UNESCO Weltkulturerbe und Tourismus: Tourismus kompakt
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Über dieses E-Book
Der Kölner Dom, die Zeche Zollverein und das romantische Mittelrheintal! Jeder kennt hierzulande mindestens ein Weltkulturerbe der UNESCO. Sie zeichnen sich aus Sicht des Welterbekomitees als Meisterwerke der menschlichen Schöpferkraft aus. Gabriele M. Knoll zeigt auf, warum die UNESCO Weltkulturerbe global schützt und welche Kategorien es gibt. Es besteht u. a. auch die Verpflichtung, diese Stätten durch einen nachhaltigen Tourismus zu nutzen. Themen wie Besucherzentren und -lenkung lässt die Autorin deswegen nicht außer Acht. Sie wirft zudem einen Blick in die Praxis und geht auf Beispiele konkret ein.
Eine spannende Lektüre für Tourismusstudierende und -praktiker:innen.
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Buchvorschau
UNESCO Weltkulturerbe und Tourismus - Gabriele M. Knoll
Was Sie vorher wissen sollten
Weltkulturerbe und Tourismus – widerspricht sich das nicht? Nein! Der Schutz einer Welterbestätte umfasst nicht nur die Immobilie, die Gebäude oder Anlage selber, sondern auch ihre direkte Umgebung sowie eventuell ihre Fernwirkung, die in ihrer ursprünglichen Weise gewahrt bleiben soll. Eine Burg, ein Schloss, gerahmt von Windrädern, eine historische Altstadt, durchsetzt oder bedrängt von Hochhäusern – dies ist bei Weltkulturerbestätten nicht gestattet. Da droht ein Eintrag in die Rote Liste alias die Liste des gefährdeten Welterbes.
Und wie sieht es mit den Belastungen eines Welterbes durch den Tourismus aus? Muss man das Erbe der Menschheit, das eine UNESCO Welterbestätte darstellt, Besuchermassen und ihren vielfältigen Auswirkungen aussetzen? Ja! Eine touristische Nutzung, natürlich in einer nachhaltigen Weise, wird inzwischen von der UNESCO als eine Pflicht für das Management betrachtet. Es ist durchaus ein Balanceakt, den Erhalt des Welterbes sowie den damit verbundenen Bildungsauftrag – und somit auch den Tourismus – zu vereinen.
Hieraus ergibt sich schließlich die Notwendigkeit, UNESCO Weltkulturerbe und Tourismus in einem Buch zu betrachten. Gleiches gilt ebenso für den Band UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus.
Ziel beider Bände ist es, einen ersten Überblick über die verschiedenen Kategorien von UNESCO Welterbe und der damit verbundenen Verpflichtung zu einer nachhaltigen touristischen Nutzung zu geben. Manche Anregung aus der dortigen Praxis lässt sich auch an anderen Orten ohne Welterberang umsetzen!
Wachtendonk, August 2022
Gabriele M. Knoll
1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe?
Tempel und andere jahrtausendealte Bauwerke in der ägyptischen Wüste drohten Anfang der 1960er-Jahre – so die Ironie der Geschichte in den Fluten des Nils zu versinken. Der unabwendbar scheinende Verlust von Zeugnissen aus der Zeit von 1200 bis 300 v. Chr. löste schließlich Rettungsmaßnahmen mit weltweiter Unterstützung aus und aus diesem gemeinsamen Bemühen sollte die Idee hervorgehen, unter der Federführung der UNESCO Kulturerbe von Weltrang zu schützen.
Grundlegende Literatur
Allgemeine Ausführungen basieren – sofern nicht anders angegeben – auf der Quelle:
UNESCO World Heritage Centre (WHC) (2021): Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention. Paris.
Link-Tipp [1] | http://s.narr.digital/9a1d4
1.1 Nubische Bauwerke drohten, in den Nilfluten unterzugehen
Um die unterschiedlichen Wassermengen des Nils im Laufe eines Jahres zu regulieren und die landwirtschaftlichen Nutzflächen an seinen Ufern durch ein effektiveres Wassermanagement auszudehnen, aber auch zur Verbesserung der Energiegewinnung, wurde 1960 bis 1971 die Staumauer des Assuan-Staudamms wieder einmal erhöht, so dass anschließend ein See von 5 bis 35 km Breite und ca. 500 km Länge das mittlere Niltal bis in den Sudan hinein ausfüllte. Als unerwünschte „Nebenwirkung" waren dadurch in dem neuen Nassersee zahllose Zeugnisse aus der Zeit des einstigen Nubiens und seiner Pharaonen dem Untergang geweiht. Auch die Deutsche UNESCO Kommission rief eindringlich zur Beteiligung an den Rettungsmaßnahmen auf (https://en.unesco.org/courier/october-1961). Das Dokument „Abu Simbel: jetzt oder nie" vermittelt eine kleine Idee von den Kraftanstrengungen jener Tage.
Hintergrund | Die Rettungsaktionen von Abu Simbel in den 1960er-Jahren
Link-Tipp [2] | http://s.narr.digital/xybj0
Mit einem großen internationalen Engagement wurde es möglich, Ausgrabungen sowie Bestandsaufnahmen durchzuführen, vieles zu dokumentieren und schließlich die spektakulärsten Aktionen zu starten: das Umsetzen – Translozieren – einiger historischer Anlagen in Bereiche, die nicht mehr im Überflutungsgebiet lagen.
So wurde die 33 m hohe und 35 m breite Fassade des Abu-Simbel-Tempels mit ihren monumentalen 20 m hohen Skulpturen des Pharaos Ramses II. am alten Standort abgetragen und 118 m weiter landeinwärts sowie 65 m höher neu aufgebaut.
Eine andere spektakuläre spätere Aktion war die Translozierung von nubischen Tempelbauten der Nilinsel Philae. Zwischen 1976 und 1980 verlegte man den dortigen Tempel der Göttin Isis mit einem 93 m langen Säulengang auf eine höhere Fläche der Nilinsel Agilkia. 1979 wurden die nubischen Bauwerke in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen.
Hintergrund | Nubische Denkmäler von Abu Simbel bis Philae – UNESCO Weltkulturerbe
Link-Tipp [3] | http://s.narr.digital/5vp9v
1.1 Besinnung auf das kulturelle Erbe der Menschheit – die Welterbekonvention
Während im Niltal noch praktisch an der Rettung der 2.000–3.000 Jahre alten Bauwerke gearbeitet wurde, beschloss 1972 die Generalversammlung der UNESCO auf ihrer 17. Tagung in Paris das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt – kurz die „Welterbekonvention" genannt (https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-02/UNESCO_WHC_%C3%9Cbereinkommen%20Welterbe_dt.pdf, Kurzbeleg: WHC, 2018).
Folgende zusammengefasste Umstände und Ziele veranlassten die Mitglieder der Generalversammlung zur Verabschiedung der Welterbekonvention:
eine zunehmende Bedrohung und Zerstörung von Kultur und Natur auch durch den Wandel sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse,
allgemein eine „beklagenswerte Schmälerung" des Erbes aller Völker der Welt,
unzureichende wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Mittel in Ländern der zu schützenden Güter sowie
die Verantwortung, „dass es angesichts der Größe und Schwere der drohenden neuen Gefahren Aufgabe der internationalen Gemeinschaft als Gesamtheit ist, sich am Schutz des Kultur- und Naturerbes von außergewöhnlichem universellem Wert zu beteiligen, indem sie eine gemeinschaftliche Unterstützung gewährt, welche die Maßnahmen des betreffenden Staates zwar nicht ersetzt, jedoch wirksam ergänzt" (WHC, 2018, o. S.).
Die globale Aufgabe der internationalen Gemeinschaft – konkreter der Mitgliedsstaaten bzw. Unterzeichner der Welterbekonvention – ist es, ihren möglichen Beitrag zur Bewahrung von herausragendem Kultur- und Naturerbe zu leisten.
Im Artikel 1 der Welterbekonvention wird das Kulturerbe in die drei Kategorien Denkmäler, Ensembles und Stätten zusammengefasst und folgendermaßen definiert (WHC, 2021, o. S.):
„Denkmäler: Werke der Architektur, Großplastik und Monumentalmalerei, Objekte oder Überreste archäologischer Art, Inschriften, Höhlen und Verbindungen solcher Erscheinungsformen, die aus geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind;
Ensembles: Gruppen einzelner oder miteinander verbundener Gebäude, die wegen ihrer Architektur, ihrer Geschlossenheit oder ihrer Stellung in der Landschaft aus geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind;
Stätten: Werke von Menschenhand oder gemeinsame Werke von Natur und Mensch sowie Gebiete einschließlich archäologischer Stätten, die aus geschichtlichen, ästhetischen, ethnologischen oder anthropologischen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind."
Im Artikel 2 werden die Kategorien für das mögliche Naturerbe genannt (siehe den Band UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus).
Die Vertragsstaaten sind frei darin, in ihrem Hoheitsgebiet Kultur- und Naturerbestätten zu bestimmen (siehe Kap. 1.3).
1.2 Wie kommt man zum Welterbetitel und behält ihn?
Wichtigste Voraussetzung für eine Bewerbung um Anerkennung einer Stätte als Weltkulturerbe sowie Weltnaturerbe ist die Mitgliedschaft des jeweiligen Staates bei der UNESCO und die Ratifizierung der Welterbekonvention. Ein Vertragsstaat erhält somit das Recht, ihm geeignet erscheinendes Kultur- bzw. Naturerbe vorzuschlagen, und nur er kann einen entsprechenden Antrag einreichen. Doch bis zu diesem Zeitpunkt sind einige „Hausaufgaben" zu erledigen.
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Die erste Aufgabe des Vertragsstaats ist es, eine nationale Vorschlagsliste – Tentative List – zu erstellen. Darin veröffentlicht der Vertragsstaat seine geplanten Vorschläge für einen Zeitraum von ca. zehn