EIN CONTROLLER WENIGER: Ein satirischer Bürokrimi
Von Katja Kleiber
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Über dieses E-Book
In der »Supercompany« geht es drunter und drüber, als die Fusion mit einem japanischen Unternehmen bekannt wird. Der ehrgeizige Knoll und der Weiberheld Ebert kämpfen erbittert um einen Chefposten. Auch vor illegalen Methoden schrecken sie nicht zurück. Dann wird der Controller tot aufgefunden – wer ging über Leichen zugunsten seiner Karriere?
Und was hat die Putzfrau damit zu tun?
Ein satirischer Krimi für alle, die das Büroleben lieben. Oder daran verzweifeln.
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Buchvorschau
EIN CONTROLLER WENIGER - Katja Kleiber
Chefbüro
Ebert rutschte auf der Kante des Stuhls hin und her. Neben ihm saß Knoll akkurat und stocksteif.
Die Company hatte heute Morgen gesummt wie ein Bienenstock. Irgendwas war passiert. Da er noch nicht in der Kaffeeküche gewesen war, fehlte ihm das Neueste aus dem Flurfunk.
Außerdem stimmte die Sitzordnung nicht. Wieso hatte Schwarz sie nicht in die Besucherecke mit dem Ledersofa gebeten? Nein, er thronte hinter seinem makellos aufgeräumten Schreibtisch. Jetzt beugte er sich vor: »Bis jetzt wissen es nur die Abteilungsleiter. Unsere Supercompany wird fusionieren. Und zwar mit dem japanischen Susangoi-Konzern. Bitte erzählen Sie es vorerst niemandem weiter.«
Ebert und Knoll schauten sich verwundert an. Wenn diese Info den Abteilungsleitern vorbehalten war, wieso erfuhr das Fußvolk dann davon?
Schwarz achtete nicht auf ihre Verwunderung und fuhr fort: »Ich habe ein Angebot von der Geschäftsleitung bekommen, dem ich gerne entsprechen möchte.« Der Chef machte eine bedeutungsvolle Pause.
Wieso musste der sich so gewunden ausdrücken?
Knoll sagte: »Aha. Wenn der Purpose der beiden Unternehmen übereinstimmt: Wundervoll.«
Der Schleimer. Ebert fragte sich, ob er etwas überhört hatte. Was war wundervoll?
Schwarz legte die Fingerspitzen aneinander und formulierte bedächtig: »Die Fusion wird in den nächsten Tagen bereits vollzogen.«
Ebert pfiff durch die Zähne.
Schwarz und Knoll schauten ihn irritiert an.
Dann sagte Knoll: »Ist das schon öffentlich? Kann ich in meinem internen Network darüber reden?«
Schwarz zog die Augenbrauen zusammen: »Meine Herren, das wird in wenigen Minuten bekannt gegeben. Und Sie wissen ja: Insiderwissen darf am Aktienmarkt nicht genutzt werden!«
Knoll sackte zusammen, als habe man Luft aus ihm abgelassen.
Ebert blickte aus dem Fenster in die Wolken. Die Wolken formierten sich zu einem breiten Sofa, dann zerfiel die Struktur in duftige Flocken. Er träumte sich an einen Strand in der Karibik. Was kümmerte ihn diese Fusion, er hatte schon ein Dutzend Umstrukturierungen überstanden.
Schwarz setzte neu an: »Durch die Fusion werden die Führungsstellen zunächst doppelt besetzt sein. Deshalb wurde ausgewählten Führungskräften wie mir ein attraktives Angebot gemacht, wenn wir ausscheiden. Ich habe also das Angebot angenommen, Ende des Jahres unsere Supercompany zu verlassen.«
Fusion mit einem japanischen Konzern. Ebert sah sich bereits Frühsport machen vor versammelter Mannschaft. Oder irgendwelche Boards ausfüllen mit Titeln wie »Kanban«. Ob es mit der Ruhe an seinem Arbeitsplatz vorbei war?
Während Ebert noch seinen Gedanken nachhing, schaltete Knoll schneller: »Ich kann verstehen, dass Sie darauf eingehen. Wäre es denn auch möglich, dass Nachrücker von unten Ihre Stelle besetzen?«
Knoll hatte umgehend den Kampf eröffnet. Ebert musste mitziehen. Er räusperte sich.
»Verdienstvolle Mitarbeiter mit intimer Kenntnis der Abteilung sollten gegenüber Nachwuchs aus anderen Unternehmen Vorrang haben«, schlug er vor. Insgeheim sah er sich schon hinter Schwarz’ Schreibtisch sitzen – mit freiem Blick auf die schicke Assistentin Jessica im Vorzimmer.
»Das ist unter Umständen natürlich nicht ausgeschlossen!« Schwarz blickte seinen Mitarbeitern nacheinander in die Augen. »Doch da wäre noch was, was ich Ihnen sagen muss.«
Schwarz schaute sie nochmals eindringlich an. »Was auch immer passiert, Jessica darf nicht entlassen werden.« Er machte eine Kunstpause. »Verstehen Sie? Es ist absolut essenziell für die Effizienz dieser Abteilung, dass Jessica ihren Job behält.«
Knoll äußerte eilfertig zustimmende Geräusche, während Ebert erschreckt darüber nachgrübelte, ob der Chef etwas mit Jessica hatte … Das passte nicht in sein bisheriges Bild von Schwarz. Umso wichtiger, dass er, Ebert, sich den Chefposten sicherte. Knoll war nur ein kleines Hindernis auf seinem Weg.
Schwarz entließ die beiden mit einer Handbewegung.
Ebert schielte auf Jessicas Beine, als er durchs Vorzimmer ging.
Zurück in seinem Büro, das er leider mit diesem Schaumschläger Knoll teilen musste, rief er am PC die Webkamera auf, die er zu Hause im Kinderzimmer installiert hatte. So konnte er die Entwicklung seines Erstgeborenen Eugen beobachten, wann immer er wollte. Er musste nicht extra seine Frau Susan anrufen, um zu wissen, wie es dem Sprössling ging. Sein Stammhalter machte sich prächtig – klar, er hatte ja auch seine Gene. Doch als Ebert die Seite mit der Webkamera aufrufen wollte, flirrten nur graue Punkte über den Bildschirm.
Ebert starrte entsetzt auf den Bildschirm. Der Computer piepste kurz auf – Ebert empfand es als einen Ausdruck der Empörung, gemischt mit Verzweiflung – und schaltete sich aus. Ebert ließ sich auf die Knie nieder, kroch unter den Schreibtisch und fummelte an den Kabeln herum, die aus der Rückseite des Rechners zum Vorschein kamen, ohne viel davon zu erwarten. Ächzend schob er sich noch tiefer unter den Tisch, um hinter den Rechner zu blicken.
»Schon auf der Suche nach Ostereiern?« Knolls Stimme erreichte ihn aus weiter Ferne. »Oder ist das Ihr Beitrag zum agilen Arbeiten?«
Ebert schob seinen massigen Körper zurück und richtete sich schwer atmend auf. »Abgestürzt! Tut nichts mehr.«
»Dann gönnen Sie sich ein kleines Päuschen«, sagte Knoll süffisant. »Danach committen Sie umso besser.«
Ebert wischte Staubfusseln von seiner Hose. Der Absturz war ein willkommener Grund, Jessica anzurufen. Doch die ging nicht an den Apparat. Ebert suchte die Nummer der EDV-Abteilung heraus, eröffnete ein Ticket und bestellte einen Techniker. Dann machte er sich auf den Weg in die Kaffeeküche. Ohne Koffein konnte er den Tag nicht beginnen.
Ersatzkaffee
Der Plastikbecher hatte sich im Kaffeeautomaten verfangen. Ebert fluchte und trat heftig gegen den Automaten. Der Becher löste sich, ruckte an seinen Platz und der Kaffee gurgelte hinein. Ebert seufzte erleichtert auf. Was wäre ein Montagmorgen ohne einen heißen Kaffee. Schon wollte er den Becher zum Mund führen, da sah er, dass die Maschine nur heißes Wasser gespendet hatte. Entsetzt starrte er auf die transparente Flüssigkeit.
Knoll hieb ihm von hinten auf die Schulter. Der Blödmann verfolgte ihn geradezu und quatschte ihn wieder an: »So ein Pech, Ebert! Kein Kaffee? Haben Sie die Mail der Controller nicht gesehen?«
»Mein Computer hängt«, brummte Ebert. Dann erinnerte er sich dunkel, dass am Freitagabend irgendeine Mail den Betreff »Kaffee nachfüllen« angezeigt hatte, doch er hatte wie immer jede dritte Mail der dreihundertzwanzig, die eingegangen waren, einfach gelöscht.
In ein hauchzartes Gespinst aus rosa Wolle gewickelt näherte sich Jessica. Sie stöckelte auf schwarzen Stiefeln daher. Ebert hätte am liebsten laut gepfiffen, aber er wusste aus Erfahrung, dass die Sekretärin seines Vorgesetzten das nicht schätzte. Geistesabwesend schlürfte er am heißen Wasser.
»Jan, haben auch Sie endlich die Vorzüge des Ayurveda schätzen gelernt?« Jessica trat so nah an ihn heran, dass er ihr Parfum wahrnahm, ein Hauch von Blütenduft.
»Heißes Wasser drei Mal am Tag ist ja soooo gesund.« Die junge Frau nickte ihm zu. »Wir müssen auf unser Wohlergehen achten, denn die Fusion wird uns allen die Kräfte rauben.«
Von wegen, nur die Abteilungsleiter seien eingeweiht. Das bildete sich Schwarz wohl ein. Wenn Jessica von der Fusion wusste, dann wussten es alle. Kein Wunder, dass die Supercompany so vibriert hatte, heute Morgen. Der Flurfunk war auf höchster Aktivitätsstufe.
»Die Controller behaupten, sie hätten das letzte Mal Kaffee für die Maschine gekauft, jetzt sind angeblich wir dran.« Knoll musste natürlich heraushängen lassen, dass er alle Mails gewissenhaft gelesen hatte, und kam auf das Wichtigste zu sprechen. »Jessica, könnten Sie die Pads kaufen, wenn Sie für den Chef draußen was erledigen?«
Jessica war eine der Wenigen, die das Privileg genossen, während der Arbeitszeit die Supercompany verlassen zu dürfen. Jessica hob die Augenbrauen. »Wenn die Herren dann bitte ihren Beitrag