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Public Management: Erfolgreiche Steuerung öffentlicher Organisationen
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eBook1.393 Seiten12 Stunden

Public Management: Erfolgreiche Steuerung öffentlicher Organisationen

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Über dieses E-Book

Dieses Fachbuch stellt Führungskräften öffentlicher Institutionen ein IOP-Konzept mit Instrumenten des Innovations- und Informationsmanagements (I), der organisatorischen Gestaltung (O) sowie des Personalmanagements (P) zur Verfügung und unterstützt den vielerorts notwendigen Strategie-, Struktur- und Kulturwandel. 

Anhand von Erhebungen bei Reformprojekten und zahlreicher Fallstudien aus Verwaltung, Schule und Krankenhaus wird den Verantwortlichen im öffentlichen Sektor zudem eine Vergleichsbasis und eine Hilfe zur Umsetzung der konzeptionellen Ideen gegeben. Praxisfenster, die von Experten aus Dänemark, Deutschland, Österreich und der Schweiz verfasst wurden, vertiefen praxisnah die konzeptionellen Inhalte. Für die 6. Auflage wurde das Buch grundlegend überarbeitet, neu strukturiert und umfänglich erweitert. 

Die Stiftung der Schweizerischen Gesellschaft für Organisation und Management SGO unterstützte die 1. Auflage dieser Publikation.


SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum7. Jan. 2020
ISBN9783658258757
Public Management: Erfolgreiche Steuerung öffentlicher Organisationen

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    Buchvorschau

    Public Management - Adrian Ritz

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    A. Ritz, N. ThomPublic Managementuniscope. Publikationen der SGO Stiftunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-25875-7_1

    1. Einleitung

    Adrian Ritz¹  und Norbert Thom² 

    (1)

    Kompetenzzentrum für Public Management, Universität Bern, Bern, Schweiz

    (2)

    Bern, Schweiz

    Verstorben

    „Die Integration unternehmerischen Managements in die etablierten öffentlichen Institutionen dürfte die vorderste politische Aufgabe unserer Generation sein."

    Was der verstorbene amerikanische Managementforscher Peter F. Drucker im letzten Jahrhundert prognostizierte, setzt sich gegenwärtig immer mehr in den unterschiedlichsten Institutionen des staatlichen Sektors durch (Drucker 1986, S. 268). Dieses Buch zeigt auf, worauf es beim Management im öffentlichen Sektor ankommt, welche strukturellen Alternativen sich zum Wandel öffentlicher Organisationen anbieten, welche praxistauglichen Führungsinstrumente eingesetzt und wie Verhaltensweisen und Einstellungen der Arbeitnehmer im öffentlichen Sektor beeinflusst werden können.

    Der Aufbau des Buches folgt dem in Abb. 1.1 dargestellten Modell staatlicher Wertschöpfung, das wir aufgrund der Wirkungsstätte der Autoren das „Berner Public Management-Modell" nennen. Es besteht aus zwei Organisationskontexten, drei Managementkontexten, sechs Managementdimensionen, einer wertschöpfungsorientierten Erfolgsdimension und der wissenschaftlichen Reflektion.

    ../images/283380_6_De_1_Chapter/283380_6_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Berner Public Management-Modell

    Organisationskontexte

    Öffentliches Management ist immer in einen spezifischen institutionellen Kontext eingebettet. Institutionelle Strukturen und Werte sind ein entscheidender Einflussfaktor auf das Management bzw. die darin handelnden Akteure. Der institutionelle Kontext weist z. B. Merkmale des politisch-rechtlichen und administrativen Systems auf, die das Managementhandeln maßgeblich beeinflussen (Abschn. 3.​1). Oder unterschiedliche Verwaltungstraditionen und Verwaltungstypen bestimmen die Möglichkeiten der staatlichen Wertschöpfung (Abschn. 3.​2). Ebenso zentral ist das Verhältnis von öffentlichen zu privaten Organisationen und die dadurch festgelegten institutionellen Grenzen, aber auch die Durchlässigkeit zwischen den zwei Organisation welten (Abschn. 3.​3).

    Als Teil des institutionellen Kontexts sind die unterschiedlichen Stakeholder bzw. Anspruchsgruppen ein relevanter Kontext des öffentlichen Managements (vgl. auch Abschn. 5.​5). Gegenüber welchen Anspruchsgruppen richtet sich die Dienstleistungsverwaltung mit ihren Wertschöpfungsprozessen aus? In welchen Aufgabenbereichen gilt es zwischen Bürgern, Einwohnern, Kunden oder Leistungsempfängern unter Zwang genau zu differenzieren? Ein zentraler Aspekt öffentlichen Managements ist die Rechenschaftsablage i. S. von Accountability, welche sich unterschiedlichsten Stakeholdern und Gruppierungen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gegenüber sieht.

    Managementkontexte

    Die Politik verhandelt Interessen, formuliert aufgrund von Mehrheiten Stoßrichtungen und legt die Rahmenbedingungen fest, in dem Verwaltungshandeln stattfindet (Abschn. 5.​1). Politische Ziele sind entscheidend, damit das öffentliche Management die richtigen Priorisierungen bei der strategischen und operativen Planung vornehmen kann. Auch wenn Verwaltungshandeln nicht vollständig politisch neutral sein kann und aus einer Expertensicht politisch interagiert, so werden die großen und wichtigen politischen Richtungsentscheide doch nicht von der Verwaltung gefällt, sondern sie orientiert sich daran.

    Verwaltungshandeln muss durch das Recht legitimiert sein. Zwar hat das öffentliche Management viele Handlungsfreiräume und ist aufgefordert, diese zielorientiert zu nutzen. Dennoch gilt es die Grenzen des Rechts zu respektieren und in jedem Fall muss die Rechtmäßigkeit nachgewiesen werden können. Bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten und Kompetenzkonflikten kommt zusätzlich die Verwaltungsgerichtsbarkeit ins Spiel.

    Schließlich ist Managementhandeln in öffentlichen Organisation zentral von der Nachhaltigkeit der Ressourcen abhängig (vgl. Kap. 7 und 10). Die Verwaltung ist eine personalintensive und sehr oft eine wissensintensive Organisation. Das Qualifikationsniveau und die quantitativen Arbeitskapazitäten sind stark von den finanziellen Ressourcen abhängig. Zusätzlich bestimmen die finanziellen Ressourcen die sachliche Ressourcenausstattung der öffentlichen Organisation. Ein nachhaltiger Umgang mit finanziellen, personellen und sachlichen Ressourcen ist wichtig in einer nicht primär risikoorientierten Organisation wie es die öffentliche Verwaltung ist. Sie ist ein zentraler Kontextfaktor des Public Managements und hat maßgeblichen sowie langfristigen Einfluss auf die Vollzugsmöglichkeiten staatlichen Handelns und die Wertschöpfungsergebnisse.

    Managementdimensionen

    Der Kern des Public Managements ist die gute Führung einer staatlichen Organisation inklusive deren stetige Reformierung (Kap. 4), um mit dem veränderten Kontext Schritt zu halten. Auch wenn planvolles Handeln oft nicht eins zu eins in realisiertes Handeln mündet, so gilt es täglich politische Planung in administrativen Vollzug umzusetzen und dadurch politisch beabsichtigte Wirkungen zu erzielen. Hierfür dienen die sechs Dimensionen des Public Managements (Kap. 5, 6, 7, 8, 9 und 10). Von der soeben angesprochenen strategischen Planung über passende Umsetzungs- und Vollzugsstrukturen, unterstützende Verwaltungskulturen, zielorientierten finanziellen Ressourceneinsatz, motivierende Führung und motiviertes Personal bis hin zum technologischen Leistungspotenzial gilt es alle zweckmäßigen Maßnahmen und Instrumente einzusetzen, um die Zielkriterien öffentlichen Handelns und damit erfolgreiche Wertschöpfung zu generieren.

    Erfolgsdimension der Wertschöpfung

    Die Wert(e)schöpfung im öffentlichen Sektor lässt sich anhand des politisch-administrativen Steuerungskreislaufs beurteilen und richtet sich nach Zielkriterien des Verwaltungshandelns, das sich aufgrund der vielfältigen Ansprüche der unterschiedlichen Stakeholder ergibt (Abschn. 2.​3). Öffentliche Wertschöpfung betrifft schließlich die Stakeholder und wirkt sich auf den institutionellen Kontext aus, indem sie Werte verändert, Strukturwandel mitbeeinflusst oder zu Reformierungsbedarf für die öffentliche Organisation führt.

    Wissenschaftliche Theorien und empirische Evidenz

    Die Ausführungen im vorliegenden Buch beziehen sich immer wieder auf wissenschaftliche Arbeiten, theoretische Ansätze oder berichten empirische Forschungsergebnisse. Das öffentliche Management mit seinen Kontextsphären ist Teil der wissenschaftlichen Forschung, wird von dieser reflektiert, liefert neue Impulse für die Forschungsarbeit und erhält gleichzeitig Impulse für die Verwaltungsführung. Insofern betrachten wir dies als zentralen Nährboden eines Public Management-Modells, das dem Theorie-Praxis-Austausch einen hohen Stellenwert beimisst.

    Die Buchkapitel beginnen jeweils mit einer kurzen Inhaltsübersicht bevor anschließend Lektürehinweise zur Vertiefung des Kapitelinhalts angegeben werden. Es werden einerseits empirische Studien, andrerseits vertiefende Darstellungen zu Theorie und Konzepten empfohlen. Diese können z. B. als Vertiefungslektüre im Hochschulunterricht zur Veranschaulichung einzelner Themen verwendet werden. Es handelt sich jeweils um eine selektive Auswahl der Autoren, die beliebig erweitert werden könnte.

    Alle Personenkategorien im Buch umfassen beide Geschlechter.

    Literatur

    Drucker, P. F. (1986). Innovations-Management für Wirtschaft und Politik (3. Aufl.). Düsseldorf/Wien: Econ.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    A. Ritz, N. ThomPublic Managementuniscope. Publikationen der SGO Stiftunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-25875-7_2

    2. Grundlagen des Public Managements

    Adrian Ritz¹  und Norbert Thom² 

    (1)

    Kompetenzzentrum für Public Management, Universität Bern, Bern, Schweiz

    (2)

    Bern, Schweiz

    Verstorben

    Zu Beginn des Buchs werden in Kap. 2 die Grundlagen des Public Managements erläutert. Vorweg steht die Relevanz des öffentlichen Sektors als eigentlicher Hinweis auf die Wichtigkeit des Fachgebiets. Das Ausmaß staatlicher Leistungserbringung wird diskutiert, ihr Ursprung aus historischer Sicht und die Bedeutung für die Wirtschaft und Gesellschaft heute sowie die Abgrenzung staatlicher Tätigkeit zum privaten und Nonprofit Sektor reflektiert. Anschließend steht die Definition von Public Management im Zentrum der Betrachtungen. Public Management ist multi-disziplinär und nahe verwandt mit der Forschungs- und Lehrtradition der angelsächsischen Public Administration bzw. deutschsprachigen Disziplin der Verwaltungswissenschaft. Die Multi-Disziplinarität weist bereits auf die vielfältigen Zielkriterien des Fachs hin, ohne deren Berücksichtigung viele Public Management Ansätze und Maßnahmen kaum nachhaltige Wirkung entfalten können. Das zweite Kapitel schließt mit einem historischen Überblick zur Entwicklung des Fachs, dessen wesentlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und auch zentralen Akteuren.

    Nach dem Studium von Kap. 2 …

    können Sie über die Relevanz und Notwendigkeit öffentlicher Leistungserbringungen aus einer aktuellen wie historischen Perspektive argumentieren,

    verstehen Sie das Fach Public Management anhand seiner besonderen Merkmale besser,

    erkennen Sie die Gemeinsamkeiten wie Unterschiede zwischen Public Management und Public Administration,

    können Sie den Begriff des Public Management definieren und

    die zentralen Fragestellungen des Public Management aus wissenschaftlicher Sicht herleiten.

    Weiterführende Literatur

    Behn, R. D. (1995). The big questions of public management. Public Administration Review, 55(4), 313–324.

    Bogumil, J., & Jann, W. (2009). Grundwissen Politik: Vol. 36. Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland: Einführung in die Verwaltungswissenschaft (2., völlig überarb. Aufl.). Wiesbaden: VS.

    Boyne, G. A. (2003). Sources of public service improvement: A critical review and research agenda. Journal of Public Administration Research and Theory, 13(3), 367–394.

    Helmig, B., & Boenigk, S. (2016). Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Nonprofit Management (2. Aufl.). München: Vahlen Franz.

    Pollitt, C. (2016). Elgar advanced introductions. Advanced introduction to public management and administration. Cheltenham/Northampton: Edward Elgar Publishing.

    Schauer, R. (2005). 25 Jahre Wissenschaftliche Kommission „Öffentliche Betriebswirtschaftslehre" im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. – Ein Leistungsbericht. Zeitschrift Für Öffentliche Und Gemeinwirtschaftliche Unternehmen (ZögU), 28(1), 58–71.

    Spicer, M. (2004). Public administration, the history of ideas, and the reinventing government movement. Public Administration Review, 64(3), 353–362.

    Yang, K. (2015). From administration to management. In M. E. Guy & M. M. Rubin (Hrsg.), Public administration evolving: From foundations to the future (S. 103–122). New York: Routledge.

    2.1 Die Bedeutung des öffentlichen Sektors

    Public Management als Disziplin ist inhärent mit seinen Anwendungs- und Forschungsobjekten, den Organisationen und Akteuren des öffentlichen Sektors verbunden. Von daher hängt die Bedeutung der Disziplin nicht unwesentlich mit der Relevanz des öffentlichen Sektors zusammen. Diese variiert selbstverständlich in Abhängigkeit der Einflussfaktoren, welche die Wahrnehmung öffentlicher Organisationen und deren Akteure prägen. Betrachten wir einmal unabhängig davon, ob mehr oder weniger Aufgabenerfüllung durch öffentliche Organisationen sinnvoll ist, das Ausmaß staatlicher Aktivitäten, dann wird augenblicklich deutlich: Die Bedeutung des Staates und seiner Organisationen ist für entwickelte Gesellschaften wie jene westlicher Industrienationen sehr hoch. Rund 21 Prozent des Bruttoinlandprodukts werden im Durchschnitt in den OECD-Staaten von der öffentlichen Hand produziert (OECD 2017). Davon sind rund die Hälfte Entlohnungskosten für staatliche Angestellte und die andere Hälfte entfällt auf Ausgaben des Staates für von Dritten produzierte Güter und Leistungen. Während dieser Anteil der Gesamtproduktionskosten in Deutschland und Österreich gegen 25 Prozent des Bruttoinlandprodukts tendiert, liegt er in der Schweiz bei rund 16 Prozent. Ähnlich verhält es sich mit den Kosten für die vom Staat direkt Angestellten auf allen Staatsebenen: Der OECD-Durchschnitt liegt bei 18 Prozent an den Gesamtbeschäftigungskosten und in den deutschsprachigen Ländern Europas weist Österreich einen Anteil von rund 17 Prozent, Deutschland 11 Prozent und die Schweiz 10 Prozent auf.

    Abgesehen davon, dass also rund ein Fünftel der gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Staat geleistet oder finanziert wird, gibt es eine Vielzahl von Aspekten, welche die Bedeutung des öffentlichen Sektors veranschaulichen. Öffentliche Organisationen produzieren und finanzieren nicht nur Leistungen, sondern sie sind die ausführenden Kräfte der gesetzlichen Bestimmungen, die von der Politik erlassen werden. Der Staat und seine ausführenden Behörden regulieren insbesondere die Leistungserbringung der Privatwirtschaft, wodurch auch das Leben des einzelnen Bürgers maßgeblich beeinflusst wird. So wachen wir morgens auf in einem Haus, das nach den geltenden Baurichtlinien erstellt wurde. Wir steigen kurz darauf ins Auto, das unzähligen staatlichen Sicherheitsstandards genügen muss. Wir fahren nach geltenden Bestimmung der Straßenverkehrsordnung zur Bäckerei, deren Arbeitsbedingungen den staatlichen Hygienevorschriften genügen müssen und die nur Nahrungsmittel verwendet, die den Lebensmittelsicherheitsvorschriften entsprechen. Unser Arbeitgeber hat seine Geschäftstätigkeit ebenfalls erst nach Eintrag ins Handelsregister aufnehmen können und unsere Arbeitszeitregelung muss staatlichen Rahmenbedingungen genügen. So geht es weiter bis wir sogar nach unserem Ableben noch eine staatliche Todesbescheinigung „ausgehändigt erhalten".

    Im Blickpunkt: Warum die Fleischverarbeitungsindustrie in den USA reguliert wurde

    „There was never the least attention paid to what was cut up for sausage. […] There would be meat that had tumbled out on the floor, in the dirt and sawdust, where the workers had tramped and spit uncounted billions of consumption germs. There would be meat stored in great piles in rooms; and the water from leaky roofs would drip over it, and thousands of rats would race about on it. It was too dark in these storage places to see well, but a man could run his hand over these piles of meat and sweep off handfuls of the dried dung of rats. These rats were nuisances, and the packers would put poisoned bread out for them; they would die, and then rats, bread, and meat would go into the hoppers together. This is no fairy story and no joke; the meat would be shoveled into carts, and the man who did the shoveling would not trouble to lift out a rat even when he saw one – there were things that went into the sausage in comparison with which a poisoned rat was a tidbit. There was no place for the men to wash their hands before they ate their dinner, and so they made a practice of washing them in the water that was to be ladled into the sausage. There were the butt-ends of smoked meat, and the scraps of corned beef, and all the odds and ends of the waste of the plants, that would be dumped into old barrels in the cellar and left there. Under the system of rigid economy which the packers enforced, there were some jobs that it only paid to do once in a long time, and among these was the cleaning out of the waste barrels. Every spring they did it; and in the barrels would be dirt and rust and old nails and stale water – and cartload after cartload of it would be taken up and dumped into the hoppers with fresh meat, and sent out to the public’s breakfast." (Sinclair 1906, Kap. 14, 2, S. 1906)

    Der erstmals 1905 veröffentlichte sozialkritische Text Sinclairs prangert die Missstände im weltweit größten Schlachthof der Union Stock Yards in Chicago an. Das Buch wurde rasch landesweit bekannt und Präsident Theodore Roosevelt veranlasste darauf die neue Bundesgesetzgebung über hygienische Fleischverarbeitung.

    Diese staatliche Regulierung, vollzogen durch Verwaltungsbehörden, vorschnell der willkürlichen Regelungswut übereifriger Verwaltungsangestellten zuzuschreiben, greift zu kurz. Sie ist Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung, welche seit Jahrhunderten ein Ziel vor Augen hat, nämlich das möglichst konfliktfreie und existenzsichernde Zusammenleben der Individuen einer Sippe, eines Stammes, einer Nation bzw. der Gesellschaft. Denn eine Gesellschaft braucht Regeln, damit Häuser nicht bei jedem Unwetter in sich zusammen fallen und Lebensmittelvergiftungen aufgrund unreiner Nahrungsmittel ausbleiben. Historisch reichen die Gründe weit zurück, weshalb Menschen dem Staat Verantwortlichkeiten übertragen und es existiert heute kaum noch ein Territorium auf der Erde, wo Staat und Verwaltung keine zentralen Koordinations- und Regulierungsaufgaben zukommen. Das war jedoch nicht immer so, insbesondere in nomadischen Gesellschaften. Es stellt sich die Frage, weshalb Menschen die Macht zur Regelung des Zusammenlebens und zur Konfliktlösung an eine einzig dafür zuständige Organisationen abgegeben haben. Zentrale Einflussfaktoren dieser Institutionalisierung staatlicher Organisationen sind (Vries 2016):

    Natur des Menschen: Aristoteles schrieb bereits, dass der Mensch per se ein politisches Wesen ist. Menschen gruppieren und organisieren sich, etablieren hierarchische Beziehungen untereinander, um die gegenseitigen Interessen zu schützen. Gewisse suchen Macht, andere ordnen sich unter, was sich in einfachen Gruppenordnungen bis hin zu formalen Organisationen zeigt. Diese Zusammenhänge menschlicher Eigenschaften und Verhaltensweisen wurden u. a. in psychologischen Theorien wie jener der Sozialen Identität (Tajfel und Turner 1986) beschrieben. Menschen haben um ihres Selbstwerts Willen das Bedürfnis, sich mit einer Gruppe zu identifizieren. Sie akzeptieren Hierarchie und Macht so lange wie dies ihre Identität in Abgrenzung zu anderer Gruppen stärkt.

    Kollektive Probleme: Thomas Hobbes warnt in seinem Buch Leviathan aus dem Jahre 1651, falls sich Menschen nicht organisieren, wird es einen Kampf aller gegen alle geben, der vernichtende Folgen hat. War es früher die Furcht vor benachbarten Stämmen, so ist es heute die drohende Gefahr durch Naturkatastrophen, welche beispielhaft für kollektive Probleme stehen, deren Bewältigung nur durch das Kollektiv und deren ausführende Organisationen möglich ist.

    Städtische Zivilisation: Der Wandel von nomadischen Gesellschaftsformen hin zu agrarischen und später das Aufkommen von Handel und Arbeitsteilung führte zur Entwicklung von Städten bzw. zu politischen, wirtschaftlichen und religiösen Zentren. Zunehmende Populationsdichte bringt komplexere Probleme mit sich, welche vermehrt durch von persönlichen Beziehungen losgelösten Organisationsformen angegangen werden. Bereits um die Zeit 3500 v. Chr. begründeten die Sumerer in Städten mit Palästen, Tempeln, Gerichten Schulen usw. die Tempelwirtschaft und die ersten Formen staatlicher Verwaltungen.

    Krieg und Zwang: Die gewalttätige Einnahme fremder Gebiete z. B. durch chinesische Dynastien oder europäische Kolonialmächte führte zu Unterwerfungen und entsprechenden Autoritäts- und Legitimitätsstrukturen. Unterworfene akzeptierten die neuen Herrschenden aufgrund derer Überlegenheit und entsprechender Machtstrukturen zur Erhebung von Steuern, Gewährung von Sicherheit, Einforderung von Arbeit usw.

    „Dass Menschenwesen es vermögen, Abstraktionen zu vertrauen, also Verfassungen, Gerichten und Gesetzen, ist eine großartige Entwicklung." (Condoleeza Rice 2018)

    Öffentliche Organisationen sind somit aus einem Stabilitätsbedürfnis sich entwickelnder Gesellschaften entstanden. Um Stabilität und Sicherheit zu gewähren, wurden und werden noch heute neutrale Regeln zum Wohl möglichst vieler aufgestellt. Das verfassungsrechtliche Recht des Staates, Recht zu setzen und umzusetzen ist exklusiv und es bedarf Ressourcen. Entsprechend exklusiv können staatliche Institutionen Steuern erheben, um ihre Tätigkeiten zu finanzieren. Und eine dieser historisch betrachtet wichtigsten Tätigkeiten war die Gewährleistung von Sicherheit und Existenz. So fokussierte die „Innen- und Außenpolitik" des Staats in seinen Anfängen maßgeblich auf die Erhebung und Verwaltung von Steuern zur Finanzierung der Kriegsführung. Der Bedeutungsanstieg der Polizei zur Gewährleistung von Sicherheit innerhalb einer Gesellschaft kam später hinzu. Insbesondere der aus der Krise der mittelalterlichen Ständeherrschaft hervorgegangene Territorialstaat hat als Ordnungsstifter zur Verfestigung der Innenpolitik durch Sicherheitspolitik geführt. Der Begriff „Policey" stand zu jener Zeit im deutschsprachigen Raum für sämtliche staatlichen Aktivitäten und bezeichnete wie im Englischen (policy) die öffentliche Tätigkeit an sich (Bleek 2001).

    Über die vergangenen Jahrhunderte und Jahrzehnte haben diese staatlichen Tätigkeiten konstant zugenommen. Auf mehreren Ebenen des modernen Staats widmen sich heute Finanz-, Gesundheits-, Sozial-, Wirtschafts-, Bildungs-, Landwirtschaftsbehörden usw. der Koordination und Regulierung des gesellschaftlichen Lebens. Die Ausgaben dafür stiegen auch entsprechend an. Während die Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte Deutschlands 1950 rund 14 Mrd. Euro an Ausgaben aufwiesen, waren es 2016 rund 1.3 Billionen Euro (vgl. Abb. 2.1). Setzen wir dies jedoch in Beziehung zum Bruttoinlandprodukt, dann zeigt sich über den verfügbaren Zeitraum von 1995 an eine leicht zurückgehende Ausgabenbelastung öffentlicher Haushalte sowohl in Deutschland als auch in Österreich und in der Schweiz (OECD 2017).

    ../images/283380_6_De_2_Chapter/283380_6_De_2_Fig1_HTML.png

    Abb. 2.1

    Öffentliche Ausgaben Deutschlands 1950 bis 2016. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

    Dieser parallele Anstieg von Staatsausgaben und inländischer Produktion verdeutlicht die Abhängigkeit zwischen sozio-ökonomischer Entwicklung und öffentlichen Institutionen. Der Staat und insbesondere die öffentliche Politik umsetzenden staatlichen Behörden sind heute kaum mehr aus einer funktionierenden Gesellschaft wegzudenken. Ihre Bedeutung ist enorm und ihr Einfluss ebenfalls. Der öffentliche Sektor ist folglich neben dem privaten und dem Nonprofit Sektor eines der drei zentralsten Standbeine gesellschaftlichen Lebens in einer entwickelten Volkswirtschaft. Vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsgedankens sind Nonprofit Organisationen aber oft zentrale ausführende und stabilisierende Partner des Staates bei der öffentlichen Leistungserbringung, die auch maßgeblich durch den Staat mitfinanziert werden. Dadurch erhöht sich das Ausmaß des staatlichen Einflusses in vor allem wohlfahrtsstaatlichen Bereichen wie Bildung, Kultur, Gesundheit, Pflege und Betreuung zusätzlich. Im Vergleich tragen die drei Sektoren unterschiedlich zur Bruttowertschöpfung einer Volkswirtschaft bei. Fritsch et al. (2011) berechneten für das Jahr 2007 die Bruttowertschöpfung des öffentlichen Sektors in Deutschland anhand des Anteils am Bruttoinlandprodukt auf 9.3 Prozent im Gegensatz zu 86.6 Prozent der privaten Unternehmen (inkl. selbstgenutztes Wohneigentum) und 4.1 Prozent des Nonprofit Sektors. Vor dem Hintergrund der quantitativ kaum messbaren Lenkungswirkungen staatlichen Handelns dürfte der Einfluss an sich um einiges höher sein. Abb. 2.2 veranschaulicht das Drei-Sektoren-Modell und verdeutlicht die jeweiligen Schnittstellen der drei Sektoren. So gibt es beispielsweise öffentlich-rechtliche Kirchgemeinden, die ebenfalls zur Steuererhebung berechtigt sind oder Sportvereine, welche zwar als gemeinnützige Organisationen gelten, aber in vielerlei Hinsicht nach marktlichen Kriterien funktionieren bzw. von privaten Organisationen abhängig sind (z. B. Sportstadien, Restauration, Sportvermarktung). Zwischen Staat und Markt existieren unterschiedliche hybride Organisationsformen wie z. B. öffentliche Unternehmen (vgl. Abschn. 6.​3).

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    Abb. 2.2

    Drei-Sektoren-Modell

    Im Unterschied zum privaten und zum Nonprofit Sektor reguliert der Staat das Handeln der beiden anderen Sektoren. Während es Aufgabe staatlicher Organisationen ist, das Gemeinwohl zu verfolgen, gehorcht der private Sektor primär dem Kriterium des Eigennutzes und benötigt für eine möglichst effiziente Leistungserbringung Wettbewerb und größtmögliche Freiheit. Leistungswettbewerb, Arbeitsteilung und Spezialisierung führen in einer Welt knapper Ressourcen aber oft zu ungleicher Wohlstandsverteilung. Durch wirtschaftspolitische Maßnahmen, Machtbegrenzung, sozialen Ausgleich und soziale Sicherung verfolgt der Staat in einer sozialen Marktwirtschaft – wie wir sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz kennen – das Ziel, zu große Ungleichheiten zu verhindern. Dies steht im Spannungsfeld mit dem ebenso wichtigen Ziel des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts für alle unter Wahrung des Freiheits- und Leistungsprinzips (Abelshauser 2009).

    Öffentliche Organisationen regulieren also Private und implementieren öffentliche Politik. Hierfür ist ebenso wichtig, dass sich die öffentlichen Organisationen nach Effizienzzielen ausrichten. Wenngleich Effizienz nicht das allein entscheidende Kriterium erfolgreichen Handelns des Staats ist, so ist es doch entscheidend für die Glaubwürdigkeit staatlichen Handelns in einer Marktwirtschaft. Hier schließt sich der Kreis zwischen öffentlichen Organisationen und der Disziplin unseres Fachs: Public Management als Ansatz zur zielorientierten Steuerung öffentlicher Organisationen.

    2.2 Was ist Public Management?

    Der Begriff Public Management kann in drei Richtungen interpretiert und definiert werden (Elmore 1986). Erstens kennzeichnet er aus akademischer Perspektive ein multi-disziplinäres Fach und den dadurch aufgebauten Wissensbestand, insbesondere auch im angelsächsischen Raum. Zweitens bezeichnet Public Management die darauf aufbauende Studienrichtung, die durch Aus- und Weiterbildungen Personen für Aufgaben im öffentlichen Sektor qualifiziert. Und drittens beschreibt er das, was diese Personen in unterschiedlichen Gebieten und insbesondere in Leitungsfunktionen der Verwaltungspraxis tun. In diesem Buch kommen die zwei erstgenannten Richtungen zur Anwendung. Der Wissensbestand des Public Managements wird beschrieben sowie ergänzt und dies für Personen in Aus- und Weiterbildungen für Funktionen im öffentlichen Sektor. Die Verwendung des im Buch dargestellten Wissensbestands in der Verwaltungspraxis ist ebenso Ziel des Buchs, es steht aber nicht für die eigentliche Verwaltungspraxis.

    Public Management als sozialwissenschaftliche Teildisziplin weist einen starken Objektbezug auf, indem öffentliche Organisationen (z. B. Ämter), Organisationen im Austausch mit öffentlichen Organisationen (z. B. private Kontraktnehmer), Akteure dieser Organisationen (z. B. Verwaltungsangestellte) bzw. solche im Austausch mit ihnen (z. B. Bürger) sowie alle Ursachen (z. B. Entscheidungen), Prozesse (z. B. Finanzabläufe) und Wirkungen (z. B. Leistungsergebnis) staatlichen Handelns zum Forschungs- und Erkenntnisgegenstand werden können. Die Beziehung zur Verwaltungspraxis und zu Verwaltungspraktikern ist somit ein Hauptcharakteristikum des Fachs (Pollitt 2016). Die Fachvertreter und Fachvertreterinnen haben mehrheitlich ein starkes Anliegen, dass ihr akademisches Schaffen Wirkungen in der Praxis entfaltet (Bouckaert und Van de Donk 2010). Trotz dieser wichtigen Rolle, welche die Verwaltungspraxis in der Public Management Forschung spielt, gibt es ebenfalls Grundlagenforschung oder akademische Arbeiten ohne Praxisbezug. Dies hat ebenso seine Berechtigung und ist wichtig für das Vorankommen der Disziplin, widerspiegelt aber nicht den Hauptanteil der wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet. Der Dialog zwischen Forschung und Praxis ist notwendig für ein institutionenbezogenes Fachgebiet. Herausforderungen und Fragestellungen aus öffentlichen Organisationen dienen der Public Management Forschung als neue Impulse, um sowohl ihre Theorien und Konzepte weiterzuentwickeln als auch neue Erkenntnisse über deren Anwendung in der Praxis zu generieren. Der starke Bezug zur Praxis ist zudem wichtig, weil ein Großteil der Studierenden später in der Verwaltungspraxis arbeitet und keine akademische Laufbahn einschlägt.

    Public Management ist keine akademische Disziplin für sich alleine wie die meisten sozialwissenschaftlichen Disziplinen es auch nicht sind. Es bedient sich der Theorien und Methoden aus verschiedenen Gebieten und ist von daher multi-disziplinär . Schnittstellen existieren insbesondere zu den Rechtswissenschaften, zur generischen Betriebswirtschaftslehre, Politikwissenschaft, Ökonomie, Soziologie oder zur Psychologie. Gleichzeitig wäre es verfehlt, Public Management einer dieser Teildisziplinen singulär zuordnen zu wollen. Denn Public Management grenzt sich jeweils von diesen Teildisziplinen ab, indem es nicht Politikwissenschaft ist, auch wenn der politische Kontext und die institutionellen Besonderheiten des politisch-administrativen Systems zwingender Bestandteil einer Analyse aus dem Blickwinkel des Public Managements sind. Dadurch grenzt es sich auch von der generischen Betriebswirtschaftslehre oder der Psychologie ab. Das Erkenntnis- und Forschungsobjekt des Public Managements steht zwingend in Zusammenhang mit dem öffentlichen Sektor resp. staatlichem Handeln. Erkenntnisse aus anderen Gebieten können zweifellos interessant sein, sie werden aber erst dann relevant für das Public Management, wenn sie im spezifischen öffentlichen Kontext angewandt und erforscht werden (Pollitt 2016).

    Im angelsächsischen Raum ist vor allem die Nähe zum Fachgebiet und Begriff der „Public Administration " zentral, was im deutschsprachigen Raum in etwa den Schnittstellen zwischen Public Management und Verwaltungswissenschaft entspricht. Sowohl die Public Administration als auch die Verwaltungswissenschaften stehen in näherer Verbindung zur Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft oder auch zur Soziologie. Public Management hat einen deutlicheren Bezug zur Betriebswirtschaftslehre und ist von daher stärker präskriptiv und normativ im Vergleich zu primär empirisch-analytisch und explikativen Wissenschaftsgebieten ausgerichtet. Vielfach wird Public Management auch mit der Reformierung der alt hergekommenen, traditions- und regelorientierten Verwaltungsbürokratie gleichgesetzt und von daher als moderner und innovativer Ansatz der Verwaltungssteuerung angesehen. Dies hat nicht unwesentlich mit den New Public Management-Reformen der 1980er- und 1990er-Jahre zu tun, welche den Einfluss des Managementdenkens in der Verwaltungspraxis stärkten. Dabei geht es aber nicht um Public Management aus disziplinarischer Perspektive, sondern um das Managementhandeln in Verwaltungen, was sich aber stärker auf die jeweiligen Schriften ausgewirkt hat. Betrachten wir jedoch unterschiedliche Epochen von Verwaltungsreformen, dann war die Modernisierung öffentlicher Organisationen bereits seit jeher Bestandteil verwaltungswissenschaftlicher Auseinandersetzungen ohne expliziten Managementbezug. Und niemand wird behaupten, dass Managementwissen nicht bereits vor den New Public Management Reformen in den Verwaltungsalltag eingezogen ist. Vielmehr stellte der Vordenker des heutigen Managementwissens, Peter F. Drucker, bereits vor 70 Jahren fest:

    „Das bestgehütete Geheimnis im Management ist die Tatsache, dass es die erste systematische Anwendung von Theorien und Prinzipien des Managements nicht in einem Geschäftsunternehmen gab, sondern im öffentlichen Sektor." (Peter F. Drucker in Beatty 1998, S. 120)

    Aufschlussreich ist zudem der Blick in den angelsächsischen Wissenschaftsraum. So wird beispielsweise in Lehrbüchern Public Administration aus einer Managementperspektive definiert, Funktionen wie strategisches Management, Personal- oder Finanzmanagement werden in Public Administration Texte integriert oder es werden Quellen aus verwaltungswissenschaftlicher Literatur in Public Management Texten zitiert und umgekehrt (Frederickson et al. 2016; Hill und Lynn 2016; Hughes 2018; Rainey 2014; Rosenbloom und Kravchuk 2005; Shafritz et al. 2016). Dazu kommt, dass die weltweit bekannte US-amerikanische Fachvereinigung „Public Management Research Association mit dem „Journal of Public Administration Research and Theory die international hochrangigste Zeitschrift herausgibt, welche sowohl Studien mit eher Public Administration Hintergrund als auch solche mit einem Public Management Fokus publiziert. Seit neustem (ab 2018) gibt die Gesellschaft die Zeitschrift „Perspectives on Public Management and Governance heraus. Die Zeitschrift „welcomes contributions from a variety of epistemological frameworks that can add a new perspective to public administration and governance (Oxford University Press), wodurch die Parallelverwendung der beiden Begriffe offensichtlich wird. Pollitt (2016) argumentiert, dass keine klare Trennung der beiden Fachgebiete Public Management und Public Administration erkennbar ist, was der Realität in Wissenschaft und Praxis wohl auch am ehesten gerecht wird. Im Gegensatz dazu erkennt Hughes einen Unterschied zwischen den beiden Gebieten, wenn er schreibt: „The key difference between public administration and public management ist that a public manager is personally responsible for the delivery of results where an administrator is not (Hughes 2018, S. 77). Ebenso deutlich grenzt er Public Management von New Public Management ab: „[…] the adoption of private management ideas and practices, the use of economic theory and models and the obsession with performance management are all of lesser importance than the notion that a public manager is now personally responsible for delivering results. These other point are enablers of this more important change (Hughes 2018, S. 77). Bozeman und Straussman (1990, S. 214) ihrerseits sehen Public Management als „broader, more integrative, and less defined by functional expertise than […] public administration."

    Letztlich baut die Unterscheidung zwischen Public Management und Public Administration oft auf Ansichten einzelner Fachvertreter mit unterschiedlichen Hintergründen und Annahmen auf (Yang 2015). Als Autoren mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund verfügen wir über einen Blickwinkel auf den Erkenntnisgegenstand, welcher wohl am stärksten als managementorientiert bezeichnet werden kann. Wir sind uns der vielfältigen Überschneidungen aber bewusst und vertreten die Ansicht, dass diese ebenso befruchtend für die Entwicklungen der Fachgebiete sind, wie es feine, aber nicht unwesentliche Unterschiede sind. Insofern vertreten wir die Ansicht das Public Management und Public Administration als sich ergänzende Fachgebiete betrachtet werden müssen, die sich je nach Thema mehr oder weniger überlappen (Lynn 2006).

    Während die angelsächsische Public Administration und die deutsche Verwaltungswissenschaft stärker auf Strukturen und Prozesse sowie damit einhergehend auf die hierarchieorientierte und nicht direkt individuelle Zuordnung von Verantwortlichkeit bei der auf Expertise basierenden Ausführung öffentlicher Politiken fokussieren, legt das Public Management seinen Schwerpunkt vermehrt auf die leistungsorientierte Ausübung von strategischen Managementfunktionen, deren Verantwortungsträger für die Ergebniserreichung individuell verantwortlich sind. Keines der beiden Fachgebiete ist dem anderen überlegen, sondern sie sind voneinander abhängig, wenn es um das bestmögliche Verstehen und Gestalten öffentlicher Organisationen und deren Handeln geht.

    Definitionen des Begriffs Public Management vereinen sowohl die eingangs erwähnte Mehrdeutigkeit von Wissensbestand, Studienrichtung und Verwaltungspraxis als auch die nicht eindeutige Abgrenzung des Gebiets zu seinen Nachbardisziplinen in sich. Frederickson et al. (2016, S. 98) verstehen unter Public Management „the formal and informal process of guiding human interaction toward public organizational objectives und veranschaulichen insbesondere das auf Ziele öffentlicher Organisationen ausgerichtete Führungshandeln. Hill und Lynn (2016, S. 10) ihrerseits definieren Public Management als „the process of ensuring that the allocation and use of resources available to the government are directed toward the achievement of lawful public policy goals und nehmen ebenfalls eine praxisorientierte Perspektive ein. Sie heben dabei hervor, dass Public Management bzw. die handelnden Public Manager sowohl von Politik, Recht, Strukturen und Rollen beeinflusst werden, gleichzeitig aber auch mittels Strategien, Kompetenzen und Resultaten gestaltend tätig sind. Der niederländische Forscher Noordegraf (2015, S. 20) bezeichnet Public Management vergleichweise weit als „the use of organizational resources in and by public and non profit organizations to coordinate social efforts, so that objectives can be accomplished and public needs are satisfied indem er Nonprofit Organisationen einschließt und neben der Zielerreichung die Befriedigung öffentlicher Bedürfnisse welcher Art auch immer inkludiert. Im Gegensatz dazu setzt Bozeman (1993, S. xiii) bei der Definition der Forschungsrichtung des Public Management an und betont die politisch-strategische Steuerungsebene öffentlicher Organisationen: „Public Management research entails a focus on strategy (rather than on managerial processes), on interorganizational relations (rather than intra-organizational relations), and on the intersection of public policy and management. Damit werden bewusst die interorganisationalen Beziehungen hervorgehoben und auf die Schnittstelle zur öffentlichen Politik hingewiesen, was die Überschneidungen zur Public Administration verdeutlicht.

    In der nachfolgenden Definition fassen wir unterschiedliche Aspekte der obgenannten Definitionen auf, betonen jedoch, dass Public Management i. S. von Verwaltungspraxis primär auf der strategischen Ebene der Leitung öffentlicher (oder halb-öffentlicher) Organisationen ansetzt und öffentliche Organisationen wie Nonprofit Organisationen explizit nicht unter diese Definition fallen. Unterschiedlichste Beziehungs- und Austauschformen zwischen öffentlichen Organisationen und nicht öffentlichen Partnern (z. B. Nonprofit Organisationen werden durch die Nennung der externen Prozesse einbezogen. Organisationsübergreifende Aktivitäten innerhalb staatlicher Institutionen oder innerhalb von Netzwerkstrukturen fallen ja nach Standpunkt unter die externen oder internen Prozesse. Schließlich verdeutlicht die Definition neben der zielorientierten und damit auf öffentliche Politik und öffentliche Bedürfnisse ausgerichteten Gestaltungsaufgabe, welche einem effektiven, effizienten und dadurch nachhaltigen Ressourceneinsatz folgt, auch den besonderen Kontext sowie die Einflüsse von Politik und Recht.

    Public Management bezeichnet die zielorientierte Leitung und Gestaltung öffentlicher Organisationen sowie deren internen und externen Prozesse unter Berücksichtigung der politisch-rechtlichen Legitimation und einer effektiven wie effizienten Aufgabenerfüllung durch nachhaltigen Ressourceneinsatz.

    Public Management i. S. des Wissensbestands sowie der Forschungs- und Studienrichtung definieren wir in Abgrenzung zur Praxisrichtung als wissenschaftliche Analysetätigkeit und Auseinandersetzung mit der Leitung und Gestaltung öffentlicher Organisation. Dabei geht es sowohl um die Analyse von Ursachen, Prozessen als auch Ergebnissen dieser Leitung und Gestaltung öffentlicher Organisationen aus einer schwerpunktmäßig managementorientierten Perspektive unter Einschluss von Wissensbeständen anderer Fachgebiete, da es sich um eine multi-disziplinäre Fachrichtung handelt. Ebenso zentral ist der Einbezug der besonderen Merkmale des politisch-administrativen Systems sowie des dazugehörenden rechtlichen Rahmens (z. B. Analyse mangelnder Leistungsmotivation aufgrund rechtlicher Einschränkung eines flexiblen Personaleinsatzes).

    Public Management als multi-disziplinäre Fachrichtung umfasst die Analyse von und Auseinandersetzung mit den Ursachen, Prozessen und Ergebnissen der Leitung und Gestaltung öffentlicher Organisationen aus einer schwerpunktmäßig managementorientierten Perspektive unter Berücksichtigung der Besonderheiten des politisch-rechtlichen Kontextes.

    Schließlich definiert sich ein Fach auch jeweils über seine wichtigsten Fragestellungen und Themengebiete, welche die Fachgemeinschaft bearbeitet und wo laufender Erkenntnisfortschritt resultieren soll. Behn (1995) identifizierte drei große Themenbereiche, die seiner Ansicht nach von zentraler Bedeutung für die künftige Public Management Forschung sind:

    Der erste Themenkreis sieht Mikromanagement als zentrale Herausforderung, die es zu lösen gilt. Dabei geht es um die Durchbrechung des Mikromanagementskreislaufs i. S. von Misstrauen, Überregulierung, Leistungsabfall, mehr Misstrauen, neuen Regelung usw. Folgende drei Fragen sind von Interesse:

    Vertrauensfrage: Wie kann Misstrauen zwischen Parlament und Exekutive, zwischen verschiedenen Verwaltungsstellen abgebaut werden?

    Steuerungsfrage: Wie kann das Public Management mithelfen, die Verantwortungsteilung zwischen Parlament, Exekutivmitgliedern, Verwaltungsangestellten so zu verbessern, dass Politikformulierung und -vollzug optimiert werden?

    Unternehmerfrage: Wie kann eine unternehmensorientierte Form des Public Managements entwickelt werden, die über eine ausreichende Legitimationsgrundlage verfügt und auch ethisch verantwortungsvoll ist?

    Der zweite Themenkreis zielt vor dem Hintergrund eingeschränkter Anreiz- und Sanktionsmechanismen der öffentlichen Verwaltung auf die Motivation öffentlicher Angestellten. Dabei stehen folgende Fragen im Vordergrund:

    Kontrollfrage (aus der Prinzipal-Agenten-Perspektive): Wie kann die Legislative die Exekutive und wie können die Verwaltungsspitzen die Verwaltungsmitarbeitenden angemessen kontrollieren?

    Von der Kontroll- zur Motivationsfrage: Wie können Public Manager Angestellte und auch für die Aufgabenerfüllung relevante Akteure außerhalb der Organisation motivieren, dass sie öffentliche Problemstellungen mit Systemverständnis, Intelligenz und Engagement angehen?

    Der dritte Themenkreis bezieht sich auf die Frage der Messbarkeit öffentlicher Leistungserbringung, insbesondere weil es keine eindeutige und beständige Leistungsmessungsansätze für die öffentliche Verwaltung gibt (im Vergleich z. B. zum Marktpreisprinzip).

    Zielerreichung: Wie können Public Manager die Zielerreichung ihrer Dienststellen und von sich selbst beurteilen? Insbesondere, weil die Messung und Beurteilung via Input- und Outputindikatoren nicht immer trivial ist.

    Nachhaltige Indikatoren: Wie können sinnvolle und nachhaltige Messindikatoren hergeleitet werden, welche die Dienststellen und Mitarbeitende letztlich zu erreichen versuchen? Denn die Leistungsmessung und Beurteilung ersetzt alleine noch nicht die stetige Leistungsverbesserung.

    Nutzung: Wie können Public Manager Leistungsindikatoren und -ergebnisse verwenden, so dass Dienststellen darüber hinaus gehende Leistungsziele zu erreichen versuchen?

    Auch wenn Behns Fragen bereits 1995 formuliert wurden, sind diese drei Themenkreise auch heute noch von großer Bedeutung für das Fach, wie dies z. B. die Forschungsarbeiten zum zweiten Thema i. R. der Public Service Motivation Forschung gezeigt haben (Ritz et al. 2016). Die drei Themenkreise verdeutlichen den Fokus des Public Managements auf Fragen der effizienten und effektiven Leistungserbringung, indem sich die Forschung zwingend mit Kontextbeziehungen, Akteursmotivation und Erfolgsbeurteilung auseinandersetzen muss. Gleichzeitig bewegen sich diese Themen primär auf einer Mikro-Ebene des Individuums und Meso-Ebene der Organisation. Andere Vertreter des Fachs zeigen jedoch, dass Kernfragen des Public Managements auch weiter gehen und fragen beispielsweise nach der Bedeutung des Managements in Netzwerken, wie die Verwaltung demokratische Werte und Marktprinzipien im Gleichgewicht halten kann oder welches Leitbild staatlichen Handelns jenem des „hollow state" folgt (Ellinger et al. 2002; Yang 2015). Im Gegensatz dazu formuliert die Public Administration ihre Fragestellung vorwiegend auf der gesellschaftlichen Makro-Ebene wie z. B. Fragen nach Ansätzen und Instrumenten kollektiven Handelns in der Gesellschaft, nach den Schnittstellen zwischen Politik und Verwaltung oder den Werten des politisch-administrativen Systems (Kirlin 1996). Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich das Public Management sowohl mit Fragen der internen Steuerung staatlichen Handelns als auch mit Beziehungen zu organisationsexternen Anspruchsgruppen und organisationsübergreifenden Steuerungsfragen. Zum Beispiel ist die Frage nach der Koordination in Netzwerken oder dem Management von Kontraktbeziehungen eine inhärente Fragestellung des Public Managements im Kontext des Gewährleistungsstaats, wenn die Effektivität und Effizienz staatlichen Handelns im Zentrum des Erkenntnisinteresses steht (O‘Toole 2000).

    2.3 Zielkriterien des Public Managements

    Public Management stellt gemäß der zuvor genannten Definition sowohl die zielorientierte Leitung und Gestaltung öffentlicher Organisationen als auch Analyse dessen aus einer managementorientierten Perspektive dar. Daraus leitet sich die zentrale Frage ab: Zielorientiertes Leiten und Gestalten öffentlicher Organisationen – aber nach welchen Zielkriterien? Die Multi-Disziplinarität des Fachs sowie der starke Einfluss des politisch-rechtlichen Kontexts erschweren die Festlegung eines Hauptkriteriums, wonach sich das Public Management ausrichtet (vgl. auch Abschn. 6.​2).

    Nichtsdestotrotz muss staatliches Handeln aus einer Managementsicht letztlich erfolgreiches Handeln sein. Auf politischer wie betrieblicher Ebene festgelegte Ziele sollen erreicht werden und Ressourcen sind effizient einzusetzen. Die zwei Kriterien der Effektivität (Zielerreichungsgrad) und Effizienz sind Kernkriterien des Handelns in der Verwaltungspraxis und greifen den Leistungs- (Performance) und Wirkungsgedanken (Impact) aus der angelsächsischen Public Management Forschung auf (Talbot 2010; Walker et al. 2010). Der Erfolg ergibt sich in der Realität knapper Ressourcen also aus dem optimalen Verhältnis von Zielerreichung, Ressourceneinsatz und Leistungsergebnis (Schauer 2019).

    Mit Zielerreichung wird die Effektivität des Verwaltungshandelns beschrieben. Der Zielerreichungsgrad ergibt sich aus einem Abgleich von gesetzten Zielen (Soll) und erreichten Zielen (Ist). Dabei können Ziele auf unterschiedlichen Ebenen festgelegt werden: Prozessziele, Ressourcenziele, Maßnahmen- bzw. Leistungsziele oder Wirkungsziele. Zumeist wird mit der Effektivität der Zielerreichungsgrad auf der Wirkungsebene bezeichnet. Die Effizienz hingegen stellt die Relation aus realisiertem Ressourceneinsatz (Input) und erbrachten Leistungen (Output) dar. Effizienz ergibt sich aus dem Minimalprinzip durch die Erzielung einer bestimmten Leistung mit einem möglichst geringen Ressourceneinsatz oder aber aus dem Maximalprinzip durch die Erzielung einer bestmöglichen Leistung bei gegebenen Ressourceneinsatz. Eine bestmögliche Leistung hängt von der Qualität und Quantität des Outputs ab. Der positive Zusammenhang zwischen Effektivität und Effizienz ist nicht per se gegeben. Beispielsweise kann das Effektivitätsziel der Reduktion von Verkehrslärm durch unterschiedlich effiziente Maßnahmen erreicht werden. Die Maßnahmen Geschwindigkeitsreduktion, verkehrsberuhigende Poller oder eine neue Verkehrsführung steuern alle unterschiedliche Zielbeiträge bei. Doch je nachdem sind diese Maßnahmen aufgrund verschiedener Verhältnisse von Mitteleinsatz und erbrachter Leistung unterschiedlich effizient. Daraus folgt, dass eine effektive Zielerreichung nicht zwingend den dafür erforderlichen Mitteleinsatz berücksichtigt und eine effiziente Leistungserbringung nicht automatisch zur erwünschten Zielerreichung führt.

    Die Effektivität i. S. des Zielerreichungsgrads kann wie oben beschrieben auf unterschiedlichen Ebenen beurteilt werden. Von besondere Bedeutung für das staatliche Handeln sind neben den Leistungen aber die zu erzielenden Wirkungen . Dabei stellt sich die entscheidende Frage, ob das staatliche Handeln zur Erreichung der politischen Ziele beigetragen hat und die entsprechenden gesellschaftliche Wirkungen eingetreten sind. Es lassen sich unmittelbare (outcome) und mittelbare Wirkungen (impact) unterscheiden, wobei die beiden englischen Begriffe je nach Literaturquelle unterschiedlich verwendet werden. Erstere bezeichnen sie die Gesamtheit der bei den Adressaten einer Maßnahme oder Leistung eintretenden intendierten (und auch nichtintendierten) Verhaltensänderungen, die auf die Outputs zurückzuführen sind. Zweitere kennzeichnen die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen, d. h. die Gesamtheit der intendierten (und auch nichtintendierten) Auswirkungen der Verhaltensänderungen der Adressaten auf das gesellschaftliche Problem, das sich die Politik zu lösen vorgenommen hat (Ritz 2003).

    Handelt es sich bei der Effektivität und Effizienz um zwei Kernkriterien des Erfolgs im Public Management, so dürfen jedoch andere Dimensionen nicht außer Betracht gelassen werden. Aus einer ökonomischen Perspektive kommt die Erfolgsgröße der Wirtschaftlichkeit hinzu. Wirtschaftlichkeit wird oft mit Effizienz gleichgesetzt bzw. Effizienz ist ein Maß für die Wirtschaftlichkeit i. S. der Kosten-Nutzen- oder Kosten-Wirksamkeits-Relation, wonach zwischen der angestrebten Wirkung und den eingesetzten Ressourcen ein möglichst günstiges, eben wirtschaftliches Verhältnis erreicht wird. Diese Betrachtungsweise erfordert eine Operationalisierung der Größen, die durch wirtschaftliches Handeln gesteuert werden können. Dabei lassen sich Wirkungen, Maßnahmen und Kosten staatlichen Handelns unterscheiden. Die Wirkung bzw. Zielerreichung unter minimalen Kosten ist selten einfach festzustellen. Zum einen sind die Wirkungsziele meist quantitativ und qualitativ zu wenig eindeutig definiert, zum anderen sind die Kosten angesichts verschiedener Einflussgrößen im öffentlichen Sektor nicht überall exakt zuordenbar. Zur bestmöglichen Erfassung der Wirtschaftlichkeit ist es notwendig, die Kosten auf der konkreten Prozessebene und nicht im Bereich der schlecht strukturierten Oberziele zu erheben. Mit Blick auf den politisch-administrativen Steuerungskreislauf wird der Zusammenhang zwischen der Nutzen-/Wirkungs-, der Verhaltens-, Leistungs- und der Prozessebene deutlich (vgl. Abb. 2.4). Das Oberziel der Verminderung von Aids-Infizierungen ist beispielsweise quantitativ und qualitativ schlecht definiert und dessen Wirkungen (Outcome, Impact) lassen sich mit Hilfe von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen kaum hinreichend beurteilen. Eine Aktivität zur Zielerreichung können Vorbeugemaßnahmen darstellen, deren Wirtschaftlichkeit aufgrund der aufgewendeten Ressourcen (Input) und der durchgeführten Aktivitäten (Output) erheblich einfacher zu beurteilen ist. Am besten ist die Wirtschaftlichkeit anhand der Kosten als Input auf der konkreten Prozessebene in Relation zu genau abgrenzbaren Aktivitäten festzustellen, da z. B. die Kosten pro Informationsveranstaltung an Schulen genau erfasst werden können.

    Eine Alternative aus ökonomisch-technischer Perspektive zur Feststellung der Wirtschaftlichkeit auf der Prozessebene bieten die mengenmäßigen Produktivitätskennziffern . So kann z. B. die Anzahl ausgestellter Baugesuche pro Zeiteinheit, pro Abteilung oder Amt miteinander verglichen werden. Produktivitätsvergleiche sind für die Erfolgsbeurteilung des Verwaltungshandelns sehr wünschenswert, oft aber nur sehr aufwendig zu realisieren. Die Gefahr, dass zudem „Äpfel mit Birnen verglichen" werden, ist bei dieser Methode groß und erhöht sich, wenn die Ziele und Mittel unklar definiert sind.

    Eine weitere Erfolgsdimensionen ist die Sparsamkeit. Vielfach fordert gerade die Politik einen sparsamen Mitteleinsatz, d. h. finanzrelevante Entscheidungen sollen jeweils den geringsten Mitteleinsatz zur Folge haben (z. B. Beschaffungszuschläge an den günstigsten Anbieter) und es dürfen keine nicht zwingend notwendigen Ausgaben getätigt werden. Die Zielerreichung oder der Output von Verwaltungsaktivitäten steht dabei nicht im Vordergrund und eine enge Auslegung des Sparsamkeitsprinzips veranschaulicht eine einseitige und rein input-orientierte Sichtweise auf das öffentliche Handeln. Soll Verwaltungshandeln dem Sparsamkeitsprinzip unter Bezugnahme auf Leistungsgrößen folgen, dann entspricht dies dem Minimalprinzip des Effizienzgedankens. Sparsamkeit als grundlegende Handlungsanweisung, die jedoch situativ unter Berücksichtigung von Wirkungs- und Leistungszielen reflektiert werden sollte, ist sinnvoll für das Verwaltungshandeln. Ein zu eng formuliertes Verständnis des Sparsamkeitsprinzips wie es teilweise von der Politik ohne Bezugnahme zu Maßnahmen und Zielen formuliert wird, ist aber zu hinterfragen. Schauer (2019) drückt dies pointiert aus, wenn er die Sparsamkeit in Bezug zur Wirtschaftlichkeit setzt:

    „Da jede isolierte Form der Sparsamkeit ohne Ergebnisbezug als irrational angesehen werden muss, sind in das Postulat nach Verminderung der Ausgaben auch Überlegungen über die Auswirkungen des Handelns einzuschließen. In der Literatur fehlt es daher nicht an Stimmen, die das Sparsamkeitsprinzip als das Streben nach Wirtschaftlichkeit auf der Ebene des Kassengeschehens interpretieren bzw. als eine Art vergröbertes Wirtschaftlichkeitskriterium ansehen. Diese Anschauung ergibt sich dann, wenn die Relation zwischen Mitteleinsatz und erbrachter Leistung wertmäßig nicht mehr fassbar wird und das Sparsamkeitsprinzip dann zum Surrogat aufrückt, indem man Wirtschaftlichkeit vermutet, wenn man Sparsamkeit praktiziert." (Schauer 2019, S. 43 f.)

    Vielfach wird die Sparsamkeit (economy) in Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeit (efficiency) und Zweckmässigkeit (effectiveness) genannt und aufgrund der englischen Begriffe im sogenannten „3-E-Konzept" zusammengefasst (Boyne 2002). Abb. 2.3 zeigt das 3-E-Konzept auf und verdeutlicht, dass im deutschsprachigen Gebrauch Wirtschaftlichkeit und Effizienz oft auseinandergehalten werden. Wird die Inputgröße der Effizienz jedoch rein kostenmäßig betrachtet, dann entspricht die Effizienz der Wirtschaftlichkeit.

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    Abb. 2.3

    3-E-Konzept

    Die Abbildung zeigt zudem weitere wichtige Kriterien zur Überprüfung des Erfolgs staatlichen Handelns auf. Dies sind die Recht - und Ordnungsmäßigkeit (compliance) i. S. der Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien (z. B. Verhaltenskodex) und die Transparenz (transparency) durch zur Verfügungstellung von ausreichenden Informationen und Gewährung von Einblick, um das Verwaltungshandeln nachvollziehbar zu machen. Schließlich kommt der Gerechtigkeit (equity) eine hohe Bedeutung zu, welche eine faire und gerechte Verteilung von Kosten und Nutzen staatlichen Handelns auf die verschiedenen Anspruchsgruppen zum Ziel hat.

    Neben dem 3-E-Konzept zur Darstellung der Zielkriterien des Public Managements gibt es eine zweite, weit verbreitete Darstellungsform zur Erfolgsbeurteilung staatlichen Handelns. Es ist dies das „IOO-Modell" (Input-Output-Outcome) (Bouckaert und Van Dooren 2003; Boyne 2002), in der Schweiz auch als politisch-administrativer Steuerungskreislauf bezeichnet (Mäder und Schedler 1994; Ritz 2003). Er stellt die Zusammenhänge vom politischen Planungsprozess bis zu den Auswirkungen des administrativen Leistungsprozesses exemplarisch dar (vgl. Abb. 2.4).

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    Abb. 2.4

    IOO-Modell

    Die eigentliche „Bedarfsanalyse" geschieht einerseits im Rahmen der (direkt) demokratischen Prozesse in der Politik, andererseits auch durch gezielte Bedürfnisanalyse bei den Anspruchsgruppen seitens der öffentlichen Verwaltung (z. B. zeigt eine Bürgerbefragung Reduktionsbedarf von Lärm und Verkehrsgefahr in Wohnquartier auf) und resultiert in einer Politik als Ergebnis eines von politischen Gremien, Interessenvertretungen und Verwaltung bestrittenen Verhandlungsprozesses. Der Planungsprozess verläuft sowohl auf der politischen wie betrieblichen Ebene nicht strikt konsekutiv und erfährt vielfach aufgrund neuer Informationen und Einflussfaktoren Anpassungen. Die von der Politik oder Verwaltung in Gesetzen oder Planungsdokumenten definierten Sach- und Ressourcenziele (z. B. Planung von Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung) werden vor dem Hintergrund konkretisierter Planungsinstrumente (z. B. Produktgruppen, strategische Planung) und zur Verfügung gestellter Mittel im eigentlichen Vollzugsprozess umgesetzt (z. B. Bau der Maßnahmen).

    Daraus resultieren einerseits ein Mittelverbrauch sowie andererseits eine oder mehrere erbrachte Maßnahmen (z. B. Fahrgassenversätze und Bremsschwellen), welche entsprechend den gefassten Zielen zu einer Reaktion bzw. Verhaltensänderung im Sinne direkter Wirkungen bei der Zielgruppe führen sollen (z. B. langsameres Fahrverhalten). Letztlich wird eine indirekte Wirkung bei den Politikbegünstigten beabsichtigt (z. B. erhöhte Wohnqualität für Familien und weniger Verkehrsunfälle in Wohnquartier). Der Versuchung, Leistungen und Wirkungen in einem linearen Zusammenhang zu betrachten, muss auch unter verstärkter Managementperspektive widerstanden werden, da vielfältige Umsystemänderungen und Nebenwirkungen dies verunmöglichen. Insofern dienen die vor diesem Hintergrund entwickelten outputorientierten Instrumente einer systematischeren Erfassung von Zweck-Mittel-Zusammenhängen und daraus abgeleiteter Methoden sowie Vorgehensweisen zur Steigerung des Maßnahmenerfolgs und der Wirkungen.

    Im IOO-Modell lassen sich auch die zwei zentralen Zielkriterien der Effektivität und Effizienz verorten. Die Effektivität lässt sich durch in Bezugsetzung von Zielgrößen des Planungsprozesses und Ergebnisgrößen des Leistungsprozesses herleiten. Die Effizienz bildet die Beziehung zwischen dem realisiertem Input und Output auf der Leistungsseite ab.

    Hinter den Erfolgs- und Zielkriterien des Public Managements verbergen sich letztlich zentrale Werte, die dem Verwaltungshandeln zugrunde liegen. Hood (1991) identifiziert in seiner weltweit rezipierten Beschreibung der New Public Management Reform klassische Wertefamilien administrativen Handelns. Die folgenden drei Werte-Familien, welche dem Verwaltungshandeln und -management alle inhärent sind, werden unterschieden (vgl. Tab. 2.1):

    Sigma-Werte („keep it lean and purposeful): Klassisch wirtschaftlich orientierte Zielkriterien wie Effizienz, Effektivität, Sparsamkeit, um die Aufgabenerfüllung bestmöglich an die zur Verfügung stehenden Ressourcen anzupassen. Vielfach resultieren daraus „just-in-time-Prozesse, leistungsabhängige Entlohnungsprinzipien und Kostenreduzierungspraktiken.

    Theta-Werte („keep it honest and fair"): Kriterien wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Fairness, Reziprozität sind Kernbestandteile vieler Verwaltungsprozesse, Beschwerdeverfahren, Reportingpflichten, Transparenzerfordernisse oder Verhaltenskodizes basierend auf dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip.

    Lambda-Werte („keep it robust and resilient"): Auf Verlässlichkeit, Stabilität, Dauerhaftigkeit und Resilienz des Verwaltungshandelns ausgerichtete Zielkriterien. Öffentliche Organisationen und Akteure müssen unter schwierigsten Umständen und in Krisensituationen funktionieren, um das Systemversagen zu verhindern. Hierzu gehören auch die Vermeidung von Fehlern sowie das Lernen aus Fehlern, vielfach vor dem Hintergrund struktureller Merkmale wie Integration statt Separation von Systemelementen, Offenheit und Informationsaustausch anstelle von Organisationsbarrieren und autoritären Strukturen.

    Tab. 2.1

    Sigma-, Theta- und Lambda-Werte des Verwaltungshandelns

    Quelle: i. A. an Hood (1991)

    Die drei Werte-Familien sind weder vollständig trennscharf, noch schließen sie sich gegenseitig aus. Fehlende Rechtschaffenheit, z. B. bei Lebensmittelkontrollen kann zu Missbrauch und schlimmstenfalls zu einer Katastrophe führen. Sie verdeutlichen vielmehr das Spannungsfeld, in welchem sich das Public Management bei der Definition seiner Zielkriterien bewegt. Dieses abschließend in Abb. 2.5 dargestellte Spannungsfeld sich ergänzender und auch konkurrierender Werte ist relevant für alle zielbezogenen Entscheide im Public Management. Vielfach ist es kaum möglich, allen drei Wertefamilien gleich gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund fußen Handlungslogiken und Entscheidungen des Public Managements nie auf dem Maximierungs-, sondern auf einem Optimierungsprinzip.

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    Abb. 2.5

    Ergänzung und Konkurrenz von Werte-Familien

    Das Optimierungsprinzip lässt sich schließlich aus der Perspektive des Nachhaltigkeitskonzepts betrachten. Öffentliches Handeln soll Wirkungen erzielen, welche die nachhaltige Entwicklung gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Systeme fördern, indem entsprechende Ziele nicht gegeneinander ausgespielt, sondern gleichrangig betrachtet und zur langfristig stabilen Entwicklung und Erhaltung der Systeme verfolgt werden. Öffentliches Handeln dient letztlich der Förderung stabiler Gesellschaften bzw. gesellschaftlicher Systeme (Fiorino 2010).

    2.4 Die Entwicklung des Public Managements als Disziplin

    Die Entwicklung des Public Managements als wissenschaftliche Lehr- und Forschungsdisziplin kann ebenso wie die Begriffsdefinition nicht losgelöst von Entwicklungen in der Praxis betrachtet werden. Die Reformen von Staat und Verwaltung wirken sich auf das Lehr- und Forschungsangebot von Hochschulen aus und prägen die Disziplin so, wie auch die Disziplinenentwicklung die Praxis aufgrund von Forschungserkenntnissen beeinflusst. Je nach Kontext (z. B. Verwaltungsreformen in Südamerika oder Westeuropa) sind diese Einflüsse unterschiedlich und es resultieren trotz der internationalen, englischsprachigen Literatur lokale oder regionale Unterschiede. In diesem Kapitel fokussieren wir auf den angelsächsischen und deutschsprachigen Raum bzw. entsprechende Literatur.

    Die Entwicklung im deutschsprachigen Raum ist bis zum heutigen Zeitpunkt stark mit jener der Verwaltungswissenschaften verknüpft und kann bis zum Zeitpunkt der verstärkten Managementorientierung nach den New Public Management Reformen in den 1990er-Jahren und anfangs 2000 auch aus dieser Sicht beschrieben werden (Bogumil und Jann 2009; Jann 2011).

    Die frühe Entwicklung der Verwaltungswissenschaft kann wie jene vieler anderer Disziplinen auf die Arbeiten von Aristoteles, insbesondere die Nikomachische Ethik zurückgeführt werden. Demnach ist der Mensch ein gemeinschaftliches Lebewesen, das nur im Staat ein gutes Leben verwirklichen kann. Der Staat entsteht zum Zweck des Überlebens, doch sein Zweck ist das gute Leben, das u. a. durch angemessene Besitzverteilung gefördert wird. Aristoteles setzte sich im Rahmen seiner Nikomachischen Ethik intensiv mit verschiedenen Regierungsformen auseinander und legitimierte Regierungshandeln auf der Basis von Gesetzen im Gegensatz zum Handeln von Demagogen, die bei ihrem Volk alleinherrschend sind. Diese Lehren fanden Eingang in den mittelalterlichen Fächerkanon an Universitäten, wo Politik, Ethik und Ökonomie als Teilgebiete der praktischen Philosophie gelehrt wurden.

    Besondere Bedeutung kommt im Zeitraum vor dem 2. Weltkrieg den Policey- und Staatswissenschaften in Deutschland zu. Die Policeywissenschaft war eine umfassende Staats- und Verwaltungswissenschaft, die sowohl Gesetzgebungs-, Regierungs-, Verwaltungs- und Staatswirtschaftslehre enthielt und als Fach „Kameralistik in die Hochschulen Eingang fand. Im Kern ging es um den Aufbau der vom 30-jährigen Krieg verwüsteten Territorialstaaten. Waren vor dem Hintergrund naturgegebener, absolutistischer Herrschaftsstrukturen juristische Kenntnisse in der Hand des Regenten zur Machtsicherung zentral, begannen sich die Herrschenden zur Zeit des aufgeklärten Absolutismus im 18. Jahrhundert verstärkt als oberste Repräsentanten einer vernünftigen Staatsordnung zu verstehen, was auch die Bereitschaft förderte, die Judikative teilweise aus der Hand zu geben. Das Allgemeinwohl rückte in den Vordergrund und so auch die Orientierung an der Praxis des Verwaltungshandelns. Im Zuge des sich entwickelnden Berufsbeamtentums wurden wirtschaftliche und verwaltungstechnische Kenntnisse immer wichtiger und dies führte zum Bedeutungsanstieg des Fachs „Kameralistik.

    Im 19. Jahrhundert erfolgte eine Dreiteilung der klassischen Kameralistik in die Lehre vom staatlichen Wirtschaften, also in die Vorgängerin der heutigen Finanzwissenschaft, in die Ökonomik als Vorläufer der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik und in die Staatswissenschaft, welche sich in eine rein normativ argumentierende Staatsrechtslehre als Vorläuferin des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts entwickelte. Entscheidend für die weitere Aufteilung der Staatswissenschaft in die Staatsrechtslehre und Volkswirtschaft war der historische Kontext Deutschlands um 1850. Dem Bürgertum des preussisch-deutschen Obrigkeitsstaats gelang es nur, seine Interessen durch den formellen Rechtsstaat und nicht durch eine verantwortliche Regierung durchzusetzen. Weniger staatstragende und staatsbildende Fächer wie eben die Regierungs- und Verwaltungslehre oder auch das Fach Politik haben ihren Platz zu jener Zeit an den Universitäten verloren. Empirische Fragestellungen verselbstständigten sich in den Wirtschaftswissenschaften und in der Soziologie, die sich nicht mit Fragen praktischer Politik beschäftigen wollten. Hierzu gehören die für die Verwaltungswissenschaft zentralen Schriften von Max Weber (1864–1920), dem Mit-Begründer der Soziologie, welcher aufgrund seiner Analysen der preussischen Staatsverwaltung den Idealtypus der Bürokratie als effizienteste und formal rationalste Herrschaftsform beschrieb. Sie war seiner Ansicht nach Ausdruck einer Rationalisierung der Institutionen in einer zunehmend als berechenbar empfundenen Welt (Weber 1921). Mit der Verdrängung von Regierungs- und Verwaltungslehre von der Universitäten war im deutschen Kaiserreich der Grundstein des speziellen Verwaltungsrechts gelegt worden und eine Überhöhung von Staat und Recht, die sich im Verwaltungsrecht, jedoch nicht in einer Verwaltungslehre oder -wissenschaft abbildete. In den darauffolgenden Kriegsjahren führte dies zur fatalen Verknüpfung von Staatsrechtslehrern und dem Nationalsozialismus, dessen Ideologien rechtlich begründet wurden, u. a. zur Förderung der eigenen Karriereaussichten in der Bundesrepublik. Auch Rechtswissenschafter, die während der Kriegsjahre emigriert waren, kritisierten diese Entwicklungen und eine fragwürdige Fixierung auf den Staat sowie damit zusammenhängender Konzepte wie der Obrigkeitsstaat oder die Staatsräson, die auch als Voraussetzungen für den Faschismus dienten.

    Vor diesem Hintergrund stieg die Bedeutung eines sowohl unbelasteten Berufsbeamtentums als auch einer unbelasteten empirischen Politikwissenschaft. Letztere beschäftigte sich in ihrer Anfangsphase mit der Begründung von Institutionen und vergleichenden Analysen von Staat und Regierung und grenzte sich damit klar von den historisch belasteten Staats(rechts)lehren ab. Kritik daran wurde in den 1960er-Jahren zwar laut, indem diese „alte" Politikwissenschaft aufgefordert wurde, sich nicht nur mit Strukturen und Prozessen, sondern verstärkt mit dem arbeitenden Staat, also mit den Aktivitäten respektive Verwaltungstätigkeiten in einzelnen Politikfeldern (Polity, Politics und Policies) auseinanderzusetzen, was dem Ziel einer modernen Verwaltungswissenschaft nahe kam. Doch die Herausbildung einer solchen Verwaltungswissenschaft gelang neben den dominierenden Rechtslehren nicht.

    Es bedurfte des Anstoßes durch die US-amerikanischen Schriften der Public Administration und der Public Policy Forschungen anfangs der 1970er-Jahre, um der Politikwissenschaft und der Verwaltungswissenschaft, nun als Teil der Politikwissenschaft, zu einer stärkeren Position in Deutschland zu verhelfen. Die Verwaltungswissenschaft fokussierte sich stark auf die Fragen der Informationsverarbeitungs- und Konfliktlösungskapazität sowie der politischen Rolle der Verwaltung. Fragen der Legalität und Effizienz wurden primär den Rechtswissenschaften und der Ökonomie überlassen.

    Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre bildete sich in den 1970er-Jahren eine Gruppe an Forschern, die sich spezifisch mit dem Verwaltungsbetrieb auseinanderzusetzen begannen und an Fragen der Effizienz und Leistungsfähigkeit von Verwaltungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht interessiert waren (Schauer 2005). 1979 wurde auf Initiative von Peter Eichhorn aus Mannheim die wissenschaftliche Kommission „Öffentliche Unternehmen und Verwaltungen" im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. (VHB) gegründet, welche seit 2001 wissenschaftliche Kommission „Öffentliche Betriebswirtschaftslehre (WK ÖBWL)" heißt. Die Leistungsfähigkeit des kameralen Rechnungswesens, die Konzeption des Controllings in öffentlichen Organisationen, das Spannungsfeld von Betriebswirtschaftslehre und Gemeinwohl sowie die inhaltliche Ausgestaltung des Fachs öffentliche BWL standen in den Anfangsjahren im Zentrum der Kommission und des Fachs (Eichhorn 1978, 1997). Letzteres führte auch zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Managementfunktionen in öffentlichen Organisationen und ging mit der Entwicklung einher, einzelne Lehrstühle als Public Management zu bezeichnen. Bis in die 1990er-Jahre beschäftigte sich die öffentliche Betriebswirtschaftslehre stark mit dem öffentlichen Rechnungswesen und dessen Modernisierung (Brede und Buschor 1993). Einzelne Beiträge des Fachs blickten bereits früh nach Großbritannien und beschrieben die dort stattfindenden Managementreformen zur Modernisierung des öffentlichen Dienstes (Eichhorn 1987). Ein paar Jahre darauf folgte der Beginn der Kommissionsdiskussionen und Publikationen in der öffentlichen BWL über die aus dem angelsächsischen Raum stammenden New Public Management Reformen (Budäus 1994, 1998; Budäus et al. 1998; Budäus und Grüning 1998; Budäus und Schauer 1999; Buschor 1993; Thom und Ritz 1999). Ab dem Jahr 2000 wurden Organisationen des Nonprofit Sektors und aus dem Gesundheitswesen vermehrt Gegenstand der Kommissionsarbeit, was dazu führte, dass sich die Kommission heute als WK ÖBWL (Public, Nonprofit und Health Management) bezeichnet. Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre kämpfte die öffentliche BWL zeitweise mit Umwidmungen von Lehrstühlen, was die Kommission 2001 zu einer Resolution zur Erhaltung und Stärkung des Fachs veranlasste. Zwischenzeitlich hat sich die Situation positiv entwickelt, existieren im Jahr 2018 doch rund 80 Professuren an Institutionen mit Promotionsrecht (45 Public/Nonprofit, 35 Health). Die öffentliche BWL befindet sich als kleine Fachdisziplin in gewissen Spannungsfeldern: Erstens erfordert das Nischendasein in einer der größten Wissenschaftsdisziplinen (BWL) auch in Zukunft die gezielte Disziplinenentwicklung anhand von exzellenten Forschungs- und Publikationsleistungen, um nicht unterzugehen. Zweitens ist eine unabhängige thematische Ausdifferenzierung in den drei sich stark unterscheidenden Gebieten Public, Nonprofit und Health notwendig, kann aber auch zum Verlust einer gemeinsamen Identität führen. Und drittens sagt die zwingende Integration dominanter angelsächsischer Forschungs- und Publikationsansätze in die eigene, deutschsprachige Kultur nicht allen Fachvertretern gleich zu, dürfte aber auch eine Frage des natürlichen Generationenwandels sein, der Forschungsinstitutionen seit jeher stark beeinflusst hat.

    Die verwaltungswissenschaftliche Forschung in der Schweiz begann erst um etwa 1970 (Germann 1998; Historischer Verein des Kantons Solothurn 2003; Sager und Hurni 2013). Zwar gab es bereits vor 1900 die Arbeiten zur organischen Staatslehre des Zürchers Johann Caspar Blunschli, der aber v. a. in Deutschland wirkte und dessen umfangreiches Schrifttum nach seinem Tod von der John Hopkins University in Baltimore übernommen wurde, wo auch der Mitbegründer der US-amerikanischen Verwaltungswissenschaft Woodrow Wilson promovierte und lehrte. Blunschlis Verwaltungslehre war stark von einem hierarchisch und meritokratischen Organisationsprinzip geprägt: klar hierarchische Unterstellungen, allen zugängliche Stellen durch qualifikationsorientierte Rekrutierung und leistungsorientierte Beförderungen. Erste Verwaltungslehrgänge entstanden an der Universität Genf und am 1981 gegründeten Institut des hautes études an administration publique (Idheap) in Lausanne und 1985 wurde mit Ernst Buschor der spätere Regierungsrat des Kantons Zürich und New Public Management Pionier der Schweiz auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Hand an der Hochschule St. Gallen berufen. Wie in Deutschland dominierte die Rechtswissenschaft bzw. die Juristen das Verwaltungshandeln in der Schweiz maßgeblich. Eine Neuausrichtung fand vor dem Hintergrund der aufkommenden Policy-Forschungen in den 1960er-Jahren statt und zeigte sich durch die prägenden Verwaltungsforscher Germann, Geser, Linder, Klöti und Urio in den 1970er-Jahren, die letztlich alle Soziologen oder Politikwissenschafter waren (Sager und Hurni 2013). Seit den 1990er New Public Management Reformjahren hat auch in der Schweiz das Public Management an Bedeutung gewonnen, sei es durch spezifische Publikationen (Buschor 1993; Hablützel et al. 1995; Schedler 1995; Schedler und Proeller 2000; Thom und Ritz 2000), durch Institutsgründungen wie 1998 mit dem Institut für öffentliche Dienstleistungen und Tourismus an der Universität St. Gallen und 2002 dem interdisziplinären Kompetenzzentrum für Public Management der Universität Bern oder durch Studiengänge wie bspw. den Master of Public Management und Politik an den Universitäten Bern, Lausanne und Lugano.

    Die deutsche Verwaltungswissenschaft ihrerseits entwickelte sich in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts durch den angelsächsischen Einfluss stärker in Richtung einer Policy-Forschung (public policies), die sich vermehrt von der top-down Perspektive der Steuerungsfähigkeit des politisch-administrativen Systems hin zu einer bottom-up Sicht entwickelte, welche die Steuerbarkeit der gesellschaftlichen Subsysteme ins Zentrum stellte. Der Staat wird nicht mehr als zentrale gesellschaftliche Steuerungsinstanz und Garant öffentlicher Wohlfahrt verstanden, was Mayntz (Mayntz 1996) sogar als Paradigmenwechsel kennzeichnet, der die Bedeutung der Entwicklungen in der Governance-Forschung nach dem Jahr 2000 hervorhebt. Diese Entwicklung stellt eine wichtige Weichenstellung dar, indem die deutsche Verwaltungswissenschaft sich zunehmend von ihrem Kerngegenstand, der Verwaltung, entfernte und die Verflechtung verschiedener gesellschaftlicher Subsysteme ins Zentrum ihrer Analysen stellte. Einerseits verlor sie dadurch ihre inhaltliche Begründung innerhalb der Politikwissenschaft, was sich negativ auf Forschungsgelder und Lehrstuhlbesetzungen auswirkte, andererseits öffnete sich die Verwaltungspraxis auf ihrer Suche nach Antworten auf organisationsbezogene Steuerungs- und Modernisierungsfragen gegenüber den Reformansätzen des Public Managements und der Betriebswirtschaftslehre, weil sie diese von den Verwaltungsforschern nicht mehr in befriedigendem Ausmaß erhielt. Hier setzt die prägende Verflechtung der deutschsprachigen Entwicklung in der Verwaltungswissenschaft und öffentlichen Betriebswirtschaftslehre mit derjenigen des angelsächsischen Raums bzw. den Vorläufern des Public Managements und der Public Administration ein, welche in den 1990er-Jahren begann.

    Im angelsächsischen Raum lässt sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und anfangs des 20. Jahrhunderts eine ähnliche Entwicklung beobachten, wie jene die in Europa zu Webers Idealtypus der Bürokratie geführt hat: Die Forderungen nach einer Trennung von Politik und Verwaltung aufgrund von Korruption und Günstlingswirtschaft feudalistischer Herrschaftsstrukturen (spoils system). Verwaltungshandeln soll in einem neutralen Umfeld stattfinden, sich einzig nach Effizienzkriterien richten und Verwaltungsangestellte sollen durch ein Dienstrecht, das die politische Einflussnahme zurückbindet, geschützt werden. Entscheidend für diese Entwicklungen waren die Reformen des britischen (Northcote Trevelyan Report in 1853) und amerikanischen (Pendleton Act in 1883) öffentlichen Dienstrechts, welche eine Professionalisierung der Verwaltung durch unparteiische Stellenbesetzungen mittels auf Qualifikations- und Leistungskriterien fußenden Auswahl- sowie Beförderungsprozessen verfolgten (Noordegraf 2015).

    Die aus heutiger Sicht klar zu hinterfragende strikte Trennung zwischen Politik und Verwaltung (politics-administration dichotomy) erlebte ihre Blütezeit zwischen 1900 und 1926 und wird in der Literatur zentral mit der Publikation des Artikels „The Study of Administration" von Woodrow Wilsons in der American Political Science Review verknüpft (Wilson 1887). Der Beginn der amerikanischen Verwaltungswissenschaft fand somit zwar innerhalb der Politikwissenschaft statt, doch das Fach erlebte bis zum zweiten Weltkrieg einen unvergleichlichen Bedeutungsanstieg, den es sowohl in Wissenschaft als auch Praxis über die amerikanische Politikwissenschaft positionierte. Wilson, der von 1913 bis 1921 Präsident der USA war, orientierte sich stark an den europäischen Entwicklungen in Preussen und Frankreich und plädierte für eine Verwaltungsorganisation, die universelle Strukturmerkmale aufwies, welche sich klar von jenen der Politik, politischen Regimen und von politischem Handeln unterscheiden. Diese prägnante Sichtweise rechtfertigte so auch ein eigenes Fach neben Politikwissenschaft und Public Policy. In der Begründung einer Verwaltungswissenschaft, die einerseits universelle Organisationsprinzipien für eine neutral handelnde Verwaltung entwickeln muss und andrerseits der zwingenden Interpretation vor dem Hintergrund politischer und kultureller Merkmale eine Nation bedarf, liegt aber ein Widerspruch in Wilsons Argumentation. Die Effizienzfrage der Organisation staatlicher Verwaltungen mag dabei zwar von universeller Natur sein, deren Beantwortung hingegen ist nicht unabhängig vom spezifischen Kontext und dessen kulturellen Eigenheiten (Kettl 2018; Pollitt 2008).

    „[The science of administration] is not of our making; it is a foreign science, speaking very little of the language of English or American principle. […] It has been developed by French and German professors, and is consequently in all parts adapted to the needs of a compact state, and made to fit highly centralized forms of government […] If we would employ it, we must Americanize it, and that not formally, in language merely, but radically, in thought, principle, and aim as well. It must learn our constitutions by heart; must get the bureaucratic fever out of its veins; must inhale much free American air." (Wilson 1887, S. 202)

    Dieses klassische Zeitalter der Public Administration wurden neben Wilsons Gedanken zur Effizienzsteigerung und Professionalisierung der staatlichen Verwaltung durch einen zweite Richtung beeinflusst, die vor dem Hintergrund der Industrialisierung und einer nach Effizienz und Produktivität steigernden Maßnahmen suchenden Wirtschaftsentwicklung entstand, dem Scientific Management nach Taylor (1977). Die sich von 1910 bis 1940 ausbreitende Scientific Management Bewegung ging davon aus, dass sich Management auf ein paar wenige Prinzipien reduzieren ließ (siehe auch Abschn. 4.​2.​2), die Erfolg im Sinne von Effizienz und Effektivität garantierten. Die Klassik ist gekennzeichnet vom Ansatz des „one best way" und eines primär in sich geschlossenen Systems von Organisationen und der darin tätigen Individuen. Der Ansatz allgemeiner Prinzipien wurde auch aufgegriffen in der von Präsident T. Roosevelt (1933–1945) eingesetzten Kommission zur Reformierung der US Bundesverwaltung in der Zeit des

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