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Persönliche Meisterschaft für Manager: 2. überarbeitete Auflage
Persönliche Meisterschaft für Manager: 2. überarbeitete Auflage
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eBook361 Seiten4 Stunden

Persönliche Meisterschaft für Manager: 2. überarbeitete Auflage

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Über dieses E-Book

Persönliche Meisterschaft für Manager ist ein Buch, was den Leser dazu einlädt, durch ein besseres Verständnis von sich selbst und durch damit verbundene Erkenntnis-Prozesse sein Denken und Handeln aus einer tieferen Perspektive zu sehen. Dies verändert das Führungsverhalten nachhaltig. Der hier vorgestellte Fünf-Schritte-Weg führt auf kreative Art verschiedene Disziplinen - Selbstbeobachtung, Psychologie, Philosophie, Spieltheorie, Mentaltraining, Meditation, etc - zu einem dynamischen Konzept zusammen. Das Buch enthält eine Reihe von praktischen Beispielen, die den Leser zu seiner eigenen Erkenntnis und Transformation einladen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum13. Aug. 2019
ISBN9783749711703
Persönliche Meisterschaft für Manager: 2. überarbeitete Auflage

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    Buchvorschau

    Persönliche Meisterschaft für Manager - Dr. Michael Schroeder

    I. ÜBER SPIELER UND SPIELWIESEN

    „Dein Sinn ergibt sich aus dem Sinn der anderen, du magst wollen oder nicht. Deine Neigungen ergeben sich aus den Neigungen der anderen, du magst wollen oder nicht. Dein Tun ist Bewegung eines Spiels. Schritt eines Tanzes." (Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste – Gesammelte Schriften Band 2)

    Ich erinnere mich noch gut, wir zogen 2004 mit unserem Verlag in ein schönes, renoviertes Gebäude im Zentrum von Bukarest, unser Ansprechpartner vor Ort war ein israelischer Geschäftsführer. Als ich ein Jahr nach dem Umzug in sein Büro ging, um eine Mietreduzierung zu verhandeln, telefonierte er gerade mit einem Kunden und brüllte: „Wenn ihr den Preis nicht bezahlen wollt, dann müsst ihr halt aus dem Gebäude raus! Schöne Voraussetzungen für meine Verhandlungen, dachte ich und wagte kaum, mich ihm zu nähern, obwohl er mir deutliche Signale gab, hinzuzutreten. Dann plötzlich, während er wieder laut in das Telefon sprach, schaute er mich ganz direkt an und zwinkerte mehrere Male mit einem Auge, um mir ein Zeichen zu geben. Er spielte nur eine Rolle, um ein gewisses Ergebnis zu erreichen. Diese kleine Begebenheit ist mir erst Jahre später, als ich begann, mich sehr ausführlich mit dem Konzept „Spiel zu beschäftigen, wieder in Erinnerung gekommen. Erst dann hatte ich es wirklich verstanden: Es ist nur ein Spiel !

    Das Leben ist ein Spiel, in dem wir größtenteils unbewusst agieren oder reagieren. Wir betrachten oft nur Handlungen, Verantwortungen, Aufgaben, Aktionen und Reaktionen und sehen kaum die tiefer liegenden Zusammenhänge und Dynamiken. Ein Spiel ist jedoch wesentlich mehr, jedes Mal, wenn Sie aufwachen und den Tag beginnen, fangen Sie an, sich auf Ihren Spielwiesen zu bewegen, wenn Sie nicht gerade alleine leben und arbeiten. Die wesentlichen Spielwiesen, auf denen Sie wohl die meiste Zeit verbringen, sind im Normalfall das Zuhause bei der Familie, der Kontakt mit Freunden oder das Team in der Firma, Lieferanten und Kunden. Hier bewegen Sie sich in unterschiedlichen Rollen: Sie sind mal Ehemann oder Ehefrau, Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter, Patenonkel, Chef, Co-Pilot oder Vizepräsident. Die Liste ist endlos. „Jeder Mensch hat viele unterschiedliche Persönlichkeiten, die in unterschiedlichen Situationen wie Schauspieler nach vorne kommen."

    Was genau ist ein Spiel?

    Spiele sind nach bestimmten Schemata und in einem zumeist kontrollierten Rahmen ablaufende Interaktionen zwischen einzelnen Menschen, zum Beispiel in einer Ehe oder in Menschengruppen, die auf ein bestimmtes Ziel hinauslaufen. Menschen eines Landes oder einer Region „spielen eine bestimmte Kultur mit dem Zweck, Identifikation und Zusammengehörigkeit zu schaffen. In der Familie „spielen wir das Spiel der Solidarität, Zuneigung, der Gemeinschaft. Sport- und Firmenspiele sind darauf ausgerichtet, Erfolge zu erzielen, zu gewinnen, sich im Konkurrenzkampf zu behaupten. Bei den Olympischen Spielen geht es beispielsweise nach der Grundauffassung des Begründers Baron de Coubertin um den Wert der Teilnahme an sich. Motive für andere Spielarten sind auf Macht oder Geld ausgelegt, betreffen die Sehnsucht nach Geborgenheit oder Aufmerksamkeit, aber auch die Entwicklung eines Images, kreativer Ausdruck und nicht zuletzt das Meistern einer Herausforderung oder Lösen von Problemen steuert unsere Intentionswelt, selbst wenn wir einfach nur Spaß haben wollen. Ein Ziel haben wir immer, wir haben schon als Kinder schnell begriffen, welche Spiele wir mit den Eltern spielen mussten, um wahrgenommen und geliebt zu werden – brav sein, fleißig sein, gute Noten nach Hause bringen, weinen, schmollen, Dinge wegnehmen oder zerstören. Wenn wir älter und reifer werden, sind diese Mechanismen oft noch aktiv, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Jemand, der anderen gerne hilft, mag möglicherweise unbewusst auf der Suche nach Zuneigung und Bestätigung sein, und ein Manager, der anderen gegenüber Stärke und Macht zeigt, ist vielleicht sogar auf der gleichen Suche, aber über einen ganz anderen Weg. Strategien gibt es jede Menge. Gerade das Spiel der Partnerschaft ist besonders interessant, dort zeigen sich bei näherer Analyse der zwischenmenschlichen Kommunikation meist deutliche Muster, deren Ursprung bis in die Kindheit zurückreichen.

    Alleine zu sein, also nicht mit anderen zu kommunizieren, ist auf Dauer nicht besonders inspirierend und nur wenige Menschen gewinnen dem etwas ab, beispielsweise Mönche oder Yogis, die sich für mehrere Jahrzehnte in westeuropäische Einsiedeleien oder Höhlen im Himalaja zurückziehen, um dort isoliert von der übrigen Menschheit spirituelle Erfahrungen zu machen. Das betrifft Sie oder mich eher weniger, wir brauchen normalerweise die Interaktion mit anderen, einmal, um uns verbunden zu fühlen, aber auch, um gemeinsam zu überleben. Spiele geben uns einen geeigneten Rückhalt im Leben, sie nehmen uns die Angst vor der Isolation und auch vor Schwierigkeiten. Unsere gemeinsamen Spiele geben uns Sicherheit, geben dem Leben Struktur und machen es planbar und übersichtlich. Wir sind unser Leben lang übrigens sowieso hauptsächlich damit beschäftigt, unsere im Wachzustand verbrachte Zeit zu strukturieren. Wir erleben mit anderen unterschiedlichste Situationen und machen dabei viele emotionale Erfahrungen. Spiele machen auch Spaß, sie bringen Abwechslung und ermöglichen uns, verschiedene Facetten unserer Persönlichkeit zu entwickeln, denn im Grunde agieren wir wie Schauspieler, die immer wieder in Rollen hinein schlüpfen. Spiele sind außerdem ein Impfstoff gegen Langeweile, eine Art Beschäftigungstherapie, und in einer bestimmten Weise helfen uns Spiele auch, unsere „Fassaden zu wahren, die Masken, die wir alle tragen. Denken Sie an Höflichkeiten, gutes Benehmen, Umgangsregeln, sie gehen uns früh in Fleisch und Blut über: „Gib immer schön die Hand!, „Sag guten Tag! und „Es geht mir gut!. Diese Zeilen schreibe ich gerade in Frankreich, wo unsere Familie bei einer hochstehenden Persönlichkeit aus der Haute Bourgeoisie zu Gast ist. Das Mittagessen, Gespräche und Handlungen laufen nach exakt eingeübten Ritualen und Mustern ab. Meine Mutter zeigt sich sehr beeindruckt, der Gastgeber sei „sehr zuvorkommend". Allerdings ist auch das nur ein Spiel, Sie erkennen es sofort, wenn Sie einem Menschen tief in die Augen schauen.

    Manchmal spielen wir ein Spiel, weil damit ein gewisser Reiz verbunden ist, auch verlieren zu können. Wenn wir von vorne herein wüssten, dass wir den Job bekommen, dass wir den Wunschpartner nur bestellen bräuchten oder beim Fußball mit einem bestimmten Ergebnis gewinnen würden, machte es da noch Spaß, ein Spiel zu beginnen? Wir würden uns gar nicht mehr so sehr anstrengen und damit womöglich auch nicht bis an unsere Grenzen gehen oder kreativ werden. Verlieren ist übrigens auch eine nützliche menschliche Erfahrung. Es ist Teil einer Polarität, auf die ich im fünften Kapitel noch näher eingehen werde.

    Wir spielen zudem meistens mehr als nur ein einziges Spiel. In der Firma mag es ein Machtspiel sein, in dem es einem Topmanager um die Bestätigung seines Egos geht. Derselbe Manager sieht sich bei seinen Kindern in einer ganz anderen Situation, sie akzeptieren seine Autorität überhaupt nicht und tanzen ihm auf der Nase herum. Vielleicht hat er auch noch eine Frau, die dominant ist, sodass er zu Hause fast gar nichts zu sagen hat. Gott sei Dank leben wir in einer Zeit, in der es unglaublich viele verschiedene Spielwiesen auf der Welt gibt. Der menschliche Erfindergeist hat derartig viele Bühnen hervorgebracht, die einem die Wahl manchmal schwer machen. Ich selbst bin das beste Beispiel: Ich kann in verschiedenen Ländern arbeiten. Andere heiraten dreimal oder nehmen alle fünf Jahre eine neue Stelle in einem neuen Unternehmen an. Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären im Mittelalter geboren, dann würden Sie das Spiel „Genug essen, keinem Räuber begegnen, nicht krank werden und nicht im Krieg sterben" spielen, sagen wir, mit neunzig-prozentiger Wahrscheinlichkeit.

    Spiele sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Komfortzone. Auf unseren eigenen Spielwiesen fühlen wir uns sicher, auch wenn nicht immer alles ideal funktioniert. Sogar ein cholerischer Chef kann zur Komfortzone gehören, weil wir uns nach einiger Zeit darauf einstellen können, seine Reaktionen werden berechenbar. Wenn wir morgens ins Büro gehen, kennen wir unsere Kollegen bereits, das beruhigt uns. Nur dann, wenn wir diese Komfortzone verlassen, fühlen wir uns unsicher: der erste Schultag, die neue Firma, die Scheidung, der verlorene Arbeitsplatz. Krisen bringen uns erst einmal ein wenig durcheinander. Wir bemühen uns dann sehr schnell, die neue Situation erneut unter Kontrolle zu bringen, ihr wieder Struktur zu geben. Wir brauchen Komfortzonen, weil sie uns eine sichere Startbasis geben, sozusagen eine Art docking station, auf die wir zurückgreifen, wo wir uns „aufladen" können und die uns als Bezugspunkt im Leben dient, natürlicherweise.

    Das Unternehmen als Spielfeld

    Betrachten wir einmal die Spielwiese „Unternehmen" näher und greifen auf die Analogie eines Fußballspiels zurück: das Unternehmen ist das Feld, auf dem sich die Mitarbeiter als Mitspieler zum gemeinsamen Spiel zusammenfinden. Jeder hat eine ihm genau zugewiesene Funktion, in der Unternehmens-Sprache nennen wir das Position. Unternehmer oder Eigentümer sind dieser Logik folgend diejenigen, die die Spielwiese zur Verfügung stellen, da sie Geld, ein Geschäftsmodell oder beides haben. Auf dieser Spielwiese dürfen dann weitere Spieler mitspielen. Da sind Stürmer, die wohl den Verkäufern zuzuordnen sind, der Mannschaftskapitän ist der Geschäftsführer, die Verteidiger finden wir in den Bereichen Verwaltung und Finanzen. Um Spieler und deren Aufgaben klarer voneinander abzugrenzen, haben wir Arbeitsplatzbeschreibungen entwickelt. Sie legen genau fest, was jeder zu tun hat. Alle Spieler auf dem Spielfeld leisten ihren Beitrag für den Erfolg des Spiels, das gewonnen werden soll. Es ist der Anreiz, Profit zu machen, ein Gruppengefühl zu erzeugen – wir sind die Besten! Die Ziele dieser Spiele fächern sich aber noch viel breiter auf, wenn wir die einzelnen Spieler näher betrachten: Das Ziel kann Macht und Einfluss sein, z. B. im Fall des Geschäftsführers, kann es Selbstverwirklichung sein, wenn ein Spieler eine Aufgabe übernimmt, die ihn wirklich erfüllt, oder es ist einfach nur das Gehalt am Ende des Monats, das dem Spieler ein Leben „da draußen" ermöglicht. Dies sind nur einige Beispiele für persönliche Motive.

    Spiele laufen im Unternehmen und beim Sport unter Einhaltung von Verhaltensregeln oder Werten ab. Fouls sind nicht erlaubt, Fair Play ist angesagt, in der Firma nennen wir das Unternehmens-Werte. Viele Unternehmen verweisen darauf bereits im Empfangsbereich, sodass jeder weiß, worauf es hier ankommt. Da ist von Teamspirit, Unternehmergeist, Kreativität, Transparenz oder offenem Feedback die Rede. Diese Werte bestimmen dann auch maßgeblich die Unternehmens-Kultur. Damit wir noch leidenschaftlicher spielen, brauchen wir zu guter Letzt Zuschauer. In der Unternehmenswelt sind dies die Kollegen und die Kunden, vor denen sich der Einzelne gerne inszeniert. Betrachten Sie nur einmal das Verhältnis der Mitspieler in einer Firma zueinander: Wie spricht der Chef mit seinen Mitarbeitern?

    Abb. 1: Das Unternehmen als Spielfeld

    Wie verhält sich ein sogenannter high potential, wenn er mit den anderen Kollegen redet? Welche Motivation wird dort gerade bedient? Wie verhalten wir uns beim Kunden? Wie versuchen wir, ihn davon zu überzeugen, dass unsere Produkte die besten sind?

    Auf einer Spielwiese darf auch die berühmte Hinterbühne nicht fehlen. Wir verständigen uns oftmals über geheime Absprachen, von denen die anderen Mitspieler oder Kollegen nicht wissen dürfen. Ohne backstage könnte keine Spielwiese existieren. Da ist der Coach, der seinem Stürmer Versprechungen macht, wenn er wieder Tore schießt, oder der Einkaufschef, der mit seinem Kollegen vor einer Verhandlung beim Kunden die Strategie und Rollenaufteilung bespricht: Who is the good, who the bad guy? Wir alle kennen Backstage-Vereinbarungen aus unserem Privatleben. Nehmen wir ein vor der Trennung stehendes Paar als Beispiel, das entschieden hat, sich vor den Kindern nicht zu streiten und weiter „Harmonie zu spielen". Oder vor einem Besuch bei den Eltern wird vereinbart, über gewisse Themen nicht zu sprechen. Oft ist es dann ein Spiel der Illusion, das wir so lange aufrechterhalten, bis es eine Indiskretion gibt oder andere Umstände uns dazu zwingen, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen.

    Spielwiesen sind im Sport sehr überschaubar, da nur wenige Mitspieler auftreten. In der Unternehmenswelt können die Spielwiesen manchmal enorme Ausmaße annehmen und 100.000 und mehr Mitspieler haben. Wir schaffen uns dann unsere eigenen Spielwiesen in einer Landesgesellschaft, einer Geschäftssparte, einer Abteilung oder sogar nur in einem Büro, in dem mehrere Mitarbeiter sitzen. Werden jedoch Spielwiesen zu groß, verlieren wir den Überblick, wir können uns dann nur noch schwer mit der Firma identifizieren. Außerdem kennen wir dann nur noch unsere unmittelbaren Arbeitskollegen in der Abteilung, der Kontakt zu allen Mitarbeitern der Firma ist nicht möglich. In vielen Firmen haben wir es dann mit Anonymität und Entmenschlichung zu tun. Nach meinen eigenen Beobachtungen fühlen wir uns gerade in kleineren Gruppierungen von bis zu 150 Menschen am wohlsten, da wir zu praktisch jedem Mitarbeiter noch einen Bezug haben und sogar den Namen kennen.

    Einzelne Unternehmensspiele

    Unternehmensspiele gibt es viele, je größer die Organisation, desto mehr können wir beobachten. Ich habe hier zehn typische Spiele zusammengetragen, die zeigen sollen, wie verbreitet das Spielen in unseren Unternehmen eigentlich ist.

    1. Ein typisches Unternehmensspiel ist die Budget-Verhandlung: Sie alle haben sicherlich schon einmal Budgets und Pläne verhandelt, sei es mit Ihren Mitarbeitern, sei es mit Ihren Vorgesetzten. Erfahrungsgemäß ist es doch oft so, dass die höhere Hierarchieebene immer „mehr will", als die untere glaubt erwirtschaften zu können. Daraus ergeben sich interessante Verhandlungstaktiken. Mit viel Geschick werden Kosten entweder verdeckt oder aufgebläht, Reserven bewusst in verschiedenen Bilanzpositionen versteckt; es wird übertrieben oder untertrieben, gedroht, geschauspielert und irgendwann dann akzeptiert. Wenn wir wissen, dass all dies zum großen Teil nur ein Spiel ist, brauchen wir uns auch nicht darüber aufzuregen oder aggressiv zu werden. Leichter gesagt als getan.

    Ein lokaler rumänischer Geschäftsführer eines Schweizer Unternehmens war zum ersten Mal seit seiner Ernennung in Budgetverhandlungen mit seiner Zentrale in der Schweiz eingebunden. Ich half ihm, sich auf die nächsten Sitzungen mit seinen Vorgesetzten vorzubereiten. Er wirkte nervös, weil er den Druck deutlich spürte und wusste, wie schwierig auch das kommende Jahr werden würde. Die Zentrale legte die Messlatte sehr hoch und zuerst bekam der lokale Geschäftsführer einen Schrecken. Fast war er schon bereit, die hohen Erwartungen zu akzeptieren, nur um keinen Ärger zu bekommen. Doch dann ließ er sich mehr und mehr auf dieses Spiel ein und fand daran sogar Gefallen. Er hatte gelernt, immer höflich und respektvoll seine Einschätzung der Lage einzubringen und konnte dies auch gut begründen. Er war erfolgreich, das Endergebnis der Verhandlungen war besser, als er je zu hoffen gewagt hatte. Außerdem empfand er sogar Spaß dabei.

    2. Auch das Wettbewerbsspiel ist vielen von uns bekannt. Wettbewerb fördert die Kreativität, macht uns aktiv, er zwingt uns, Dinge permanent zu hinterfragen. Wettbewerb ist ein Mechanismus, der uns immer wieder dazu bewegt, unsere selbstdefinierten Grenzen zu überschreiten. In unserer Welt geht nichts mehr ohne das Wettbewerbsspiel um Qualität, Produkte, Preise, Dienstleistungen, die besten Mitarbeiter, die besten Noten, die beste sportliche Leistung. Immer wieder konkurrieren wir mit anderen Menschen, wir verwenden viel Zeit darauf, uns permanent zu vergleichen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, sich beständig zu hinterfragen, immer besser zu werden. In den meisten Fällen ist es der Konkurrent da draußen, der uns antreibt, an uns weiter zu arbeiten und neue Lösungen zu suchen. Ohne Wettbewerber würden wir wohl vieles nicht tun. Das Wettbewerbsspiel wird oft mit Kampfvokabeln beschrieben. So gibt es Preiskämpfe, Überlebenskämpfe, Machtkämpfe. Wir haben den Wettbewerb verinnerlicht, er gehört zu unserem Leben dazu. Ob im Privatleben, Sport oder in der Firma, wir positionieren uns, analysieren Stärken und Schwächen, wollen besser sein als unsere Konkurrenten. Auch das ist aber bloß ein Spiel.

    3. Das Perfektionsspiel kennen wir ebenfalls zur Genüge. Hinter unserem Handeln steht zumeist der durch externen Druck entstandene Wunsch, völlige Kontrolle über Prozesse, Menschen, Effizienz und Produkte zu erlangen. Perfektion ist das Ziel. Manche Firmen wollen immer 100 % dieser Perfektion erreichen, was so ziemlich überall in den Abteilungen Stress verursacht. Auch an uns selbst stellen wir hohe Ansprüche, dem wir eben nicht immer gerecht werden können. Wir glauben dann, nicht gut genug zu sein oder versagt zu haben. Die Erfahrung lehrt uns jedoch, dass es eine hundertprozentige Perfektion nicht gibt. Immer wieder passieren Dinge, die Perfektionisten herausfordern, wir leben in einer Welt, in der Fehler nicht zu vermeiden sind. Da gibt es Lieferausfälle wegen Sturm, Fahrplanverspätungen bei der Bahn wegen umgefallener Bäume, Flugzeugunglücke wegen menschlichen Versagens oder eine schief gelaufene Operation im Krankenhaus, weil ein Arzt übermüdet war. Viele können mit fehlender Perfektion nicht gut umgehen. Wir suchen dann mit aller Gewalt den Schuldigen, stellen ihn an den Pranger, der Fehler muss gefunden, die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Dies ist sehr wohl verständlich, gerade aus deutscher Sicht. Perfektion ist ein Spiel, das wohl Teil unserer Kultur ist. Es manifestiert sich zum Beispiel in Tugenden wie Gründlichkeit oder in der besonderen Bedeutung des Ingenieurwesens und des Maschinenbaus in unserer Ausbildung. In vielen Ländern hat dieses Spiel nicht so eine hohe Bedeutung. Da nimmt man es mit Perfektion nicht immer so genau. Das lässt Menschen entspannter wirken, sie haben eben auch nicht das hohe Anspruchsniveau, dem wir Deutschen ständig nachjagen. Denken Sie einmal darüber nach, wie stark sich das Perfektionsspiel in Ihrem Leben breit gemacht hat. Es ist auch nur ein Spiel.

    4. Jeder neue Vorstand oder Vorgesetzte, der auf die Firmenbühne tritt, bringt neue Spiele mit. Wir spielen dann: „Neues Spiel, neues Glück", die Karten werden wieder neu verteilt. Kommt der Vorstand von einer renommierten Beratungsfirma, ist es sehr wahrscheinlich, dass in Ihrer Firma Spiele gespielt werden wie zum Beispiel cost cutting, outsourcing, restructuring, downsizing, Schaffung eines centers of excellence. Diese Spiele sind zum großen Teil Kostenreduzierungsspiele. Sie sind unangenehm, da man vorher schon weiß, dass irgendetwas wegfallen muss. Sehr oft sind Spiele eigentlich nur Modeerscheinungen. Wie oft hat sich dann im Nachhinein herausgestellt, dass zum Beispiel outgesourcte Abteilungen gravierende Nachteile aufwiesen und teilweise mehr Kosten verursachten als die frühere Variante integrierter Abteilungen. Es ist einfach nur ein neues Spiel und Sie müssen sich, obwohl Sie vielleicht viele Jahre in der Firma sind und schon einige Vorstände überlebt haben, wieder auf eine neue Situation einstellen. Sicher, Innovationen und neue Ideen braucht jede Firma, aber geht es bei diesem Spiel wirklich immer darum oder werden hier nicht oft nur Egos von Einzelpersonen bedient?

    5. In meiner Coachingpraxis habe ich immer wieder mit Topmanagern zu tun, die sich über ihre Muttergesellschaften aufregen, wenn dort zentral Entscheidungen getroffen werden, die für alle Auslandsgesellschaften gültig sind: „Die haben doch überhaupt keine Ahnung, was geht oder nicht, die sitzen nur in ihren Büros und machen Reißbrettspiele". Copy-Paste-Spiele sind solche, die wir anscheinend nicht diskutieren und hinterfragen dürfen. Sie müssen auch in der Landesgesellschaft gespielt werden. Dazu gehören bestimmte Prozesse, Regeln, Mitspracherechte, Gesprächsleitfäden, Genehmigungsverfahren, Verhandlungsspielräume etc., die aus der Sicht der Zentrale auch Sinn machen. Manchmal nehmen die zentralen Regelungen derart überhand, dass der lokale Manager praktisch nichts mehr selbst entscheiden kann. Gerade solchen Managern, die sich gerne als Unternehmer fühlen, fallen solche Vorgaben sehr schwer und sie erzeugen nicht selten Frustrationen.

    6. Die Neugründung auf der grünen Wiese ist ein Spiel, welches im Allgemeinen viel Spaß macht. Mitarbeiter der ersten Stunde sind wie Pioniere, die, ähnlich wie die Siedler im früheren Amerika, Neuland erkunden. Bei dieser Tätigkeit gibt es sehr viele Freiheitsgrade, die Flexibilität ist maximal und man schaut noch nicht so genau auf Kosten und Prozesse. Solche Rollen fordern uns. Manchmal bemerken wir Talente, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie haben. Führungsqualitäten, Durchhaltevermögen, Verhandlungsgeschick, Begeisterungsfähigkeit – all diese Dinge braucht der Pionier. Wenn dann die Firma einmal länger besteht, ändern sich die Aufgaben und im Allgemeinen ändert sich auch der Typ Manager, der benötigt wird. Es stehen in der neuen Phase stärker Optimierungen von Prozessen und der Organisation im Vordergrund. Das ist dann wieder ein anderes Spiel.

    7. In vielen Firmen ist das jährliche Mitarbeitergespräch fester Bestandteil der Mitarbeiterführung. Man trifft sich, um die Zusammenarbeit noch einmal Revue passieren zu lassen und gemeinsam einen Blick in die Zukunft zu werfen. Beide Gesprächspartner geben und erhalten im Idealfall Feedback, wie es so schön in der Management-Sprache heißt. Doch es ist nur ein Spiel; man tut so, als wenn man das ganze Jahr hindurch nicht miteinander spricht, jeder sammelt fleißig Fakten und Eindrücke, um sie dann in einer Art Showdown ins Gespräch einzubringen. Mitarbeitergespräche haben heute oft nur eine Feigenblattfunktion; man will zeigen, dass man sich füreinander interessiert. Selten wird wirklich offen in beide Richtungen gesprochen. Es wird überlegt, taktiert, etwas nicht gesagt, so getan als ob. Sehr oft gehen Angestellte aus einem solchen Gespräch enttäuscht heraus.

    8. Das Spiel „Hurra, wir spielen Abstimmung" dürfte Managern aus internationalen Großunternehmen bekannt vorkommen. Bei vielen Entscheidungen müssen wir uns abstimmen. Dies ist bei zwei Personen noch relativ einfach, handelt es sich aber um komplexe Organisationen wie zum Beispiel internationale Matrixorganisationen, sind in die Entscheidung mehrere Personen aus mehreren Ländern involviert. Diese haben dann auch wieder ihre eigenen Interessen. Durch diese langandauernden Abstimmungsprozesse möchte man sicherstellen, dass alle Beteiligten in Entscheidungen eingebunden werden. Das Spiel kann mitunter sehr kompliziert sein mit der Folge, dass sich Unternehmertum, Entscheidungsfreude und Eigenverantwortung nicht entfalten können, obwohl all dies dringend gebraucht wird. In letzter Konsequenz dient dieses Spiel vor allem der Kontrolle, es kann sogar Zeichen von Misstrauen sein. Keine Person hat die alleinige Entscheidungskompetenz, sie ist auf viele Personen verteilt. Vielleicht kennen Sie die Folgen dieses Spiels persönlich sehr gut: Nimmt es Überhand, resignieren wir und machen irgendwann eher mechanisch nur das Nötigste oder haben innerlich bereits gekündigt.

    9. Bei dem Spiel Mobbing eines Mitarbeiters wird der Betroffene zum Übel der Abteilung oder Firma. Er wird gemieden, man

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