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"Den Schlippern keine Schnitte ... !" 2024: 55 Jahre Samtgemeinde Freren: Zwischen städtischem Dünkel und dem konternden Stolz des ländlichen Umlandes
"Den Schlippern keine Schnitte ... !" 2024: 55 Jahre Samtgemeinde Freren: Zwischen städtischem Dünkel und dem konternden Stolz des ländlichen Umlandes
"Den Schlippern keine Schnitte ... !" 2024: 55 Jahre Samtgemeinde Freren: Zwischen städtischem Dünkel und dem konternden Stolz des ländlichen Umlandes
eBook292 Seiten3 Stunden

"Den Schlippern keine Schnitte ... !" 2024: 55 Jahre Samtgemeinde Freren: Zwischen städtischem Dünkel und dem konternden Stolz des ländlichen Umlandes

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Alles richtig gemacht! Oder doch nicht?

Das 5000-Einwohner-Städtchen Freren ist umgeben von vier einwohnerschwächeren Gemeinden. Alle grenzen direkt an die ländliche Peripherie dieser kleinen Stadt an. Und die Ortskerne liegen relativ nahe zum Stadtzentrum. Insgesamt eine ideale Geographie, um aus diesen fünf Kommunen eine Einheitsgemeinde zu bilden.

Denn eine solche war das Ziel der großen Gebiets- und Gemeindereform, die das Land Niedersachsen Ende der 1960er bis Mitte der 1970er Jahre durchzog. Gegen dieses Ansinnen konnten sich die hier betroffenen Gemeinden erfolgreich wehren, indem sie eine Alternative durchsetzten, die sog. Samtgemeinde. Damit behielten sie ihre Selbständigkeit und mussten sich nicht in die Stadt Freren integrieren lassen.

Ein großer Erfolg! So wird das ausnahmslos von den bisherigen und den aktuell tätigen Politikern dieser Gemeinden eingestuft.

War es wirklich so? Oder war es doch eher ein politisches Versagen, hervorgerufen durch kurzsichtig ausgerichtetes Eigennutzdenken und populistisches Karrierestreben einzelner Akteure der hiesigen Kommunalpolitik?

Mit dem Werdegang dieser Gemeindekonstellation befasst sich die hier vorliegende Abhandlung.
_____________________________________________

Es geht um die engagierte Pflege von Traditionen und Gewohnheiten, aber auch um die vergessenen und verdrängten Teile der Geschichte.

Es geht um die im Offenen oder im Verborgenen erzeugten Stimmungen, durch die die politischen Entscheidungen wesentlich beeinflusst und getragen werden. Es geht um das Bedürfnis nach Harmonie und die sich daraus ergebenden Tabus, die Streit vermeiden sollen.

Es geht um das allgemeine Streben nach Gemeinwohl, Wohlstand, Kultur und Zukunftsfähigkeit. Und es geht um die Konsequenzen daraus, die nicht immer konsequent gezogen werden.

Schließlich geht es auch um die lokale Presse, die diese Politik mit Berichten, Kommentaren und Fotos begleitet, und das in der ihr eigentümlichen Weise.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum18. März 2021
ISBN9783347225633
"Den Schlippern keine Schnitte ... !" 2024: 55 Jahre Samtgemeinde Freren: Zwischen städtischem Dünkel und dem konternden Stolz des ländlichen Umlandes

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    Buchvorschau

    "Den Schlippern keine Schnitte ... !" 2024 - Anton Wiechmann

    Geleitwort von … /Fehlanzeige

    Diese Seite war vorgesehen für ein Geleitwort durch eine oder auch zwei kompetente und dafür prädestinierte Personen.

    Trotz entsprechender Bemühungen wurde eine solche Person nicht gefunden. Niemand war bereit, dieser Arbeit eine (wie auch immer geartete) Leseempfehlung voranzustellen.

    Ein Zeichen für miserable Qualität und irrelevanten Inhalt!

    Oder das Gegenteil, ein Zeichen für die Brisanz der zusammengetragenen Informationen und Meinungen!

    Vielleicht tut sich aber auch ein Zusammenhang auf mit den Besonderheiten des politisch-sozialen Umfeldes, wie es sich über viele Jahrzehnte im Frerener Raum gebildet hat.

    Es könnten auch zwei oder alle drei Bemerkungen zutreffen. Die Leser und die Leserinnen werden nach je individuellem Gusto unterscheiden und sich ein eigenes Urteil bilden.

    1. „Alles richtig gemacht!" - Alles richtig gemacht?

    Der Lingener Oberstadtdirektor a.D. Karl-Heinz Vehring hat Grund zum Feiern. Dass aus der eingeengten und nicht mehr entwicklungsfähigen Stadt Lingen der Nachkriegsjahre ein Hochschulstandort im Emsland werden konnte, die „Große Selbständige Stadt Lingen", ist ganz wesentlich auf seine impulsgebende Initiative zurückzuführen und auf seine beharrlich zielgerichtete Überzeugungsarbeit. Dieses wahrlich nicht leichte Unterfangen, bei dem so manche Hürde überwunden werden musste, wird ein halbes Jahrhundert später durch die Lingener Tagespost (LT.) gewürdigt.

    „Zusammenschluss mit Lingen: Nur Gewinner …´Alles richtig gemacht´" So titelte die Zeitung am 18. März 2019. Anlass war der 50. Jahrestag der Eingliederung der Gemeinden Darme, Laxten und Brockhausen in die Stadt Lingen.

    Und weiter in der LT.:

    „Rückblickend ist sich der frühere Lingener Oberstadtdirektor KarlHeinz Vehring mit den jetzigen Ortsbürgermeistern von Darme, Werner Hartke und von Laxten, Manfred Schonhoff (beide CDU) einig: Der vor 50 Jahren vollzogene freiwillige Zusammenschluss der Gemeinde Darme sowie der Gemeinden Laxten und Brockhausen mit Lingen kannte nur Gewinner."²

    Durch die große Gebiets- und Gemeindereform des Landes Niedersachsen hat sich die Stadt Lingen den Titel und die Rechte einer „großen selbständigen Stadt" erworben. Am Ende steht eine gewerbestarke Kommune mit den entsprechenden Arbeitsplätzen und Ausbildungseinrichtungen. Es ist der Hochschulstandort Lingen, in dem die Universität Osnabrück ihre Depandance unterhält.

    Möglich wurde das, weil zehn ehemals selbständige Kommunen mit mehr oder weniger Überzeugung und mit mehr oder weniger Freiwilligkeit sich in die Stadt Lingen haben eingliedern lassen. Von dem Ortsteil Brockhausen abgesehen, hätte jede dieser Gemeinden auch die Voraussetzungen dafür erfüllt, als selbständige Gemeinde aus der großen Reform herauszugehen. Zugunsten der gemeinsamen Stärke in der „Großen selbständigen Stadt Lingen" haben die Gemeindepolitiker und die Einwohner der Einzelgemeinden auf diesen Status verzichtet oder verzichten müssen. Nachträgliche Proteste dagegen oder Forderungen zur Rückentwicklung sind seitdem nicht laut geworden.

    Im Frerener Umland hat die Geschichte einen anderen Weg genommen, obwohl hier eine Zusammenlegung zugunsten von wirtschaftlicher Entwicklung und Verwaltungsoptimierung viel leichter hätte bewerkstelligt werden können. Denn hier waren nicht zehn, sondern nur fünf Kommunen beteiligt, und auch die Einwohnerzahlen waren sehr viel geringer. Mehr noch, der geographisch arrondierte Zusammenhang dieser fünf kleinen Kommunen forderte die Bildung einer Einheitsgemeinde geradezu heraus.

    Welche Bilanz kann die Samtgemeinde Freren nach 55 Jahren ziehen? Im Unterschied zu einer Einheitsgemeinde, wie es die Stadt Lingen geworden ist, sind alle fünf Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde selbständig und verfügen über das entsprechende Recht der Steuererhebung. Selbständig stellt jede Gemeinde für sich ihre Bebauungspläne auf und weist eigene Gewerbegebiete aus. Dass die Flächennutzungspläne vorher mit der Samtgemeinde abgestimmt werden müssen, kann dagegen als formeller Akt angesehen werden, der die Hoheit der Einzelgemeinde faktisch kaum berührt.³

    Mehrere Wahlperioden war der Verfasser des vorliegenden Textes als Ratsmitglied an der politschen Arbeit in der Samtgemeinde Freren beteiligt. Er war Mitglied im Vorstand der CDU, im Gemeinderat von Thuine und im Samtgemeinderat Freren. Der Lustgewinn an dieser Arbeit hielt sich in Grenzen, ebenso wie die Zahl der erlebten Erfolge. Jetzt stellt er sich die Frage: Was ist in dieser Gruppe von kleinen und kleinsten Gemeinden so besonders, so individuell, so bestimmend und so prägend, dass hier die Ziele der großen niedersächsischen Gebiets- und Verwaltungsreform der 1970er Jahre nur so begrenzt verwirklicht werden konnten? Immerhin war es diese Reform, die ganz wesentlich dazu beigetragen hat, dass das Emsland seine historische Strukturschwäche so weit und so gut überwinden konnte.

    Um die Frage nach den Besonderheiten dieser Gemeindegruppe möglichst sachgerecht zu beantworten, hat er versucht, deren Wesenszüge und ihrem Zusammenspiel auf die Spur zu kommen. Dabei sollen alle Möglichkeiten der Quellen und Einzelbelege angeführt werden, um den Tatsachen in überprüfbarer Weise nahe zu kommen. Da, wo es geht, werden Anmerkungen und Quellenverweise angeführt, die jedem Leser die Möglichkeit geben, die getätigten Aussagen weiter zu verfolgen und zu kontrollieren⁴.

    Ein wissenschaftlicher Anspruch wird aber nicht erhoben. Und wissenschaftliche Standards werden mangels Fachkenntnis nur begrenzt eingehalten. Denn eine Wesensbeschreibung, wie sie hier beabsichtigt ist, geschieht immer aus dem Blickwinkel des Beobachters. Seine Subjektivität ist daraus nicht zu isolieren. Das gilt umso mehr, als der Autor in manchen Dingen nicht nur Beobachter, sondern Beteiligter des Geschehens war.

    So werden an einigen Stellen seine persönlichen Erinnerungen zur Quelle des Geschriebenen, in das sich gelegentlich auch mal ein Schlenker verirrt haben mag, der als ironisch empfunden werden kann. Mitunter sind auch Grundsatzbemerkungen zu finden, die als politische Bewertung, vielleicht sogar als Belehrung interpretiert werden können. Das tut dem Informationsgehalt aber keinen Abbruch. Eher fördert es die Erkennbarkeit des Autors in seiner Grundhaltung und in der Authentizität des Geschriebenen.

    Nie aber beansprucht der Verfasser die Weisheit für sich allein. Das Ergebnis seiner Arbeit kommt der Vervollständigung erst näher, wenn auch andere Beobachter sich einer solchen Arbeit widmen und ihre Sicht der Dinge einbringen. Ob das geschieht, bleibt abzuwarten. Eine Anregung und Herausforderung zu gundlegender politischer Auseindersetzung sollte diese Ausarbeitung aber allemal bieten können.⁵

    Immer dankbar für Stellungnahmen und Anregungen!

    Der Verfasser

    ² Lingener Tagespost (weiterhin: LT.) vom 18.03.2019: „Zusammenschluss mit Lingen: Nur Gewinner … ´Alles richtig gemacht´", Seite 10 (Lingen/Wietmarschen). In der Online- Ausgabe der NOZ vom 18.03.2019, 10.00 Uhr (www.noz.de) findet sich unter leicht verändertem Titel ein gleich lautender Text, (zuletzt eingesehen am 28.08.2019).

    ³Zu den Unterschieden von Samtgemeinde und Einheitsgemeinde siehe: Heiner Schüpp, Gebiets- und Verwaltungsrefom, S. 532-533, (weiterhin: Schüpp) in:.Werner Franke / Jósef Grave / Heiner Schüpp / Gerd Steinwascher (Hrsg.), Der Landkreis Emsland. Geographie, Geschichte, Gegenwart. Eine Kreisbeschreibung. Meppen 2002, S. 528 -552

    ⁴Vieles stammt allerdings auch aus dem persönlichen Wissens- und Erfahrungsbereich des Autors sowie aus der Erinnerung an seine Mitgliedschaft im Gemeinderat Thuine und im Samtgemeinderat Freren.

    ⁵Orientiert hat er sich auch an den Prinzipien einer Wesens- und Charakterbeschreibung, vgl. dazu z.B.: https://wortwuchs.net/charakterisierung/, zuletzt eingesehen am 01.12.2019.

    2. Nach aufgenötigtem Beitritt arrangiert man sich - Die gegenwärtige Erscheinung der Samtgemeinde Freren

    Die Samtgemeinde Freren in der gegenwärtigen Form besteht aus fünf kleinen Gemeinden. Die größte davon ist die Stadt Freren. Sie ist die Mittelpunkts- und Zentralgemeinde. Mit 5000 Einwohnern zählt auch diese Kommune mit der zertifizierten Bezeichnung „Stadt" eher zu den kleineren Gemeinden in Niedersachsen. Ihre Fläche dehnt sich auf knapp 50 Quadratkilometer aus.

    Im nicht ganz vollständigen Rund um diese kleine Stadt herum reihen sich die vier übrigen Mitgliedsgemeinden dieser Samtgemeinde. Alle grenzen direkt an das eher ländlich strukturierte Gebiet der Stadt Freren an.

    Jede dieser Gemeinden ist selbständig. Es wird in jeder Wahlperiode ein Gemeinderat gewählt, dieser wählt aus seiner Mitte einen ehrenamtlich tätigen Bürgermeister und zwei Stellvertreter. Alljährlich wird ein eigener Haushaltsplan aufgestellt. Es werden eigene Steuern (Gewerbe-, Grund-, Hundesteuer) erhoben und eigene Gebühren (z.B. Straßenanliegergebühren) und Beiträge (Straßenausbaubeiträge) festgesetzt. An die Samtgemeinde werden Umlagen abgeführt, die dort nach eigenem Plan Verwendung finden.

    Während die Ausweisung von Flächennutzungsplänen der Samtgemeinde vorbehalten ist, bestimmen die örtlichen Gemeinderäte (ein solcher nennt sich in Freren „Stadtrat"), wie die von der Samtgemeinde zugewiesenen Flächen bebaut werden. So entstehen in regelmäßgen Abständen in jeder Gemeinde neue Siedlungsgebiete vornehmlich für die Wohnbebauung und hauptsächlich für bauwillige, meist junge Leute aus dem eigenen Ort. Mitunter werden aber auch Baugrundstücke vergeben an Bewerber aus anderen Orten, die hier vergleichsweise günstige Grundstückspreise vorfinden. So wirbt Messingen in der Bürgerinformation ganz offen: „Auch auf neue Einwohner freut man sich im ländlichen und landwirtschaftlich geprägten Messingen sehr."⁷ Nicht ganz so offen, aber doch ziemlich deutlich werben auch die anderen Gemeinden um Einwohnerzuzug.

    Die „Samtgemeinde" ist das gemeinsame Organ dieser fünf Gemeinden. Sie regelt die Angelegenheiten, mit denen die einzelne Gemeinde für sich genommen überfordert wäre. Im Wesentlichen finanziert sie sich durch die Umlagen der Einzelgemeinden. Hinzu kommen regelmäßig Zuweisungen vom Kreis Emsland und vom Land Niedersachsen. Termingleich mit den Gemeinderatswahlen wird auch ein Samtgemeinderat gewählt. In der Regel sind es die führenden Mandatsträger der Einzelgemeinden, aus denen sich der gewählte Samtgemeinderat zusammensetzt. Darunter ist (so gut wie) immer auch der Bürgermeister der jeweiligen Gemeinde.

    Der Samtgemeinderat ist das Beschlussfassungsorgan für die gemeinsamen Verwaltungszuständigkeiten, die früher einmal Aufgabe jeder Einzelgemeinde waren. Hier ist insbesondere die Unterhaltung der Schulen im Primarund Sekundarbereich zu nennen. Aber auch der Feuerschutz fällt in den Zuständigkeitsbereich der Samtgemeinde. Denn auch mit dieser Aufgabe wäre nach den Erkenntnissen des Gesetzgebers die Einzelgemeinde für sich überfordert. Sie überschreitet den Bereich der „Subsidiarität".

    In den ersten Jahren ihrer Gründung lag auch die Herstellung eines umfassenden Schmutzwasserkanals sowie der Anschluss aller Haushalte an die öffentliche Trinkwasserversorgung im Aufgabenbereich der Samtgemeinde. Diese beiden Aufgaben, Trinkwasserversorgung wie Schmutzwasserentsorgung hat aber inzwischen der Wasserverband Lingener Land übernommen.

    Mit der Flächennutzungsplanung stimmt die Samtgemeinde die größerräumigen Ziele der Einzelgemeinden aufeinander ab. Je nach Bedarf lässt sich jede Gemeinde die als notwendig angesehenen Baugebiete im Flächennutzungsplan zuweisen. Das Gleiche geschieht mit Flächen für die gewerbliche Nutzung. Alles funktioniert reibungslos und den Wünschen der Einzelgemeinde entsprechend, weil im stillen Konsens die Gemeinden sich gegenseitig keine Steine in den Weg legen. Das gebietet schon der Eigennutz. Die Bebauungsplanung und die Vergabe der Baugrundstücke liegt dann wieder in den Händen der Einzelgemeinde, ebenso wie die Beplanung der Gewerbegebiete und die Vergabe der einzelnen Gewerbegrundstücke.

    Die meisten der Gewerbebetriebe finden sich allerdings nicht in einem zentral vorgeplanten Gewerbegebiet, sondern am Ort ihrer historischen Gründung. Für den Erweiterungsbedarf dieser Betriebe hat jede Gemeinde über Jahrzehnte hinaus immer eine Lösung gefunden, die dem Betrieb am angestammten Standort optimal entgegenkommt. Auch in diesem Zusammenhang haben insbesondere die Gemeindebürgermeister einen mitunter erstaunlichen Einsatz gezeigt.

    Es wird aber in jeder Gemeinde auch versucht, mindestens ein Gewerbegebiet auszuweisen, um den Betrieben der eigenen Ortslage eine Möglichkeit zum Wachstum zu bieten, das über den bisherigen Bedarf hinausgeht, oder auch, um Neugründungen zu ermöglichen. Mehr oder minder erfolgreich verläuft die Werbung zur Ansiedlung neuer Betriebe von außerhalb. Das gibt neue Arbeitspätze für die eigene Bevölkerung und über kurz oder lang auch eine höhere Gewerbesteuer und höhere Summen aus den Anteilen an der Einkommensteuer, gut für die örtliche Gemeindekasse.

    Jede Gemeinde strebt getrennt von den anderen nach eigenem Wachstum und individueller Stärkung der eigenen Möglichkeiten. Ob man dabei Ansätze von Wettbewerbsverhalten der Bürgermeister in Konkurrenz zu den anderen Gemeinden sehen will, liegt am Beobachter.

    So sind im Laufe der Zeit in diesen fünf kleinen Gemeinden sechs, sieben oder noch mehr Gewerbegebiete entstanden, alle vom Ausmaß um die 10 Hektar oder darunter⁸. Im günstigsten Fall sind sie verkehrsmäßig erschlossen durch die Bundesstraße 214, durch die L 57 oder durch eine andere Landesstraße. Einen Bahnanschluss gab es bis vor Jahrzehnten, konnte aber nicht gehalten werden. Ein Kanalanschluss ist mit ca. 15 bis 25 Kilometern in erreichbarer Ferne, ein Autobahnachluss mit 20 bis 30 Kilometern. Der nächste Flughafen ist Münster-Osnabrück, ca. 70 Kilometer entfernt.

    ⁶Alle Zahlen entnommen aus: Bürgerinformation Samtgemeinde Freren. Hrsg. Samtgemeinde Freren o.J., (weiterhin: Bürgerinformation), S. 12

    ⁷Bürgerinformation, S. 10

    ⁸So meldet die Lingener Tagespost am 4. September 1996: „Messingen hat endlich ein eigenes Gewerbegebiet" Es wurde eine Gewerbefläche von 3 Hektar Größe ausgewiesen. (LT. vom 04.09.1996)

    3. Gewachsene Ansprüche erfordern neue Formen der staatlichen Organisation - Die Intentionen der Gebiets- und Gemeindereform

    Lobende Worte findet Karl-Heinz Brümmer, der erste Oberkreisdirektor des Landkreises Emsland für die Gemeindestruktur aus älteren Zeiten:

    „Ich habe sie noch kennengelernt, die alten Bürgemeister, die sich hundertprozentig für ihre Gemeinde verantwortlich wußten. Diese Bürgermeister kannten ihre Gemeinde. Sie waren für die Bürger immer ansprechbar. Dienstzeiten gab es nicht. Dank noch von dieser Stelle an die alten Bürgermeister, die Hervorragendes für unsere Gesellschaft und unseren Staat geleistet haben."

    So schreibt er kurz vor seinem Tod im Jahr 1991 in einem 64-Seiten umfassenden Buch, das er selber nicht mehr herausgeben konnte und von seiner Frau vollendet werden musste⁹. Mit solch schmeichelhaften Zugeständnissen räumt er der „guten alten Zeit", seinen Respekt ein, als das Gemeindebüro noch auf dem Schreibtisch im Wohnzimmer des Bürgermeisters Platz fand und die standesamtlichen Hochzeiten auf dem Sofa daneben vollzogen wurden.

    Die Zeiten haben sich geändert, und die Ansprüche sind gestiegen. Kaum ein Haus wird heute bezogen, ohne dass vorher Spezialisten für Wand- und Deckengestaltung sowie für Inneneinrichtung und Beleuchtung eingesetzt worden sind. Arbeitsteilung, Spezialisierung und Professionalität hat auf allen Gebieten Einzug gehalten, weil überall auch erhöhte Ansprüche an die Qualität gestellt werden. Das gilt auch für die öffentliche Verwaltung. Auf Profession sind heute auch die Gemeinderäte und Bürgermeister der kleinen Gemeinden angewiesen, ohnedem könnte kaum ein verwaltungs- und gerichtsverwertbares Protokoll einer Ratssitzung zustande kommen. In nahezu jeder Sitzung der Gemeinderäte muss auf das Fachwissen der führenden Mitarbeiter der Samtgemeindeverwaltung zurückgegriffen werden. So ist in jeder Ratssitzung mindestens eine dieser Personen anwesend, manchmal zwei oder noch mehr.

    Nach dem Wiederaufbau in der Nachkriegszeit und im Laufe der „Wirtschaftswunder"-Jahre ließen sich die Entwicklung des steigenden Wohlstands und damit die wachsenden Ansprüche voraussehen. Als erster brachte das der Karlsruher Juristentag im Jahr 1964 zum Ausdruck¹⁰.

    „Vor allem die Probleme der Gemeinden des ländlichen Raumes standen dort im Mittelpunkt der Diskussion über die Kommunalreform. Der Göttinger Professor für Staats- und Kommunalwissenschaften Werner Weber, der später die Reformkommission in Niedersachsen leiten sollte, ging in seinem Beitrag der Frage nach: ´Entspricht die gegenwärtige kommunale Struktur den Anforderungen der Raumordnung?´"¹¹

    Im März 1965 stieg das Land Niedersachsen ein mit dem Auftrag an den Landesinnenminister, „unter dem Gesichtspunkt optimaler Leistungsfähigkeit Vorschläge für eine Verbesserung der Verwaltungsstruktur des Landes Niedersachsen, insbesondere für eine kommunale Gebietsreform zu erarbeiten."¹²

    Grob zusammengefasst kommt die daraufhin gebildete Kommission („Weber-Kommission") zu folgenden Feststellungen:

    • Wesentliche Zukunftsaufgaben, wie die Bauleitplanung, die Wasserversorgung, die Müll- und Abwasserbeseitigung, die Schaffung und Betreuung sozialer Einrichtungen, der Schulbau und der Sportstättenbau können von kleinen Gemeinden nicht bewältigt werden.

    • Die Bevölkerungs- und Erwerbsstruktur wird sich in zunehmendem Maße verändern, weg von der Landwirtschaft hin zum handwerklichen und industriellen Bereich. Das bedeutet Landflucht der erwerbstätigen Bevölkerung, während alte und nicht mehr arbeitsfähige Menschen zurückbleiben.

    • Die kleinen und kleinsten Gemeinden, die wegen mangelnder Gewerbestruktur auch finanziell ausbluten, können die gestiegenen Bedürfnisse der Bürger nicht mehr zufriedenstellen. Die Lebensqualität in den ländlichen Gebieten mit Bezug auf Daseinsvorsorge, Sport und Kultur wird im Vergleich zu den großen Städten abfallen. Die Gleichheit der Lebensverhältnisse ist nicht mehr gewährleistet. Das schon vorhandene Stadt-Land-Gefälle wird zunehmen.¹³

    Es ging auch darum, „die Verwaltung in ihrem Gesamtgefüge zu reformieren"¹⁴, also um eine Reform im landesweiten Kontext und im überörtlichen Zusammenhang. Mit Blick auf die einzelne Gemeinde stellte sich damit die Aufgabe, einen Spagat zwischen zwei Antipoden zu bewerkstelligen. Einerseits mussten die 4218 Gemeinden in Niedersachsen zu Einheiten mit leistungsfähiger Größenordnung zusammengefasst werden. Immerhin fast die Hälfte davon verfügte über weniger als 500 Einwohner¹⁵. Andrerseits sollten dabei Bürgerbindung sowie Bürgernähe nicht zu kurz kommen und in bestmöglicher Weise erhalten werden. Es galt, das Optimum einer Gemeindestruktur herzustellen, die von der Größenordnung her in der Lage ist, sich den Herausforderungen des Strukturwandels zu stellen. Dabei sollten die gewohnten Bindungen der Bürger und ihre Beharrungstendenzen zu den hergebrachten Strukturen nicht zu sehr herausgefordert werden. Identifizierung sollte weiterhin möglich sein, so dass die Bürgerinnen und Bürger sich in ihrer Gemeinde wohl fühlen

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