Islam - Weg der Mitte: Texte von Ibn Taymiyya
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Über dieses E-Book
Ibn Taymiyya - ein Name, der in aller Munde ist. An allen möglichen und unmöglichen Orten taucht er auf. Die einen rechtfertigen ihre Taten damit, während die anderen die Untaten derjenigen, die sie in seinem Namen begehen, erklären. Islamisten, Salafisten, Extremisten, Terroristen, Orientalisten, Islamexperten, Extremismusforscher und andere Terrorspezialisten - ein buntes Völkchen also bedient sich seiner und bestätigt sich gegenseitig. Dieser Diskurs erzeugt Heilige und Monster - heilige Monster.
Was aber wissen sie wirklich über und von diesem großen Gelehrten und Denker? Welcher böse Traum gebiert diese Ungeheuer? Wer hat je etwas von ihm gelesen?
Wir wollen dem freilich keine Heiligenverehrung entgegensetzen, die Ibn Taymiyya selbst ohnehin verhasst gewesen wäre, der zweifelsohne sich und jeden anderen für fehlbar und nur allzumenschlich hielt. Nein, wir meinen nur, dass Urteile, positive wie negative, über einen Menschen und seine Gedanken nicht lediglich von Vorurteilen, sondern von einer gewissen Kenntnis getragen sein sollten. Dieser Aufgabe soll unser bescheidener Beitrag einer kleinen Textsammlung dienen: Vorurteile abbauen und Kenntnisse vermitteln, um allererst sachgemäße und vernünftige Urteile zu ermöglichen, sowie den Diskurs versachlichen.
Man kann nur bass erstaunt sein angesichts der Weite der Gelehrtheit von Ibn Taymiyya - dem bedeutendsten Leser der falāsifa (Philosophen) in der sunnitischen Welt nach Fakhr ad-Dīn ar-Rāzī. Seine Virtuosität und Treffsicherheit bei seiner Behandlung der Werke, die er studiert, werfen ein besonders erhellendes Licht auf das Werden des muslimischen Denkens und gesellschaftlichen Lebens. Sollte ich es wagen, anzufügen, dass die Pflicht, den »geistigen Vater des gegenwärtigen Islamismus« nunmehr in die angesehene Ahnenreihe der Kommentatoren des Aristoteles aufzunehmen, durchaus weder eines gewissen Witzes noch Charmes entbehrt?
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Buchvorschau
Islam - Weg der Mitte - Taqī ad-Dīn Ahmad Ibn Taymiyya
1
Die Religion der Mitte
(Pages spirituelles d’Ibn Taymiyya, II, 1999)¹
Einführung
Die ideologische und kulturelle Dekolonisierung der muslimischen Welt in der Gegenwart, ihre spirituelle und gesellschaftliche Wiederherstellung werden gelegentlich von bedauerlichen Exzessen begleitet. Der Konsens der Gemeinschaft hat sich im allgemeinen von ihnen distanziert, aber sie werden von den Medien weidlich ausgeschlachtet, die ebenso begierig auf Sensationen sind wie wenig bedacht darauf, die wahren Gründe und Belange der Ereignisse zu verstehen, da sie allemal an Amnesie leiden gegenüber einer westlichen Vergangenheit, für die geschwind eine Amnestie gewährt wird. Das hat zur Folge, dass für viele leichtgläubige Menschen »Islamismus « sich nunmehr neben anderen »…ismen« auf »Fanatismus « und »Extremismus« reimt.
Doch Gott weiß, dass es keine Begriffe gibt, die Seiner Religion fremder sein könnten. Wie im Koran offenbart und durch das Leben des Propheten vollkommen zur Anschauung gebracht, ist das Wesen des Islam nämlich Mäßigung (iqtisād) und Gleichgewicht (iʿtidāl), Gerechtigkeit (qist) und via media (Mittelweg). Weder nach links noch nach rechts neigend, ist der Islam ein Licht, das kraft des Öles eines »gesegneten Baumes, der weder östlich noch westlich ist«², leuchtet. Und damit die Muslime »Zeugen gegenüber den Menschen« seien, erklärt der Erhabene Selbst, aus ihnen keineswegs Radikale gemacht zu haben, sondern »eine mittlere Gemeinschaft« (umma wasat): »Und so machten Wir euch zu einer mittleren Gemeinschaft …«³
Der folgende Text von Ibn Taymiyya berührt mehrere Aspekte dieses ausgewogenen Charakters des wahren Islam – Religion der Mitte und somit auch des unverfälschten gesunden Menschenverstandes (fitra) oder ganz einfach der wahrhaften Vernunft (ʿaql) – gegenüber dem Spektrum der Exzesse, die andere Konfessionen oder auch gewisse Gruppen oder Denkschulen charakterisieren, die bisweilen die Muslime gespalten haben. Sei es nun auf dem Gebiet des Prophetentums und insbesondere der Christologie, der religiösen und kanonischen Autorität, der Theologie im eigentlichen Sinne (Gott, Seine Attribute und Sein Handeln), der Ethik, der Prädestination, des Status des Glaubens und der Sünde oder schließlich der Geschichte der Gefährten des Propheten, so erlaubt uns der Damaszener Schaykh des Islam, besser zu verstehen, was es heißt, sunnitisch zu sein, in der Ausgeglichenheit einer Gläubigkeit fern aller Extreme. Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, dass jeder Abschnitt einen langen Kommentar verdiente…
Übersetzung⁴
Die »gerettete Gruppe«
Der »gerade Weg« (as-sirāt al-mustaqīm), das ist die Religion des reinen (mahdh) Islam, das ist, was sich im Buch Gottes, des Erhabenen, findet, und das ist die Sunna und die Gemeinschaft (dschamāʿa). Die reine Sunna ist nämlich die Religion des reinen Islam. Auf viele Weisen, überliefert von den Autoren der Sunan⁵ und Musnad⁶ wie Imām Ahmad [ibn Hanbal], Abū Dāʾūd, at-Tirmidhī und anderen wird vom Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Frieden! – berichtet, dass er sagte: »Diese [370]⁷ Gemeinschaft wird sich in zweiundsiebzig Gruppen spalten, die alle im Feuer sein werden außer einer, nämlich der Gemeinschaft «⁸, und in einer anderen Version: … »[nämlich] diejenigen, die sich benehmen, wie ich mich heute benehme, wie auch meine Gefährten«.
Diese gerettete Gruppe, das sind die Anhänger der Sunna, die eine mittlere Position unter den Gemeinschaften einnehmen, genauso wie das Glaubensbekenntnis (milla) des Islam eine mittlere Position unter den Glaubensbekenntnissen einnimmt.
Eine Prophetologie der Mitte
Die Muslime nehmen in der Tat eine mittlere Position hinsichtlich der Propheten Gottes, Seiner Gesandten und Seiner rechtschaffenen Diener ein.
In dieser Hinsicht haben sie nicht übertrieben, wie die Nazarener⁹ übertrieben haben: »Sie haben ihre Gelehrten und ihre Mönche zu Herren genommen außer Gott, sowie den Messias, den Sohn der Maria, wo ihnen doch nur befohlen worden ist, einem einzigen Gott zu dienen. Es gibt keinen Gott außer Ihm. Preis sei Ihm! (Erhaben ist Er) über das, was sie (Ihm) beigesellen. «¹⁰
Sie haben [andererseits] auch nicht [die Propheten] misshandelt, wie die Juden [sie] misshandelt haben: Sie töteten in der Tat die Propheten unrechtmäßig, und sie töteten diejenigen unter den Menschen, die Gerechtigkeit geboten;¹¹ jedes Mal, wenn ein Gesandter zu ihnen kam mit dem, was ihren Neigungen nicht entsprach, bezichtigten sie eine Gruppe der Lüge und töteten davon eine andere.¹²
Die Gläubigen hingegen glauben an die Gesandten Gottes, leisten ihnen Beistand und helfen ihnen, verehren sie, lieben sie und gehorchen ihnen, aber beten sie nicht an und nehmen sie nicht zu Herren, wie der Erhabene sprach: »Es gebührt nicht einem Menschen, dass Gott ihm die Schrift, das Urteil und das Prophetentum gibt, und er dann den Menschen sagt: ›Dient mir anstelle von Gott‹. Sondern vielmehr: ›Seid Leute des Herrn (rabbānī), da ihr die Schrift gelehrt und erlernt habt.‹ Er gebietet euch nicht, die Engel und die Propheten zu Herren zu nehmen. Sollte Er euch Glaubensleugnung (kufr) gebieten, nachdem ihr ergeben (muslim) geworden seid?«¹³
Dementsprechend nehmen die Gläubigen eine mittlere Position hinsichtlich des Messias ein. Sie sagen nicht, dass er Gott ist, noch Gottes Sohn, [371] noch auch der Dritte von Dreien,¹⁴ wie die Nazarener sagen. Sie betreiben [andererseits] nicht Glaubensleugnung (kufr) Ihm gegenüber, und sie sprechen nicht eine gewaltige Verleumdung gegen Maria aus,¹⁵ indem sie so weit gehen, aus ihm das Kind einer Hure zu machen, wie die Juden behaupten. Sie sagen im Gegenteil, dass er der Diener Gottes, Sein Gesandter und Sein Wort ist, das Er Maria, der Keuschen, der Jungfrau, zuteil werden ließ, und ein Geist (rūh) von