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Im nächsten Leben werde ich Hamburger Wegewart: Betongold glänzt nicht - Ein Baubetreuerhandbuch
Im nächsten Leben werde ich Hamburger Wegewart: Betongold glänzt nicht - Ein Baubetreuerhandbuch
Im nächsten Leben werde ich Hamburger Wegewart: Betongold glänzt nicht - Ein Baubetreuerhandbuch
eBook165 Seiten1 Stunde

Im nächsten Leben werde ich Hamburger Wegewart: Betongold glänzt nicht - Ein Baubetreuerhandbuch

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Über dieses E-Book

Eine Erzählung von persönlichen Erfahrungen beim Bauen eines Hauses. Es treten auf: Hausanbieter, Handwerker, Behördenmitarbeiter, Gesetze, Bauleiter, Baustoffe, das Wetter, die Jahreszeiten und Nachbarn.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum30. Nov. 2016
ISBN9783734523052
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    Buchvorschau

    Im nächsten Leben werde ich Hamburger Wegewart - Hans-Peter Widera

    Der Wegewart – Ein erste Annäherung

    Wir unterscheiden bei Überfahrten auf das Grundstück, unwissend und vordergründig auch einfach und die Tiefe des notwendigen Verwaltungsakts verkennend, als Auf- oder Zufahrten bezeichnet, Bauüberfahrten und endgültige Überfahrten. Beide Arten bedürfen selbstverständlich einer behördlichen Genehmigung, wobei erstere noch das erwerbbare, sprich kostenträchtige Attribut „Sondernutzungsrecht" beinhaltet, also ähnlich einer Frittenbuden Nutzung auf dem Fußweg in der Einkaufsstraße.

    Für beide Arten der Nutzung gab es natürlich zwei separate Paragrafen im Hamburger Wegegesetz. Der juristische Laie könnte unbedarft davon ausgehen, dass für jeden Sachverhalt einer dieser zwei Paragrafen galt. Wie gesagt, man könnte.

    Also noch einmal schnell alles ins Gedächtnis gerufen, vorsichthalber hatte ich die beiden Paragrafen mir in Stichworten aufgeschrieben und nochmals rekapituliert, Repetitorium im Selbstversuch:

    Die Bauüberfahrt ist keine Überfahrt im Sinne einer Überfahrt sondern eine Sondernutzung von nicht für den Fahrzeugverkehr vorgesehenen öffentlichen Wegen, sprich vereinfacht ausgedrückt, Fußwegen. Eine endgültige Überfahrt ist die Nutzung zur Überfahrt dieser Fußwege mit Kraftfahrzeugen nach der Bauphase, also die tatsächliche rollende Nutzung, um mit dem Auto auf das oder vom Grundstück zu kommen.

    Mit diesem juristischen Laienwissen meinerseits gewappnet, ich wollte ja nicht unvorbereitet erscheinen, erschien die für solche Angelegenheiten zuständige behördliche Institution vor dem Grundstück in Gestalt eines Wegewartes, die wohl mächtigste personifizierte, weil real von Angesicht zu Angesicht und nicht nur digital existierende Erscheinung im Bauverfahren in der Freien und Hansestadt Hamburg, zuständig auch für Überfahrten.

    Die Terminvereinbarung war vergleichsweise einfach gewesen, telefonische Sprechstunde zweimal die Woche für zwei Stunden kurz nach dem Mittagessen, das konnte man dank Speicherfunktion im Telefon irgendwann schaffen, solange man endloses Klingeln nicht allzu persönlich nahm.

    Ein weißes Baufahrzeug, schon bisschen mit rostigen Arbeitsspuren versehen, mit Pritsche, auf der sich einige Bauutensilien wie Besen und Schaufeln befanden, schlich im Erkundungstempo die Straße hoch. Es fuhr weiter, wendete auf der Spielstraße am Ende, ich war in einem sehr, sehr, mehr als sehr ruhigen Wohngebiet, rollte zur verabredeten Hausnummer zurück, dort stand ich.

    Die Straße war auch deswegen so ruhig, weil erstens dort wenige Fahrzeuge fuhren und zweitens Gegenverkehr zu Ausweichmanövern auf den sandigen Seitenstreifen oder auf die Grasnarbe des Grabens zwangen, sodass Durchgangsverkehr, selbst wenn die Straße eine Abkürzung im Navi vorgaukeln würde, irgendwie sinnlos erschien. Zum Sandstreifen aber später.

    Das Baufahrzeug hielt, drei locker gekleidete Arbeiter, Beamte, öffentliche Angestellte, ich hatte keine Ahnung, Einordnung mangels geregelter Kleiderordnung bei bunt bedruckten T-Shirts nicht möglich, entstiegen dem durchgängigen Vordersitz mit der obligatorischen Thermoskanne hinter der Frontscheibe. Es fehlte dort nur noch ein LED bestücktes Schild mit der Aufschrift „Karl" oder ähnlich, so gingen, genauer schritten ob der folgenden Amtshandlung, flashmäßig tauchten vor meinem geistigen Auge Filmszenen längst vergessener Western auf, die drei Gestalten selbstbewusst auf mich zu.

    „Aha, dass musste der Wegewart in Begleitung seiner Entourage sein", dachte ich, die Anordnung analysierend.

    Aus der kurzen Vorstellung erinnere ich, dass es ein leibhaftiger Wegewart, ein angehender oder abgehender Wegewart und ein Mitarbeiter einer Baufirma war.

    Wieso war bei einer Ortsbesichtigung mit der Behörde ein Bauarbeiter anwesend? Ganz einfach, ich hatte mich schon vorab informiert. In Hamburg konnte man beide Arten der Überfahrten als Bauherr nicht einfach in Auftrag geben, gar selbst buddeln, nö, da bedurfte es schon einiger ausgesuchter Firmen, die vom Wegewart beauftragt wurden, die ihn und seinen Kollegen offensichtlich kostengünstig zur Ortsbesichtigung fuhren, ortsverbunden mit einem Pinneberger Nummernschild herumfuhren und mit gefühlt überhöhten Preisen ihre Aufträge ausführten.

    Ich verkniff mir bei der Begrüßung zur Vermeidung von zwischenmenschlichen Verwerfungen zu Beginn des Treffens die saloppe Frage zum Auftauen und Kennenlernen, dass die Beförderung durch die Baufirma hoffentlich keine Bestechlichkeit darstellen würde, wo mittlerweile doch eine Tasse Kaffee die Grenze der Korruption überschreiten konnte. Weiter ging ich aus demselben zwischenmenschlichen Bedürfnis heraus stillschweigend einfach mal davon aus, dass die vermutlich kostenlosen Fahrkilometer des Dienstgangs nicht auch noch irgendwie mit der Behörde abgerechnet werden würden, obwohl, das hätte mich schon interessiert.

    Das Aufmaß der Bauüberfahrt erschien mir nach überschlägiger Berechnung und Zollstockarbeit plausibel, der Preis für ein paar Quadratmeter Teer: EUR 3.000 plus EUR 2.000 Kaution für Schäden an angrenzenden öffentlichen Flächen, also Grassoden am Graben usw.

    Und was da alles gemacht werden sollte, Auskoffern, Unterschicht, mindestens elf Tonnen Traglast oder so. Das Ergebnis dieser von Menschenhand vorgenommene Erdverwerfung sah später so aus: Teer auf Sand. Punkt. Womit wir zum Springpunkt einer fast zweistündigen Verschwendung von Lebenszeit bei diesem Termin kommen.

    Die Überfahrt ging über Sand, kein Kantstein zu überwinden, kein Fußweg im Sinne der Wegeverordnung, nein, dort parkten Autos oder wichen anderen aus. Der Fußweg war auf der anderen Straßenseite, getrennt durch einen Graben, klassische Wohnsiedlung in der Vorstadt.

    Wir waren nach lauerndem Vorgeplänkel beim Thema endgültige Überfahrt angekommen, die auch wieder zwangsweise von bevorzugten Firmen mittels Achtkantsteinen, oder waren es Sechskant oder andere Formen, verlegt werden mussten. Standardpreis EUR 2.000 aufwärts, von wegen Auskoffern, Unterschicht etc. Dasselbe Gerede, kannte ich schon.

    „Die Bauüberfahrt gibt es nur, wenn auch die endgültige Überfahrt beantragt wird. Und solange das Grundstück nicht real geteilt ist, es ist ja wohl ein Doppelhaus geplant, gibt es sowieso nur eine endgültige Überfahrt."

    Ich glaubte, Fanfarenstöße nach der Verlesung der kaiserlichen Bulle durch seine Majestät persönlich zu hören, erwartete, dass sich die Entourage demütig in den Staub des Seitenstreifens werfen würde, suchte den Vordergarten nach Seinen in Stein gemeißelten Worten ab und analysierte die Aussage, nachdem sich der fiktive Staub meiner Erscheinungen verzogen hatte.

    Zwei Probleme auf einmal: Keine Baustellenüberfahrt und Zwang zur endgültigen „einspurigen" Überfahrt. Jetzt kamen mittlerweile unbeeindruckt von Tagträumen meine sauber vorbereiteten juristischen Einwände zum Zuge:

    Zwei Paragrafen, zwei Verfahren und keine Kopplung der beiden waren vorgeschrieben. Womit das spannende Thema als Diskussionspunkt, was ist ein Fußweg, was ein Fahrstreifen, eröffnet war.

    „Der Sandstreifen ist kein Fahrweg sondern Fußweg. „Aber dort fahren und parken doch Fahrzeuge. „Ist aber kein Fahrweg, nicht für Autos gedacht, dürften dort eigentlich nicht sein."

    „Also parkt Ihr Bauwagen auf dem Seitenstreifen sozusagen illegal?", warf ich keck ein.

    „Das ist etwas anderes, war zu erwarten, außerdem bewegen sich die Fahrzeuge bei der Benutzung des Seitenstreifens in Richtung der Straße und nicht rechtwinklig abknickend auf das Grundstück."

    „Ich kann aber im Gesetz keine Klassifizierung von Fußwegen mittels Winkelangaben erkennen. Wollen Sie damit sagen, dass mein Vater, der nutzte das Grundstück mehr als 40 Jahre, jeden Tag mindestens zwei illegale Handlungen vollzogen hat, wenn er ungeschützt den Seitenstreifen in Richtung Garage oder aus selbiger hinaus überfahren hat?"

    „Ja, schließlich führt die ungeschützte neunzig Grad Nutzung durch Kraftfahrzeuge zu einer Beschädigung des verfestigten Sandstreifens, und das würde schließlich alle Steuerzahler treffen." Jetzt ward mir auch noch zukünftiges asoziales Verhalten unterstellt.

    „Schädigen die parallel fahrenden und parkenden Fahrzeuge den Steuerzahler nicht? „Also, Baustellenüberfahrt gibt es nur mit Antrag auf endgültige Überfahrt!

    Diese zielführende Diskussion mit gleichem Endsatz wiederholte sich gefühlt zehn bis zwölfmal, manchmal etwas abgewandelt, aber immer wieder trotz leichter Ansätze eines zunehmenden Verständnisses für mich, mit den Worten: „Also, Baustellenüberfahrt gibt es nur mit Antrag auf endgültige Überfahrt."

    Es gab aber auch kleine, fiese Varianten behördlichen Einfallsreichtums:

    „Wir können ja die Bauüberfahrt für den Abbruch genehmigen, nach Abbruch die Bauüberfahrt wieder abbauen und dann können Sie ja erneut einen Antrag für die Bauüberfahrt zum Bauen und anschließende endgültige Überfahrt stellen."

    Also noch einmal EUR 5.000 Kosten. Das empfand ich jetzt nicht nur als Erpressung sondern auch einen engagierten Einsatz für eine ungebremste Wachstumspolitik der Bauwirtschaft bei gleichzeitigem Ziehen an der Schuldenbremse für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg. Ein Held des Landesrechnungshofs war unterwegs, leider hatte ich keinen Orden „Schwarze Null Erster Klasse" zum Anstecken dabei. Die Ausführung mit besonders langer Nadel hätte ich gerne dabei gehabt und direkt angeheftet.

    „Und wie lange soll die Bauüberfahrt eigentlich dort liegen, irgendwann kommen wir vorbei und entfernen die sowieso."

    „Aber ich weiß doch noch gar nicht, wann abgerissen wird und die Genehmigungen vorliegen. „Da können wir auch nichts für. Und so weiter. Endlosschleife.

    Offensichtlich hatten wir so eine überwältigende Performance, dass Nachbarn es sich nicht entgehen ließen, vor ihrem Weg zur Arbeit oder zum Brötchenholen ein Stück Hamburger Behördenkultur ausharrend am Straßenrand mit zu erleben. Sozusagen eine Gelegenheit, einmal einen Blick hinter die Kulissen von „Einzug ins Glück" Formaten zu werfen.

    Irgendwann in unseren mit allgemeinem Geplänkel gefüllten Verhandlungspausen wurden mir Formblätter, schiefe Kopien auf grünem Umweltpapier mit wichtiger Miene überreicht, natürlich auch der Antrag auf endgültige Überfahrt, der sich zufälligerweise auf dem gleichen Formblatt der Baustellenüberfahrt befand. „Kauf zwei für eins, außer Tiernahrung", der ähnliche Slogan einer untergegangenen Baumarktkette schlich sich in mein Ohr.

    Beinahe wurde die behördlich vorgeschriebene Anzahl der Zettel nicht erreicht, glücklicherweise erwies sich ein Höfling als Kenner der Papierszene und zauberte ein weiteres wichtiges auszufüllendes Papier aus seinem Fundus. Mit einem Mitleid erheischenden: „Das ändert sich auch ständig", wurde mir das fehlende Formblatt überreicht.

    Das war ja noch mal gut gegangen.

    Nach dem letzten Diskussionshöhepunkt am diesem Vormittag, den ich mittlerweile mitsprechen konnte: „Also, Baustellenüberfahrt gibt es nur mit Antrag auf endgültige Überfahrt", wagte ich äußerst verwegen nach einer höheren Instanz zu fragen.

    Befreit von der

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