Bürger beteiligen!: Strategien, Praxistipps und Erfolgsfaktoren für eine neue Beteiligungskultur in Behörden
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Über dieses E-Book
In dieser Publikation haben 27 Fachleute aus Kommunen, Bundesländern und dem Bund ihr Wissen und ihre Beteiligungserfahrungen aus der Verwaltungspraxis zusammengetragen. Entstanden ist ein leicht verständlicher und kompakter Leitfaden mit praxisnahen Beiträgen, Beispielen, persönlichen Statements, der BÜRGER-Formel für Qualität, Schaubildern zum Kompetenzerwerb, Checklisten und Praxistipps.
Der Leitfaden "Bürger beteiligen!" bietet eine Orientierung für Praktiker und Entscheider aus Politik und Verwaltung. Er motiviert und unterstützt dabei, sich für die erfolgreiche Umsetzung einzelner Bürgerbeteiligungsprojekte zu qualifizieren und Strategien für eine langfristig angelegte Beteiligungskultur innerhalb der Verwaltung zu entwickeln.
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Buchvorschau
Bürger beteiligen! - Verlag Bertelsmann Stiftung
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)
Bürger beteiligen!
Strategien, Praxistipps und Erfolgsfaktoren
für eine neue Beteiligungskultur in Behörden
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© E-Book-Ausgabe 2014
© 2013 Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
Verantwortlich: Anna Renkamp | Redaktion: Dr. Thomas Orthmann, Hamburg
Lektorat: Thomas Lillig, Brüggen
Illustrationen: Werner Tiki Küstenmacher, Gröbenzell
Herstellung: Sabine Reimann
Gestaltung, Layout und Satz: Nicole Meyerholz, Bielefeld
Titelbild: Bertelsmann Stiftung/Jan Voth
Druck: Hans Kock Buch- und Offsetdruck GmbH, Bielefeld
ISBN 978-3-86793-516-6 (Print)
ISBN 978-3-86793-563-0 (E-Book PDF)
ISBN 978-3-86793-564-7 (E-Book EPUB)
www.bertelsmann-stiftung.de/verlag
Inhalt
Vorwort
Einleitung
Die Ergebnisse auf einen Blick
Kapitel 1
Demokratie vitalisieren
Warum es mit Bürgerbeteiligung besser geht
Kapitel 2
Chancen und Risiken
Wie man Risiken keine Chance gibt und Chancen risikoarm nutzt
Kapitel 3
Mentalitäts- und Kulturwandel in der Verwaltung
Warum Behörde nicht für Beteiligung gemacht ist, sie aber trotzdem meistert
Kapitel 4
Kompetenzerwerb
Warum es gar nicht so doof ist, wenn man sich schlaumacht
Kapitel 5
Qualitätskriterien für Bürgerbeteiligung
oder: Das Erfolgsgeheimnis der BÜRGER-Formel
Anhang
Glossar
Literatur und Links
Die Mitglieder des »Innovationsdialogs Bürgerbeteiligung«
Abstract
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser, der Ruf nach mehr Bürgerbeteiligung scheidet die Geister. Was für die einen ein Traum ist, ist für die anderen ein Albtraum. Der Konflikt um Stuttgart 21 hat es gezeigt: Bürger wollen heute direkt mitreden und mitentscheiden. Politik und Verwaltung stehen unter Druck. Sie sehen sich einem neuen Typus von Bürger gegenüber. Einem Bürger, der selbstbewusster ist als früher. Einem Bürger, der informierter ist, eigene Expertise besitzt und zugleich staatlichen Stellen weniger Vertrauen entgegenbringt.
Heute reicht es deshalb nicht mehr aus, rechtlich und fachlich einwandfrei zu planen. Es braucht darüber hinaus Transparenz, umfassende und verständliche Informationen sowie echte Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für Bürger. Die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung von Bürgern, die von Infrastrukturprojekten betroffen sind, muss ergänzt werden um eine rechtlich verbindliche (Mit-)Gestaltungs- und Entscheidungsbeteiligung aller. Die Mitwirkung der Bürger sollte nicht nur bei großen Planungsvorhaben stattfinden: In den letzten Jahren wurden Beteiligungen erfolgreich auf vielen Themenfeldern erprobt, etwa bei Verwaltungsreformen, bei der Stadtentwicklung, zu Themen des Umweltschutzes, des öffentlichen Nahverkehrs oder im Bildungsbereich, um nur einige zu nennen. Bürgerbeteiligung ist ein internationales Zukunftsthema, egal ob in Waren an der Müritz, Buenos Aires, London oder Vorarlberg.
Kritikern fällt es dennoch leicht, Argumente gegen Bürgerbeteiligung zu finden: Die Mechanismen repräsentativer Demokratie würden entwertet und durch Partikularinteressen »gekapert«. Bürgerbeteiligung mobilisiere vor allem jene Bürger, die primär Projekte vor ihrer eigenen Haustür verhindern wollten, und ressourcenstarke Bildungsbürger, also die »üblichen Verdächtigen«. In Politik und öffentlicher Verwaltung spielt die Angst vor Macht- und Kontrollverlust eine Rolle.
Den Befürchtungen stehen aber auch Chancen gegenüber: Interesse, Wissen und Engagement der Menschen tragen konstruktiv zu besseren Lösungen bei. Wenn Politik das lokal vorhandene Wissen und die Weisheit der Vielen nutzt, kann sie qualitativ bessere, innovative und kreative Lösungen erzielen. Lösungen, die letztlich auf größere Akzeptanz stoßen.
Mehr Beteiligung ist weder ein Selbstzweck noch ein Selbstläufer. Um Chancen zu realisieren und bessere, breit akzeptierte Lösungen zu entwickeln, braucht Partizipation Standards. Sie muss ernsthaft und ehrlich gewollt und langfristig angelegt sein, nicht situativ und temporär. Statt punktuelle Entweder-oder-Entscheidungen zu einem (zu) späten Zeitpunkt zu treffen, muss sie verbindlich, verlässlich und kontinuierlich von Beginn an erfolgen. Zudem darf Mitbestimmung keine Exklusiweranstaltung für Akademiker, Wohlsituierte oder Senioren sein, sondern muss alle einbeziehen. Gelingende Beteiligung ist konstruktiv, nicht destruktiv. Sie muss gestaltend und lösungsorientiert organisiert sein, anstatt nur zu behindern und zu blockieren.
Erfüllt Bürgerbeteiligung diese Anforderungen, kann ein neues Vertrauensverhältnis zu Politik und Verwaltung entstehen. Auf viele Vertreter dieser Institutionen wirken diese Aussichten dennoch beunruhigend. Im vorliegenden Leitfaden wollen wir zeigen, dass einige der größten Sorgen unbegründet sind. Bürgerbeteiligung wird weder die öffentliche Verwaltung aushöhlen noch die repräsentative Demokratie verdrängen. Im Gegenteil: Sie kann beide wirkungsvoll ergänzen und vitalisieren. Damit das jedoch gelingt, muss Beteiligung qualitativ gut praktiziert werden. Hierfür braucht es eine moderne, aufgeschlossene und gut ausgestattete Verwaltung. Bürgerbeteiligung ist kein Teilzeitprojekt einzelner Beamter, sondern erfordert einen Paradigmenwechsel, für den personelle und finanzielle Ressourcen notwendig sind.
Der vorliegende Leitfaden bietet eine Orientierung für Praktiker und Entscheider auf dem Weg zu mehr Partizipation. Er soll Sie darin unterstützen und motivieren, Bürgerbeteiligung in der öffentlichen Verwaltung zu planen, zu gestalten und umzusetzen. Das in dieser Publikation enthaltene Expertenwissen aus dem Arbeitskreis »Innovationsdialog Bürgerbeteiligung« zielt dabei nicht nur auf die Unterstützung des einzelnen Beteiligungsprozesses, sondern auch auf die Entwicklung einer langfristig angelegten, nachhaltigen Beteiligungskultur ab.
Ich hoffe, dass diese Inhalte Ihr Engagement für mehr Bürgerbeteiligung fördern und so einen kleinen Teil dazu beitragen, Sie und Ihre Behörde zu einem erfolgreichen Vorreiter einer neuen Beteiligungskultur in der öffentlichen Verwaltung zu machen.
Dr. Jörg Dräger
Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung
Einleitung
Der Leitfaden »Bürger beteiligen!« unterstützt Sie als Vertreter von Verwaltung oder Politik bei der Entwicklung von Beteiligungsprozessen.¹ Er soll helfen, eine neue Beteiligungskultur in Behörden zu verankern. Selbstverständlich liegt Bürgerbeteiligung nicht allein in der Verantwortung von Politik und Verwaltung. Damit Partizipation zu guten Ergebnissen führen kann, sind alle Beteiligten, also auch Bürger, Interessengruppen und Vertreter der Wirtschaft gefordert, ihr traditionelles Vorgehen zu überdenken und frühzeitig, offen und konstruktiv nach Lösungen zu suchen. Dieser Leitfaden zeigt auf, wie in diesem Kontext Politik und Verwaltung Bürgerbeteiligung zu einem etablierten und wirkungsvollen Bestandteil staatlichen Handelns mitentwickeln können. Im Vordergrund steht dabei die Frage, wie sich die Interessen, Bedürfnisse und Kompetenzen von Bürgern noch stärker berücksichtigen lassen – zum Nutzen von Bürgern und Verwaltung.
An der Entstehung des Leitfadens waren 27 Fachleute aus der deutschen Politik und Verwaltung sowie der Bertelsmann Stiftung beteiligt. Anderthalb Jahre lang kamen sie regelmäßig im Arbeitskreis „Innovationsdialog Bürgerbeteiligung" zusammen. Als Vertreter von Kommunen, Ländern und des Bundes haben sie wertvolles Praxiswissen und eigene Beteiligungserfahrungen zusammengetragen. Entstanden ist ein Ratgeber, der Verwaltungskräften dabei helfen soll, Beteiligungsvorhaben zu planen und durchzuführen sowie Bürgerbeteiligung grundsätzlich in der öffentlichen Verwaltung zu verankern.
Der Leitfaden beginnt mit einer kurzen Problemanalyse und erläutert in Kapitel 1, weshalb Bürgerbeteiligung zu den zentralen Zukunftsthemen für Politik und Verwaltung gehört. Das zweite Kapitel nennt Chancen und Risiken, die mit der zunehmenden bürgerschaftlichen Teilhabe verbunden sind. Im dritten Kapitel wird dargestellt, dass Beteiligung sich nicht in einzelnen Planungsvorhaben oder Projekten erschöpft. Partizipation muss zu einem festen Bestandteil der Verwaltungsarbeit und des Selbstverständnisses von Behörden werden. Kapitel 4 zielt auf die neue Rolle der Behörden ab. Hier wird dargelegt, welche Kompetenzen Verwaltungskräfte für das