Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel
Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel
Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel
eBook576 Seiten7 Stunden

Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Bei «Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel» handelt es sich um einen 376 Seiten starken Roman, den man sowohl der literarischen als auch der unterhaltenden Belletristik zuordnen kann. «Blösche» ist ein sehr spezieller Kriminalroman. Voller Psychologie und Philosophie. Er ist sowohl aus der eingeschränkten auktorialen Erzählperspektive als auch aus der Ich-Perspektive geschrieben. Zwei Erzählstränge fesseln den Leser alternierend an den Inhalt und laufen zum Schluss hin raffiniert zusammen. «Blösche» liefert ein verstörendes Psychogramm vom Menschen selbst, besticht durch Komplexität, Stringenz und eine wunderbare Sprache. Es geht um Kunst, vor allem um deren Grenzen, um die Macht des luziden Traums, um die Schwächen des Menschen und natürlich um das Böse, das in jedem von uns steckt und am Ende obsiegt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum21. Nov. 2019
ISBN9783749754694
Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel

Ähnlich wie Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel

Titel in dieser Serie (1)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Blösche - Das Böse kommt nicht vom Teufel - Samuel F. Krämer

    Leipzig, 12. September 1961

    Prolog

    «Wenn du hier bleiben willst, dann bleiben wir.»

    Der gut gekleidete Mann mit graumeliertem Haar nahm die Hände seiner Frau und küsste sie auf die Stirn.

    «Unser Land blutet aus», sagte die Frau, «jeden Monat flüchten Zehntausende in den Westen. Das Ende der DDR scheint nahe.»

    Der Mann strich der Frau zärtlich über die Wange. Sie lächelte ihn an.

    «Du weisst, dass wir jederzeit aus dem Land kommen. Auch wenn sie jetzt die Mauer bauen.»

    Die beiden standen auf dem Gehweg Ecke Mozartstrasse-Grassistrasse. Irgendwo in der Nähe wurde gebaut. Presslufthammer und schweres Gerät waren zu hören. Lastwagen fuhren die Mozartstrasse rauf und runter. Dann und wann ein Stadtbus. Nur wenige Leute waren an diesem schönen Septembermorgen unterwegs.

    «Wenn du unbedingt gehen willst, dann gehen wir. Das wäre auch das Beste für Detlef.»

    «Das denke ich auch», sagte der Mann.

    «Trotzdem, irgendwas hält mich hier fest. Ich kann nicht sagen, was es ist.»

    «Dann bleiben wir», sagte der Mann.

    «Wir könnten später weg. Rüber in den Westen oder sonst wohin.»

    «Ja, das können wir.»

    «Dann bleiben wir und schauen, wie sich alles entwickelt.»

    «Ja, das tun wir.»

    Die Frau küsste den Mann auf den Mund. Er nahm sie in die Arme. Eng umschlungen standen sie da, als sie der Lastwagen der Leipziger Verkehrsbetriebe frontal erwischte. Sie hatten keine Chance. Der Lastwagen rumpelte noch ein paar Meter über den Gehsteig, bevor er auf die Strasse zurückschlenkerte und davonraste.

    Herbst 1985, Ostschweiz

    Schwarze Katze

    «Detlef Salzstein? Wer zum Teufel ist Detlef Salzstein?»

    «Salzstein ist Künstler – der Fäkalkünstler. Er malt seine Bilder ausschliesslich mit Scheisse.»

    «Mit Scheisse?! – Widerlich, ekelerregend!»

    «Selbstbildnisse fertigt er mit seiner eigenen Scheisse, Porträts mit der Scheisse des jeweilig zu Porträtierenden. Tierbilder mit Tierscheisse.»

    «Der Kerl ist offensichtlich in der Analphase steckengeblieben.»

    «Ganz und gar nicht. Der Kerl ist ein Genie. Der macht Scheisse zu barem Geld.»

    «Entartete Kunst! Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Entartete Kunst.»

    «Es gibt keine entartete Kunst. Morgen ist Vernissage. Und das lassen wir uns auf keinen Fall entgehen.»

    «Nie und nimmer werde ich mir Kotbilder ansehen. Das kannst du dir abschminken, Rupert.»

    «Nun hab dich nicht so. Scheisse ist allgegenwärtig. Überall wo man hinsieht, liegt Scheisse, wird Scheisse produziert. Im Grunde genommen fertigt jeder Fäkalbilder, nämlich dann, wenn er sich den Arsch abwischt.»

    «Blödsinn!»

    «Es gibt Häppchen – und Wein – und Bier – und Kuchen – und …»

    «In Ordnung. Ich gehe mit. Aber nur mit einer Sauerstoffmaske.»

    «Nicht nötig. Die Scheisse wird chemisch behandelt, bevor sie in Museen und Kunsthäuser kommt. Die riecht nicht mehr.»

    «Dann wird sie ihrer Authentizität beraubt. Scheisse, die nicht nach Scheisse riecht. Das ist nicht richtig. Ist der Künstler anwesend?»

    «Ja. Er wird dort sein. Ausserdem hat sich der Mannhofer bei mir gemeldet. Er kommt auch.»

    «Der Mannhofer? Verstehe. Der lässt sich so was natürlich nicht entgehen.»

    «Ja. Natürlich nicht.»

    Ernst-Hermann schaltete einen Gang höher.

    «Salzstein. – Juden machen alles zu Geld. Egal, was die anpacken, es gelingt und wirft eine Menge Schotter ab.»

    «Höre ich da einen Anflug von Neid heraus?»

    «Ja! Hörst du. Jeder Nichtjude ist die pekuniären Dinge betreffend neidisch auf Juden. Wir rackern uns Tag für Tag ab für einen Hungerlohn. Und erreichen nichts. Dieser Salzstein scheisst auf weiss grundierte Leinwände und wird steinreich damit.»

    «Der Kerl scheisst nicht einfach nur auf Leinwände. Der malt tolle Bilder. Mit Scheisse halt.»

    «Kleinkinder und Demenzkranke spielen auch mit ihrer Scheisse rum und schmieren sie an Wände. Deswegen ist das noch lange keine Kunst.»

    «Andere malen mit ihrem Blut.»

    «Ein Blutbild würde ich jederzeit an die Wand hängen. Ich mag Rot.»

    Schweigen trat ein. Ein Schweigen, das trockener war als der Asphalt der Strasse, die sich kurvenreich ins Tal hinunter wand. An diesem heissen Spätsommernachmittag fuhren wir über Land. Ernst-Hermann war für ein paar Tage in Stuttgart, wo er wichtige Dinge zu erledigen hatte.

    «Gottes schönste Gabe ist der Schwabe», trällerte er, als er mich bei Poxleitner abholte. «Rupert, heute bin ich zum Schluss gekommen, dass ich dereinst Deutschland als meine bevorzugte Heimat betrachten werde. Eines Tages werde ich in diesem wunderbaren Land leben.»

    «Salzstein stammt aus Leipzig», bemerkte ich, als Ernst-Hermann an einer Ampel halten musste.

    «Aus Leipzig. Dann hoffe ich für ihn, dass er nach neunzehnhundertfünfundvierzig geboren ist.» Ernst-Hermann fuhr ruckartig an. «Die Nazis löschten die Jüdische Gemeinde Leipzig bis zum Kriegsende weitestgehend aus. Keine dreissig Personen blieben übrig.»

    «Salzstein wurde neunzehnhundertfünfundvierzig geboren.»

    «Schwein gehabt», meinte Ernst-Hermann und fuhr schwungvoll in die nächste Kurve.

    «Mein Gott! Nicht so schnell!»

    «Liegt gut in der Kurve, mein Ferdinand, fährt wie auf Schienen.»

    Ernst-Hermann nannte seinen Mercedes liebevoll Ferdinand, nach dem Vorbesitzer. Er behandelte ihn wie eine Geliebte. Er ging vom Gas runter, um mich zu beruhigen.

    «Kommst du voran mit den Büchern?»

    «Geht so. Es eile nicht, sagt Loki. Ich solle mir Zeit lassen.»

    «Dass du beinahe jedes Wochenende in diesem dunklen Loch verbringst, verstehe ich nicht. Hast du nichts Gescheiteres zu tun, als alte Bücher zusammenzuflicken?»

    «Nein. Habe ich nicht. Und es sind nicht einfach nur alte Bücher, um die ich mich kümmere. Es sind ganz spezielle Bücher. Seltene Bücher, verbotene Bücher, mitunter sogar Bücher, die gefährlich sein sollen.»

    Ernst-Hermann schaltete das Radio ein und griff sich in den Schritt.

    «Hast du Filzläuse?»

    «Natürlich nicht. Ich ordne meine Eier. Mein Skrotum liegt unvorteilhaft.»

    «Kein Wunder. Mit solchen Eiern.»

    «Gefährliche Bücher? Was sind das für Bücher? Wann ist ein Buch gefährlich?»

    «Es gibt keine gefährlichen Bücher.»

    «Gibt es doch! Warum sonst gibt es überall auf der Welt Listen verbotener Bücher? So was wie den Hexenhammer zum Beispiel?»

    «Ja, es gibt Listen, viele Listen, aber sie können nichts bewirken. Und nein, der Hexenhammer ist ein Handbuch für die Inquisition.»

    «Ein Handbuch für die Inquisition?»

    «Ja. Der Hexenhammer sollte die Hexenverfolgung rechtfertigen, und zwar begründet auf wissenschaftlicher Argumentation.»

    «Verstehe. Und über einen Hexenhammer verfügt Herr Loki natürlich auch.»

    «Selbstverständlich. Er besitzt einen gut erhaltenen Malleus maleficarum aus dem siebzehnten Jahrhundert.»

    «Wo hat der Kerl nur all die Bücher her?»

    «Das willst du gar nicht wissen.»

    «Da hast du recht. Das will ich nicht wissen. – Wie geht es Poxleitner?»

    «Den Umständen entsprechend. Der Schlaganfall vor vier Monaten hat ihn arg mitgenommen. Er sitzt vorwiegend im Garten am See und dämmert vor sich hin. Frau Sommer und eine Krankenpflegerin kümmern sich liebevoll um ihn.»

    «Wer erbt sein Vermögen, wenn er stirbt?»

    «Keine Ahnung.»

    Gemächlich zirkelte Ernst-Hermann seinen Ferdinand die vielen Kehren die Strasse zum Talboden hinab. Ich konnte regelrecht spüren, wie er ernsthaft darüber nachdachte, wie er einen Teil von Poxleitners Erbe erschleichen könnte.

    «Vergiss es», bemerkte ich trocken.

    «Hin und wieder habe ich das Gefühl, dass auch du hellsichtig bist. Nicht in Dingen, die den Tod betreffen, aber in anderen Dingen.»

    «Quatsch. Ich kenne dich einfach zu gut. Ich weiss, wie du tickst.»

    «Wie tick ich denn?»

    «Du tickst wie eine Zeitbombe.»

    «Wie eine Zeitbombe?»

    «Ja. Wenn dich niemand entschärft, wirst du unweigerlich hochgehen.»

    «Grundgütiger. – Und wann werde ich aus der Haut fahren?»

    «Irgendwann. Niemand weiss wann.»

    Ernst-Hermann fingerte am Radio rum, erfolglos suchte er einen Sender, der besser reinkam. Nachdem er es aufgegeben hatte, kramte er eine Musikkassette hervor und legte sie ein.

    «Ich liebe diesen Hölzel. Hab ich übrigens selber aufgenommen.»

    Ernst-Hermann fing an mitzusingen.

    «Amadeus Amadeus, Amadeus…»

    Ich schwieg und hörte mir den Song an. Die untergehende Sonne schien uns unvorteilhaft in die Augen. Ernst-Hermann setzte sich die Sonnenbrille auf. Ich klappte den Sonnenschutz runter, schloss ab und an die Augen. Vor uns erstreckte sich das Flachland in seiner bukolischen Selbstgefälligkeit, die der Vermessenheit seiner Bewohner in nichts nachsteht. Oder aber die Arroganz vieler Leute hat in dieser Gegend schon immer den Nährboden gefunden, den es für diese Untugend braucht, einen Nährboden, der über Jahrhunderte gedüngt worden ist mit Habgier, Blindheit, Bigotterie und Hochmut.

    Mit geschlossenen Augen sass ich auf dem Beifahrersitz und dachte abwechslungsweise an Herrn Poxleitner, an Leopold und an Loki. Drei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, dennoch aber vieles gemeinsam haben. Drei Männer, mit denen ich vor beinahe zehn Jahren einen Pakt geschlossen hatte, einen Pakt, der nicht weniger zum Ziel hat, als das Universum in seine Einzelteile zu zerlegen, um zu verstehen, wie es funktioniert, und wieder so zusammenzufügen, dass es meinen Bedürfnissen und Vorstellungen einer gerechteren Welt entspricht – den Schleier vor der Wirklichkeit zu lüften, um das Universum nackt vor uns erscheinen zu lassen. Kein leichtes Unterfangen, aber eine durchaus zu bewerkstelligende Aufgabe, zumal die Welt im Kopf ist. Und was im Kopf ist, kann man umgestalten, zu einer neuen Ordnung bringen, ja auf den Kopf stellen. Oben wird unten, kalt wird heiss, schwierig mutiert zu einfach, gut zu böse, schön zu hässlich. Ich, und auch – so war ich überzeugt – Leopold und Loki sahen uns aber nicht – wie man durchaus hätte annehmen können – als irregeleitete Moralapostel, die sich dazu berufen fühlten, die verloren geglaubte Wahrheit wiederzufinden, um sie hernach einzukasteln im Käfig der Engstirnigkeit. Nein, dazu fühlten wir uns nicht berufen. Das tun schon genug andere. Und dies vor allem deshalb, weil sie nicht wissen, dass es nichts hilft, nach der Wahrheit zu suchen. Wahrheit kann nicht gefunden werden. Wahrheit wird produziert. Und zwar im Kopf, und nur im Kopf.

    «Bist du müde?», fragte Ernst-Hermann.

    «Nicht wirklich. Mir brennen die Augen. Hat wohl mit meiner Allergie zu tun.»

    «Das muss vom vielen Lesen kommen, und von diesen uralten staubigen Büchern. Zu dieser Jahreszeit findet kein Pollenflug statt.»

    «Bestimmt nicht vom Lesen. Eher ist die Kraft der Sonne schuld.»

    Tatsächlich schwollen mir die Augen an, wenn ich direkter Sonnenbestrahlung ausgesetzt war. Die Photonen durchdrangen meine Netzhäute wie Neutrinos die Erde und veranlassten meine Zellen, hemmungslos anzuschwellen. Zuweilen hatte ich das starke Gefühl, in meinem Kopf fände eine Art Annihilation statt, wenn ich mich zu lange Richtung Sonne wandte. Als würden sich die Elementarteilchen und Antiteilchen in meinem Gehirn unablässig in neue, gänzlich andere Teilchen umwandeln. Und dieser stetige Umwandlungsprozess gab mir allmählich das kranke Antlitz eines Junkies.

    Um meine übereifrigen Immunzellen wieder in die Schranken zu weisen, beschloss ich, eine Hyposensibilisierung über mich ergehen zu lassen. Sie dauerte drei Jahre. Während der Wintermonate suchte ich wöchentlich eine Dermatologin auf, um mich mit einem Allergenextrakt subkutan vollpumpen zu lassen. Während dieser medizinischen Drangsal fuhr ich meinen Schutzschild herunter und genoss jede Berührung der Ärztin, war sie doch äusserst attraktiv und ebenso warmherzig. Nach der verabreichten Spritze schwoll mein Arm innert weniger Minuten wie Hefeteig bedrohlich an und begann fürchterlich zu schmerzen. Ich musste an den schlagkräftigen Popeye denken, diesen Spinat fressenden Seemann, der ständig eine Pfeife im Mundwinkel eingequetscht und deshalb das eine der beiden Augen immerfort zugekniffen hat und der sich für seine Angebetete Olivia bei jeder sich bietenden Gelegenheit prügelt – nicht ohne vorher eine Büchse Spinat hinuntergeschlungen zu haben. Natürlich schwoll bei mir nicht der Unterarm grotesk an, ich bekam die Injektion glücklicherweise in den Oberarm. Dieser sah nach der jeweiligen Behandlung eher aus wie der eines erfolgreichen Olympioniken, der sich der Disziplin Speerwurf verschrieben hat.

    «Siehst ziemlich kaputt aus», bemerkte Ernst-Hermann.

    «Ich weiss», erwiderte ich, die Augen immer noch geschlossen. «Möglicherweise hocke ich doch zu viel und zu lange in Lokis Büchergruft? All der Staub, die Milben, die stickige Luft. Das setzt einem schon zu als Allergiker.»

    «Büchergruft?! – Wie klingt das denn?»

    «Das klingt nach einer Gruft für Bücher, nach einem Friedhof für Bücher.»

    «Bücher gehören nicht in Grüfte. Bücher sollten in Bücherregalen stehen, in Bibliotheken oder Wohnzimmern.»

    «Da bin ich ganz deiner Meinung.»

    «Und trotzdem hortest du zusammen mit Loki alte Bücher in finsteren Gewölben.»

    «Ja. Es sind Lokis Bücher. Ich arbeite nur für ihn. Und er ist nun mal der Meinung, dass seine Bücher dort zu stehen haben, wo sie stehen – in seiner Büchergruft. Er nennt diesen Ort ehrfurchtsvoll Krypta der geretteten Bücher

    «Mein Gott! Ich frage mich, warum viele Menschen beinahe krankhaft alte Bücher sammeln.»

    «Weil man vor allem aus Büchern mehr vom Leben erfährt als vom Leben selbst. Bücher tragen in sich alle Geheimnisse der Welt. Um dieser Erfahrung teilhaftig zu werden, reicht es schon aus, wenn man Bücher liest.»

    «Was man vom Leben erfährt, hängt vor allem davon ab, wie man sein Leben gestaltet.»

    «Mag sein. Aber wie man sein Leben gestaltet, hängt vor allem davon ab, welche Mittel einem zur Verfügung stehen.»

    «Das stimmt. Und darum habe ich beschlossen dafür zu sorgen, dass sich, was die Mittel zur Gestaltung meines Lebens betrifft, schon bald einiges ändern wird.»

    Ernst Hermann zündete eine Zigarette an.

    «Und wie willst du das bewerkstelligen?», fragte ich und zündete auch eine Zigarette an.

    «Du wirst es erfahren, wenn es so weit ist, mein Lieber, du wirst es erfahren.»

    Schweigend rauchten wir die Zigaretten, bis das Wageninnere angefüllt war mit blauem Dunst und ich das Seitenfenster runterkurbelte, um dem flüchtigen Gebilde die Möglichkeit zu geben, nach draussen zu gelangen.

    «Als Allergiker solltest du nicht rauchen.»

    «Ich weiss.»

    Als Allergiker schloss ich die Augen erneut, liess den Vorhang fallen vor der kohärenten Wirklichkeit und trat über in eine Realität, die keiner Mimesis bedarf, die unverfälscht und völlig autark augenblicklich mein Bewusstsein in Beschlag nahm. Ein eigenartiges Gefühl durchfuhr meinen Körper, liess meinen stacheligen Panzer erbeben, und ich fühlte, wie sich meine unsichtbaren Dornen zu Tentakeln wandelten, sich ineinander verknoteten und mir den Hals zuschnürten. Ganz so, als sässe jemand hinter mir auf der Rückbank und mich mit einem Lederriemen zu erdrosseln versuchte. Bewusst verharrte ich in diesem Zustand der Asphyxie, fühlte, wie sich der Sauerstoffgehalt in meinem Lebenssaft verringerte, hörte, wie sich die beiden Gehirnhemisphären synaptisch zu vereinen versuchten und wartete darauf, dass sich der Homunkulus im Kopf endlich dazu durchringen könnte, diesem neuronalen Gezeter Einhalt zu gebieten.

    Während ich in meiner Atemlosigkeit auf Erlösung hoffte, reiste ich zurück zum Anfang von allem. Schneller als das Licht verliess ich unser Sonnensystem, begab mich rückwärts in der Zeit in den interstellaren Raum zu fernen und noch ferneren Galaxien, vorbei an unzähligen Exoplaneten, die sich in der habitablen Zone befinden und von fremdartigen, mitunter hoffentlich intelligenten Lebewesen bevölkert sind, bis ich anlangte am Rande der Singularität, diesem unvorstellbaren Etwas, das alles und doch nichts in sich birgt.

    Kurz bevor ich in ein Paralleluniversum katapultiert worden wäre, machte ich kehrt und reiste in entgegengesetzter Richtung zum Rand des Weltenraums, immer dem Zeitpfeil folgend, zusätzlich angetrieben durch den kosmischen Tanz. Ich wich Pulsaren, Quasaren, Schwarzen Löchern und dem Zorn Gottes, den Gammablitzen, aus, umflog weitläufig unberechenbare Magnetaren, begegnete, bevor ich die Ortsche Wolke durchbrach, dem bösartigen Zwillingsbruder unserer Sonne – der galaktischen Nemesis – der einsam und verlassen durch die kosmische Kälte driftet wie ein verwaister Planet, nur dass Nemesis ganz genau weiss, wohin sein Weg führen wird.

    An den Rand des Universums zu gelangen, ist ein schwieriges Unterfangen, zumal es Leute gibt, die behaupten, dass das Universum unendlich gross ist, auch wenn hinlänglich bekannt ist, dass nur die Dummheit der Menschen grenzenlos ist. Gut, dass ich mich in meiner Einbildung schneller fortbewegen kann, als das Universum kraft der dunklen Energie expandiert, und ich erreichte schon nach wenigen Augenblicken jenen geheimnisvollen Ort, den ich in Momenten psychischer Trägheit aufzusuchen pflege. Natürlich verschiebt sich der Rand des Universums ständig, weil es sich unermüdlich ausdehnt, solange ihm die Kraft dazu nicht fehlt. Und weil der Rand zu jedem Zeitpunkt an einem andern Ort ist, musste ich mir etwas einfallen lassen. Ich lernte die dunkle Energie genauso zu nutzen, wie es jeder Himmelskörper, wie es jedes Staubkorn, ja jegliches Gasteilchen in den Weiten des Kosmos tut.

    Ob sich in meinem Gehirn Toxoplasmen eingenistet hatten und ich genug furchtlos sein würde, unser Universum zu verlassen, aus dem vertrauten Gehege auszubrechen, um endlich zu erfahren, was sich ausserhalb unseres Kosmos tut, wusste ich nicht mit Bestimmtheit, aber als Halter von drei Katzen war es durchaus möglich, dass ich Bakterien solcher Art in meiner Amygdala zur Untermiete hatte. Andererseits fehlte mir der Hang zum Risiko damals genauso wie er es heute noch tut, mein Furchtempfinden funktionierte schon immer tadellos. Vor diesem unüberwindbaren Rand der Grenzenlosigkeit verharrend wie jemand, der sich nicht traut, den nächsten Schritt, den nächsten Atemzug zu tun, malte ich mir in Gedanken aus, was auf der jenseitigen Seite der Realität, dieser Sonderform des Irrealen, wohl sein könnte. Ich stellte mir vor, wie ich den Kopf entschlossen durch die unsichtbare Wand aus Nichts steckte – wie es Kopernikus gemacht haben musste, um sein heliozentrisches Weltbild zu erschaffen –, nur um dann enttäuscht festzustellen, dass sich auf der empyreischen Seite nichts anderes befand als ein Simulacrum des mir schon Bekannten.

    Oder vielleicht würde ich eine weisse Wand erblicken, die überall und nirgends sich aus physikalisch nicht definierbaren Untiefen erhebt. Ich würde aus dessen glattpolierter, elfenbeinfarbener Oberfläche einen Kopf kragen sehen wie eine Jagdtrophäe, in dessen weit aufgerissenen Augen ich das eigene Antlitz erkennen würde. Mein Antlitz, das verdutzt und gleichsam enttäuscht in die eigenen Augen starren würde, als hätte ich etwas getan, wozu ich nicht berechtigt bin. Oder aber es würden mich Myriaden von Augen aus unzähligen Ichs anstarren, die alle dieselbe Idee zur selben Zeit in die Tat umgesetzt hatten, um vom jeweiligen Etwas ins kollektive Nichts zu wechseln.

    Dieses Nichts war wohl der Grund, weshalb ich zögerte, diesen Schritt zu tun. Wie beinahe jeder Mensch sich vor dem Nichts fürchtet, fürchtete ich mich damals ebenso davor, ganz abgesehen davon, dass der Mensch das Nichts nicht braucht. Andererseits fürchten sich auch zahllose Menschen vor dem Etwas. Bestimmt sind das Etwas und das Nichts irgendwie ein und dasselbe, vor dem die gesamte Menschheit auf die Knie fällt. Von dem sich die menschliche Zivilisation knechten lässt, dem jegliches Individuum anheimfällt, um schliesslich als ein Niemand aufzugehen in der grossen Leere. Beruhigend zu wissen, dass wir alle und alles andere aus dem Nichts kommen und Gott sei Dank zum Nichts werden, dazwischen liegt ein verzichtbarer Augenblick des Etwas.

    Oder aber ich würde Gott höchstpersönlich gegenübertreten und ihn wahrscheinlich dabei antreffen, wie er in seinem Kerker unermüdlich damit beschäftigt wäre, die numinose Schöpfung in Frage zu stellen, ein Werk, das nur zustande kam, weil er im Zentrum der unendlichen Kugel das Nichts in Etwas verwandelt und dadurch das menschliche Schicksal für alle Zeiten besiegelt hatte – unser Schicksal, das einzig und allein darin zu bestehen scheint, dass wir im Meer der Gottheit allmählich erbärmlich ertrinken.

    Dabei haben wir uns das selbst zu verschulden. Denn wir sind es, die Gottheiten erschaffen, nur um dann von selbigen erschaffen worden zu sein. – Nachdem wir sie zu unseren Schöpfern auserkoren haben.

    Ferdinands quietschende Reifen rissen mich aus meiner Versenkung, das abrupte Bremsmanöver von Ernst-Hermann liess meinen Oberkörper nach vorne schnellen und ich öffnete die Augen, auf deren Innenseite sich die Vorstellung vom Rand des Universums eingebrannt hatte. Glücklicherweise war ich angegurtet.

    «Himmelarsch! Was tust du denn?»

    «Alles in Ordnung! Alles in Ordnung! War nur eine Katze. Eine schwarze Katze.»

    «Verdammt! Hast du mich erschreckt.»

    So sehr ich die Augenblicke luzider Tagträumerei mag, so sehr hasse ich es, aus welchen Gründen auch immer aus ihnen herausgerissen zu werden. Da war die Tatsache, dass ich als inzwischen routinierter Klarträumer dazu imstande war, wieder dort einzusteigen, wo ich meinen Traum verlassen hatte, nur ein kleiner Trost.

    «Hätte ich sie überfahren sollen?!»

    «Natürlich nicht. Auf keinen Fall.»

    «Warum zum Teufel muss das gerade mir passieren!», plagörte Ernst-Hermann verärgert.

    «Mein Gott! Du mit deinem Aberglauben. Wenn eine schwarze Katze den Weg von rechts nach links kreuzt, ist das ein gutes Omen.»

    «Wer sagt denn, dass sie von rechts nach links über die Strasse lief? Schwarze Katzen bringen Unglück.»

    «Quatsch! Begegnungen mit Katzen – und auch solche mit schwarzen – bringen in der Regel Glück. Katzen sind Glücksbringer.»

    «Da hab ich aber anderes gehört. Und dass heute Freitag, der 13. ist, macht die Sache nur noch schlimmer.»

    «Mein Gott! Jetzt hör aber auf. Schlimm genug, dass ein Mensch wie du, der Katzen über alles liebt, diese wunderbaren Tiere derart mystifiziert, dass er sich mitunter vor ihnen fürchtet, als wären sie der Hölle entsprungen.»

    «Seit wann hast du etwas gegen Mystifizierung?»

    «Ich habe nichts gegen Mystifizierung! Wie könnte ich auch. Trotzdem sollten wir – und vor allem du – das Mystifizieren der Katze den alten Ägyptern überlassen.»

    Die Sonne verschwand hinter einer mittelgrossen Schönwetterwolke, an der bereits die ersten Zeichen von dauerhafter Auflösung hafteten.

    «Im alten Ägypten glaubte man schon dreitausend Jahre vor Christus, dass Katzen die Göttin Bastet verkörpern.»

    «Wer zum Teufel ist Bastet?»

    «Bastet erscheint schliesslich in der Gestalt einer Frau mit Katzenkopf, nachdem sie zunächst mit einem Löwenkopf dargestellt wurde. Sie ist die Göttin der Liebe, Stärke und Zeugungskraft. Sie verkörpert Sonne, Mond, Licht und Schönheit.»

    «Weisst du das aus Lokis Büchern?»

    «Woher denn sonst. Während der Nacht bewacht Bastet als Mondkatze die Sonne. Und sie bekämpft ihre Todfeindin, die Schlange der Finsternis.»

    «Ja ja, schon recht. Hör mir bloss auf mit deiner Mythologie. Da halt ich mich lieber an den Aberglauben.»

    «Verstehe. Als Angsthase bleibt dir offensichtlich keine andere Wahl.»

    «Ich darf doch wohl bitten, mein Lieber.»

    «Kein Wunder also, dass die Ägypter die Katze schon bald in den Heiligenstand erhoben. Sie verehrten sie, errichteten Statuen für sie und holten sie in die Haushalte, wo sie Ratten, Mäusen und anderen Nagetieren den Garaus machten.»

    «Voilà, da haben wir es: Ohne Mystifizierung gäbe es heute keine Hauskatzen», schlussfolgerte Ernst-Hermann zufrieden.

    «Meinetwegen. Auf jeden Fall fanden auch die Griechen grossen Gefallen an diesen Geschöpfen. Sie wollten sie käuflich erwerben bei den Ägyptern, was aber nicht klappte, weil die Ägypter keine heiligen Tiere verkaufen. Die Griechen rümpften die Nasen und beschlossen kurzerhand, bei nächster Gelegenheit ein paar der begehrten Vierbeiner zu klauen.»

    «Hätte ich nicht erwartet von den klugen Griechen.»

    «Den Griechen haben wir es zu verdanken, dass sich die Katze in den folgenden Jahrhunderten in ganz Europa verbreitete.»

    «Den Griechen haben wir ja so vieles zu verdanken.»

    «Bitte keine zynischen Bemerkungen über die Griechen. Immerhin waren sie es, die Tapferkeit und Klugheit vereinten und dadurch sämtlichen anderen Völkern überlegen waren. Die Europäer waren damals zwar kühn, aber dumm, die Asiaten dafür klug, aber feige.»

    Die Sonne kam wieder zum Vorschein und ich schloss die Augen.

    «Und dann kamen die Christen», intonierte ich. «Für sie war die Katze mit ihren glühenden Augen im Dunkeln einfach nur ein Trugbild mehr, dem sie aufsassen. Jetzt war es vorbei mit der Heiligkeit. Dieses heidnische Geschöpf wurde heruntergestuft zu einem Gehilfen von Hexen und Alchemisten, ja des Teufels selbst. Das ging im Mittelalter so weit, dass man ernsthaft versuchte, die Katze auszurotten.»

    «War bestimmt keine gute Idee.»

    «Das war mit Abstand das Dümmste, was man machen konnte. Weniger Katzen bedeutete mehr Ratten. Mehr Ratten bedeutete mehr Flöhe, die die Pest übertrugen.»

    Die Sonne verschwand erneut. Diesmal nicht hinter einer Wolke, sondern hinter einer Bergspitze.

    «Erst viele Jahre später, nach dem Ende der Französischen Revolution, verbesserte sich die Katzensituation in Europa. Ja die eigenwilligen Vierbeiner wurden sogar wieder in eine Art Heiligenstand versetzt, sowohl von Protestanten, als auch von Katholiken.»

    «Bis der Mensch zur Einsicht kommt, braucht es mitunter Jahrhunderte.»

    «Dass du dich heute noch vor schwarzen Katzen fürchtest, die die Strasse queren, hast du den guten alten Kelten zu verdanken. Ihr Irrglaube, dass schwarze Katzen ungezogen sind und widerliches Schlangengezücht ins Haus bringen, bildete schon bald den Grundstein für einen Aberglauben, der seinesgleichen sucht.»

    Ich zündete eine weitere Zigarette an.

    «Um dich zu beruhigen und dich dem Aberglauben mit gutem Gewissen überlassen zu können, möchte ich in dieser Angelegenheit abschliessend betonen, dass schwarze Katzen nur dann Unglück bringen sollen, wenn sie die Strasse oder den Weg von links nach rechts queren oder stehen bleiben. Ansonsten bringen sie Glück, und zwar ausnahmslos.»

    «Trotzdem dürfen wir nicht vergessen, dass heute Freitag, der 13. ist», gab Ernst-Hermann nach kurzer Pause zu bedenken.»

    «Ach hör schon auf! Du weisst ganz genau, was am Freitag, dem 13., passiert ist. Das hat nun wirklich nichts mit Aberglauben zu tun.»

    «Hat es doch», beharrte Ernst-Hermann. «Was den Wochentag betrifft, wurde Jesus an einem Freitag gekreuzigt. An einem Freitag, dem 13., im Jahr 1307 wurde der Templerorden faktisch ausgelöscht. Der Börsenkrach von 1929 soll an einem Freitag stattgefunden haben. Und was die Zahl 13 betrifft, so soll sie über lange Zeit im Volksmund das Dutzend des Teufels genannt worden sein, weil sie das geschlossene Zwölfersystem überschreitet und als Primzahl nur durch eins und sich selber teilbar ist.»

    «Ja ja, schon gut. Erspar mir bitte deine stereotypen Beispiele historischer Ereignisse. Ich gebe mich geschlagen. Sei abergläubisch und fürchte dich. Mir doch egal.»

    Ernst-Hermann setzte mich zu Hause bei den Eltern ab. Nach dreijähriger Pause hatten sie abermals zu wirten begonnen. Wieder im selben Dorf, aber in einer anderen Gaststätte. Am südlichen Ende einer kurzen Häuserzeile gelegen, war das Restaurant in dem geräumigen, vierstöckigen Haus ein beliebter Treffpunkt im Viertel. Die Quartierbeiz lief hervorragend. Gäste aus nah und fern kamen, nicht nur, um Froschschenkel, Riesenscampis, Weinbergschnecken oder dergleichen Exotisches zu essen, sondern vor allem wegen der angenehmen Kurzweil, die man hier verbringen konnte.

    Am Stammtisch sassen wie jeden Abend die Stammgäste und zogen über Politik und Behörden her. An einem der hinteren Tische klebten drei Rentner auf den Stühlen, als wären sie angewachsen. Höchst zufrieden assen sie trostlosen Käse und tranken langweiligen Wein. Am Tisch gegenüber vertilgten ein paar Auswärtige Weinbergschnecken und Froschschenkel. Mit einem dionysischen Lächeln im Gesicht zerkauten sie Schenkel von Froschlurchen und schluckten genussvoll das wenige Fleisch, das in den Gehäusen der Kriechtiere verborgen lag. Gleichzeitig lauschten sie der angeregten Diskussion, die lautstark am Stammtisch geführt wurde. Es roch nach Knoblauch in der Schankstube, aber das störte mich nicht. Das schien niemanden zu stören.

    An einem anderen Tisch sassen Quinten und drei seiner Kollegen. Sie spielten Karten, tranken trockenen Weissen und rauchten unentwegt. Nachdem ich mir ein grosses Bier eingeschenkt hatte, setzte ich mich zu ihnen und rauchte auch.

    «Du solltest nicht rauchen mit deiner Allergie», sagte einer am Tisch.

    «Ich weiss», antwortete ich.

    Mutter hantierte in der Küche. Wahrscheinlich machte sie Tramezzini. Die Stammgäste liebten diese italienische Form des Sandwichs. Ich mag sie auch. Ich würde mir später auch eins nehmen, falls es genug für alle hätte.

    «Wie geht es Poxleitner?», fragte Quinten.

    «Den Umständen entsprechend», antwortete ich.

    «Und was treiben deine beiden Freunde Loki und Leopold?»

    «Sind unterwegs. Keine Ahnung, wo sie sich gerade rumtreiben.»

    Ich war müde. Die Augen brannten immer noch.

    «Sind sie auf Bücherjagd?»

    «Wahrscheinlich.»

    Ich verliess das Lokal meiner Eltern kurz nach zwanzig Uhr, nachdem sich die Sonne endgültig hinter die Berge verzogen hatte. Seit gut zwei Jahren bewohnte ich am Rand des Dorfes eine wirklich grosse Wohnung auf drei Etagen in einem stattlichen Patrizierhaus. Glückliche Umstände ermöglichten mir es damals, diese geräumige – und dennoch sehr günstige – Wohnung zu beziehen. Nebst acht Zimmern und zwei Gewölbekellern mit Naturböden verfügte ich zusätzlich über einen grossen Garten mit Teich, Hühnergehege und imposantem Ökonomiegebäude. Kurz gesagt, ich hatte wirklich eine Menge Platz. Ich hatte ein kleines Paradies, das mir all das hätte geben können, was ich zum Glücklichsein brauchte.

    Aber das sollte zu jener Zeit nicht ausreichen. Damals fand ich auch in diesem kleinen Garten Eden den Schlüssel zum Geheimnis des Glücks nicht, wenngleich ich ihn schon früher gefunden, ihn aber immer wieder verloren hatte. Er war mir für unbestimmte Zeit abhanden gekommen. Ich schritt durch den Garten und setzte mich an den Tisch beim Teich. Die Mandarinenten schwammen geräuschlos auf dem Wasser, das Männchen begrüsste mich mit einem kaum hörbaren Pfruib. Die sechs indischen Brahmahühner hatten sich bereits in den Hühnerstall zurückgezogen. Ich stand nochmals auf und schloss das Gatter, das sich am südlichen Ende des Ökonomiegebäudes befand. Dann setzte ich mich wieder an den Teich undbeobachtete die Forellen, wie sie in der Dämmerung nach Kerbtieren schnappten. Die Enten zogen friedlich ihre Runden. Nach und nach gesellten sich meine drei Katzen zu mir und begannen ihr Fell zu lecken. Ich steckte mir eine Zigarette an, lehnte mich zurück, legte die Füsse hoch und genoss diese Minuten bukolischen Friedens wie ein Bauer, der gerade sein anstrengendes Tagewerk vollbracht hatte.

    Ich legte meinen Kopf ins Genick und schloss die Augen.

    «Wo treiben sich nur Leopold und Loki rum?», fragte ich mich in Gedanken.

    Die beiden waren nun schon beinahe seit zwei Wochen verschwunden, ohne mir vorher mitgeteilt zu haben, wo die Reise hin ging und nach welchem Buch sie suchten. Mir war natürlich schon lange bewusst, dass meine Freunde die begehrten Bücher stahlen, ansonsten wären sie wohl kaum in deren Besitz gelangt. Aber das war mir egal. Bücher zu klauen ist in meinen Augen unter Bibliophilen und Bibliomanten ein Kavaliersdelikt, auch dann, wenn es sich um seltene, sehr kostbare, mitunter gefährliche Bücher handelt. Dass Loki unter all den Bücherdieben der bevorteilteste war, brauche ich an dieser Stelle wohl kaum zu erwähnen. Bisher ist er überall rein- und auch wieder rausgekommen. Als Gestaltwandler bestimmt eine leichte Übung für ihn. Schon dreimal durfte ich die beiden auf ihren Beutezügen begleiten. Jedesmal ging es ins nahe Ausland. Jedesmal handelte es sich bei den begehrten Objekten um Inkunabeln. Und jedesmal war es ein Abenteuer der ganz besonderen Art.

    Unser erster gemeinsamer Raubzug führte uns nach Deutschland in die sehr umfangreiche Bibliothek der Erzabtei St.Martin zu Beuron, wo sich Loki ein wunderschön gearbeitetes Buch über die Kunstgeschichte des Mittelalters holte. Auf meiner zweiten Reise mit den beiden suchten wir die Universitätsbibliothek in Heidelberg auf, wo sich Loki am Manuskript des Codex Manesse bediente. Er schnappte sich nur einzelne Blätter aus der einzigartigen Heidelberger Liederhandschrift aus dem vierzehnten Jahrhundert, sodass der dreiste Diebstahl bis heute noch keinem der Bibliothekare aufgefallen ist. Die dritte Reise führte uns ins Frankenland, wo sich Loki Zugang zur Universitätsbibliothek von Würzburg verschaffte und ein paar eindrückliche historische Karten mitgehen liess.

    Dieses Mal reisten sie bestimmt nach Übersee. Oder in den fernen Osten. Bei einer solch langen Reise musste es sich um ein ganz besonderes Buch handeln, das unmöglich in einer Bibliothek im nahen Ausland stand. Wahrscheinlich hatten sie es auf ein Buch abgesehen, das in eine Privatsammlung gehörte, das möglicherweise schon mal gestohlen oder illegal erstanden worden war.

    Ich musste lächeln und begann Raissa, meine getigerte Katze, zu kraulen, welche es sich inzwischen auf meinem Schoss bequem gemacht hatte. Die beiden anderen, Janosch und Minousch, sassen wie zwei Sphinxe zu meiner Rechten und Linken.

    «Ich bin Teil einer Diebesbande», dachte ich. Das war schon starker Tobak. Das war aufregend. Ich zündete noch eine Zigarette an und genoss die Ruhe. – Aber nicht nur. Ich war nicht nur ein Bücherdieb, ich war auch ein normaler Arbeiter, der einen Sechzigprozentjob als Buchbinder beim hiesigen Zeitungsverlag innehatte. Und dieser Umstand kam mir sehr zupass, wusste ich doch dank dieser Beschäftigung mit Inkunabeln und dergleichen Kostbarkeiten angemessen umzugehen. Gedankenverloren sass ich da in meiner Bestimmungslosigkeit und wartete darauf, bis die Nacht ihr dunkles Tuch auf die Erde gelegt, bis die kosmische Stille das Hier und Jetzt mit nichts erfüllt hatte. Ich hätte ewig hier sitzen und der Zeit dabei zusehen können, wie sie tat, was sie immer tut.

    Zweites Kapitel

    Der Turm zu Babel

    «Hast du nicht gesagt, Detlef Salzstein sei anwesend an der Vernissage?», fragte mich Ernst-Hermann.

    «Ja, hab ich. Er müsste eigentlich hier sein.»

    «Ist er aber nicht.»

    «Offensichtlich.»

    «Hätte diesen Schmierfink gern gesehen.»

    «Wärt ihr früher gekommen, wüsstet ihr, dass zurzeit niemand weiss, wo Salzstein ist», sagte Mannhofer. «Er habe das Hotel kurz nach neun Uhr dreissig in Wanderschuhen und mit Rucksack verlassen, sei aber noch nicht wieder zurückgekehrt.»

    «Vielleicht hat er sich verlaufen», mutmasste Ernst-Hermann.

    Wir standen vor einer riesigen Glasvitrine, in deren Mitte sich ein imposanter Hundehaufen auf einer sich langsam im Uhrzeigersinn drehenden, golden glänzenden Scheibe erhob. Wie der Turm zu Babel wuchs der gewaltige Kothaufen sich verjüngend spiralförmig empor und gipfelte in einer scharfen Spitze endend, die exakt nach oben ragte wie der mahnende Zeigefinger eines Humanisten.

    «Was für ein Hundehaufen!», staunte Ernst-Hermann.

    «Muss von einer Dogge oder einem irischen Wolfshund sein», spekulierte ich.

    «Ob der echt ist?», fragte Ernst-Hermann.

    «Bestimmt», erwiderte der Mannhofer, «Salzstein arbeitet authentisch. Für seine Kunst verwendet er nur echte Scheisse.»

    «Mein Gott, wie weit ist es nur mit der Menschheit gekommen.»

    Allmählich scharten sich immer mehr vermeintlich Kunstbeflissene um die eindrückliche Installation, welche tatsächlich den Namen Der Turm zu Babel trug. Man war begeistert, sprach von epochaler Kunst, bedauerte, dass der Künstler nicht anwesend war.

    «Der Turm zu Babel! – So ein Quatsch», meinte Ernst-Hermann, «der wurde niemals auf eine Spitze zulaufend emporgebaut. Der wurde gar nicht vollendet, wenn er denn überhaupt jemals errichtet wurde. Salzstein hätte dem Haufen die Rübe abhacken müssen. Aber so – nein.»

    Ernst-Hermann handelte sich vorwurfsvolle Blicke ein.

    «Wäre der Turm zu Babel vollendet worden, hätte er durchaus Ähnlichkeit haben können mit diesem Hundehaufen», konterte ich.

    «Wäre, hätte, könnte! – Ja was denn jetzt?!»

    Einige der Vernissagebesucher schüttelten die Köpfe oder verdrehten die Augen. Wie konnte man sich nur so unverständig, so unprofessionell benehmen.

    «Das ist eine Scheissinstallation», fuhr Ernst-Hermann unbeeindruckt fort, «und das im wahrsten Sinn des Wortes.» Er musste lachen.

    «Jetzt reichts aber langsam», murrte ein hagerer Kerl mit wirrem Haar links von Ernst-Hermann.

    «Jungs, der Kerl beleidigt mich.»

    Ernst Hermann machte Anstalten, den offensichtlich Kunstverständigen zu massregeln. Er stellte sich zwischen die Vitrine und den hageren Kerl, der einen abgenutzten schwarzen Anzug trug und nach Salbei roch, legte den Kopf ins Genick und musterte den Typen wie ein Stück abgehangenes Fleisch.

    «Hier bedarf wohl jemand eines Verweises», sagte er leise und bestimmt.

    Der Anzugträger rümpfte die Nase, als könnte er den Hundehaufen riechen. Ernst-Hermann verschränkte die Arme und wich nicht von der Stelle.

    «Hier riechts schlecht», sagte Ernst-Hermann, den Kerl immer noch anstarrend.

    «Nun krieg dich wieder ein und lass den Burschen in Ruhe», sagte ich.

    Ernst-Hermann stierte den Typen noch ein paar Sekunden an, bevor er sich von ihm wegdrehte und in Richtung Foyer davonlief. Der gross gewachsene Kerl schüttelte abermals den Kopf, rieb sich die Nase und richtete die Aufmerksamkeit wieder auf die Vitrine mit dem kotigen Inhalt. Inzwischen hatten sich an die hundert Personen in der Ausstellungshalle eingefunden und zirkelten um den hinter Glas aufgebahrten Hundehaufen, als handelte es sich um die Kaaba in Mekka. Die Begeisterung war unbeschreiblich, die Installation wurde ausnahmslos in den höchsten Tönen gelobt: Was für ein epochales Werk, ein Meilenstein in der Kunstgeschichte, Salzstein definiere künstlerisches Schaffen neu, das sei Authentizität in Reinkultur, schade, dass man den Hundehaufen nicht riechen könne, dann wäre das Werk noch vollkommener.

    Verzieh dich, Rupert, das brauchst du dir nicht anzuhören. Dieses Beifallstampfen und Freudengrunzen ist ja nicht auszuhalten. Geh – und ich werde mit dir gehen.

    Ich hörte mir diese Lobhudelei noch ein paar Minuten an, bevor auch ich mich zurück ins Foyer begab, wo sich Ernst-Hermann an einen kleinen runden Tisch gesetzt hatte und in irgendeiner Broschüre blätterte.

    «Gibts noch keine Snacks und was zu trinken?», fragte ich und setzte mich ebenfalls.

    «Nein. Erst nach der Ansprache.»

    «Und wer spricht heute?»

    «Ein Weggefährte von Salzsteins Vater. Irgendein Kunsthistoriker aus Dresden. Professor Sinsheimer, Pinkas Sinsheimer. Steht hier drin.»

    Ernst-Hermann reichte mir die Broschüre. Ich blätterte sie durch, bis ich auf den Artikel über Sinsheimer stiess. Während ich sein Porträtfoto betrachtete, fiel mir auf, dass irgendwas mit Sinsheimers Gesicht nicht stimmte. Ich stierte das Bild an, konnte aber nicht auf Anhieb herausfinden, was falsch war, was ungewöhnlich war.

    «Was stimmt nicht mit Sinsheimers Gesicht?», fragte ich Ernst-Hermann.

    «Keine Ahnung. Frag ihn doch selber. Im Gegensatz zu Salzstein ist er hier.»

    «Lass uns nach oben gehen. Da sollen ein paar wirklich grosse Bilder hangen.»

    «Jetzt gleich? Sinsheimer spricht in ein paar Minuten.»

    «Schon klar. Aber erst in ein paar Minuten. Die verspäten sich doch immer und erzählen alle denselben Quatsch.»

    «Und warum hörst du dir diesen Quatsch immer wieder an?»

    «Das frag ich mich auch.»

    In der Tat, Rupert, das frag ich mich auch.

    Ich legte den Prospekt zurück und stand auf. Ernst-Hermann folgte mir einen Stock höher, sich ständig beklagend, dass es noch nichts zu knabbern gab. Oben trafen wir auf Mannhofer, der mit verschränkten Armen und seitlich geneigtem Kopf ein Gemälde von gigantischem Ausmass betrachtete.

    «Heilige Scheisse», sagte Ernst-Hermann, «was ist das denn?»

    Das Bild zeigte einen kahlen Hügel, auf dem vier Kreuze standen, an die nackte Menschen genagelt waren. Offenbar waren sie tot, denn an den Beinen und am Holz entlang rann ihre Scheisse und versickerte allmählich im steinigen Erdenreich. Ihre Eingeweide hatten sich entleert.

    «Das Bild heisst Ort des Schädels», antwortete der Mannhofer, ohne sich zu rühren.

    «Ort des Schädels?», wiederholte Ernst-Hermann, «warum Ort des Schädels?»

    «Hättest halt die Broschüre lesen sollen», sagte ich, «dann wüsstest du jetzt, dass Ort des Schädels auf Hebräisch Golgota heisst.

    «Golgota?! – Der Hügel, auf dem Jesus gekreuzigt wurde?»

    «Ja. Genau der. Ich würde diesen Hügel eher Ort der Scheisse nennen.»

    «Warum? Nur wegen Salzstein?»

    «Nicht nur. Aber auch. Mag ja sein, dass der Hügel, von einer bestimmten Position aus betrachtet, die Form eines Schädels hat. Vielmehr aber ist es ein Hügel, der über lange Zeit mit Scheisse gedüngt wurde.»

    «Wir düngen auch mit Scheisse. Was ist so besonders daran?»

    «Mit der Scheisse von Gekreuzigten», beteiligte sich der Mannhofer abermals am Gespräch, ohne sich zu rühren. «Die Gekreuzigten haben den Hügel Golgota regelrecht vollgeschissen, nachdem sie ihr erbärmliches Leben ausgehaucht und die Gedärme sich entleert hatten.»

    «Widerlich! Ekelerregend!»

    «Das mit Scheisse gedüngte Erdenreich soll schliesslich den Golgothan hervorgebracht haben – das klassische Fäkalmonster, ein lebender Kothaufen.»

    «Dieser Salzstein ist ein Schwein», meinte Ernst-Hermann.

    «Salzstein ist ein Künstler, kein Schwein», konterte der Mannhofer.

    «Meinetwegen, aber ein versauter Künstler.»

    «Quatsch! Ein Künstler kann nicht versaut sein, egal wie er tut, was er tut.» Jetzt wandte sich der Mannhofer zu uns. «Ich bin auch Künstler, ich steh auf Nonnen in Windeln.»

    «Was sagt er?! – Er steht auf Nonnen in Windeln?» Eine starke Wallung durchfuhr Ernst-Hermanns Körper, von unten nach oben und von oben nach unten. «Mein Gott! Ich bin umgeben von Perversen!»

    Und worauf stehst du, Rupert? Bist du nicht auch Künstler? Oder versuchst zumindest, einer zu sein?

    «Wer zum Teufel fragt mich das?»

    Ich, ich frage dich das. Ich, dein Schatten.

    «Lass uns nach unten gehen, Rupert. Für den Moment hab ich genug gesehen und gehört», sprach Ernst-Hermann.

    Ich zockelte hinter ihm her. Und mein Schatten folgte mir auf dem Fusse.

    Unten im Foyer waren immer noch ein paar kulturbeflissene, schwarz gekleidete junge Frauen damit beschäftigt, Wein, Wasser, Orangensaft und Bier bereitzustellen und allerlei Häppchen anzurichten.

    «Wird aber auch Zeit», murrte Ernst-Hermann und schnappte sich ein Canapé.

    «Das Buffet ist noch nicht eröffnet», sagte eine der Frauen, «erst nach Sinsheimers Rede.»

    Der Seitenlichtsaal war zum Bersten voll. Sinsheimer war gross gewachsen, aber sein Rücken war bereits etwas gewölbt und er stand leicht vornübergebeugt neben dem Präsidenten des Kunstvereins. Bei seinem Anblick musste ich sofort an Karyatiden denken, welche unter der Last der steinernen Balkone, die sie stützen, allmählich einzuknicken drohen.

    Karyatiden knicken nicht ein, Rupert. Nur dann, wenn höhere Gewalt mit im Spiel ist.

    «Halt die Klappe, Schatten!»

    Wahrscheinlich lastete Sinsheimers Historie tonnenschwer auf seinen Schultern. Abgesehen von der krummen Haltung stimmte irgendetwas mit Sinsheimers Gesicht nicht. Aber was? Ich kam einfach nicht dahinter. Inzwischen war auch der Mannhofer wieder nach unten gekommen. Ernst-Hermann sah sich um, hielt wahrscheinlich Ausschau nach dem hageren Kerl, der auf seinen Schwanz getreten war.

    «Salzstein ist noch nicht aufgetaucht», flüsterte der Mannhofer. «Er ist offensichtlich verschwunden, hat sich aus dem Staub gemacht.»

    «Er wird schon seine Gründe haben», meinte ich.

    Vielleicht ist ihm was zugestossen.

    «Ach was», intervenierte Ernst-Hermann, «der will einfach nicht hier sein, weil er zurzeit lieber woanders ist.»

    «…übergebe ich jetzt das Wort Herrn Pinkas Sinsheimer», schloss der Präsident des Kunstvereins die Ansprache, in der auch er bedauerte, dass Salzstein nicht zugegen war.

    «Ruhe jetzt», sprach eine Frau links von uns.

    «Geht das schon wieder los», konstatierte Ernst-Hermann und bedachte die Frau, die aussah, als würde sie jeden Moment vom Boden abheben, mit mürrischem Blick, der jeden anderen Menschen eingeschüchtert hätte.

    «Das gilt vor allem für Sie», sagte die Frau selbstbewusst.

    Sag deinem Kumpel, er soll endlich die Schnauze halten.

    «Halt lieber du die Schnauze», dachte ich.

    Sinsheimer räusperte sich vernehmlich, bevor er also Folgendes sprach: «Detlef hätte sich sehr gefreut ob diesem gewaltigen Aufmarsch von Kunstfreunden.» Er hielt kurz inne und liess den Blick durch die Menge schweifen. «Aber er ist nunmal nicht hier, auch wenn er hier sein sollte. Offenbar hat er Wichtigeres zu tun, als hier zu Ihnen zu sprechen, als hier seinen Triumph auszukosten, als einfach hier zu sein und uns alle mit

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1