Minimalinvasive nichtoperative Methoden in der Gesichtsästhetik: Vom Filler zum Fadenlift
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Über dieses E-Book
Dieses Buch beschreibt die Anwendungsmöglichkeiten von minimalinvasiven Maßnahmen ohne Skalpell und Endoskop als Alternative und Ergänzung zur ästhetischen Gesichtschirurgie. Es wird detailliert auf die anatomischen und histologischen Besonderheiten der ästhetischen Zonen des Gesichts und der beteiligten Gewebearten eingegangen. Das dargestellte Methodenspektrum erstreckt sich von ablativen Maßnahmen, etwa das chemische und mechanische Peeling sowie Laserbehandlungen, über Füllmaterialien zur Volumenaddition, wie zum Beispiel Hyaluronsäure, Calcium-Hydroxylapatit oder Eigenfett, bis zu Gewebsverlagerung über Fadenkonstruktionen mit Häkchensystemen und Systemen mit „cones“.
Als moderner Ansatz unter den minimalinvasiven Maßnahmen wird die Regeneration des Gewebes durch Stammzellen und Wachstumshormone dargestellt, wobei die Regeneration des Gewebes durch die Behandlung mit thrombozytenreichem Plasma (PRP), durch Needling-Verfahren oder Eigenfett aktiviert wird. Behandlungen mit Botulinumtoxin A zur Muskelrelaxation und zur Schweißdrüsenbehandlung, Kryolipolyse, die Fett-weg-Spritze und die transkutane Lipektomie erweitern die minimalinvasiven Möglichkeiten in der Gesichtsästehtik.Für Ärzte, die sich auf dem Gebiet der Minimalinvasiven, Plastischen und Ästhetischen Maßnahmen weiter bilden möchten.
Ergänzend zum gedruckten Werk finden Sie per App zahlreiche Videos, die die Verfahren in der Praxis zeigen.
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Buchvorschau
Minimalinvasive nichtoperative Methoden in der Gesichtsästhetik - Wolfgang Funk
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Funk, H.-R. Metelmann (Hrsg.)Minimalinvasive nichtoperative Methoden in der Gesichtsästhetikhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57375-4_1
1. Behandlungsaufgaben
Wolfgang Funk¹ , Martina Kerscher² und Heike Buntrock-Döpke³
(1)
Klinik für Plastische, Ästhetische und Wiederherstellungschirurgie, München, Deutschland
(2)
Institut für Biochemie und Molekularbiologie, Hamburg, Deutschland
(3)
Abteilung für Biochemie und Molekularbiologie, Fachrichtung Kosmetikwissenschaft, Hamburg, Deutschland
Wolfgang Funk (Korrespondenzautor)
Email: info@schoenheitsklinik.com
Martina Kerscher
Email: martina.kerscher@uni-hamburg.de
Heike Buntrock-Döpke
Email: heike.buntrock@chemie.uni-hamburg.de
1.1 Ästhetische Zonen des Kopf- und Halsbereiches
1.2 Ästhetische Indikation
1.3 Gesichtsbetrachtung
1.4 Alterungsprozess
1.4.1 Allgemein
1.4.2 Haut
1.4.3 Fett
1.4.4 Bindegewebe
1.4.5 Muskeln
1.4.6 Knochen
Weiterführende Literatur
1.1 Ästhetische Zonen des Kopf- und Halsbereiches
W. Funk
Als Behandler steht man bei jeder Patientin und jedem Patienten, der die plastisch-ästhetische Sprechstunde aufsucht, vor einer komplexen Herausforderung. Sie besteht darin, dass sich das Gesicht 1.) aus vielen ästhetischen Einheiten zusammensetzt und 2.) dass es eine Ausdrucksaddition von unterschiedlichen Gewebearten mit unterschiedlicher Hebekapazität und unterschiedlicher Stabilität und Dynamik ist. Die Haut als sichtbare Anatomie zeigt die Summe der unter ihr liegenden Strukturen. Und 3.) besteht die Herausforderung darin, das dreidimensionale Gesichtsmosaik in eine harmonische Einheit zusammenzuführen, in eine individuelle Identität.
Dieser komplexe Aufbau, an dem die Haut, das subkutane Fettgewebe, die Muskulatur, das Bindegewebe, die stabilisierenden tiefen Fettkörper und der Knochen beteiligt sind (◘ Abb. 1.1), ist nur selten mit einer einzigen Maßnahme zu therapieren. Verstärkt wird die Komplexität durch die unterschiedliche mimische Funktionalität und Expressivität, die nonverbalen Ausdrucksformen in den unterschiedlichen ästhetischen Gesichtszonen und – Einheiten (◘ Abb. 1.2).
../images/435814_1_De_1_Chapter/435814_1_De_1_Fig1_HTML.pngAbb. 1.1
Gewebeschichten des Gesichts
../images/435814_1_De_1_Chapter/435814_1_De_1_Fig2_HTML.jpgAbb. 1.2
Ausdrucksformen des Gesichts: 1. Überrascht 2. Skeptisch 3. Neutral 4. Heiter 5. Abwägend
Das obere Gesichtsdrittel, das sich vom Haaransatz bis zur Glabella ausdehnt, ist als Repräsentant der Emotion (Ärger, Erschrockenheit etc.) zu sehen. Es folgt das mittlere Gesichtsdrittel, das sich von der Glabella bis zur Columella ausdehnt. In diesem Abschnitt kommen hauptsächlich Jugend oder Alter, Frische oder Müdigkeit zum Ausdruck. Das untere Gesichtsdrittel, welches sich von der Columella bis zur Kinnspitze ausdehnt, zeigt in seiner individuellen Unterkieferausprägung Stärke oder Schwäche, zusätzlich auch Grimmigkeit (◘ Abb. 1.3 und 1.4). Der Hals erstreckt sich vom Mentum bis zum Jugulum, wobei die horizontale Form vom Mentum bis zum Kehlkopf und die vertikale Form vom Kehlkopf bis zum Jugulum zu differenzieren sind. Der Hals als Ganzes zeigt in seiner Gestalt und Hautqualität das Alter in Reinform (◘ Abb. 1.5).
../images/435814_1_De_1_Chapter/435814_1_De_1_Fig3_HTML.jpgAbb. 1.3
Zonale Anatomie. Allgemeine Darstellung des oberen, des mittleren und des unteren Gesichtsdrittels, die spezielle Unterteilung nach Terino mit den Bewertungsregionen 1, 2, 3 ,4 und 5
../images/435814_1_De_1_Chapter/435814_1_De_1_Fig4_HTML.jpgAbb. 1.4
Die Gesichtsdrittel und die Dominanzzonen (Beschreibung der Haupt-nonverbalen-Kommunikationsaussagen des Gesichts von der Emotion in der Stirn bis zur Stärke im Unterkieferbereich) und der Halsbereich, die Dominanzzone des Alters in Reinform (Hautqualität, Platysma-„bands" und Fettverteilung)
../images/435814_1_De_1_Chapter/435814_1_De_1_Fig5_HTML.jpgAbb. 1.5
Veränderungen des alten Gesichtes gegenüber dem jungen Gesicht. Darstellung der Alterszeichen mit Verlängerung des Unterlids, Skelettierung der anatomischen Gesichtseinheiten von Muskeln, Fettkörpern und Knochen und undefinierter Unterkieferlinie. Die „Inseldominanz" (Berg- und Talrelief) beherrscht das alternde Gesicht
Die Nase verstärkt oder verändert den Primärausdruck des Gesichts, je nach Ausprägung z. B. als Höcker-, Lang- oder Stupsnase oder in klassischer Ausprägung. Das Ohr unterstreicht speziell mit dem Ohrläppchen je nach Vollheit oder Schlaffheit Jugendlichkeit oder Alter . Das Haarbild, ob durchsichtig, voll, glänzend oder stumpf, ist für sich selbst zu beurteilen und unterstreicht immer mit den unterschiedlichen Qualitäten den Gesundheitseindruck, es kann auch Spiegelbild der aktuellen Emotion sein. Die Zähne sind immer ein mit Emotion verbundener Blickfang, sobald sie gezeigt werden, im Lächeln wie im Drohen.
Die plastisch-ästhetische Gesichtschirurgie hat es also nicht nur mit gewebetechnischen Aspekten einer Verbesserung des Aussehens zu tun, sondern es geht auch um ein therapeutisches Konzept, das die emotionale Ausstrahlung und Bewertung eines Gesichtes mitberücksichtigt. Die nonverbale Kommunikationsfähigkeit darf nicht beeinträchtigt werden, außer, es ist dies ausdrücklich erwünscht.
1.2 Ästhetische Indikation
W. Funk
Die Basis allen ärztlichen Handelns ist die Indikation. Die unterschiedlichen Therapiekonzepte müssen auf die Indikation eingehen und dem ärztlichen Leitsatz folgen, dass die Therapie nicht schädigen darf. Die Indikation beinhaltet in der ästhetischen Medizin sowohl subjektive, als auch objektive Beurteilungen.
Der Schwerpunkt in der Erstkonsultation besteht in der differenzierten Bewertung des Gesichtsausdrucks durch den Arzt (objektiv) und den Patienten (subjektiv). Der Patient beschreibt seine anatomischen Veränderungen, die sehr oft durch die Ausdrucksaddition der unterschiedlichen Gewebe entstehen, emotional und subjektiv. Der Arzt bewertet die emotionalen Aussagen des Patienten als Wegweiser und untermauert seine Indikationsstellung mit der medizinischen Einschätzung objektiv. Der Arzt muss die subjektiven Aussagen des Patienten „übersetzen".
Subjektive Äußerungen und objektive Indikationsstellung des Behandlungsorts ◘ Tab. 1.1, 1.2 und 1.3.
Tab. 1.1
Emotionale Diagnose mit anatomischer Relation [Quelle: Lasermedizin in der Ästhetischen Chirurgie, Metelmann, Hammes, S. 137 Tab. 10.1]
Tab. 1.2
Im mittleren Gesichtsdrittel ist vor allem die Alters- oder Jugenderscheinung des Gesichtes repräsentiert. Ausdruckgebend sind die Vollheit und die übergangslosen Flächen in der Jugend und die Leere und die Inselkonturierung im Alter
Tab. 1.3
Subjektiver Eindruck des unteren Gesichtsdrittels und des Gesamtgesichts mit objektiver Beurteilung
In der ästhetischen Beurteilung muss der behandelnde Arzt auch das Persönlichkeitsprofil des Patienten berücksichtigen, liegt z. B. eine Psychose vor, das Dorian-Gray Syndrom, eine Dysmorphophobie? Handelt es sich um einen S.I.M.O.N.-Patienten (single immature male overlay expectant narcissistic)? Sind die Ergebnisvorstellungen einfach unrealistisch? Zu berücksichtigen sind auch frühere Behandlungen und Operationen und wie der Patient diese Ergebnisse beurteilt. Äußert er sich über die vorhergehenden Operationen: „furchtbar, entstellend, sieht grausam aus"? Kann man dieser Beurteilung unter medizinischer Berücksichtigung des Ergebnisses in keiner Weise folgen, so muss man eine erneute Behandlung unter strengste Beurteilungsrestriktionen setzen. Anamnestisch abzufragen sind auch familiäre oder Partnerdifferenzen, die den Operationswunsch fördern könnten. Sind lauter derartige Warnzeichen erkennbar, sollte eine ästhetische Behandlung auch bei nachvollziehbarer Indikation neu überdacht werden. Eventuell ist eine psychotherapeutische Zweitmeinung sinnvoll.
Wenn die Indikation gegeben ist, kommt das ganze Behandlungsspektrum aus dem plastisch-ästhetischen, minimalinvasiven Behandlungskomplex zum Tragen.
Da es bei ästhetischen Indikationsstellungen im Gesicht oft um sich an der Hautoberfläche ausprägende Gewebsdefizite geht, z. B. Volumenmangel, Einfaltungen durch Muskelüberaktivität, eine Gewebeverlagerung oder auch eine kutanen Pathologie in Form von Seborrhoe oder Kollagenasen oder Aknenarben, können entsprechend eine Fillertherapie, eine Behandlung mit Botulinumtoxin, ein Fadenlift oder Peeling und Dermabrasio gleichzeitig zur Anwendung kommen. Neuzeitliche Behandlungskonzepte schließen auch die Regeneration unterschiedlicher Gewebetypen mit ein, und somit kommt bei trockener, schlaffer und faltige Haut die PRP- (platelet rich plasma) , Eigenfett -(Nano- und Mikrofett) und Needling-Behandlung zum Einsatz. Selten kann eine Indikation mit einer Monotherapie behandelt werden, z. B. wird bei der Glabellarfalte, die durch überaktive mimische Muskultur entstanden ist, bei nicht befriedigender Entspannung unter Botulinumtoxin-Einwirkung nach vierwöchiger Wartezeit eine Fillertherapie ergänzt, um zuletzt ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen.
1.3 Gesichtsbetrachtung
W. Funk
In der menschlichen Entwicklungsgeschichte hat das Auge des Gegenübers gelernt, unsere Gesichtsstrukturen zu scannen, also nach Signalen unterschiedlicher Wertigkeit abzusuchen. Entwicklungsgeschichtlich war es von Interesse, das Gesicht des Gegenübers nach Gefahr oder Nichtgefahr einzuteilen. Nach dem Blick auf das gesamte Gesicht wurde sofort die Zone der Hauptaggressionszeichen (Fletschen der Zähne), also die Mundpartie (Regio oralis) bewertet, danach wurden die Zone der ausgeprägten Stärke (das Untergesicht) und erst danach das Obergesicht als emotionaler Wegweiser betrachtet. Unseren Vorfahren ging es in bestimmten Momenten nicht um Schönheit, sondern um Bedrohlichkeit.
Erst mit Entwicklung der ersten Zivilisationen bekam das Scanning eine zusätzlich ästhetische Bewertung.
Forschungen von Forte aus dem Jahr 2015 bestätigen ein Ranking bestimmter Gesichtsregionen und mimischer Signale, wenn es um die Einschätzung des Gegenübers hinsichtlich Alter, Attraktivität und Müdigkeit geht.
In der Studie wurde gezeigt, dass bei der Bewertung des Alters die Frontalansicht an erster Stelle steht (◘ Tab. 1.4). Danach folgt das Mittelgesicht mit seiner jugendlichen Vollheit oder mit der Skelettierung des Alters. Die anderen Untereinheiten des Gesichts, wie das untere Drittel und das obere Drittel, folgen direkt in der Bewertungsskala. Interessant ist, dass in der Oralregion und auch in der Stirnregion das Faltenrelief sehr weit vorne in der Bewertung für das Alter liegt.
Tab. 1.4
Ranking hinsichtlich des Alters in der Frontalansicht
In der Seitenansicht wird bei der Alterseinschätzung und der Bewertung eines attraktiven Äußeren (◘ Tab. 1.5) der Blick zunächst auf die Unterkieferlinie und auf die Halsform gerichtet. Hier steht der sogenannte Truthahnhals mit der undefinierten Unterkieferlinie ganz vorn in der Beurteilung, danach folgt das Faltenrelief an den Augen und an den Lippen. An Position 5 in der Attraktivitätsbeurteilung ist die Unterlidhernierung herauszuheben. Diese Unterlidhernierung ist bei der Müdigkeitsbeurteilung in der Seitenansicht auf Platz 1, danach folgen die Falten an den Augen, und nicht signifikant ist die Anatomie des Halses. Interessant bei der Attraktivitätsbeurteilung ist, dass die Verlängerung des Ohrläppchens unter den ersten 10 Basispunkten steht (◘ Tab. 1.6 und 1.7).
Tab. 1.5
Ranking hinsichtlich des Alters in der Lateralansicht
Tab. 1.6
Ranking hinsichtlich der Attraktivität in der Frontalansicht