Versuch einer Antwort: Vermächtnis eines Vaters
Von Peter Willms
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Buchvorschau
Versuch einer Antwort - Peter Willms
Ein Anliegen
Nicht erst heute, aber besonders jetzt, da ich älter bin, ist es mir ein großes Anliegen, ein Hospiz zu unterstützen. Das liegt einfach daran, dass im Alter ganz natürlich der Gedanke an die Endlichkeit des Lebens in den Vordergrund rückt. Denn jeder Mensch wünscht sich in der schwierigen Phase, in der sein Leben endet, von liebenden und fürsorglichen Angehörigen und Mitmenschen begleitet zu werden. – Daher geht der Erlös dieses Buches – also der Anteil, den ich daran verdiene – an das Hospiz »haus hannah« in Emsdetten. Im Internet oder auch vor Ort kann gesehen werden, wie wertvoll und wichtig ein würdevolles Sterben für die Abrundung des Lebens sein kann und ist. So würde ich mich sehr darüber freuen, wenn mein Buch dazu beitragen könnte, etwas an das Haus Hannah zu spenden.
Peter Willms, im Januar 2021
Die nachstehenden Aufzeichnungen widme ich in Liebe meiner Frau Hildegard und meinen Söhnen Ralf und Olav Willms
Vor-Wort
Mein Vater – ich bin stolz darauf, dieses Vorwort schreiben zu dürfen, und glücklich darüber, dass dieses Buch überhaupt entstanden ist. Und darüber hinaus bin ich der Meinung, dass dieses Buch seinen Wert hat.
Zu den vielen möglichen Lesarten des Buches gehört, sich ein Stück Zeitgeschichte vor Augen zu führen. Und zwar diejenige, wie es aussah, wenn man vor 83 Jahren geboren wurde und von da aus sein Leben zu leben hatte. Das politische System wurde dominiert vom Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg stand 2 Jahre vor dem Ausbruch. Erzählt wird, wie es in jemand aussah, der in einem kleinen Dorf heranwuchs, und zwar in benachteiligten Verhältnissen, die noch von der jahrhundertelangen Prägung der Monarchie bis hin zur Weimarer Republik zeugten, in der sich so etwas wie eine Mittelschicht erst entwickeln musste.
Peter Willms, meinem Vater, kommt es nicht darauf an, allgemeine Aussagen über diese Zeit zu treffen, die auch überreichlich vorhanden sind, sondern stellt Abrisse seines Lebens dar, in denen Zeitgeschichte unvermeidlich vorkommt. Das Buch zielt vielmehr darauf hin, »Essenzen« eines Lebens darzulegen.
Das Leben von Peter Willms zieht sich also zeitlich vom Kriegsgeschehen über die Nachkriegszeit (einschließlich »Wiedervereinigung«) bis hin zur Bundesrepublik Deutschland, wie sie – 2020 – unter dem Zeichen »Corona« existiert. Das Buch enthält wenigstens zwei Botschaften: Dass Liebe, zuerst einmal im Sinne von Partnerschaft und Ehe, aber auch darüber hinaus, über einen langen Zeitraum gelingen kann. Und: Dass es sich lohnt, sich für sein Leben einzusetzen. Aus welcher nicht selbst verschuldeten Dunkelheit das geschah und gelang, auch davon zeugt das Buch.
Im Dezember 2020, Ralf Willms
Seit dem 11. Juni 2020 bin ich also nun dreiundachtzig. Wer hätte je gedacht, dass ich einmal so alt werden würde? Ich am allerwenigsten!
Mir ist, als ob ich in den Jahrzehnten meines Lebens einen sehr hohen Berg erklommen hätte, von dessen Gipfel ich nun herabblicke.
Mein Weg begann, auch kriegsbedingt, in einer Wüstenei von Geröll und Steinen. In einer Situation von Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit. Trauer, Resignation und Armut waren keine besondere Motivation, die erforderlichen Anstrengungen auf mich zu nehmen, um meinen Lebensweg mit Aussicht auf Erfolg zu beginnen.
Nun bin ich also angekommen im Jahre 2020.
Was fühle ich, was denke ich?
Ich glaube, es ist eine Mischung aus Stolz und Genugtuung, aber mehr noch ist es Dankbarkeit, die den Rückblick auf mein langes Leben erfüllt.
Ich habe versucht, meinen Söhnen und meiner Frau in zahllosen Gesprächen Informationen über mich, meine Herkunft, meinen Lebensverlauf zu hinterlassen, und weiß auch deshalb noch nicht, ob ich den Versuch einer Niederschrift meines Lebens beenden werde. Hinzu kommt: Mir fehlen, jetzt im Alter, vor allem die Kraftreserven. Und: Jenseits der 80 vergeht die Zeit gefühlt und tatsächlich in einer Geschwindigkeit, die atemberaubend ist. Und ich kann nicht wissen, so wie dies niemand wissen kann, wann der Punkt erreicht sein wird, mit welchem der Körper und das Gehirn in seiner Leistungsfähigkeit entscheidend nachlassen. Ohnehin ist es für mich ein großes Wunder, wie lange, präzise und oft störungsfrei, aber immer dienend und liebevoll, das Gehirn, die Organe, die Gelenke, die Gefühle, also die gesamte »Konstruktion Mensch« funktioniert und somit – in meinem Fall – ein langes, herrliches, auch hartes, entbehrungsreiches, in jedem Fall intensives Leben ermöglicht und schenkt.
Ich bin nach meinem langen Leben an dieser Stelle sehr dankbar und zufrieden, wenngleich bei mir die Gefahr besteht, dass ich zu viel an das Ende denke: wie es wohl aussehen mag, wann es kommt, wie es sein wird!
Darüber – sowie über Einschränkungen, Schmerzen und Krankheiten im Alter – kommuniziere ich im Gebet mit IHM, dem Schöpfer, und manchmal auch mit Hildegard, meiner Frau. Ich hoffe, dass ich zum gegebenen Zeitpunkt einen schnellen, gnädigen Tod werde haben dürfen.
Mein Wunsch ist es, jedem Tag Freude, ein Lachen oder Lächeln abzugewinnen: Hoffnung, Liebe und Frieden leben zu dürfen, und das auch zu zeigen.
Die traurigen und düsteren Gedanken versuche ich zu umgehen. Da ist zum Beispiel Schlaflosigkeit. Vieles mehr. Aber ich habe inzwischen einige Übung darin, den physischen und psychischen Folgen dessen, was mich einholt oder mir widerfährt, durch Freundlichkeit, Gleichmut und Wissen um mögliche Ursachen entgegenzuwirken.
In allen Belangen, besonders auch in weniger frohen Zeiten, wurde und werde ich von meiner wunderbaren Frau begleitet und gestützt. Und: Ich bin neugierig darauf, was ich mit Gottes Hilfe noch erleben darf!
Mein Wunsch wäre es, dass sich der Verfall meines Geistes erst nach dem Verfall meines Körpers vollzieht.
Was ich als junger Mensch oder auch in mittleren Lebensjahren 'nicht auf dem Schirm hatte', war Einsamkeit im gedanklichen, aber auch im emotionalen Bereich.
Nun bin ich bereits jenseits der 80 und mancher Freund, Verwandte, Wegbegleiter und auch Geschwister sind bereits verstorben. Es fehlen bereits die Hälfte meiner Geschwister und deren Partner. Zuwendungen, Kontakt- und Austauschmöglichkeiten wurden – auch gefühlt – immer weniger.
Alles verweht
doch einer sagt:
sei nicht verzagt
am Ende steht ein Anfang
(auf einer Trostkarte, Verein Andere Zeiten)
Es kann die Frage nicht ausbleiben: Was wird aus mir?
Was ist, wenn mein Partner vor mir geht? Was geschieht mit mir im Falle einer Demenz oder einer körperlich bedingten Pflegebedürftigkeit?
Ich persönlich finde Trost im Glauben: Bereits vor Jahrzehnten habe ich mich nach unbeschreibbaren Irrungen und Wirrungen für den Glauben an Gott entschieden. Bestärkt hat mich darin meine wunderbare Frau Hildegard. Beide haben wir im Laufe von Jahrzehnten erfahren, dass es nichts Wirksameres gibt als ein kontinuierliches Gebet in Demut. Wir sind beide fest