehen, dass gerade eben in ihm ganz viel vorgegangen ist!
Er sitzt heute krankheitsbedingt auf seiner Couch, ist in eine Decke eingehüllt und lehnt mit dem Oberkörper an der Wand. Nun ist er ganz in sich zusammengesunken. So hat sie ihn noch nie gesehen! Ganz erschrocken fragt sie, obwohl ihr das gar nicht zusteht, denn er ist der Therapeut, nicht sie: „Was ist mit Ihnen?"
Sich langsam aufrichtend schaut er sie an, und sie fragt nach: „Woran denken Sie denn gerade?"
Als er zu einer Antwort ansetzt, hat sie das Gefühl, dass er nicht das Eigentliche offenbart, das, was tatsächlich eben in ihm vorgegangen ist. Aber da will sie nicht nachhaken, denn das ist seins, und nun erklärt er: „Ich muss gerade daran denken, als ich ein ganz junger Arzt war, da habe ich auch solche Namen gesagt."
„Waren Sie auch (ihre Stimme wird verschämt leise, wie kann sie es nur wagen, so etwas zu ihm zu sagen, und dennoch, es muss jetzt sein) so ein Stinkstiefel?"
Er nickt ihr beschämt zu, und alles in ihr schmilzt dahin. Wieder einmal nimmt er alles auf sich! Ihm kann sie nicht böse sein!
„Ach Herr Bertram, ich bin doch auch so. In anderen Bereichen bin ich auch so, ich muss noch so viel lernen."
Alles löst sich in ihr auf, und ein Strahlen legt sich über beide. Voller Elan kann sie sich verabschieden und stellt klar: „Jetzt gehe ich in die „Farbige Pflege zu meinem ehrenamtlichen Arbeitseinsatz hier im Regenbogenhaus und freue mich so richtig darauf. Also ich meine, ich tue das sowieso total gerne, aber jetzt kann ich es richtig gut machen. Ich hatte vorher solche Angst, dass ich es heute nicht schaffe.
Er nickt ihr verstehend und anerkennend zu.
Am Abend denkt sie: Ja, damals in Wahldorf, da hatte sie nicht gewusst, welches Drama sich um sie herum entwickelte. Sie, die Hauptbetroffene, die betrogene Ehefrau, hatte von all dem nichts gewusst. Und selbst wenn sie es gewusst hätte, hätte sie nichts davon wissen wollen.
Diese Frau, die jetzt in der „Farbigen Pflege diesen Namen bekommen hatte, wusste auch nicht, dass sie „Frau Nein
ist, weil sie als schwer erkrankte depressive Frau immer „Nein sagt, aber vielleicht weiß sie es auch, und sagt einfach immer weiter „Nein
.
Sie sagt schon ganz vollautomatisch: „Nein".
Und einige Tage später überlegt sie noch einmal, was es denn gewesen sein könnte, das den Therapeuten selbst so betroffen gemacht hatte?
Ob es seine eigene Erkrankung, sein eigener Weg ins Regenbogenhaus war? Ob dies so oder so ähnlich auch mal seine Gefühle waren? Dass es ihn so erinnert und berührt hat?
Grinsend muss sie denken: Projektionen, nichts als Projektionen!
Aber am folgenden Tag wird sie immer kleinlauter:
Vielleicht war er nur erschlagen von ihrer „glühenden Rede"?
S E U F Z, eventuell hatte er es am Ende, zumindest in dieser Therapiestunde, ganz einfach „nur" erdulden müssen?
P R O J E K T I O N E N, nichts als P R o j e k … … j e j … io … ..
Still – ende Brust
Im Traum sieht sie die typische Geste einer Frau, die eine ihrer Brüste aus ihrem Büstenhalter holt und nun ihre Brustwarze zwischen den Fingerspitzen hält; ganz so, als ob sie diese ihrem Baby reichen will.
Dennoch kann sie es während des Träumens nicht so sehen. Erst am nächsten Tag fiel es ihr ein, beziehungsweise auf.
Beim Anblick der weiblichen Brustspitze hat sie nur die verwirrende Frage in sich, ob sie auch Frauen sexuell zugewandt sei. Die Situation wirkt irgendwie erotisch auf sie. Die weibliche Brustspitze lässt sie im Traum augenblicklich aus höchster Not in tiefste Entspannung versinken
Zwei Tage zuvor hatte sie diese „Not" erlebt.
Sie hatte den Absturz auf sich zukommen sehen, aber trotz all ihrer Bemühungen nicht verhindern können.
Ihr Mann, mit dem sie seit fünf Jahren zusammen lebt, kam ins Hotelzimmer. Genau genommen ist er ihr Lebenspartner, wie sie verwitwet, durch ihre Traueranzeige wieder mit ihr in Kontakt gekommen, nachdem beide als junge Erwachsene mit ihren damaligen Ehepartnern freundschaftlichen Kontakt gepflegt hatten, sich dann aber aus den Augen verloren.
Als ihr Mann ins Hotelzimmer zurückkam, begann sie mit normaler Stimme zu sprechen, aber dann „packte es sie", und sie
brüllte, brüllte und brüllte.
Sie schrie und schrie, konnte überhaupt nicht aufhören zu schreien.
Dabei hatte er lediglich nach einem langen, anstrengenden, heißen Julitag in Rom, nach einer köstlichen Dusche und gemeinsamem Faulenzen vor dem Fernseher für sich entschieden, er müsse noch eine Kleinigkeit essen und verschwand nach unten ins Hotelrestaurant. – Das kam für sie, fast schon am Einschlafen, so überraschend! Endlich war sie völlig entspannt nach all den Highlights der letzten Tage und sie hatte ihren eigenen Hunger nicht einmal mehr verspürt.
Alles war zu viel für sie gewesen, und sie hatte, seit sie hier waren, noch nicht ein einziges Mal richtig geschlafen. Ihr Verstand sagte ihr, dass er im Recht war. Sie sprach das auch laut aus, konnte aber nicht anders und musste brüllen.
Am nächsten Tag schmiegte sie sich an ihn und flüsterte ihm verschämt zu: „Danke, dass du gestern zurückgebrüllt hast." Darüber musste er lachen.
Auf ihr Gebrüll hatte er gestern heftig wie noch nie reagiert, war explodiert und hatte, lauter als sie, gebrüllt. Vor Verblüffung war sie ganz still gewesen und konnte ihm in ihrem Ausnahmezustand sogar glauben, was er schrie: „Ich will dir doch nur helfen."
Vor lauter Schreck hörte sie auf zu brüllen.
Endlich Stille.
Endlich ein Ende.
Er holte ihren MP3-Player. Bei beruhigender Musik lag sie die ganze Nacht wach neben ihm. Aber sie schrie nicht mehr. Das war die Hauptsache!
Am nächsten Tag flogen sie nach Hause. Dort legte sie sich für drei Tage ins Bett. Sie war krank.
Als sie ihrem Therapeuten davon erzählt, sagt dieser: „Das ist nicht schlimm!"
Huch, nicht schlimm?!?!?
Sie versucht es noch einmal: „Aber ich habe ganz, ganz laut gebrüllt!"
„Das macht nichts. Das ist nicht schlimm."
Verblüfft schaut sie ihn an.
Entleert fühlt sie sich.
Als sie die Reaktion ihres Mannes schildert, rutscht er ihr fast erwartungsvoll entgegen, seine