Mitarbeiter (ein)binden und gewinnen: Nachhaltige Strukturen für Seniorenheime zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität
Von Lukas Rottmann und Daniel Witte
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Über dieses E-Book
In diesem essential finden Sie zur Bestimmung der eigenen Arbeitgeberattraktivität in der Pflegebranche eine Analyse als Startpunkt. Das Identifizieren von Stärken und Schwächen der eigenen Einrichtung ermöglicht, unter Einbeziehung der Mitarbeiter, strategische Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen. Dabei helfen verschiedene Bausteine für die interne Kommunikation, die ein wertschätzendes und konstruktives Miteinander fördern. Für die Umsetzung in Senioreneinrichtungen beinhaltet das essential 21 praktische Checklisten sowie 16 „Werkzeuge“ (Leitfäden, Handouts, Vordrucke und Fragebögen), um Stück für Stück mit einfachen Mitteln nachhaltige Strukturen etablieren zu können. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und eines schlechten Image der gesamten Branche: Um Pflegekräfte zu gewinnen und langfristig binden zu können, müssen Seniorenheime attraktive Arbeitgeber sein.
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Buchvorschau
Mitarbeiter (ein)binden und gewinnen - Lukas Rottmann
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
Lukas Rottmann und Daniel WitteMitarbeiter (ein)binden und gewinnenessentialshttps://doi.org/10.1007/978-3-658-23482-9_1
1. Einleitung
Lukas Rottmann¹ und Daniel Witte¹
(1)
Beratung für praktische Wirtschaftspsychologie, theoretisch praxisnah, Kassel, Deutschland
Lukas Rottmann (Korrespondenzautor)
Email: kontakt@theoretischpraxisnah.net
Daniel Witte
Email: kontakt@theoretischpraxisnah.net
Natürlich interessiert mich die Zukunft. Ich will schließlich den Rest meines Lebens darin verbringen (Mark Twain).
1.1 Chancen und Risiken der Pflegebranche
Die Gesellschaft wird älter
Die Auswirkungen des demografischen Wandels sind in Deutschland immer mehr zu spüren – vor allem in der Pflegebranche: Zum einen steigt die Anzahl der Pflegebedürftigen. Laut dem statistischen Bundesamt waren es Ende 2015 rund 2,9 Mio. Menschen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetztes (SGB XI) – Tendenz steigend. Bis zum Jahr 2030 wird die Anzahl der Pflegebedürftigen auf über 3,4 Mio. geschätzt. Zum anderen wirkt sich der demografische Wandel auch auf die Pflegenden selbst aus: Die Belegschaften werden älter und weniger junge Menschen beginnen eine Pflegeausbildung. In der Alten- und Krankenpflege sind laut der Bundesagentur für Arbeit bereits jetzt 36.000 Stellen unbesetzt (Groll 2018). Je nachdem, welche Zukunftsszenarien durchexerziert werden, wird laut der Bertelsmann Stiftung bis zum Jahr 2030 eine Personallücke von knapp 500.000 Stellen erwartet (Rothgang et al. 2012).
Die Pflege wird komplexer
Nicht nur, dass die Quantität der Pflegebedürftigen steigt, auch die Anforderungen an die Qualität der Pflege wachsen. Die höhere Lebenserwartung der Menschen führt zu vermehrten chronischen Erkrankungen und Multimorbidität. Dies zeigt sich in den Seniorenheimen durch eine rasante Zunahme der Menschen in den Pflegestufen 2 und 3, die an psychischen Störungen, wie Demenz und Depressionen erkrankt sind. Die Anforderungen sind so weit gestiegen, dass eine Pflegeausbildung lediglich Grundkenntnisse vermitteln kann. Fort- und Weiterbildungen werden durch neue Krankheitsbilder, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und neue Therapiemöglichkeiten sowie sich stetig verändernde Pflegestandards unabdingbar (Badel et al. 2015).
Zwang zur Wirtschaftlichkeit der Pflegeeinrichtungen
Damit zusammenhängend hat sich auch das Bild der stationären Altenpflege in den letzten Jahren gewandelt – weg von einer allein karitativen Einrichtung, hin zu einem modernen Dienstleistungsgewerbe. Bewohner und Angehörige sind die Kunden, die für ihre Kosten eine angemessene Qualität erwarten. Preis und Leistung werden immer bedeutender und zwingen Pflegeeinrichtungen wirtschaftlicher zu werden. Die Mitarbeiter bleiben der wichtigste Erfolgsfaktor. Pflegeeinrichtungen, die zur kurzfristigen Gewinnmaximierung am „Kostenfaktor Personal" einsparen wollen, werden langfristig nicht bestehen können. Ein nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg hängt vor allem mit der Zufriedenheit der Bewohner und deren Angehörigen zusammen, weshalb professionelle, zufriedene und motivierte Mitarbeiter eine notwendige Bedingung sind (Zietzschmann 2005).
Pflegeberufe sind überdurchschnittlich belastend
Die Erwerbstätigenbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zeigt, dass die körperlichen, psychischen und zeitlichen Arbeitsbedingungen in der Pflege im Durchschnitt belastender als in anderen Berufsgruppen sind. Insbesondere die tägliche Arbeit von Altenpflegern zeichnet sich durch körperliche Belastungen, wie Arbeiten im Stehen, häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten aus. Überdurchschnittlich hohe psychische Belastungen entstehen u. a. dadurch, dass oft verschiedene Arbeiten gleichzeitig verrichtet werden müssen und ein starker Termin- und Leistungsdruck besteht. Dazu kommen weitere zeitliche Belastungsfaktoren, wie lange und unregelmäßige Schichtarbeit sowie Pausenausfälle aufgrund hoher Anforderungen der täglichen Arbeit. Die Folge sind weniger Erholungsmöglichkeiten und eine Einschränkung des Soziallebens (Lohmann-Haislah 2012).
Das Image des Pflegeberufs
Dauerhaft hohe Arbeitsbelastungen wirken sich nicht nur negativ auf die Gesundheit, Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter aus, sie sind auch das Kernproblem des negativen Images des Pflegeberufs. Auch wenn die tägliche Arbeit der Pfleger in der breiten Öffentlichkeit Vertrauen genießt und als Zukunftsberuf angesehen wird, gilt das Berufsbild der Pflegekraft als nicht sonderlich attraktiv. Dies hängt auch mit der mangelnden gesellschaftlichen Wertschätzung, den schlechten Gehaltsaussichten sowie geringen Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten zusammen. Negative Medienberichterstattungen einzelner „Pflege-Skandale" beeinflussen zusätzlich die öffentliche Wahrnehmung, sodass sich viele Schüler bewusst gegen eine Pflegeausbildung entscheiden (Bomball et al.