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Satan - Kriminalroman: Jan van Ridder verliert den Glauben - sein vierter Fall
Satan - Kriminalroman: Jan van Ridder verliert den Glauben - sein vierter Fall
Satan - Kriminalroman: Jan van Ridder verliert den Glauben - sein vierter Fall
eBook393 Seiten5 Stunden

Satan - Kriminalroman: Jan van Ridder verliert den Glauben - sein vierter Fall

Von JR JR

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Über dieses E-Book

Frühlingserwachen im Rheinland: Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte. Die Bewohner von Bonn Bad Godesberg genießen die ersten schönen Sonnentage des Jahres. Ein Serienmörder zieht eine blutige Spur quer durch die Stadt: Frühling lässt sein blutrotes Band flattern durch die Lüfte. Es liegen alles andere als frohlockende Frühlingsgefühle in der Luft.
Der Bonner Hauptkommissar, Klaus Ebner und sein Ermittlungsteam finden innerhalb kürzester Zeit drei Leichen in der Godesberger Innenstadt. Allesamt Frauen aus dem arabischen Raum, vollverschleiert und gläubige Muslimas. Ausgeweidet und ausgeblutet. Der Täter hinterlässt keine Spuren. Mit Ausnahme von ominösen Schriftzeichen, die er mit Blut auf die Bäuche der Frauen schreibt. Die Polizei steht vor einem Rätsel.
Ein rasanter Krimi, der den Leser mit auf eine Reise durch die verunsicherte und zerrissene deutsche Gegenwartsgesellschaft nimmt. Im Mikrokosmos des Bonner Stadtbezirkes Bad Godesberg prallen die Welten aufeinander: Zuwanderer aus dem Nahen Osten, arabische Medizintouristen, alteingesessene Bürger, die von den neuen, finanzstarken Gästen profitieren, abgehängte Einwohner, die sich von den populistisch-nationalen Verführungen von Rechtsaußen anstecken lassen, Salafisten und Neonazis, die gewaltsam ihre Parolen unters Volk bringen. Was und wem kann man noch glauben? Der Presse – der Polizei – dem Staat – der Religion? Den neuen und alten Rattenfängern? Wer hat in Zeiten von dreisten Lügen, Fake News und Alternativen Fakten, von Facebook und einschlägigen Internetforen Recht?
Wie in den drei bereits vorliegenden Bänden der Jan van Ridder Reihe aktuell und schmerzhaft real. Neben vertrauten Bekannten trifft der Leser diesmal auf tote, verschleierte Frauen, einen saudischen Geheimdienstoffizier, Jans Schwester aus Berlin, osteuropäische Schwarzarbeiter, auf eine Fallanalytikerin des LKA, einen Kampfhund namens Adolf und einen prächtigen Pfau. Ach ja, und auf einen Serienmörder.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum8. Jan. 2019
ISBN9783748219989
Satan - Kriminalroman: Jan van Ridder verliert den Glauben - sein vierter Fall
Autor

JR JR

Langjähriger, aktiver Manager in führenden internationalen und nationalen IT-Konzernen, intimer Kenner der Bundesverwaltung in Bonn und Berlin. In seiner Jan van Ridder Reihe sind bisher fünf Bände erschienen: * Mammon - Jan van Ridder tritt auf - sein erster Fall * Asmodeus - Jan van Ridder gibt Gas - sein zweiter Fall * Beelzebub - Jan van Ridder findet das Glück - sein dritter Fall * Satan - Jan van Ridder verliert den Glauben - sein vierter Fall * Belphegor - Jan van Ridder verfährt sich - sein fünfter Fall * Leviathan - Jan van Ridder zieht um - sein sechster Fall (im Entstehen) * weitere folgen JR schreibt anders, kreiert wohltuend andere Plots - keine Krimis, die kalkuliert, nach den immer gleichen Kriterien am Reißbrett konstruiert worden sind. Er greift aktuelle gesellschaftliche und politische Themen auf, oft schmerzhaft nah an der Realität. Die Romane sind dabei mit facettenreichen, psychologisch-feinsinnigen Situations- und Typenbeschreibungen aus dem Alltag gespickt. Und man merkt, dass der Autor viel recherchiert und sich "auskennt".

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    Buchvorschau

    Satan - Kriminalroman - JR JR

    Satan

    Schweren Lastern wurden im Verlauf der Kirchengeschichte – insbesondere unter Papst Gregor I. (um 540 bis 604) – als sinnbildliche Warnung für die Gläubigen und Mönche bestimmte Dämonen zugeordnet. Quasi die Armee des Teufels. Unter anderem waren verantwortlich: der Beelzebub für die Maßlosigkeit und Völlerei, Leviathan für Neid und Eifersucht, Mammon für Habgier und Geiz, Asmodeus für die Wollust und Begierde und Satan für den Zorn und das Böse an sich.

    Satan ist ein Begriff, der einen oder mehrere Engel bezeichnet. Er hat seine Ursprünge im jüdischen Monotheismus und enthält antike persische religiöse Einflüsse, insbesondere des Zoroastrismus. Satan ist vor allem der Ankläger im göttlichen Gerichtshof, der die religiöse Integrität von Menschen testet und Sünden anklagt. Andere religiöse Glaubenssysteme belegen den Begriff Satan mit Bedeutungen wie Dämon, dem gegen Gott rebellierenden gefallenen Engel, der Verkörperung des Bösen und Teufel. Gemäß dem christlichen Verständnis, begründet in der Auslegung der Bibel und deren Übersetzungen, wird Satan als ein Engel angesehen, der eigenwillig gegen Gott aufbegehrte und als gefallener Engel aus dem Himmel verstoßen wurde (Höllensturz).

    Der Islam unterscheidet drei Kategorien von Geistwesen: Engel, Dschinn und Satane (arabisch Schaitan). In der islamischen Mythologie bezeichnet Schaitan ein Wesen oder eine Kraft, die Menschen in die Versuchung des Bösen führt. Dem Islam ist die christliche Vorstellung des Satans als Widersacher Gottes fremd. Das Prinzip Gut gegen Böse als Gegenkräfte ist hier nicht anwendbar, denn nur Gott ist der absolut Mächtige, der Satan hingegen gilt lediglich als Versucher.

    ERSTER TEIL

    Freitag, 23. März bis Freitag, 30. März

    Er ist's

    Frühling läßt sein blaues Band

    Wieder flattern durch die Lüfte;

    Süße, wohlbekannte Düfte

    Streifen ahnungsvoll das Land.

    Veilchen träumen schon,

    Wollen balde kommen.

    Horch, von fern ein leiser Harfenton!

    Frühling, ja du bist's!

    Dich hab ich vernommen!

    Eduard Mörike (1804 - 1875)

    Prolog

    Er starrte auf den großen Flachbildschirm. Die Gesichter waren grobkörnig verpixelt. Immer wieder durchzogen von Flackern und quer verlaufenden Verschiebungen. Die Sprache kam versetzt und zeitverzögert an. Die Münder seiner Töchter öffneten sich lautlos. Sekunden später erst erreichte ihn der dazu gehörende Ton. Knisternd und seltsam verzerrt – metallisch verfremdet. Die Bewegungen der Lippen seiner ältesten Tochter passten nicht zu dem Gesprochenen. Gestik und Mimik entkoppelt vom Gesagten. Ihre Wörter hingen seltsam leblos im Raum. Seine Lieben sahen unmenschlich aus. Wie ferngesteuerte Maschinen. Er schrie den Bildschirm an: „Ich kann Euch nicht verstehen!"

    „Schnauze!", brüllte es von nebenan.

    Er hatte Tränen in den Augen.

    „Papa!"

    Das Bild stabilisierte sich. Er schaute in die weit aufgerissenen, schwarzen Augen seiner ältesten Tochter. Ihr Gesicht füllte fast den ganzen Bildschirm aus. Sie hatte sich nahe vor die Kamera gebeugt und sprach langsam. Angst ließ ihre Stimme zittern und brüchig klingen. Die Augenlieder waren gerötet. Sein Kind sah schrecklich aus: die langen schwarzen Haare strähnig und zerzaust, die hellbraune Haut mit roten Flecken übersät, die rechte Wange schimmerte rötlich und bläulich, geschwollen. „Kocho ist umstellt. Es rauschte im Äther. „Der IS erschießt alle Männer und Jungen. Sie bringen Mädchen und Frauen nach Mossul oder Tall Afar, um sie an ihre Kämpfer zu verkaufen. Als Sklavinnen! Für … Der Ton riss ab. Der Mund seiner Tochter bewegte sich, ohne etwas zu sagen. Sie lehnte sich zurück. Gab den Blick frei auf ihre Schwestern. Seine anderen beiden Töchter, die sich links und rechts eng an Nadia schmiegten. Sie klammerten sich an die ältere Schwester wie zwei Ertrinkende. Verloren im offenen Meer, sich in panischer Angst hilfesuchend an einer Holzplanke festkrallend. Rechts im Hintergrund sah er seine Frau. Ihr Gesicht war zu weiten Teilen von einem schwarzen Kopftuch verhüllt. Sie saß vollkommen regungslos da, starrte mit gesenktem Kopf vor sich hin. Jetzt blickte sie auf und schaute ihn für einen kurzen Moment an. Er erschrak. Was war mit ihren wunderschönen Augen geschehen? Es waren die strahlenden Augen, in die er sich damals als junger Mann sofort verliebt hatte, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Diese Augen, die eine unendliche Lebensfreude versprüht hatten. Und jetzt? Ein Schleier der Trostlosigkeit und Selbstaufgabe trübte ihren Blick. Es war kein Leben mehr in ihnen, keinerlei Zuversicht, keine Hoffnung. So hatte er seine Frau noch nie gesehen. Gebrochen. Erloschen. Kalt. Seine Frau senkte den Blick. Er schüttelte sich. Er musste Stärke zeigen. Auch aus der Ferne, in der Fremde. Er war schließlich der Mann, das Familienoberhaupt. Musste seiner Familie beistehen, sie beschützen. „Was ist mit Onkel Abid?" Seine Tochter formte mit ihren Lippen ein Wort. Ohne sie zu hören, wusste er, was sie sagte: tot.

    Gegenüber erhoben sich die beiden Jugendlichen und verließen ihren Platz. Dabei beobachteten sie ihn, schauten abfällig herüber. Die beiden Jungs steckten die Köpfe zusammen, tuschelten. Dann zeigte der größere mit dem Finger auf ihn und sagte dabei etwas auf Arabisch. Laut lachend gingen sie Richtung Ausgang.

    „Und Onkel Amal? Ein Zucken durchlief die Übertragung. Der Mund seiner Tochter verschob sich nach rechts – schien aus ihrem Gesicht zu fallen. „… in den Bergen …

    „Ihr müsst dort sofort verschwinden! Flieht ins Gebirge. Zu den anderen! Keine Reaktion. Das Bild fror ein. Seine Tochter starrte ihn an. Ein Tonfetzen drang zu ihm: „Papa? Hilf uns!

    Er schluckte, dann schrie er: „Ich mache mich auf den Weg. Aber ihr müsst fliehen. Sofort!"

    Ein weiteres Zucken breitete sich über dem Monitorbild aus. Die Übertragung brach zusammen. Skype zeigte die Meldung, dass aufgrund der schlechten Internetverbindung die Übertragung unterbrochen worden sei. Er klickte erneut auf das Videokonferenz-Icon. Zurzeit ist keine Verbindung möglich. Stellen Sie eine Internetverbindung sicher. Wie von Sinnen drückte er pausenlos auf das Icon. Auf dem Bildschirm tauchte eine Kaskade von Fehlermeldungen auf. Er starrte auf die Kästchen, die er nicht deuten konnte, klickte wahllos auf alle möglichen Bestätigungen und Buttons. Plötzlich öffnete sich ein schwarzer Kasten in der Mitte des Bildschirmes. Wie von Geisterhand geschrieben erschien in weißer Schrift: Es ist ein schwerer Systemfehler aufgetreten. Wenden Sie sich an den Administrator. Er wusste nicht, was das bedeuten sollte, und hämmerte stattdessen wild auf die Tastatur.

    „Hey Meister, lass das mal besser", herrschte ihn ein junger Mann an, der plötzlich neben ihm stand.

    „Nein, ich muss doch …", stammelte er unbeholfen. Suchte angestrengt die richtigen Worte.

    „Da geht nichts mehr. Du Freak hast das System abgeschossen!"

    „Dann an einem anderen …" Seine Augen hetzten durch den Raum. Suchten Erlösung.

    „Game over, mein Freund. Solche Idioten wie Dich können wir hier nicht gebrauchen."

    Rasender Zorn erfasste ihn. Er schlug mit der geballten Faust auf die Tischplatte. Die Tastatur erzitterte.

    „Mach hier keinen Lauten, Meister. Ansonsten Polizei. Der schwarzhaarige Mann mit dem dunklen, akkurat ausrasierten Dreitagebart schaute ihn von oben herab abschätzig an. „Zahlen und Gehen, ist angesagt. Und zwar sofort!

    Er sackte in sich zusammen. Keine Polizei, schoss es ihm durch den Kopf, dann fliegt alles auf. Schwerfällig erhob er sich, drückte dem Mann einen zerknüllten Fünf-Euroschein in die Hand und verließ mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern das Internationale Call Center.

    Vor der Tür schossen ihm Tränen in die Augen. Mit schleppenden Schritten machte er sich auf den Weg. Er hatte seine Lieben angelogen: Er konnte gar nicht zu ihnen kommen, um sie aus der Hölle zu retten. Ohne Geld und gültige Papiere ein Ding der Unmöglichkeit. Er hatte versagt – als Ehemann, als Vater, als Familienoberhaupt und als Gläubiger. Er konnte seine Familie nicht beschützen. Der Plan mit seiner Flucht nach Deutschland und der Absicht, seine Familie nachzuholen, wenn er einigermaßen Fuß gefasst und etwas Geld verdient hätte, war gescheitert. Und zwar auf ganzer Linie. Stattdessen waren sämtliche, überschaubaren Ersparnisse der Familie für seine eigene Flucht an mafiöse Schlepper, korrupte türkische Grenzpolizisten und an zahlreiche kriminelle Wegelagerer auf der Balkanroute draufgegangen.

    Und hier? Von wegen Schlaraffenland: alles fremd, feindlich-ablehnend. Keine feste, legale Arbeit, ein feuchtes Kellerloch als Unterschlupf, die ständige Angst, aufzufliegen. Die dauernde Sorge um seine Familie, die sich wie ein zersetzendes Gift vom ersten Tag an in ihm ausgebreitet hatte. Die lähmende Einsamkeit und die ohnmächtige Verdammnis des Wartens lasteten bleischwer auf seinem Gemüt. All sein Lebensmut, seine Kraft und Zuversicht, die ihn als junger Familienvater zu Hause beim Anblick seiner Lieben täglich durchströmt hatte, waren versiegt. Wie ein vertrockneter Brunnen, der vom Sande verweht, langsam aber sicher unkenntlich im Wüstensand verschwand. So als wäre er nie da gewesen. Ein Leben in der ständigen Angst, entdeckt und abgeschoben zu werden. Ein Vor-sich-hin-Vegetieren als Illegaler im Schatten. Auch eine Hölle – nur unter anderen Vorzeichen. Er schrie auf. Wie ein weidwund geschossenes Tier, welches in die Ecke gedrängt, spürte, dass es mit ihm zu Ende ging.

    „Allah Akbar, Bruder! Die heilige Botschaft des Korans kann auch Dich retten! Eine junge, kräftige Stimme. Erschrocken sah er auf. Er schaute in die Augen eines jugendlichen bärtigen Mannes. Dieser stand hinter einem Ausziehtisch, der übersäht war mit goldfarbenen Koranausgaben. Der junge Mann war ganz in weiß gekleidet. Ein schneeweißes, langes Gewand über einer dreiviertellangen, weiten Pluderhose. Die nackten Füße steckten in groben Sandalen. Der Mann umrundete den Tisch, kam auf ihn zu und drückte ihm ungefragt einen Koran in die Hand. „Hier findest Du in den Weissagungen des Propheten die Erlösung und den wahren Glauben, Bruder.

    In seiner Verzweiflung und Trauer hatte er nicht gemerkt, dass ihn seine Schritte über den Marktplatz gelenkt hatten, und er nun vor einem Stand der Lies-Initiative stand.

    Er schüttelte abweisend den Kopf: „Ich glaube nicht, dass das … „Doch, doch, unterbrach ihn der weißgewandete Mann und fügte belehrend hinzu: „Hier in der Fremde, unter lauter Ungläubigen, kann man schon mal vom Glauben an Allah und seinem Propheten abkommen. Du musst nur …".

    „Nein!, schrie er zornig und schmiss das Buch auf den Boden: „Im Namen dieses Glaubens werden gerade Unschuldige abgeschlachtet! Zu tausenden!

    „Wie kannst Du die Heilige Schrift des Islam und die Worte des Propheten Mohammed in den Dreck werfen. Damit beleidigst Du Allah und alle Muslime, Bruder!" Der Bärtige schaute ihn eindringlich an; zuerst entsetzt und dann mit einem sich verfinsternden, strafenden Gesichtsausdruck.

    Der Frühling ist in die Stadt gekommen Der Tod aber auch

    Vorfrühling

    Wie die Knospe hütend,

    Daß sie nicht Blume werde,

    Liegts so dumpf und brütend

    Über der drängenden Erde.

    Glühnde Düfte ringeln

    In die Höhe sich munter.

    Flüchtig grüßend, züngeln

    Streifende Lichter herunter.

    Daß nun, still erfrischend,

    Eins zum Andern sich finde,

    Rühren, Alles mischend,

    Sich lebendige Winde.

    Friedrich Hebbel (1813-1863)

    Samstag, 24. März

    Die Sonne schickte ihre ersten kraftvollen Strahlen des Jahres aus einem wolkenlosen, stahlblauen Himmel. Vögel zwitscherten. Sie genossen die wärmenden Strahlen der Frühlingsonne. Streckten nach den nasskalten, trüb-grauen Wintermonaten begierig die Gesichter in das helle Sonnenlicht. Lebensgeister erwecken, Frühlingsgefühle sprießen lassen. Die Gedanken auf Reisen durch die aufkeimende Natur schicken. Frühling lässt sein blaues Band, wieder flattern durch die Lüfte …

    Vor ihnen stand ein Glas Weißburgunder. Die Außenterrasse des Insel Hotels war gut besucht. An diesem sonnigen Samstag Ende März trieb es die Menschen in Scharen nach draußen. An die frische Luft. Ins Licht. Ins Frühlingserwachen.

    Seine Schwester Griet war gestern Abend aus Berlin für eine Woche zu Besuch nach Bonn gekommen. Jan hatte sich ein illustres Programm für seine ältere Schwester zurechtgelegt: Besuch der Gurlitt-Ausstellung in der Bundeskunsthalle, Kabarett-Abend im Pantheon, eine Weinverkostung in der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr und eine Fahrt nach Köln (der Dom geht immer). Aber vor allem Gespräche. Er liebte seine Schwester.

    Auf dem Theaterplatz im Herzen von Bad Godesberg herrschte reges Treiben. Die Tische und Stühle vor den anderen Cafés und Eisdielen waren voll besetzt. Kinder plantschten im Wasser des Brunnens, Paare schlenderten Arm in Arm über den Platz und Osterferien-Touristen, bewaffnet mit Fotoapparaten und Reiseführern, suchten nach dem Aufstieg zur Godesburg. Jan blinzelte in die Sonne, nahm einen Schluck Weißwein und stöhnte wohlig auf. Er genoss den Moment in vollen Zügen. Sich an den Kleinigkeiten des Lebens zu erfreuen, ist eine Fähigkeit, die sich erst im fortschreitenden Alter voll entfaltet, dachte er.

    „Es ist mir ein Rätsel, warum sie diese Lies-Aktion immer noch nicht verboten haben?, fragte seine Schwester neben ihm und zeigte auf den Büchertisch, der prominent mitten auf dem Platz stand. „Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit oder die falschverstandene, ewig dehnbare Toleranz der Gutmenschen-Gesellschaft, erwiderte Jan. „Vielleicht sind die aber auch schon längst verboten, nur der deutsche Staat schafft es mal wieder nicht, sein Recht durchzusetzen. Keine Ahnung." ¹

    „Weiß doch inzwischen jeder, dass da eine salafistische Propagandamaschinerie hinter steckt, die über ein verzweigtes Unterstützernetzwerk seit Jahren den IS finanziert, und dass diese Verteilkampagne auch zur Rekrutierung neuer Kämpfer dient, empörte sich Griet. Sie schüttelte den Kopf. „Verstehe nicht, warum sich unser Staat mit einem Verbot so lange Zeit lässt.

    „Ja, so ist das mit der Rechtsstaatlichkeit. Ist ein hohes Gut, welches es auch in schweren Zeiten zu verteidigen gilt. Andererseits fragt man sich schon, wie wehrhaft unsere Demokratie ist, wenn sie sich von Extremisten am Nasenring durch die Manage des Populismus und der ständigen Provokation führen lässt."

    Jan schaute auf die Uhr: kurz nach 17.00 Uhr. „Apropos, Extremisten … Wenn wir gleich noch den Aus dem Nichts im Kino sehen wollen, lass uns mal so langsam."

    Ausgestattet mit einem Eis schlenderten sie langsam durch die Innenstadt von Bad Godesberg Richtung Kinopolis. „Och, Kleiner. Ist ja fast so wie in Riad hier, entfuhr es seiner Schwester beim Anblick der vielen schwarz-verschleierten Frauen. „Arabische Schriftzeichen, Koran-Verteilung auf dem Marktplatz, jede Menge Nikab-Trägerinnen, fehlt nur noch der öffentliche Hinrichtungsplatz. Jan grinste und dachte an den damaligen Besuch bei seiner Schwester und seinem Schwager, als diese für einige Jahre beruflich in der saudischen Hauptstadt Riad gelebt hatten. Ein befremdliches und zugleich faszinierendes Land. „Das kann ich noch toppen. Lass uns nach dem Kino mal einen anderen Weg zu mir nach Hause nehmen – den über die Koblenzer Straße. Im Volksmund Bagdad-Allee genannt. Die ist fest in arabischer Hand mit rein arabischen Läden, Teehäusern und Restaurants. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Aber naja, direkt an der B9 und dahinter gleich die Bahnlinie, da will kein Biodeutscher mehr wohnen. Ohne die ganzen Araber und reichen Medizin-Touristen wäre die Godesberger Innenstadt wahrscheinlich mausetot.

    Es war bereits dunkel, als sie das Kino am Moltkeplatz verließen. Angeregt unterhielten sie sich über den Film. Sie waren sich einig, dass die Oskar-Nominierung für das intensive Spiel der Hauptdarstellerin Diane Kruger mehr als verdient war. Als sie von der Koblenzer in die Plittersdorfer Straße abbogen, sah Jan bereits von weitem den quer vor dem Bahnübergang stehenden Polizeiwagen. Das Auto versperrte die Durchfahrt der schmalen Straße. Ein zuckendes Blaulicht durchschnitt die Dunkelheit und tauchte die Umgebung in ein gespenstisches grell-blaues Flackern. Auf dem Seitenstreifen, direkt vor den Bahngleisen, parkte ein großer Mannschaftstransporter. Rechts daneben schimmerte ein gleißender Lichtkegel und bildete in der Dunkelheit einen unnatürlichen Strahlendom. Sie näherten sich langsam von hinten einer kleinen Menschenmenge, die vor einem rotweißen Flatterband stand, welches quer über den Bürgersteig gespannt war. Gut zwei Dutzend Passanten reckten neugierig die Köpfe, einige hatten ihre Smartphones gezückt und filmten die Szenerie. „Hm, da ist anscheinend was passiert. Wahrscheinlich mal wieder ein Selbstmörder, der sich vor den Zug geschmissen hat, raunte Jan seiner Schwester zu. „Lass uns schauen, ob wir auf der anderen Straßenseite rüberkommen. Sie bahnten sich den Weg durch die Schaulustigen auf die Straße.

    „Ach, da schau her, die Kollegin Fei, rief Jan, als sie auf Höhe des quer stehenden Einsatzautos angekommen waren. Melanie Fei, die junge Kommissarin aus dem Team von Hauptkommissar Klaus Ebner von der Bonner Kriminalpolizei, stand etwas abseits und telefonierte. Als sie Jan erblickte, winkte sie ihm zu und gab ihm mit einer knappen Geste zu verstehen, dass er warten solle. Als sie ihr Telefonat beendet hatte, kam sie mit einem freudigen Gesichtsausdruck auf ihn zu: „Guten Abend, Herr van Ridder, schön Sie mal wieder zu treffen. Jan stellte seine Schwester vor. Die blonde Kommissarin gab ihr die Hand: „Sehr erfreut, Frau Lohmann. Ihr Bruder ist uns bei unseren Ermittlungen regelmäßig eine wichtige Unterstützung. Beim letzten großen Fall rund um den Rüstungsskandal im vergangenen Dezember hat er maßgeblich zur Aufklärung beigetragen. Und besonders mir hat er bei der Vernehmung des Haupttäters entscheidende Hinweise gegeben, die schließlich zur Lösung geführt haben. Das vergesse ich ihm nie!", Melanie Fei strahlte ihn warmherzig an.

    Jan war die unerwartete Lobeshymne peinlich. Fehlt nur noch, dass sie mir gleich um den Hals fällt. Verlegen trat er von einem Bein auf das andere. „Was ist denn passiert?, wechselte er das Thema. „Wir haben vor einer Stunde eine Frauenleiche im Schotterbett der Gleise direkt hier vorne gefunden. Sie deutete mit dem Kopf in die Richtung des erleuchteten Lichtkegels. Jan erkannte dort mehrere in weiß gekleidete Gestalten, die gebückt den Boden absuchten. „Doktor Peters und sein Team von der Spurensuche sind schon bei der Arbeit, ergänzte die Kommissarin. „Die Zeit drängt. Wir sind angehalten, die Strecke möglichst schnell wieder freizugeben. Die Deutsche Bahn und die Verkehrsbehörden machen Druck. Verständlich, ist doch die Rheintalschiene eine der meistbefahrenen Bahnstrecken in Europa.

    Es entstand eine Pause. Jan musterte die Kommissarin. Sie sah müde und abgekämpft aus. Ihr langes, blondes Haar hing strähnig herab, Augenringe zeichneten sich auf der hellen Haut ab, ihre Lippen sahen spröde und rissig aus.

    „Und, wisst Ihr schon was?", fragte Jan – nicht wirklich interessiert, mehr um die Stille zu durchbrechen.

    „Naja, nicht wirklich. Alles noch zu frisch. Aber wir scheinen da ein größeres Problem zu haben. Die Ermittlerin stockte und schaute Jan abwartend an. „Ok. Ihnen darf ich es ja bestimmt sagen: Es ist innerhalb von zwei Wochen bereits die zweite Frauenleiche in Bad Godesberg.

    Jan fragte zögerlich: „Ist das ungewöhnlich für eine Stadt der Größe Bonns? Ich habe keine Ahnung, wie viel Mord und Totschlag so auf 320.000 Einwohner statistisch anfallen …. äh dürfen … äh normal sind?" ²

    Im Hintergrund flammten Blitzlichter von Kameras auf. Entweder war die örtliche Presse eingetroffen oder es waren Gaffer, die als private Möchtegern-Sender den frischen Fang gleich Online stellen und die Sensationsgier nach negativen News im Äther möglichst in Real Time bedienen wollten.

    „Nicht unbedingt, erwiderte Melanie Fei. Sie zog Jan zur Seite und flüsterte: „Aber zwei junge Frauen arabischer Herkunft innerhalb von kurzer Zeit. Beide streng gläubige Muslimas. Sie wissen schon, volle Verschleierung. Und dann noch recht übel zugerichtet … und dass nach dem gleichen Muster. Wenn Sie mich fragen, kündigt sich da, wenn wir Pech haben, eine Serie an. Jan wollte nachfragen, als sich von hinten jemand näherte. „Melanie, kannst Du mal kommen!"

    „Ach, unser Hobby-Ermittler van Ridder ist auch schon zur Stelle. Guten Abend. Kommissar Peter Michalke klopfte ihm zur Begrüßung freundschaftlich auf die Schulter, wandte sich aber gleich wieder an seine Kollegin: „Melanie, wir brauchen jetzt dringend einen Dolmetscher. Wie siehts aus? Hast Du was erreicht? Die Anwohner aus dem angrenzenden Haus sprechen alle nur Arabisch oder Persisch oder was auch immer. Wir haben von denen zwar schon die Personalien aufgenommen und überprüft, aber wir müssen jetzt zügig die ersten Befragungen durchführen. Problem ist, dass die Arabs …, er stockte kurz, „äh die meisten von denen nicht richtig Deutsch können – behaupten sie zumindest." Er kräuselte verächtlich die Lippen.

    „Das gestaltet sich schwierig, entgegnete sie. „Habe eben nochmal in der Zentrale nachgefragt. Unsere Bonner Übersetzer sind belegt. Wir haben Köln angefragt. Die können zwar jemanden abstellen, aber der wird frühestens in zwei Stunden hier eintreffen. „Mist. Wir müssen die Typen zeitnah befragen, solange der Tatort und die Eindrücke noch frisch sind. Außerdem kommt Cheffe gleich höchstpersönlich vorbei. Und wie ich Klaus kenne, wird er als erstes wissen wollen, was die Befragungen ergeben haben." Michalke wirkte fahrig.

    „Ich kann nochmal anrufen. Aber bringen wird das nichts, gab Fei zu Bedenken. „Den chronischen Mangel an Personal bei uns werden wir heute Nacht sicherlich nicht auflösen.

    Michalke schaute sich hektisch um und murmelte vor sich hin: „Scheiße. Und dieser ganze Aufriss nur wegen dieses Packs. „Meine Schwester hier…, Jan deutete mit einem Kopfnicken in ihre Richtung, „also meine Schwester hat ursprünglich Arabistik und Islamwissenschaften studiert, spricht Arabisch und kennt sich in dem Kulturraum aus. Vielleicht kann sie behilflich sein? „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, eine Zivilistin hinzuziehen, die nicht offiziell für polizeiliche Vernehmungen zugelassen ist. Nicht, dass uns das hinterher bei gerichtsverwertbaren Anschuldigungen auf die Füße fällt und von irgendwelchen windigen Verteidigern in der Luft zerrissen wird. Der Kommissar schüttelte seinen gelockten Kopf. „Auf der anderen Seite, wenn wir die Befragungen erst in zwei, drei Stunden durchführen, haben sich die eventuell Tatverdächtigen längst abgesprochen und eine passend abgestimmte Aussage zurechtgelegt."

    „Lass uns auf Klaus warten. Soll der das entscheiden. Er müsste gleich da sein", schlug seine Kollegin vor.

    „Was soll ich entscheiden?" Eine tiefe Stimme von hinten. Hauptkommissar Klaus Ebner kam mit weit ausladenden Schritten herangestürmt.

    Nach einer kurzen Unterredung mit seinen beiden Mitarbeitern, in der sie ihm eine Lagebeschreibung gaben, wandte sich der Hauptkommissar an Jans Schwester: „Frau Lohmann, wenn Sie bereit wären, uns auszuhelfen, würde ich das Angebot sehr gerne annehmen. Ich müsste Sie kurz einweisen, was es zu berücksichtigen gilt und würde Sie aufgrund der gebotenen Dringlichkeit und der besonderen Lage als polizeiliche Aushilfe belehren und akkreditieren. Einverstanden? Trauen Sie sich das zu?" Jans Schwester nickte. Sie berichtete stichwortartig, dass sie im Rahmen ihres Studiums längere Zeit in Damaskus einen Sprachlernaufenthalt absolviert und später nochmal für drei Jahre in Riad gelebt hatte und über ihren Mann, der beim BKA beschäftigt war, tiefere Einblicke in die Polizeiarbeit habe. Durch ihr aktuelles Engagement in der Flüchtlingshilfe pflege sie immer noch regelmäßig ihre arabischen Sprachkenntnisse. Jan konnte ihr ansehen, dass sie sich auf den unerwarteten Einsatz freute und das Ganze als abwechslungsreiches Abenteuer ansah.

    Klaus Ebner war über die unverhofft vorhandenen Dolmetscherkompetenzen sichtlich erleichtert. Er rieb sich tatkräftig die Hände: „Und Jan, Du gehst nach Hause. Ein Zivilist am Tatort reicht. Wir fahren Deine Schwester hinterher bei Dir vorbei." Klaus Ebner schaute ihn eindringlich an. Widerspruch zwecklos, war die unmissverständliche Botschaft. Jan wollte protestieren, doch der Hauptkommissar hatte ihm bereits den Rücken gekehrt und seine Schwester zur Seite gezogen. Er redete mit seiner sonoren Bassstimme in einem ruhigen Tonfall auf sie ein.

    Jan trottete schmollend allein nach Hause.

    ¹ Die von Ibrahim Abou-Nagie gegründete und geleitete Gruppierung Die wahre Religion, welche die Koranverteilungskampagne „Lies!" organisierte, wurde am 15. November 2016 vom Bundesministerium des Innern verboten.

    ² Die Frage kann der Autor beantworten. Laut Polizeistatistik sind im Jahr 2017 in Bonn fünf Menschen durch Straftaten, sogenannte Kapitalverbrechen, zu Tode gekommen. In fünf anderen Fällen blieb es bei einem Tötungsversuch. Die Aufklärungsquote lag bei 100%. Straftaten gegen das Leben waren im Vergleich zu 2016 (mit 20 Fällen) deutlich rückläufig (vgl. General-Anzeiger vom 08.03.2018, S.17).

    Wie wars?

    „Nun erzähl schon: Wie war es gestern noch?"

    Jan hatte die Nacht kaum geschlafen. Er hatte stundenlang stumpfsinnig durch das typisch belanglose Samstagabend-Fernsehprogramm gezappt und dabei auf seine Schwester gewartet. Diese war erst weit nach Mitternacht nach Hause gekommen. Sie war zu müde, um noch zu erzählen und sofort schlaftrunken im Gästezimmer verschwunden. Jan hatte nur mühsam in den Schlaf gefunden, sich unruhig hin und her gewälzt, um schließlich in einem diffusen Dämmerzustand zu versinken; geplagt von seltsamen und verstörenden Träumen. Zuerst war er über seine Freundin, Mareike, tot im Schotterbett der Gleise, gestolpert. Komplett verschleiert und ganz in schwarz verhüllt. Als er ihren Schleier vorsichtig anhob, starrte ihn aus toten Augen seine Tochter Charlotte an. Anklagend mit wutverzerrten Gesichtszügen. Plötzlich öffnete sie den blutverschmierten Mund und brüllte ihm irgendwelche arabischen Wortfetzen entgegen. Er zuckte zurück und wandte entsetzt den Blick ab. Sah sich hilfesuchend um. Ein ganz in weiß gekleideter, bärtiger Mann rannte mit gezückter Machete auf ihn zu und schrie „Tod allen Ungläubigen!" Schweißgebadet war er aufgewacht und lag minutenlang benommen im Bett. Dann raffte er sich auf, ging zur Toilette, um anschließend auf der Terrasse eine Zigarette zu rauchen. Danach war ihm schlecht.

    Erst gegen frühen Morgen war er eingeschlafen, meinte aber später, erneut wirres Zeug geträumt zu haben. Von seiner Schwester, die in wallenden, weißen Gewändern auf dem Theaterplatz güldene Koranschriften verteilte und dabei flammende Reden über den Islam als einzig wahre Religion geschwungen hatte. Unterstützt von einer hasserfüllt brüllenden Horde bärtiger IS-Kämpfer, die allen Ungläubigen die ewige Verdammnis in der Hölle prophezeiten und dabei mit ihren Maschinengewehren wahllos in die Menge feuerten. Der Theaterplatz war übersät mit stöhnenden Sterbenden und zerfetzten Leichen. Auf einem Berg blutender Körper thronte seine Schwester, rezitierte ohne Unterlass Suren aus dem Koran und peitschte ihre Gotteskrieger zum Heiligen Krieg an.

    Am Frühstückstisch löcherte er neugierig seine Schwester, die jetzt nicht mehr in einem langen, weißen Umhang vor ihm saß, sondern in einem seiner alten, verwaschenen, grauen Schlafanzüge. Statt Leichen lag vor ihr ein halbes Brötchen mit Lachs und Meerrettich. „Wie wars? Was habt Ihr rausgefunden?"

    „Nicht viel, antwortete Griet müde. „Keiner hat etwas gesehen oder gehört, fasste sie das Ergebnis der nächtlichen Anwohnerbefragungen zusammen. Die Kinder des Lebensmittelhändlers, dessen Laden sich in dem Haus direkt neben den Bahnschienen befand, hatten die Leiche der Frau gegen 18.00 Uhr entdeckt. Zuerst getrauten sie sich nicht, ihren Eltern etwas von dem grausigen Fund zu erzählen, da ihnen das Spielen an den Gleisen strengstens verboten war, aufgrund der akuten Lebensgefahr durch die stark befahrene Eisenbahnstrecke. Später beim Abendessen aber konnte der kleinere von den beiden Jungs nicht mehr an sich halten und berichtete aufgeregt von ihrer Entdeckung. Der Vater hatte umgehend die Polizei informiert, die gegen 19.20 Uhr vor Ort eingetroffen war.

    In dem alten Haus wohnten verteilt über drei Geschosse vier Parteien; insgesamt 13 Personen. Im Erdgeschoss befand sich der Gemüse- und Fleischladen mit einer angrenzenden kleinen Wohnung, in der die alte Mutter des Ladenbesitzers mit ihrem zweiten, alleinstehenden Sohn wohnte. Im ersten Obergeschoss wohnte der Ladenbesitzer mit seiner Frau und seinen beiden

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