Tauchmedizin: Grundlagen, Sicherheit, Technik, Notfälle und Reisemedizin für Tauchmediziner, Berufstaucher und Tauchlehrer
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Über dieses E-Book
Dieses Buch liefert aktuelles Wissen rund um die Tauchmedizin und das Tauchen und wendet sich an alle Tauchmediziner, Berufstaucher und Tauchlehrer. Es umfasst nicht nur die klassischen Bereiche der Tauchmedizin, sondern auch angrenzende Bereiche wie Tauchgeschichte, Ausrüstung, Wiederbelebung, umwelt- und atemgasbedingte Schädigungen, Tauchtauglichkeit sowie reisemedizinische Aspekte. Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieses Buches ist auch die ausführliche Darstellung der modernen Dekompressionstheorie.
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Buchvorschau
Tauchmedizin - Olaf Rusoke-Dierich
Olaf Rusoke-Dierich
TauchmedizinGrundlagen, Sicherheit, Technik, Notfälle und Reisemedizin für Tauchmediziner, Berufstaucher und Tauchlehrer
Mit 215 größtenteils farbigen Abbildungen
../images/416377_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.pngOlaf Rusoke-Dierich
Queensland, Australien
ISBN 978-3-662-49853-8e-ISBN 978-3-662-49854-5
https://doi.org/10.1007/978-3-662-49854-5
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Grafiken (Autorenvorlagen): Olaf Rusoke-Dierich, Douglas QLD, Australien
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Danksagung
Vielen Dank an meine Frau Judith, für ihre Unterstützung und Motivation!
Vielen Dank an meinen Vater Wolfgang Dierich. Er selbst hat verschiedene Bücher geschrieben. Er verfasste unter anderem „Das große Handbuch der Flieger". Er inspirierte und ermutigte mich, in seine Fußstapfen zu treten.
Vielen Dank an Dr. med. Peusch-Dreyer, Dr. med. Gensler und Dr. med. Lutz, die mir die Möglichkeit gaben, in einer Druckkammer zu arbeiten.
Vielen Dank an Hubertus Bartmann, der mir die Möglichkeit gab, meine ersten Kapitel Tauchphysiologie und Tauchmedizin in seinem Taucherhandbuch im ecomed-Verlag zu veröffentlichen.
Ganz herzlichen Dank an Frau Dr. Kahl-Scholz für das Lektorat. Sie gab mir gute Anregungen und verlieh dem Buch die sprachliche Finesse.
Ebenso vielen Dank an Frau Molina. Sie stand mir stets mir Rat und Unterstützung bei der Textkorrektur zur Seite; weiterhin hat Sie mich bei der Bereitstellung der Abbildungen des ecomed-Verlags maßgeblich unterstützt.
Vielen Dank an den ecomed-Verlag für die Genehmigung zur Verwendung diverser Bilder.
Ganz besonderen Dank an Dr. Bruce Wienke, der das RGBM ausgearbeitet hat und maßgeblich an der Erstellung der heutigen Tauchcomputer-Algorithmen beteiligt war und ist. Dank ihm und seiner Hilfe ist das Kapitel der Dekompressionstheorie ausführlich und detailliert geworden.
Vielen Dank an Herrn Treiber, Frau Dr. Krätz und Frau Karg für das reibungslose Erstellen dieses Buches. Ich fand viel professionelle und freundliche Unterstützung bei diesem Projekt.
Herzlichen Dank an die Firma Mares für die wunderbaren Unterwasserfotografien.
Vielen Dank an den Erfinder des Internets. Wenn man auch die Informationen kritisch sehen muss, es macht die Recherche so viel leichter.
Vielen Dank auch an die Leser.
Vorwort
Als ich als Student von 1994 bis 1996 die Kapitel im Taucher-Handbuch des ecomed-Verlages schrieb, versuchte ich einen Kompromiss zwischen „leicht verständlich und „medizinisch
zu schaffen. Derzeit war ich eifrig beim Tauchen als Divemaster und mein Lieblingsziel war das Rote Meer. Beim Apnoe- oder Scubatauchen war ich in meinem Element. Schon damals habe ich die weiteren Kapitel Tauchgeschichte, Physik, Ausrüstung weitergeschrieben. Als junger Arzt und Vater habe ich allerdings zu wenig Zeit gehabt, dies weiterzuverfolgen. Nach dem Studium habe ich erst in Bremen und dann in Hamburg in einer Tauchdruckkammer gearbeitet. Dann hat es mich nach Australien verschlagen und die Arbeit wurde nicht weniger. Ich habe einige Jahre in der Notfallaufnahme gearbeitet. Zwischenzeitlich hatte ich meine Promotionsarbeit geschrieben. Danach begann ich die Ausbildung zur Allgemeinmedizin und bin seitdem als Facharzt der Allgemeinmedizin in Australien tätig. In letzter Zeit habe ich das „alte" Buch wieder ausgegraben. Beim Überarbeiten habe ich die Wissensinhalte auf den neusten Stand gebracht und weitere Kapitel eingefügt. Ich hoffe allerdings, dass ich das Medizinische einfach, präzise und zugleich umfangreich darstellen konnte. Ich freue mich schon auf die E-Mail-Kommentare, die mir weitere Anregungen bringen werden, die Sie mir gerne unter olafstauchmedizin@yahoo.com.au zukommen lassen können.
Das Buch ist detailgetreu, beinhaltet eine Menge an Information, ist übersichtlich gegliedert und lässt sich (hoffentlich) gut lesen. Da ich mir das Gelesene immer bildlich vorstellen muss, habe ich das Buch durch viele Bilder ergänzt. Die teilweise komplexen Inhalte der Gasblasentheorien waren faszinierend. Ich habe versucht, den Kern herauszuschälen und die wichtigsten Inhalte einzubringen.
Nach all dem Schreiben über das Tauchen kann ich mich jetzt wieder auf das Wesentliche konzentrieren und meine Flossen auspacken! Viel Spaß beim Lesen!
Olaf Rusoke-Dierich
Australien
im Frühsommer 2017
Die Darstellung von manchen Formeln und Strukturelementen war in einigen elektronischen Ausgaben nicht korrekt, dies ist nun korrigiert. Wir bitten damit verbundene Unannehmlichkeiten zu entschuldigen und danken den Lesern für Hinweise.
Über den Autor
../images/416377_1_De_BookFrontmatter_Fig1_HTML.jpgOlaf Rusoke-Dierich
Als junger Arzt arbeitete Dr. Olaf Rusoke-Dierich einige Jahre an Tauchdruckkammern in Bremen und Hamburg und vertiefte dort seine Kenntnisse in Sachen Tauchmedizin. 2003 wanderte er nach Australien aus und arbeitete dort im Norden von Brisbane einige Jahre in verschiedenen Notfallaufnahmen. In dieser Zeit erfolgte auch seine die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin, auf die schließlich die Facharztausbildung folgte. Nach mehrjähriger medizinischer Tätigkeit wechselte er schließlich zur Australian Defence Force (ADF). Seine in den letzten Jahren publizierten Arbeiten hat er so lange ständig aktualisiert, ergänzt und erweitert, bis daraus das aktuell veröffentlichte Grundlagenwerk zur Tauchmedizin wurde. Mit seiner Familie und seinen Freunden geniesst er seinen australischen Traum vom Leben.
Abkürzungverzeichnis
ABC
Grundausrüstung des Tauchens
ABT
Grundzeit (Actual Bottom Time)
ADH
Anti-Diuretisches Hormon
AED
Automatisierte Externe Defibrillation
AGE
Arterielle Gasembolie
ANP
Atrial Natriuretic Peptide
ANS
Autonomes Nervensystem
ARDS
Acute Respiratory Distress Syndrome
ASTM
Asymmetric Tissue Model
ATM
Atmosphäre (Druckeinheit)
AV
Artrioventrikulär
BCD
Boyancy Control Device (Tarierweste)
BHR
Bronchiale Hyperreaktivität
BNP
Brain Naturietic Peptide
BMI
Body Mass Index
BT
Barotrauma
CaCO3
Kalziumkarbonat
CAGE
Zerebrale arterielle Gasembolie (Cerebral Arterial Gas Embolism)
Ca
Kalzium
CT
Computertomographie
CO 2
Kohlendioxid
COPD
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (Chronic Obstructive Pulmonary Disease)
CPR
Herz-Lungen-Wiederbelebung (Cardio Pulmonary Resuscitation)
DAN
Divers Alert Network
DBT
Barotrauma des Zahnes (Dental Barotrauma)
DCI
Dekompressionserkrankung (Decompression Illness)
DCS
Dekompressionserkrankung (Decompression Sickness)
DM
Diffusionsmodel
DON
Dysbare Osteonekrose
EAD
Equivalent Air Depth
EAN
Sauerstoff-Stickstoff Gemisch (Enriched Air Nitrox)
END
Equivalent Narcotic Depth
ECHM
European Committee for Hyperbaric Medicine
EDTC
European Diving Technology Committee
EEG
Elektroenzephalographie
EKG
Elektrokardiographie
ESD
European Scientific Diver
EOS
Equation of state
FEV 1
Einsekundenkapazität (Forced Expiratory Volume)
FSW
Feet of sea water
FVC
Forcierte Vitalkapazität (Forced Vital Capacity)
GIBT
Gastrointestinales Barotrauma
GTÜM
Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin
HBO
Sauerstoffüberdrucktherapie (Hyperbaric Oxygenation)
H 2
Wasserstoff
He
Helium
HNO
Hals-Nasen-Ohren
HPNS
High Pressure Nervous-Syndrome
HSA
Handicapped Scuba Association
IAHD
International Association of Handicapped Divers
IAND
International Association of Nitrox Divers
IANTD
International Association of Nitrox and Technical divers
IDA
International Divers Association
IEBT
Inner Ear Barotrauma
IEDCS
Inner Ear Decompression Sickness
LEM
Linear-Exponential Model
LEPM
Linear-Exponential Phase Model
MOD
Maximum Operation Depth
MRT
Magnetresonanztomographie
MSW
Meter of Sea Water
MTM
Multitissue-Model
N 2
Stickstoff
NBO
Normobare Sauerstofftherapie
Nitrox
Stickstoff-Sauerstoff Gemisch
np
Negative pressure
O 2
Sauerstoff
OBT
Augen-Barotrauma (Ocular Barotrauma)
OTU
Einheit für pulmonale Sauerstoffintoxikation (Oxygen Tolerance Unite)
PADI
Professional association of Diving Instructors
PBT
Lungenbarotrauma (Pulmonary Barotrauma)
pCO 2
Kohlendioxidpartialdruck
pO 2
Sauerstoffpartialdruck
pN 2
Stickstoffpartialdruck
PEEP
Positive endexpiratory pressure
PEF
Peak expiratory flow
PFO
Offenes Foramen ovale (Patent Foramen Ovale)
pH
Säure-/Basenmaß
PSBT
Nasennebenhöhlen-Barotrauma (Paranasal Sinus Barotrauma)
pp
Positive pressure
PSS
Übersättigungsgradient (supersaturation pressure)
PUS
Untersättigungsgradient (undersaturation pressure)
RDP
Recreational dive planner
RGBM
Reduced Gradient Bubble Model
RV
Residualvolumen
SBT
Haut Barotrauma (Skin Barotrauma)
SCUBA
Self-Contained Underwater Breathing Apparatus
SPGM
Split Phase Gas Model
SSI
Scuba Schools International
TBDM
Tissue Bubble Diffusion Model
TBT
Trommelfell Barotrauma
TK
Totale Lungenkapazität
TM
Thermodynamic Model
UV
Ultraviolette Strahlung
VC
Vitalkapazität
VGE
Venöse Gasembolie
VPM
Variable Permeability Model
ZNS
Zentrales Nervensystem
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung
1 Geschichte des Tauchens 3
1.1 Tauchen in der Antike 4
1.2 Tauchen im Mittelalter 5
1.3 Das Jahrhundert der Physiker 6
1.4 Das Zeitalter der Aufklärung 8
1.5 Tauchen im Jahrhundert der Industrialisierung 9
1.6 Tauchen im 20. Jahrhundert 11
II Equipment und Technik
2 Tauchausrüstung 17
2.1 ABC-Ausrüstung 18
3 Gerätetauchen 23
4 Tauchtabellen und Tauchcomputer 29
4.1 Praktische Anwendung von Tauchtabellen und -computern 30
5 Tech-Diving 33
III Tauchphysik
6 Zusammensetzung der Atemluft 41
7 Druck 43
8 Physikalisches Verhalten von Gasen 47
8.1 Gesetz von Dalton 48
8.2 Gesetz von Henry 48
8.3 Gesetz von Boyle-Mariotte 50
8.4 Das 1. Ficksche Diffusionsgesetz 51
8.5 Gesetz von Gay-Lussac 52
9 Dekompressionstheorie 55
9.1 Klassische Dekompressionstheorie 56
9.2 Moderne Dekompressionstheorie 56
10 Gesetz von Archimedes 77
11 Veränderungen des optischen und akustischen Verhaltens unter Wasser 79
12 Wärmeleitfähigkeit 83
13 Umrechnungstabellen für physikalische Maßeinheiten 85
IV Tauchphysiologie und -anatomie
14 Herz-Kreislauf-System 91
14.1 Herz 92
14.2 Blutgefäße 96
14.3 Durchblutung 98
14.4 Nervale und hormonelle Einwirkungen 99
14.5 Blutdruck 99
14.6 Blut 100
15 Atmung 103
15.1 Lunge und Atmungsmechanik 104
15.2 Regulation der Atmung 105
15.3 Alveolärer Gasaustausch 106
15.4 Innere Atmung 109
15.5 Lungendurchblutung/-ventilation 110
15.6 Druck-Volumen-Beziehung von Lunge und Thorax 112
16 Nervensystem 113
16.1 Die Nervenzelle 114
16.2 Ruhemembranpotential/Aktionspotential 116
16.3 Peripheres Nervensystem (PNS) 118
16.4 Zentrales Nervensystem (ZNS) 118
16.5 Vegetatives Nervensystem 123
17 Sinnesorgane 127
17.1 Das Auge 128
17.2 Das Ohr 129
17.3 Haut 131
18 Energiehaushalt 135
19 Ernährung 139
20 Wärmehaushalt 143
21 Säure-/Basenhaushalt 145
21.1 Metabolische Azidose (Tab. 21.2) 146
21.2 Respiratorische Azidose (Tab. 21.3) 147
21.3 Metabolische Alkalose (Tab. 21.4) 147
21.4 Respiratorische Alkalose (Tab. 21.5) 147
V Tauchmedizin
22 Barotrauma 151
22.1 Barotrauma des Ohres 153
22.2 Barotrauma der Lunge (PBT = Pulmonary Barotrauma) 159
23 Dekompressionskrankheit (DCS = Decompression Sickness) 183
23.1 Ätiologie und Pathogenese 185
23.2 Neurologische Manifestationen 194
23.3 Chokes 198
23.4 „Taucherflöhe – Skin Bends": Kutane Dekompressionskrankheit (CDCS = Cutaneous Decompression Sickness) 199
23.5 Lymphatische DCS (LDCS = Lymphatic Decompression Sickness) 200
23.6 Kontaktlinsen und Dekompression 200
23.7 „Bends": akute dysbare Osteoarthralgien (ADOA = Acute Dysbaric Osteo-Arthralgia) 200
23.8 Innenohrbeteiligung bei Dekompressionsunfällen (IEDCS = Inner Ear Decompression Sickness) 200
23.9 Maßnahmen bei einem Dekompressionsunfall und hyperbare Sauerstoffbehandlung (HBO) 201
23.10 Prophylaxe einer DCS 219
23.11 Spätschäden 224
24 Atemgasbedingte Intoxikationen und Schädigungen beim Presslufttauchen 227
24.1 Stickstoff (N 2 ) – Inertgasnarkose (IGN) 229
24.2 High-Pressure Neurological-Syndrome (HPNS) 234
24.3 Sauerstoff (O 2 ) 234
24.4 Kohlendioxid (CO 2 ) 239
24.5 Kohlenmonoxid (CO) 241
24.6 Verunreinigungen der Atemluft 243
25 Apnoetauchen 245
25.1 Bewusstlosigkeit 246
25.2 Freitauchgrenze 249
25.3 Ertrinken 252
26 Schädigungen durch äußere Einflüsse 255
26.1 Thermisch bedingte Schädigungen 256
26.2 Hyperthermie 259
26.3 Dehydratation 261
26.4 Seekrankheit 265
26.5 Infektionen 265
26.6 Schädigungen der Haut 266
26.7 Schädigungen am Ohr 267
26.8 Weitere Schädigungen 267
27 Gefahren durch Meerestiere 271
27.1 Einleitung 272
27.2 Niedere Meerestiere 272
27.3 Fische 279
27.4 Seeschlangen 284
27.5 Krokodile 285
27.6 Verzehr von Meerestieren 286
28 Tauchtauglichkeit für Sporttaucher 289
28.1 Atemwegserkrankungen 290
28.2 Kardiovaskuläre Erkrankungen 293
28.3 Blutgefäße 293
28.4 Neuropsychiatrische Erkrankungen 294
28.5 Zentrales Nervensystem 294
28.6 HNO 295
28.7 Endokrine Erkrankungen 295
28.8 Blut 295
28.9 Magen-Darm-Trakt 295
28.10 Augen 296
28.11 Orthopädische Erkrankungen 296
28.12 Medikamente 296
28.13 Schwangerschaft 296
28.14 Adipositas 296
28.15 Kinder und Jugendliche 297
28.16 Tauchunfälle 297
29 Erste Hilfe 299
29.1 Herz-Kreislauf-Stillstand 302
29.2 Schock 312
30 Reisemedizin 321
30.1 Malaria 324
30.2 Andere durch Moskitos übertragene Krankheiten 329
30.3 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes 332
30.4 Japanische Enzephalitis 333
30.5 Andere Tropische Krankheiten 334
30.6 Rabies 338
30.7 MERS 339
30.8 Tuberkulose 339
30.9 Reiseimpfungen 342
Serviceteil343
Tauchorganisationen und hilfreiche Links344
Literatur346
Stichwortverzeichnis359
IEinleitung
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
Olaf Rusoke-DierichTauchmedizinhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-49854-5_1
1. Geschichte des Tauchens
Olaf Rusoke-Dierich¹
(1)
Queensland, Australien
1.1 Tauchen in der Antike
1.2 Tauchen im Mittelalter
1.3 Das Jahrhundert der Physiker
1.4 Das Zeitalter der Aufklärung
1.5 Tauchen im Jahrhundert der Industrialisierung
1.6 Tauchen im 20. Jahrhundert
Tauchen ist keine Erfindung der heutigen Zeit. Da das Meer Unmengen von Nahrungsmitteln und Schätzen beherbergt, wurde es schon immer vom Menschen genutzt. Seit jeher gehörte Fisch zu unserer Nahrung. Muscheln, Perlen, Schwämme oder Färbemittel wurden mittels Tauchen aus dem Meer geborgen.
Um den Unterwasserraum zu erschließen, entwickelte der Mensch mehr oder weniger brauchbare Hilfsmittel. Bei dem Versuch, sich der Meere habhaft zu machen, ließen viele Menschen ihr Leben. Erst in diesem Jahrhundert machte es die Technik möglich, das Tauchen der breiten Masse zugänglich zu machen. Leider nicht nur zum Vorteil aller. Durch den Tauchtourismus wird dieser noch relativ unberührte Lebensraum teilweise empfindlich gestört. Vor allem die Rücksichtslosigkeit einiger der Natur gegenüber hinterlassen ihre Spuren. Aber auf der Gegenseite setzten sich auch immer mehr Menschen, die den Kosmos unter Wasser entdeckten, für den Erhalt der Natur ein, um dieses sensible Ökosystem zu erhalten.
1.1 Tauchen in der Antike
Das Tauchen in der Antike diente primär der Gewinnung von Nahrungsmitteln, Gebrauchsgegenständen und Schmuck. Zum Beispiel Purpur der Purpurschnecke war ein teurer, aber sehr beliebter Färbestoff für Textilien, der aus dem Meer gewonnen wurde. Nur den Bessergestellten war es vergönnt, sich die Kleidung in Purpur zu färben. Die gefärbten Kleidungsmittel signalisierten Macht und Geld. Zur Verzierung von Kunstgegenständen und zur Bereitung von Schmuck wurden Rohstoffe aus dem Meer, wie Korallen, Perlen und Perlmutt, verwandt. Frühe Funde aus der Archäologie in den Trümmern von Bismaya (Babylon) belegen, dass Perlmutt schon 4500 v. Chr. verfügbar war. Im alten Ägypten (ca. 3000 v. Chr.) gab es Perlmutt, Perlen, Schwämme, Purpur und Korallen. Diese stammten teilweise aus der Westküste Indiens, von wo sie importiert wurden. All dies deutet darauf hin, dass schon in dieser Zeit getaucht wurde, um diese Güter zu bergen.
Die ersten Berichte über das Tauchen stammten aus dem antiken Griechenland. Aristoteles beschrieb im 3. Jahrhundert vor Christus die Arbeit von Schwammtauchern. Man muss davon ausgehen, dass die Taucher damals Tauchtiefen von 30 Metern erreicht haben und dabei 2–3 Minuten unter Wasser blieben. Teilweise behalfen sich die Schwammtaucher mit Tauchglocken, die sie unter Wasser brachten, und verlängerten somit ihre Tauchzeit, indem sie aus dieser Tauchglocke atmeten. Mit Sicherheit gab es dabei viele Tauchunfälle, da über Tauchphysik damals nicht viel bekannt war. Es wurden sogar die ersten Dekompressionserkrankungen, vor allem Skelettveränderungen, von Aristoteles erwähnt.
Es gibt mehrere Belege aus der griechischen Geschichtsschreibung, wie zum Beispiel von Herodot und Thukydides , die den Einsatz von Tauchern zu kriegerischen Zwecken aufzeigen. Mit Schilfrohren, die als Schnorchel verwandt wurden, näherten sie sich unbemerkt den feindlichen Schiffen und kappten die Ankertaue. Die Schiffe trieben ab und liefen auf Grund oder zerschellten an den Klippen. Es sollen auch Tontöpfe oder Lederbeutel als Atemhilfen unter Wasser Anwendung gefunden haben. Ob dies wirklich geschah, ist jedoch zu bezweifeln, da durch den Auftrieb große Gewichtsmengen mitgeführt werden mussten und der Luftvorrat nur sehr begrenzt war. Es ist eher anzunehmen, dass die Beschreibung dieser Heldentaten einen dramaturgischen Effekt hatte.
Als Alexander der Große (Abb. 1.1) im Jahre 335 v. Chr. Elefanten beobachtete, die durch tiefes Gewässer wateten und Luft durch ihren Rüssel, der als Schnorchel diente, atmeten, wurde in ihm das Interesse an der Unterwasserwelt geboren. Nur wenig später wurden Taucherglocken aus Holz zu militärischen Zwecken konstruiert. Diese „cymbas amphidromes" ähnelten einem etwa 2 Meter großen Holzfass, das mit Pech abgedichtet und mit Bronzebändern zusammengehalten wurde. Die Öffnung zeigte nach unten. Von dort konnte man ein- und aussteigen. Im Innenraum befand sich eine Bank zum Sitzen. Alexander ließ sich mit seinem Begleiter Nearchos in dem Fass zu Wasser. Mit Kupferbarren und Steinen beschwert, sanken sie ab. Als sie wieder die Oberfläche erreichten, war Alexander Beschreibungen zufolge wohlauf, sein Begleiter jedoch, wohl infolge des Sauerstoffmangels, bewusstlos. Die beiden mussten unter Wasser beträchtliche Atemnot erlitten haben, da sie mit Sicherheit die Ausatemluft nicht aus dem Fass ausgeleitet haben. Durch das Ein- und Ausatmen in dem Fass stieg der Kohlendioxidanteil immer mehr an. Da nicht der Sauerstoff, sondern das Kohlendioxid den Atemanreiz verursacht, muss die Atemnot beträchtlich gewesen sein.
../images/416377_1_De_1_Chapter/416377_1_De_1_Fig1_HTML.jpgAbb. 1.1
Alexander der Große.
Andere Berichte über das Tauchen gab es auch aus dem alten Rom. Hier handelte es sich vornehmlich um den militärischen Einsatz von Tauchern. Plinius der Ältere prangerte an, dass sich die Menschen nicht nur der Nahrung wegen in Gefahr bringen, sondern auch der Eitelkeit wegen. Gemeint war dabei die Beschaffung der damaligen Luxusgüter, wie Purpur, Schwämme und Perlen. Auch im alten China musste das Tauchen bekannt gewesen sein, da auch hier Perlmutt, Korallen, Schwämme und Perlen breite Anwendung fanden.
1.2 Tauchen im Mittelalter
Im Mittelalter wurden einige Überlegungen angestellt, um Tauchgeräte für kriegerische Zwecke oder Bergung von Schätzen einzusetzen. Konrad Kyeser beschrieb 1405 in seinem Buch „Bellifortis" eine Tauchausrüstung. Der Tauchanzug sollte aus Leder gefertigt sein. Der Tauchhelm soll aus einem Metallhelm oder einer Lederhaube bestanden haben. Die Sichtfenster bestanden aus gewölbten Gläsern. Die Luftzufuhr wurde über einen langen Schlauch zur Oberfläche gesichert. Derartige Überlegungen und Berichte über einen solchen Tauchanzug lassen sich häufig zu verschiedenen Zeitepochen in der Geschichte finden. Er kam mit Sicherheit nicht zu seinem Einsatz, da ein solcher überlanger Schnorchel nicht zum Tauchen geeignet ist (Abb. 1.2). Die Lunge hätte nicht die Kraft, sich gegen den hohen Umgebungsdruck auszudehnen. Die Atmung wäre somit unmöglich. Dazu käme, dass die Lunge, in der sich ein Unterdruck befände, mit Blut und Gewebsflüssigkeit „volllaufen" und somit auch nachhaltig ein Zusammenbruch der Atmung bewirkt würde. Ein Tauchversuch mit einem solchen Tauchanzug wäre mit Sicherheit tödlich verlaufen.
../images/416377_1_De_1_Chapter/416377_1_De_1_Fig2_HTML.jpgAbb. 1.2
Taucher mit Schnorchel.
Der Venezianer Roberto Valturio stellte ähnliche Überlegungen zu einem ähnlichen Tauchanzug an. Zudem beschrieb er 1472 die Herstellung eines Tauchbootes, dass zur Durchquerung von Flüssen geeignet gewesen sein sollte. Dieses Tauchboot war jedoch nur theoretisch entworfen und wurde nie gebaut.
Selbst Leonardo da Vinci (1452–1519) entwarf Pläne in seinem „Codex Atlanticus für Tauchanzüge oder Tauchboote. Ob auch diese Entwürfe tauchtauglich waren, ist fraglich. Einige Erfindungen wollte er aber der Menschheit nicht zugänglich machen „wegen der bösartigen Natur der Menschen, die dann auf dem Meeresgrund morden würden, indem sie Schiffe von unten aufbrechen und sie zusammen mit den darin befindlichen Menschen untergehen ließen
. Wenn auch die Erfindungen nicht praktisch umsetzbar waren, so sind sie doch in schon fast prophetischer Weise ein Blick in die Zukunft über die Nutzung der Meere gewesen. 1531 baute Guglielmo de Lorena eine Taucherglocke mit einer Frontscheibe. Diese Tauchglocke reichte bis zur Hüfte und gestattete somit eine Arbeit mit den Händen unter Wasser. Mit dieser Art konnte bis maximal 20 Meter für kurze Zeit getaucht werden. Diese Tauchglocke wurde zu Bergungsversuchen von römischen Schiffen in den Seen südlich von Rom eingesetzt.
1.3 Das Jahrhundert der Physiker
Das 17. Jahrhundert wurde bestimmt von großen Erkenntnissen über physikalische Zusammenhänge in der Natur. In ganz Europa entwickelte sich der Drang, die Gesetzmäßigkeiten der Natur aufzudecken. Es wurden grundlegende Bausteine der heutigen Physik gelegt. Newton, Torricelli, Pascal, Fahrenheit und Halley sind nur einige der großen Denker dieses Jahrhunderts, die sich heute noch begrifflich der Physik zuordnen lassen.
Der italienische Mathematiker Evangelista Torricelli (1608–1647) entwickelte das Quecksilberbarometer (Abb. 1.3) und schuf somit ein Instrument, mit dem man Luftdruckschwankungen messen konnte. In eine Schale mit Quecksilber stellte er eine einseitig geschlossene 1 Meter lange Glasröhre, die zuvor vollständig mit Quecksilber gefüllt war. Durch die offene Seite, die nach unten gerichtet war, entwich jedoch nur ein Teil des Quecksilbers. Bei normalem Umgebungsdruck befand sich der Quecksilberspiegel bei 76 cm. Ihm zu Ehren wurde eine früher übliche Maßeinheit für Druck als „Torr" bezeichnet. 1 mm in der Quecksilbersäule (Hg) entsprach einem Torr.
../images/416377_1_De_1_Chapter/416377_1_De_1_Fig3_HTML.pngAbb. 1.3
Quecksilbersäule von Torricelli
$$1\,Torr = 1\,mmHg\, = \,133,322\,Pa$$(Gl. 1.1)
$$100\,kPa = 75,006\,Torr$$(Gl. 1.2)
Blaise Pascal (1623–1662), Sohn eines französischen Finanzbeamten, entwickelte schon früh sein mathematisch-physikalisches Talent. Mit 16 Jahren verfasste er seine erste Veröffentlichung über Kegelschnitte und prägte für die Nachwelt feste Begriffe der Geometrie. Mit 20 Jahren konstruierte er eine Rechenmaschine. Mit 23 Jahren begann er, sich den Gesetzmäßigkeiten der Natur, speziell dem Druckverhalten von Flüssigkeiten und Gasen, hinzugeben. Er beschäftigte sich unter anderem mit den sich ändernden Druckverhältnissen über und unter Wasser. Pascal entwickelte eine Formel, die den Druck beschreibt. Diese Formel wird heute als SI-Einheit für Druck verwandt. Mit ihr wird das Maß für den Druck festgelegt, der entsteht, wenn eine bestimmte Kraft (1 Newton) auf einen Quadratmeter ausgeübt wird.
$$1\,Pa = 1\,N\,(Newton){m^2}$$(Gl. 1.3)
Sir Isaac Newton (1642–1727) ist wahrscheinlich einer der bekanntesten Physiker. In seinem Buch „Philosophia Naturalis Principia Mathematica", das 1687 herausgegeben wurde, beschreibt er eine Vielzahl von physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die die Wissenschaft nachhaltig prägten.
Sir Robert Boyle (1627–1691), Sohn des Grafen von Cork, wurde in Irland geboren. In seinen Kinder- und Jugendjahren besuchte er verschiedene Schulen in der Schweiz, in Frankreich und Italien. Mit 19 Jahren zog er sich auf seinen gerade geerbten Landsitz nahe London zurück und setzte sein Vermögen in die Forschung ein. Mit anderen berühmten Wissenschaftlern der damaligen Zeit verschlug es ihn nach Oxford. Dort entdeckte er 1660 die Abhängigkeit zwischen Druck und Volumen bei Gasen. Sein erstes Werk im Bereich der Physik hieß: „New Experiments Physico – Mechanical, touching the Spring of the Air and its Effects; Made for the most Part, in a new pneumatical Engine" Boyle war ein Tüftler, der unermüdlich experimentierte. So bemerkte er eines Tages bei einer Schlange, die er kurz zuvor einer Druckentlastung aussetzte, ein eigentümliches Glimmern in den Augen, das er als Gasblasen erkannte. Vermutlich wurde die erste Dekompressionserkrankung somit wissenschaftlich dokumentiert: … what the air´s presence contributes to life, the little bubbles generated upon the absance of the air in the blod, juices, and soft parts of the body …; … disturb or hinder the due circulation of the blod, … what I once observed in a viper, … that it had manifestly a conspicious bubble moving to and from in the waterish humour of one of ist eyes.
Neben diesen Untersuchungen befasste er sich mit dem Salzgehalt der Meere. Der von ihm entwickelte Silbernitrattest wird auch heute noch zur Bestimmung des Chloridgehaltes von Seewasser eingesetzt. Das von ihm und zeitgleich von dem Franzosen Abbe Edme Mariotte (1620–1684) beschriebene Gesetz ist eines der wichtigsten Gesetze des Tauchens .
Das Boyle-Mariotte’sche Gesetz
$$p \times V = konstant$$(Gl. 1.4)
Alfonso Borelli (1608–1689) erfand einen Tauchapparat, um längere Zeit unter Wasser zu arbeiten. Dieser Apparat hatte schon eine getrennte Luft Ein- und -ausfuhr. Es handelte sich um einen Tauchanzug aus Leder mit einem Helm. Dieser Anzug war mit Klappriemen an den Füßen vorgesehen, sodass sich der Taucher wie ein Frosch fortbewegen konnte. Die Luft sollte über eine Öffnung im Helm eingesogen werden und über eine zweite nach außen geleitet werden. Ganz so tauglich schien der Tauchapparat nicht gewesen zu sein, da „ … merkliche Würkung der comprimierten Lufft auf solche beobachtete, welche sich mit der Taucherglocke ins Meer lassen, indem denselben im Anfange ehe sie es gewohnen, die Lufft das Blut zu den Mund, Ohren und Nasen heraustreibet."
Gabriel Daniel Fahrenheit (1686–1736), ein Glasbläser aus Deutschland entwickelte 1715 das erste Quecksilberthermometer. Die Einteilung der Temperaturskala ist heute noch in England und USA üblich. Fahrenheit hatte damals das Temperaturintervall zwischen einer Kältemischung aus Eis, Wasser und festen Salmiak (−17,8°C) und der Bluttemperatur des gesunden Menschen gewählt. Dieses Intervall wurde in 96 gleiche Abschnitte unterteilt. Heutzutage bedient man sich modernerer Mittel. Das Intervall erstreckt sich vom Eispunkt (32°F) bis hin zum Siedepunkt (212°F) des Wassers. Dieses Intervall wird in 180 Teile untergliedert. Diese Einheit wird dann als Fahrenheit Grade (°F) bezeichnet.
Anders Celsius (1701–1744), ein schwedischer Astronom, entwickelte eine andere Art der Einteilung zur Temperaturbestimmung. Diese Einteilung in Grad Celsius (°C) ist heute in weiten Teilen der Welt zur Temperaturbestimmung üblich.
Edmond Halley (1656–1742). Bei diesem Physiker assoziiert man vorrangig dem nach ihm benannten Kometen, der etwa alle 74 Jahre an unserem Firmament erscheint. Edmond Halley meldete erstmals, dass ein Versuch geglückt sei, eine Taucherglocke mit einem schlauchversorgten Tauchanzug zu verlassen (Abb. 1.4). Später kam er auf den Gedanken, die Taucherglocken mit Frischluft aus Fässern zu versorgen, die von der Oberfläche herabgelassen wurden. Bei Tauchtiefen unter 10 Metern wurde die Glocke direkt von der Oberfläche mit Luft versorgt. Die Luft wurde mit Blasebälgen über Lederschläuche in die Tauchglocke gepumpt. Verbrauchte Luft wurde über einen zweiten Schlauch nach außen befördert, beziehungsweise über ein Ventil abgelassen.
../images/416377_1_De_1_Chapter/416377_1_De_1_Fig4_HTML.jpgAbb. 1.4
Taucherglocke.
1.4 Das Zeitalter der Aufklärung
In dieser Zeit entstand ein Forscher- und Entdeckerdrang in der Wissenschaft. Auch in den Bereichen des Tauchens entwickelte sich die schon bekannte Technik immer weiter und wurde funktioneller. Dazu kam, dass sich die Erkenntnisse in der Physik ausweiteten und detailgenauer wurden und die Zusammenhänge der Naturgesetzmäßigkeiten immer klarer erschienen. Taucheranzüge, die den späteren Helmtauchanzügen sehr ähnlich waren, wurden entwickelt und auch mit Erfolg eingesetzt. Jacob Leupold schrieb 1715 in seiner umfangreichen Schrift („Theatrum pontificale") über das Tauchen und die Tauchglocken. Mit solchen Geräten, die einen Kupferhelm mit Sichtscheiben besaßen, konnte man, wie es aus den Berichten ersichtlich ist, schon über eine Stunde unter Wasser bleiben. Ein Verbindungsschlauch diente der Luftzufuhr, ein zweiter der Luftentsorgung und ein dritter der Sprachverständigung. Große Tiefen konnten aber noch nicht erreicht werden, da die Leistungen der Luftpumpen an der Oberfläche noch nicht ausreichten, um eine Luftversorgung in größeren Tiefen zu gewährleisten.
John Lethbridge entwarf 1749 einen Tauchapparat (Abb. 1.5), der ihn seinerzeit zu einem reichen Mann machte. Aus Geldnot heraus machte er sich Gedanken, wie er versunkene Schätze in der Themse bergen konnte. Sein Tauchapparat bestand aus einem etwa 2 Meter langen Eichenfass, an dessen Kopfende eine Sichtscheibe eingelassen war. Die Arme wurden durch eine mit Ledermanschetten bestückte Öffnung durchgesteckt. Somit konnten auch Arbeiten unter Wasser durchgeführt werden. Im Inneren herrschte auch während der Tauchgänge normaler atmosphärischer Luftdruck. Es handelte sich also um ein Mini-U-Boot. Die Tauchzeit und -tiefe waren jedoch begrenzt. Die Luft konnte nur an der Oberfläche erneuert werden. Somit musste laut Berichten nach spätestens 30 Minuten wieder aufgetaucht werden. Diese Tauchzeit scheint aber durch die hohen Konzentrationen von Kohlendioxid, die in dem Fass während des Tauchgangs entstand, recht hoch gegriffen. Die maximale Tauchtiefe lag bei etwa 21–22 Metern, da sich die Arme im Gegensatz zu dem restlichen Körper unter erhöhtem Umgebungsdruck befanden. Durch die daraus resultierende Kompression der Arme war die Blutzirkulation stark reduziert.
../images/416377_1_De_1_Chapter/416377_1_De_1_Fig5_HTML.jpgAbb. 1.5
Tauchapparat von Lethbridge.
1772 baute Ferminet einen Tauchanzug mit einem mitgeführten Luftvorrat. Der Luftvorrat wurde in einem beschwerten Behältnis unter Wasser gebracht. Von diesem Behältnis wurde der Tauchanzug mittels eines Federmotors mit Luft versorgt. Die Abluft wurde wieder dorthin zurückgeleitet. Somit war auch hier ein nur kurzer Zeitraum für das Tauchen möglich. Eine Weiterentwicklung von Ferminet war, dass sich das Luftbehältnis auf dem Rücken des Tauchers befand und ihn somit unabhängiger machte.
Jacques Charles (1746–1823) war ein französischer Physiker, der zeitgleich zu seinem Kollegen Joseph Gay-Lussac (1778–1850) den physikalischen Zusammenhang zwischen Temperatur und Gasvolumen beschrieb.
1774 entdeckten Joseph Priestley in England und gleichzeitig Carl Wilhelm Scheele in Schweden den Sauerstoff. Noch im gleichen Jahr empfahl man die Verwendung von reinem Sauerstoff in Taucherglocken.
John Dalton (1776–1844) beschrieb ein physikalisches Gesetz, das den Teildruck der einzelnen Gase eines Gasgemisches, also auch der Atemluft, erklärt. Der Gesamtdruck entspricht der Summe der Teildrücke der verschiedenen Gase.
Joseph Henry (1797–1878) war Uhrmacher und Silberschmied in Amerika. Später wurde er Professor für Mathematik und Naturwissenschaften. Er beschrieb unter anderem das Gesetz, dass das gelöste Gas proportional zu dem Umgebungsdruck steht und setzte damit einen Meilenstein in der für das Tauchen relevanten Physik.
August Siebe (1788–1872) ging als junger Mann nach England und eröffnete dort seine Werkstatt, in der bahnbrechende Erfindungen der Tauchtechnik entwickelt wurden. Aus dieser Werkstatt stammen die hydraulische Pumpe, ein Schweißgerät, eine Bogenlampe, eine Maschine zur Papierherstellung, ein Helmtauchsystem (Abb. 1.6) und Tauchpumpen (Hebel- und Kurbelpumpen). Diese Erfindung und ihre Weiterentwicklung waren in den frühen Jahren des Tauchens allgegenwärtig. Helmtaucher wurden mit solchen Pumpen von der Oberfläche mit Luft versorgt. Eine Leistungssteigerung der Pumpkraft ermöglichte es, in immer größere Tiefen vorzudringen.
../images/416377_1_De_1_Chapter/416377_1_De_1_Fig6_HTML.jpgAbb. 1.6
Tauchanzug von August Siebe.
1.5 Tauchen im Jahrhundert der Industrialisierung
Im Jahrhundert der Industrialisierung entstand ein regelrechter Boom an technischen Erneuerungen. Diese griffen auch im Bereich des Tauchens. Schon bestehende Geräte wurden verbessert und leistungsfähiger gemacht, neue Gerätschaften kamen hinzu. Dies ermöglichte dem Menschen, in den neuen Lebensraum unter Wasser vorzudringen. Dieser Fortschritt diente hauptsächlich zur Erschließung neuer Ressourcen und der Wissenschaft. Gerade für Archäologen und Biologen war dies ein dankbares Feld. Für Unterwasserarbeiten wurden neue Wege erschlossen. Schon 1788 wurde von dem Engländer Smeaton eine Tauchglocke für Unterwasserarbeiten entworfen, sozusagen die erste Caisson Baustelle. Das von Halley entwickelte Prinzip der Taucherglocke wurde aufgegriffen und mit einer besseren Luftzufuhr ausgestattet. Der Blasebalg wurde durch eine Kolbenpumpe ersetzt. Auf diese Weise wurde das Fundament einer Brücke in Northumberland erneuert. Diese Tauchglocke besaß sogar eine Druckschleuse zur Oberfläche. Die ersten Helmtauchgeräte entstanden um 1800. Peter Kreeft aus Pommern konstruierte ein relativ handliches Tauchgerät. Es bestand aus einem recht kleinen Kupferhelm mit Sichtfenstern sowie zwei Anschlüssen für die Luftversorgung und Sprachverbindung. Der Helm war nach unten hin offen. Von der Oberfläche wurde die Luft in den Helm gepumpt und das Wasser somit verdrängt. Es handelte sich also um eine Miniaturtauchglocke. Unterhalb des Helms schloss ein Gewand an. Dieses Gewand war geschnitten wie ein Pullover. An der Taille wurde es mit einem Gürtel zusammengeschnürt. An diesem Gürtel befand sich auch die Sicherheitsleine, die an die Oberfläche führte. Der Schlauch für die Luftversorgung bestand aus Leder, das mit Wachs und Harz abgedichtet wurde. Dieser Tauchhelm wurde von August Siebe verbessert, da es immer wieder zu Wassereinbrüchen kam. An den Helm wurde eine wasserdichte Jacke genietet. Diese Jacke bestand aus Leinen, die mit Kautschuk gedichtet wurde. Am Gürtel befanden sich zusätzlich Gewichte, die den Auftrieb verringerten. W. H. James entwickelte 1825 ein autonomes Tauchgerät. Über einen Metallbehälter, der Atemluft von ca. 30 bar enthielt, konnte die Luft vom Taucher selbstständig mitgeführt werden. Bei Bedarf konnte er per Hebel Luft in den Helm leiten. Somit war immer frische Atemluft im Helm. Die Ausatmung erfolgte über ein Atemrohr, das über ein Rückschlagventil nach außen führte. 1837 entwickelte Siebe einen kompletten Helmtauchanzug. An den Füßen des Anzuges befanden sich Bleisohlen, um einen festen Stand auf dem Meeresgrund zu sichern. 1851 wurde eine neue Kurbelpumpe von Siebe vorgestellt. Diese Pumpe hatte gegenüber den Handpumpen den Vorteil, dass die Luftzufuhr kontinuierlich und langsam eingeleitet wurde. Bei den herkömmlichen Pumpen kam es schon mal vor, dass es durch das Pumpen zu heftigen Druckschwankungen im Helm kam, was zu Barotraumata der Nebenhöhlen und der Ohren führte. Es kam nun zu einem häufigen Einsatz von Tauchern, hauptsächlich bei Bergungsarbeiten. Mit diesem Einsatz kam es natürlich zu zahlreichen Unfällen. Immer wieder kam es zum Zerreißen von Schläuchen. Durch den plötzlichen Druckabfall kam es zu „the divers squeeze", dem sog. Tauchersturz . Bei schwacher Ausprägung des Tauchersturzes kam es nur zu Hautblessuren, Kreislaufschwierigkeiten und Atemnot. Oft aber war ein solcher Unfall tödlich. Ebenso kam es zu einer unerklärlichen Tauchererkrankung nach dem Tauchen oder nach Unterwasserarbeiten in einem Caisson. Diese Erkrankung beschrieb man lange als Caissonerkrankung , bis man dazu überging, derartige Vorfälle als Dekompressionserkrankung zu bezeichnen.
Noch Anfang dieses Jahrhunderts spekulierte man über die Tiefe der Ozeane. Magellan versuchte schon 1521, die Tiefe zu messen. Auf einer seiner Reisen im Atlantik ließ er eine mit einer Kanonenkugel beschwerte Leine von 745 Metern nieder, ohne dass sie auf Grund kam. Für ihn war das Meer unermesslich tief, jenseits der damaligen menschlichen Vorstellungskraft. Einige der Wissenschaftler übernahmen das antike Bild der Meere und bezeichneten es als bodenlos („abyssos"). Pierre de Laplace (1749–1827) schätzte die Tiefe der Ozeane auf 12 Meilen. Bereits Mitte des 18. Jahrhundert konnte erstmals die Tiefe im Ozean ermittelt werden. Schon kurz darauf wurde die erste Telegrafenleitung von Europa nach Amerika verlegt. Dank des damals entwickelten Echolotes wurde die tiefste Stelle der Weltmeere, der Mariannengraben, ermittelt.
Den größten Schritt in der Taucherei beschritten Rouquayrol und Denayrouze, die das moderne Tauchen wie wir es heute kennen, einleiteten. Bislang war die Luftzufuhr abhängig von der Oberflächenversorgung. Unter Wasser gab es Schwierigkeiten, bei Druckänderung eine adäquate Luftversorgung zu gewährleisten. Ebenso war die Zufuhr von Frischluft für den Taucher oft mit Schmerzen in Ohren und Nasennebenhöhlen verbunden, da es zu einer kurzfristigen Drucksteigerung im Tauchanzug kam. Besonders gefährlich war es jedoch, wenn ein Schlauch riss oder der Taucher rasch in die Tiefe absank. Diese Schwierigkeiten sollten fortan mit der neuen Art von Tauchgeräten beseitigt werden. Das erste autonome Atemgerät für unter Wasser wurde von Benoit Rouquayrol (1826–1875) und Auguste Denayrouze (1837–1883) entwickelt (Abb. 1.7). Dieses Atemgerät wurde erst als Atemschutzgerät, dann aber auch als Tauchgerät gebaut. Die Atemschutzgeräte von Rouquayrol wurden ursprünglich für Grubenarbeiter entwickelt. Diese Atemgeräte konnten auch in überschwemmten Stollen benutzt werden. Dies brachte den Marineleutnant Denayrouze auf den Gedanken, ein solches Gerät auch für Tauchzwecke zu entwickeln. 1860 wurde der „Regulator für den Umgang mit komprimierten Gasen („aérophore
) als Patent angemeldet. Zu dem Tauchgerät gehörten eine Vollgesichtsmaske, eine Nasenklemme und eine Unterwasser-Petroleumlampe mit separater Luftversorgung von der Oberfläche. 1862 wurde die Vollgesichtsmaske durch eine Maske aus Kautschuk, einer Nasenklemme und einem Mundstück aus Kautschuk ersetzt. Das Atemgerät hatte einen einstufigen membrangesteuerten Lungenautomaten. Man kann schon gewisse Ähnlichkeiten zu den heutigen Apparaten finden. Es gab zwei Möglichkeiten, diesen Apparat zu benutzen. Von der Oberfläche konnte in einen Metallbehälter, der sich auf dem Rücken des Tauchers befand, Luft gepumpt werden. In diesem Druckluftbehälter wurden die durch das Pumpen entstandenen Druckschwankungen abgepuffert. Dieser 50 Kilogramm schwere Druckluftbehälter konnte bis zu einem Druck von 40 bar gefüllt werden. Es konnte somit, wenn auch nur begrenzt, oberflächenunabhängig getaucht werden. Dieses Tauchgerät kam in Vergessenheit und wurde erst ein Jahrhundert später wieder aufgegriffen und ausgebaut. Die ausgefeilte Version ist unser heutiges Tauchgerät.
Abb. 1.7
Tauchanzug von Denayrouze.
Paul Bert (1830–1886) verlegte seine medizinischen Interessen auf die Auswirkung des Drucks auf den Körper. Sein Interesse entstand durch die zahlreichen Rekordversuche der damals populären Ballonfahrten. Er führte das Phänomen der Höhenkrankheit in Anlehnung an das Daltonsche Gesetz auf den geringen Partialdruck von Sauerstoff zurück. Anschließend richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Überdruck. In zahlreichen Tierversuchen führte er das Krampfen der Tiere beim Auftauchen auf arterielle Gasembolien zurück. Er wies erstmals nach, dass diese Gasembolien auf den Stickstoff zurückzuführen sind. Er war der erste, der die Pathophysiologie und die Ätiologie der Dekompressionskrankheit in ihrer Kausalität detailliert beschrieb. Er brachte die Auftauchgeschwindigkeit in Verbindung mit dem Auftreten der Dekompressionskrankheit. Er legte die Aufstiegsgeschwindigkeit mit 1,5 Metern pro Minute fest. Seine Austauchtabelle hatte keine Deko-Stufen. Sie beinhaltete einen langsamen kontinuierlichen Aufstieg („uniform decompression").
Gegen Ende des Jahrhunderts, 1889, entwickelt die Firma Dräger Armaturen und Kohlendioxidanlagen