Monument Europa: Wie Baukultur europäische Identität stiftet
Von Jürgen Tietz
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Zum europäischen Kulturerbejahr 2018: sharingheritage.de
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Monument Europa - Jürgen Tietz
JÜRGEN TIETZ
MONUMENT EUROPA
Wie Baukultur europäische Identität stiftet
NZZ Libro
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2017 NZZ Libro, Neue Zürcher Zeitung AG, Zürich
Der Text des E-Books folgt der gedruckten 1. Auflage 2017 (ISBN 978-3-03810-288-5)
Lektorat: Ulrike Ebenritter, Giessen
Titelgestaltung: TGG Hafen Senn Stieger, St. Gallen
Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck
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ISBN E-Book 978-3-03810-309-7
www.nzz-libro.ch
NZZ Libro ist ein Imprint der Neuen Zürcher Zeitung
INHALT
Titelei
Geleitwort
Vorspiel
Europäische Erinnerungen
Europa als kulturelles Projekt
Europäische Reise
Grenzüberschreitungen
Europas Städte
Europas Monumentenspeicher
Europäisches Erbe
Zukunft Europa
Dank
Anmerkungen
Literaturauswahl
Der Autor
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GELEITWORT
Über das Europäische Kulturerbejahr 2018
von Dr. Uwe Koch
2012 wurde die EU für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Diese herausragende Auszeichnung ist vor dem Hintergrund der nachfolgenden Ereignisse fast in Vergessenheit geraten. Die europäische Idee hat seitdem erheblich gelitten. Das Bild Europas wird derweil geprägt durch Eurokrise, nationale Egoismen in Politikfeldern wie der Flüchtlingspolitik oder dem Brexit. Ein antieuropäischer Populismus ist salonfähig geworden. Viele Menschen nehmen Europa vermehrt als Zweckgemeinschaft mit bürokratischem Überbau wahr. Doch Europa ist nichts Fernes, nichts Abgehobenes. Es gehört zu uns und ist überall zu entdecken. Diese Erkenntnis steht im Kern des Europäischen Kulturerbejahrs 2018. Ausgerufen durch die Europäische Union, möchte das Jahr die Identifikation mit einem gemeinsamen Erbe fördern und gleichzeitig die Bereitschaft wecken, für dessen Bewahrung einzutreten. 2018 soll deshalb ein neues Bewusstsein dafür gestärkt werden, dass wir Teil eines länderübergreifenden, vielschichtigen, aber eng miteinander verbundenen europäischen Kulturerbes sind.
Wesentliches Ziel des Europäischen Kulturerbejahrs 2018 ist es, eine noch aktivere Teilhabe am kulturellen Erbe zu ermöglichen. Angesprochen werden sollen dabei nicht in erster Linie die Experten. Vielmehr soll das Kulturerbejahr in der Breite der Gesellschaft wirken. Dies umfasst insbesondere die Personengruppen, die allgemein keinen exklusiven Zugriff auf klassische Kulturangebote haben oder diesen in der Regel nur beschränkt nutzen. Der deutsche Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr unter dem Motto «Sharing Heritage» wird deshalb einen besonderen Fokus auf Vermittlungsangebote für Kinder und Jugendliche setzen. Schliesslich werden sie das Europa von morgen prägen und dafür Sorge tragen müssen, dass das Erbe erhalten und weitergetragen wird.
Doch unabhängig von der Zielgruppe: Alle Aktivitäten im Rahmen des Jahres sollen das reiche Kulturerbe des Kontinents zum Ausgangspunkt für eine gemeinschaftliche Beschäftigung mit Europa machen.
Europa ist ein einzigartiger Kontinent mit einer einzigartigen Geschichte, geprägt von Gegensätzen und Gemeinsamkeiten. Die unterschiedlichsten Themenfelder bieten dabei Anknüpfungspunkte, um die vielfältigen kulturellen Verknüpfungen aufzuzeigen. Seien es die Grenzlandschaften, die sich nicht nur als Orte der Trennung, sondern ebenso als Transformations- und Bewegungsräume darstellen. Oder aber die Vielzahl an Routen und Schneisen, die beispielsweise in Form von Handelswegen von jeher die unterschiedlichsten Punkte auf der Landkarte zum steten Austausch von Ideen und Waren verbinden und sich wie ein Netz über den Kontinent legen. Auch ist 2018 historisch betrachtet ein besonderes Jahr, an dem sich das Ende des Ersten Weltkriegs wie auch der Beginn des Dreissigjährigen Kriegs sowie der Westfälische Frieden jähren. Ein Jahr, in dem wir schrecklicher Gräuel gedenken, aber uns eben auch vor Augen führen, was Europa ausmacht und auch sein kulturelles Erbe prägt: Der lange und schmerzliche Weg zum Frieden, zum friedlichen Dialog.
«Sharing Heritage» wird das gesamte Spektrum des Kulturerbes betrachten: von der Literatur bis zum Tanztheater, vom Film bis zur Folkmusik. Doch wird dem gebauten und archäologischen Erbe innerhalb des deutschen Beitrags ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden, denn insbesondere das architektonische und das archäologische kulturelle Erbe legen ganz unmittelbar Zeugnis ab über Europas reiche Geschichte. Geradezu haptisch werden hier grenzüberschreitende Bezüge erfahrbar. Europas Städte und ihre Denkmale stehen regelrecht archetypisch für das gesamte Kulturerbe in der Alten Welt, in sich einzigartig und geprägt von unverwechselbaren Silhouetten – und doch weisen sie umfassende Querbeziehungen auf, seien es die antiken Thermalanlagen von Bath bis Aix-en-Provence, gotische Sakralbauten von Reims bis Magdeburg, die Zeugen des Handels von Brügge bis Visby oder die Nachkriegsmoderne in Europas wiederaufgebauten urbanen Zentren.
Das Europäische Kulturerbejahr 2018 möchte aufzeigen, dass unser kulturelles Erbe immer beides ist: lokal und europäisch. Die Betonung dieser doppelten Dimension lässt sich dabei ebenso auf unsere aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen projizieren. Das Kulturerbejahr allein wird die Sinnkrise Europas nicht heilen. Es wird aber einen Beitrag dazu leisten können, das Gemeinsame wieder verstärkt über das Trennende zu stellen.
Dr. Uwe Koch leitet die Geschäftsstelle des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (DNK). Das DNK zeichnet verantwortlich für die Koordination des deutschen Beitrags zum Europäischen Kulturerbe 2018 «Sharing Heritage».
VORSPIEL
Im Dezember 2015 lud die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin zum Auftakt einer neuen Veranstaltungsreihe über «Europabilder» in ihr Haus am Rand des Berliner Tiergartens ein. Das Thema klang interessant, zumal in einem Jahr, in dem das mediale Europa-Bashing angesichts von Euro-, Griechenland- und sogenannter Flüchtlingskrise ungeahnte Dimensionen angenommen hatte. Da kann es nur helfen, mit unterschiedlichen Blicken auf Europa zu zeigen, dass Europa gerade durch seine Vielfalt, durch seine unterschiedlichen Facetten seine besondere Qualität gewinnt und sich nicht allein auf die Europäische Gemeinschaft beschränkt.
Für den ersten Vortrag war Georges Santer eingeladen, Botschafter des Grossherzogtums Luxemburg in Deutschland. Doch der hufeisenförmige Saal der Stiftung füllte sich nur zögerlich. Interessiert Europa wirklich so wenige Menschen? Oder liegt es daran, dass allein in Berlin dutzendweise Veranstaltungen zu Europa stattfinden? Also ein Überangebot? Ist der Markt für Europainteressierte gesättigt?
Während wir auf den Beginn des Vortrags und die anschliessende Diskussion warten, laufen an der Rückwand des Saals «europäische» Bilder in einer Endlosschleife. Aus ihnen soll Santer seine Europabilder auswählen. Neben bedeutenden Politikern sind es vor allem europäische Monumente, die an die Wand projiziert werden. Zu gern würde ich wissen, wer sich hier im Raum bewusst macht, wie sehr wir diese europäischen Sehenswürdigkeiten verinnerlicht haben, wie tief wir bis in unsere demokratische Diskussionskultur hinein in der europäischen Kulturgeschichte verankert sind.
Europa, das ist meine Arbeitshypothese, ist so allgegenwärtig in unserem Wissen, Handeln und Fühlen, dass wir es gar nicht mehr wahrnehmen. Und die Monumente, die uns allerorten umgeben, gehören zu den zentralen Speichern dieses europäischen Wissens. Nehmen wir nur die Architektur, die uns in der Berliner Adenauer-Stiftung umgibt: Schon der Saal, in dem wir uns aufhalten, ist Europa pur. Mit seinen abfallenden Sitzreihen, die im Halbkreis zur Bühne hin