Rheuma ist behandelbar: Ratgeber für Betroffene
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Buchvorschau
Rheuma ist behandelbar - Erika Gromnica-Ihle
Erika Gromnica-Ihle
Rheuma ist behandelbarRatgeber für Betroffene
Mit 52 Abbildungen und 22 Tabellen
Mit einem Geleitwort von Rotraut Schmale-Grede
../images/451558_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.gifErika Gromnica-Ihle
Berlin, Deutschland
ISBN 978-3-662-56811-8e-ISBN 978-3-662-56812-5
https://doi.org/10.1007/978-3-662-56812-5
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Fotonachweis Umschlag: © NoraDoa/stock.adobe.com
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Geleitwort
Rheuma. Eine Diagnose, die verunsichert, häufig Angst macht und eine Menge Fragen aufwirft. Was ist Rheuma? Welche Therapien gibt es? Was ist der neueste medizinische Stand der Dinge? Und was kann ich selbst tun?
Das Informations- und Beratungsbedürfnis von Menschen mit rheumatischen Erkrankungen hat sich verändert. Die Patienten möchten stärker an Therapieentscheidungen beteiligt werden. Und das mit gutem Grund, denn eine gemeinsame Entscheidungsfindung mit dem Arzt kann den Behandlungserfolg positiv beeinflussen.
Patienten informieren sich über rheumatische Krankheitsbilder oder Therapien immer häufiger im Internet. Rheuma ist eine Krankheit mit tausend Gesichtern, ebenso vielfältig sind die Informationen, die Betroffene online auf der Suche nach Erklärungen und Therapieoptionen finden. Oft ist die ungefilterte Flut von Informationen verunsichernd und für Laien ist es kaum zu beantworten, ob es sich um seriöse medizinische Quellen handelt.
Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle hat als Rheumatologin und langjährige Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga einen enorm wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass rheumakranke Menschen vom Patienten zum Partner werden, die mit ihrem Arzt gemeinsam Entscheidungen finden. Eine wichtige Grundlage dafür sind medizinische Informationen, die so dargestellt werden, dass sie auch verstanden werden. Dies ist mit „Rheuma ist behandelbar" hervorragend gelungen.
Der Ratgeber bietet fundierte medizinische Informationen und hilft dabei, Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen – ein wichtiger Kompass im Info-Meer.
Ich wünsche den Leserinnen und Lesern eine aufschlussreiche Lektüre und eine große Portion Zuversicht auf dem Weg, Experte im Umgang mit der eigenen Krankheit zu werden.
Rotraut Schmale-Grede
Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V.
Vorwort
Mein beruflicher Lebensweg lief in zwei Richtungen, Ärztin für Rheumatologie und in späteren Jahren ehrenamtliche Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Rheuma-Liga, der größten Selbsthilfeorganisation im Gesundheitswesen mit über 300.000 Mitgliedern. Ich wechselte sozusagen die Seiten. In diesem Ratgeber will ich meine Erkenntnisse und Erfahrungen aus beiden Blickwinkeln vereinen.
Damit ein Leben mit der Volkskrankheit Rheuma gut gelingen kann, braucht es einen informierten Patienten. Das ist für mich die wichtigste Voraussetzung. Heutzutage kann jeder Interessierte sehr leicht Informationen über Rheuma bekommen. Aber welche sind die richtigen? Nicht wenige sind von Kommerz geprägt und folgen ökonomischen Interessen. In vielen Köpfen nistet der Irrglaube, Rheuma sei eine Alte-Leute-Krankheit. Außerdem meint fast jeder, etwas über Rheuma zu wissen. Und nicht zuletzt schauen Ärzte und Betroffene unterschiedlich auf die Erkrankung. Für Letztere sind Schmerz, Leistungsfähigkeit und das Funktionieren der Gelenke wichtige Symptome, während Ärzte sich mehr an Labor- und Röntgenbefunden orientieren. Das führt zu Missverständnissen.
Für mich ist bei der Therapie der verschiedenen rheumatischen Erkrankungen die gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Patient und Arzt unabdingbar. Obwohl jahrhundertelang alle Entscheidungen in paternalistischer und autoritärer Weise vom Arzt getroffen wurden, denen der Patient folgte oder auch nicht, erfordert unsere heutige moderne Gesellschaft sowohl die Aufklärung des Patienten als auch dessen Mitentscheidung. Dadurch entstehen eine größere Akzeptanz der eingeschlagenen Therapie und natürlich auch ein besserer Behandlungserfolg. Die Diskussion über verschiedene Behandlungsmethoden setzt jedoch den medizinisch gebildeten Patienten voraus.
Ich habe mich auf die wichtigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen konzentriert, weil sie das Leben der Betroffenen in hohem Maße beeinflussen und gerade bei diesen Erkrankungen seit Anfang unseres Jahrtausends in Diagnostik und Behandlung große Veränderungen eingetreten sind. Entzündliches Rheuma ist heute behandelbar geworden. Dabei ist es mein Ziel, den Betroffenen, wenn er es selbst will, zum Manager seiner eigenen Erkrankung zu machen.
Fingerpolyarthrose und Fibromyalgie-Syndrom habe ich aufgenommen, um die Differentialdiagnose aufzuzeigen. Die Osteoporose als Begleiterkrankung vieler entzündlich-rheumatischer Krankheiten sollte nicht fehlen. Einige sozialmedizinische Fragen, die für chronisch Kranke wichtig sind, werden im Überblick dargestellt, vor allem, um zu zeigen, wo rheumakranke Menschen Hilfe erhalten können.
Ein besonderes Anliegen des Ratgebers ist es, dass die Betroffenen selber zu Worte kommen. Ihre Erfahrungen mit der Krankheit, ihre Hinweise und Ratschläge sind das Wertvollste für neu Erkrankte.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch überwiegend das generische Maskulinum verwendet. Dies impliziert immer beide Formen, schließt also die weibliche Form mit ein.
Beim Schreiben des Buches haben mir viele Menschen geholfen, vor allem meine Patienten und meine Freunde in der Selbsthilfeorganisation Deutsche Rheuma-Liga mit ihren Mitgliedsverbänden. Ihnen Allen möchte ich ganz herzlich danken!
Wenngleich sich der Ratgeber in erster Linie an Betroffene und ihre Angehörigen richtet, so ist er auch für die vielen anderen in den nichtärztlichen Berufen gedacht, die mit Rheuma-Kranken arbeiten, wie Sozialarbeiter, Menschen in den Selbsthilfeorganisationen und in medizinischen Assistenzberufen.
Prof. Dr. med. Erika Gromnica-Ihle
Ehrenpräsidentin der Deutschen Rheuma-Liga
Inhaltsverzeichnis
I Rheuma – eine Krankheit im Wandel
1 Rheuma hat viele Gesichter 3
2 Welche Beschwerden und Krankheitszeichen weisen auf Rheuma hin? 7
3 Der Weg zur Diagnose 13
3.1 Befragung zur Krankheitsgeschichte (Anamnese) 14
3.2 Körperliche Untersuchung 17
3.3 Laboruntersuchungen 19
3.4 Bildgebende Verfahren 23
3.5 Untersuchung von Organgewebe 27
3.6 Bewertungen (Assessments) in der Rheumatologie 27
4 Rheuma ist heute gut behandelbar! 31
4.1 Medikamentöse Therapie 32
4.2 Physikalische Therapie 60
4.3 Rheuma und Ernährung 69
II Vielfältig und unterschiedlich – es gibt nicht nur „das Rheuma"
5 Häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung – die Rheumatoide Arthritis 77
5.1 Häufigkeit und Krankheitsbeginn 78
5.2 Warum kommt es zur rheumatoiden Arthritis? 78
5.3 Wie entwickelt sich eine rheumatoide Arthritis? 78
5.4 Welche Krankheitszeichen hat die rheumatoide Arthritis? 79
5.5 Laboruntersuchungen 84
5.6 Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren 85
5.7 Messen von Krankheitsaktivität und Funktionsstatus bei rheumatoider Arthritis 86
5.8 Therapie 88
6 Wenn der Rücken schmerzt – die Spondyloarthritiden 95
6.1 Ankylosierende Spondylitis (Morbus Bechterew ) 97
6.2 Arthritis psoriatica 103
6.3 Reaktive Arthritis 107
6.4 Spondyloarthritis bei entzündlichen Darmerkrankungen 109
7 Rheuma betrifft nicht nur die Gelenke – die Kollagenosen 113
7.1 Sjögren-Syndrom 115
7.2 Systemischer Lupus erythematodes 121
7.3 Lupus des Neugeborenen 131
7.4 Antiphospholipid-Syndrom 133
7.5 Systemische Sklerose 137
7.6 Autoimmune Myositiden 143
7.7 Mischkollagenose oder Sharp-Syndrom 149
7.8 Undifferenzierte Kollagenosen 151
8 Rheuma an den Blutgefäßen – die Vaskulitiden 153
8.1 Riesenzellarteriitis und Polymyalgia rheumatica 155
8.2 Granulomatose mit Polyangiitis (früher: Morbus Wegener) 158
9 Wenn der ganze Körper schmerzt – das Fibromyalgie-Syndrom 163
9.1 Was bedeutet Fibromyalgie-Syndrom (FMS)? 126
9.2 Wer ist betroffen? 164
9.3 Warum entsteht ein Fibromyalgie-Syndrom? 164
9.4 Wie verläuft ein Fibromyalgie-Syndrom? 165
9.5 Welche Diagnostik ist notwendig? 167
9.6 Therapie des Fibromyalgie-Syndroms 169
10 Die Fingergelenke sind verformt – Fingerpolyarthrose 173
10.1 Welche Gelenke sind betroffen? 174
10.2 Warum kommt es zur Fingerpolyarthrose? 175
10.3 Was passiert bei einer Arthrose? 175
10.4 Wie zeigen sich die verschiedenen Arthroseformen an der Hand? 176
10.5 Was helfen Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren bei der Diagnose der Fingerpolyarthrose? 178
10.6 Therapie 179
11 Das Zipperlein – die Gicht 183
11.1 Wie häufig ist die Arthritis urica? 184
11.2 Wo liegt die Ursache der Gicht? 184
11.3 Der Gichtanfall – ein dramatisches Ereignis 185
11.4 Was kommt nach dem ersten Gichtanfall? 185
11.5 Welche Risikofaktoren begünstigen weitere Gichtanfälle? 186
11.6 Die Doppelrolle der Niere bei Gicht 187
11.7 Die Gicht und weitere Begleitkrankheiten 188
11.8 Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren 188
11.9 Therapie 189
12 Wenn der Knochen bricht – Osteoporose 193
12.1 Was ist eine Osteoporose? 195
12.2 Wie häufig ist die Osteoporose? 196
12.3 Welche Risikofaktoren führen zu Knochenbrüchen? 196
12.4 Wie macht sich die Osteoporose bemerkbar? 197
12.5 Wann ist eine Osteoporose-Diagnostik sinnvoll? 199
12.6 Wie wird eine Osteoporose diagnostiziert? 200
12.7 Vorbeugung und Therapie der Osteoporose 202
III Sie sind nicht allein – Hilfe und Mit-Betroffene
13 Weitere Unterstützung – Reha, Rente, Schwerbeschädigung und Co. 211
13.1 Krankschreibung 212
13.2 Medizinische Rehabilitation 213
13.3 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben 215
13.4 Erwerbsminderungsrente 215
13.5 Behinderung 216
13.6 Pflege 219
14 Die Stimmen rheumakranker Menschen: ihr Umgang mit der Erkrankung 223
14.1 Gudrun: Mit zwei Jahren begann das Rheuma – jetzt Ärztin: Wie kann das klappen? 224
14.2 Jutta: Bewegung bei rheumatoider Arthritis 227
14.3 Marion: Rheuma und Beruf 229
14.4 Eva: Evas gelebte Selbsthilfe 231
14.5 Ludwig: Der schwere Weg, dem Gegenüber wieder in die Augen sehen zu können 233
14.6 Cornelia: Wenn Rheuma das Leben verändert 237
14.7 Gerlinde: Rheuma und Rollstuhl 237
14.8 Borgi: Mein Lupus 246
Serviceteil252
Glossar252
Sachverzeichnis259
Teil IRheuma – eine Krankheit im Wandel
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 Rheuma hat viele Gesichter – 3173
Kapitel 2 Welche Beschwerden und Krankheitszeichen weisen auf Rheuma hin? – 7185
Kapitel 3 Der Weg zur Diagnose – 13173
Kapitel 4 Rheuma ist heute gut behandelbar – 31173
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018
Erika Gromnica-IhleRheuma ist behandelbarhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-56812-5_1
1. Rheuma hat viele Gesichter
Erika Gromnica-Ihle¹
(1)
Berlin, Deutschland
Erika Gromnica-Ihle
Email: erika@gromnica-ihle.de
Rheuma: Die Gelenke schmerzen und funktionieren nicht richtig
Arthritis: griech. arthros = Gelenk, -itis = Entzündung
Arthrose: Verschleißerscheinungen an den Gelenken
Jeder kennt das Wort „Rheuma". Was sich hinter dem altgriechischen Wort für Fluss oder Strömung verbirgt, ist eine Vielzahl von Erkrankungen, die eines gemeinsam haben: fließende (wechselnde Orte), reißende, ziehende Schmerzen und Funktionsstörungen im Bewegungsapparat. Zu diesem gehören Gelenke, Knochen, Muskeln, Sehnen und Schleimbeutel. Alle zusammen machen uns mobil. Bei Rheuma funktionieren die Bewegungen nicht mehr wie gewohnt. Dabei stehen die Veränderungen an den Gelenken ganz im Vordergrund. Wenn das Gelenk entzündet ist, spricht man von einer Arthritis. Auch Verschleißerscheinungen an den Gelenken sind möglich. Sie heißen Arthrosen.
Auch Organe außerhalb des Bewegungsapparates können bei Rheuma (mit)erkrankt sein, wie das Herz, die Lunge, Nieren, Nerven, Haut, Blutgefäße, Augen oder Drüsen. Hieraus erklärt sich, dass es über 200 verschiedene rheumatische Krankheitsbilder gibt (Tab. 1.1). In Deutschland sind ca. 17 Millionen Erwachsene und 20 000 Kinder betroffen.
Tab. 1.1
Einteilung der wichtigsten rheumatischen Erkrankungen
Für die meisten rheumatischen Erkrankungen liegt ein ganz typisches Beschwerdebild vor, sodass der erfahrene Arzt bereits nach Schilderung der Beschwerden und der körperlichen Untersuchung eine Verdachtsdiagnose stellen kann. Diese muss dann durch weitere diagnostische Methoden bestätigt werden, z. B. durch Laboruntersuchungen und durch sogenannte „bildgebende Verfahren". Hierunter versteht man z. B. das klassische Röntgen, die Ultraschall-Untersuchung (Sonografie) oder die Magnetresonanztomografie (MRT). Manchmal muss sogar eine Gewebeprobe entnommen und mikroskopisch untersucht werden.
Das Wichtigste in Kürze
Der Begriff Rheuma umfasst ca. 200 verschiedene Erkrankungen, die sich durch Schmerzen und Funktionsstörungen im Bewegungsapparat bemerkbar machen. Die Einteilung erfolgt in drei Hauptgruppen:
entzündlich-rheumatische Erkrankungen,
sog. Verschleißerkrankungen an Gelenken und Wirbelsäule sowie
Stoffwechselerkrankungen, die zu deutlichen Gelenk- und Knochenveränderungen führen.
Wichtige entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind
die rheumatoide Arthritis,
Morbus Bechterew, Arthritis bei Schuppenflechte (Arthritis psoriatica) und
die Erkrankungen, die nicht nur den Bewegungsapparat betreffen, sondern sich vor allem an inneren Organen und Haut bemerkbar machen, wie die Kollagenosen (z. B. systemischer Lupus erythematodes) und Vaskulitiden (z. B. Riesenzellarteriitis und granulomatöse Polyangiitis oder Morbus Wegener).
Die häufigsten Gelenkerkrankungen sind die Arthrosen.
Stoffwechselerkrankungen mit Krankheitszeichen am Bewegungsapparat sind
Gicht und
Osteoporose.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018
Erika Gromnica-IhleRheuma ist behandelbarhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-56812-5_2
2. Welche Beschwerden und Krankheitszeichen weisen auf Rheuma hin?
Erika Gromnica-Ihle¹
(1)
Berlin, Deutschland
Erika Gromnica-Ihle
Email: erika@gromnica-ihle.de
Rheumatoide Arthritis (Kap. 5)
Wie rheumatoide Arthritis beginnt
Bei der morgendlichen Hausarbeit nach der Feier ihres 50. Geburtstages fielen Ingrid Wächter steife Finger auf. In den folgenden Tagen schmerzten kleine und kraftvolle Bewegungen, wie das Ausdrücken der Zahnpastatube oder das Aufschneiden des Frühstücksbrötchens. Nach 14 Tagen war der Spuk vorüber. Sechs Wochen später kam alles zurück. Jetzt schwollen auch die Fingergrund- und Fingermittelgelenke des Zeige- und Mittelfingers beider Hände an. Schmerzen und Fingersteifigkeit waren morgens am stärksten. Der kräftige Händedruck des Handwerkers am Morgen, der gerade in ihrem Hause tätig war, steigerte den Schmerz ins fast Unerträgliche. Die Schmerzen besserten sich nach einigen Stunden und konnten an manchen Tagen sogar wieder ganz verschwinden. Es kamen jedoch noch weitere vorher unbekannte Erscheinungen hinzu: Ingrid Wächter war ständig müde und lustlos. Nachts schlief sie schlecht. Häufig wurde sie morgens durch Schmerzen in den Fingergelenken wach.
Axiale Spondyloarthritis (Morbus Bechterew) (Abschn. 6.1)
Wie Morbus Bechterew beginnt
Bereits in der Pubertät schmerzte bei Sven Müller gelegentlich ein Knie. Manchmal war es auch leicht geschwollen. „Wachstumsschmerzen" wurde dazu gesagt. Beim häufigen Fahrradfahren haben damals auch zeitweise die Fersen wehgetan. Nach einigen Jahren wurde er plötzlich von einer neuen Beschwerde gequält: Um 5 Uhr früh erwachte er durch heftige Kreuzschmerzen. Sie besserten sich nur dann, wenn er aufstand und herumging. An ein Einschlafen war nicht mehr zu denken. Der Schmerz kehrte am nächsten Morgen wieder und verschlimmerte sich. Der Kreuzschmerz strahlte links bis zum Knie aus. Nach einigen Wochen spürte er einen heftigen Druck im rechten Auge. Der Augenarzt stellte eine Entzündung der Regenbogenhaut fest.
Arthritis bei Schuppenflechte (Arthritis psoriatica) (Abschn. 6.2)
Psoriasis und Arthritis können zusammengehören
Jahrelang bestand bei Klaus Thiele eine Schuppenflechte (Psoriasis). Nach seinem 25-jährigen Uhrmacher-Jubiläum schmerzte am Morgen plötzlich der Ringfinger der rechten Hand. Der gesamte Finger war geschwollen und ließ sich nicht mehr richtig krümmen. Die Arbeit in der Werkstatt war gar nicht mehr möglich. Tagsüber besserte sich der Schmerz zwar, aber richtig schmerzfrei wurde er nicht. Der gesamte Finger blieb verdickt und ähnelte einer Wurst („Wurstfinger").
Reaktive Arthritis (Abschn. 6.3)
Reaktive Arthritis: häufig Folge einer Darminfektion
Torsten Kleber schmerzten am Morgen nach einem Partybesuch das rechte Knie- und das linke Sprunggelenk. Er schob es zunächst auf das ausgelassene Tanzen. In den nächsten Tagen nahmen die Schmerzen jedoch zu. Das rechte Kniegelenk war wärmer als das linke und es erschien ihm auch dicker. Er humpelte. Der Partybesuch konnte nicht die Ursache sein. Auf seiner Asienreise vor drei Wochen hatte er sich doch so wohl gefühlt, war viel gelaufen. Nun ja, bis auf die paar Tage mit dem Durchfall. Aber das hatten in der Reisegruppe viele und es war auch schnell wieder vorbei.
Sjögren-Syndrom (Abschn. 7.1)
Wie sich das Sjögren-Syndrom äußert
Elfriede Schneider, 54 Jahre alt, spürte plötzlich ihre Gelenke. Unterschiedliche Gelenke schmerzten eine Zeit lang, dann verschwand der Schmerz wieder. Auch die Muskulatur von Armen und Beinen tat weh. Der Hausarzt stellte keine entzündeten Gelenke fest und entließ sie mit der Empfehlung „Abwarten". An ihre wiederkehrende Bindehautentzündung und ihre verklebten Augen am Morgen hatte sie sich schon gewöhnt. Aber jetzt war es doch zu arg geworden. Ständig hatte sie das Gefühl, als sei Sand im Auge. Der Augenarzt diagnostizierte ein trockenes Auge und empfahl künstliche Tränen. Schließlich wurde bei einem Gesundheitscheck beim Hausarzt eine Verminderung der weißen Blutkörperchen festgestellt. Elfriede Schneider ahnte, dass ein Zusammenhang zwischen ihren verschiedenartigen Beschwerden bestehen könnte. Sie recherchierte im Internet und vermutete ein Sjögren-Syndrom. Auch ihr Mund war ständig trocken, was sie auf das viele Sprechen als Lehrerin zurückgeführt hatte. Der aufgesuchte Rheumatologe bestätigte ihre Verdachtsdiagnose und leitete eine Therapie ein.
Systemischer Lupus erythematodes (Abschn. 7.2)
Systemischer Lupus erythematodes: Sonnenbaden als Auslöser
Für Ines Stoll war es nach dem Abitur ein wunderbarer Urlaub an der Ostsee. Sie ließ sich so richtig in der Sonne braten, obwohl sie wusste, dass sie die Sonne schon seit einigen Jahren nicht mehr so gut vertrug und schnell verbrannte. Doch dann kam zum Sonnenbrand Fieber hinzu. Auch das tiefe Atmen schmerzte und es stach in der Lunge. Ihr Freund brachte sie ins Krankenhaus. Rippenfellentzündung lautete die Verdachtsdiagnose.
Arteriitis temporalis (Abschn. 8.1)
Arteriitis temporalis: plötzliche heftige Kopfschmerzen, Sehstörungen
Herbert Schulze, ein 71-jähriger rüstiger Rentner, werkelt gern in seinem Hobbykeller und betreut mit viel Freude gelegentlich seinen kleinen Enkelsohn. Wie aus heiterem Himmel traten plötzlich heftige Kopfschmerzen auf. Selbst das Kauen des Frühstücksbrötchens schmerzte heftig im Kiefer. Die Schmerztabletten seiner Ehefrau waren bei ihm völlig wirkungslos. Auch frische Luft half ihm nicht. Das Spiel mit dem Enkelsohn machte keinen Spaß mehr. Plötzlich konnte er für qualvolle Sekunden mit dem rechten Auge nichts mehr sehen.
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