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Blinder Hass
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eBook224 Seiten3 Stunden

Blinder Hass

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Über dieses E-Book

In Hannover stellt eine mysteriöse Mordserie die Kommissare des K9 vor ein Rätsel. Der Täter mordet wahllos und äußerst brutal. Die Polizei ermittelt auf Hochtouren und zieht einen namhaften Profiler zu Rate, doch erst ein Hinweis auf die Vergangenheit des Täters bringt die Kripo auf die richtige Spur, die sie zunächst nach Frankfurt führt. Dabei spannt der Täter sein Netz in Hannover um ein ganz bestimmtes Opfer ....
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum14. Juli 2016
ISBN9783741831669
Blinder Hass
Autor

Ulrike Puderbach

Ulrike Puderbach wurde 1972 in Wuppertal geboren. Nach dem Abitur und einer technischen Ausbildung studierte sie Sprachpädagogik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Nach der Veröffentlichung eines Lehrwerks war "Eiskalte Erinnerung" ihr erster Roman. Inzwischen sind mit "Blinder Hass", "Abpfiff", "Bittere Vergeltung", "Mord im Eifelpark" und "Todesengel" fünf weitere Kriminalromane und die drei Kinderbücher "Der Schängel-Schatz", "Vitaminzwerg und Kräuterkobold" und "Familie Regenwurm" dazu gekommen. Heute lebt sie mit ihrer in einem kleinen Ort zwischen Köln und Koblenz und arbeitet hauptberuflich im Rettungsdienst. In ihrer Freizeit treibt sie Sport, liest bevorzugt Krimis und historische Romane, engagiert sich ehrenamtlich, fotografiert und schreibt für die Lokalpresse.

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    Buchvorschau

    Blinder Hass - Ulrike Puderbach

    Ulli Normal Ulli 2 2016-07-08T20:03:00Z 2016-07-08T20:03:00Z 25 47458 298988 2491 691 345755 14.00

    Impressum

    Ulrike Puderbach wurde 1972 in Wuppertal geboren. Nach dem Abitur in Rheinland-Pfalz und einer technischen Ausbildung studierte sie Sprachpädagogik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Ihre Leidenschaft war von jeher das Schreiben und nach der Veröffentlichung eines Lehrwerks für technisches Englisch und ihrem Krimi „Eiskalte Erinnerung ist „Blinder Hass ihr zweiter Kriminalroman in der Reihe um die beiden Kommissare aus Hannover.

    Heute lebt sie mit ihrem Sohn in einem kleinen Ort im Westerwald zwischen Köln und Koblenz und arbeitet hauptberuflich als Technische Redakteurin. In ihrer Freizeit treibt sie Sport, liest, fotografiert und schreibt für die lokalen Zeitschriften.

    First published in 2016

    Copyright: @2016 Ulrike Puderbach

    Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin

    ISBN: 978-3-7418-1879-0

    www.epubli.de

    Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.

    „BLINDER HASS"

    Meiner Tante

    mit Dank für unermüdliches Korrektur lesen

    und

    meinen Freunden,

    ohne die ich nicht die wäre, die ich heute bin.

    Ulli Normal Ulli 2 2016-07-08T20:03:00Z 2016-07-08T20:03:00Z 25 47458 298988 2491 691 345755 14.00

    Prolog, Frankfurt 1993

    Seine Schritte wurden immer schleppender, je mehr er sich der Straße näherte, in denen sich ihre kleine Mietwohnung befand. Es war eine kleine Dreizimmerwohnung in einem alten schäbigen Wohnblock, in dem die Flure nach kaltem Zigarettenqualm, Urin und manchmal auch Erbrochenem stanken. Wer im Frankfurter Stadtteil Bonames lebte, hatte keine großen Ansprüche. Der Großteil der Bevölkerung war arbeitssuchend – wie es ihm Beamtendeutsch so hübsch bürokratisch genannt wurde – und kaum jemand schaffte den Absprung zu den Reichen und Schönen, deren Villen in Okriftel oder den anderen gepflegten Vororten standen. Er würde Ärger bekommen. Gewaltigen Ärger. Das hatte er schon gewusst, als der Lehrer die Mathematikarbeiten zurückgegeben hatte. Er hatte nur eine 2-, eigentlich keine schlechte Note, aber es würde ihr nicht genügen. Sie erwartete nur Topleistungen von ihm, denn schließlich sollte er es ja einmal besser haben als sie.

    Sie glaubte, dass er immer noch nicht wusste, wie sie das Geld für sie beide wirklich verdiente. Als wenn er nicht abends im Bett das leise Klappen der Türen, das Klirren der Gläser und das leise Gemurmel, Gekicher und später das Stöhnen aus dem Schlafzimmer hören würde. Manchmal schlich er an der Tür zum Schlafzimmer vorbei, wenn er nachts noch einmal auf die Toilette musste, auch wenn sie ihm streng verboten hatte, sein Zimmer noch zu verlassen, nachdem sie ihn zu Bett geschickt hatte. Vor allem dann, wenn „Besuch da war, wie sie es nannte. Besuch – er schnaubte abfällig. Fette, schmierige, verschwitzte Kerle, die ein paar Euro dafür bezahlten, dass seine Mutter die Beine breit machte. Sie hatte mit Müh und Not ihren Hauptschulabschluss geschafft, danach aber keinen Ausbildungsplatz bekommen. Mit sechzehn hatte sie seinen Vater kennengelernt, kurz darauf war er auf die Welt gekommen und der versoffene Bastard, wie er seinen Erzeuger zu nennen pflegte, hatte sich davon gemacht. Sie hatten nie wieder etwas von ihm gehört oder gesehen. Aus Angst alleine zu bleiben hatte seine Mutter sich in eine Affäre nach der anderen gestürzt, bis Hardy kam. Hardy hatte sie zunächst wie eine Königin behandelt, sie zum Essen und ins Theater eingeladen, bis er nach knapp einem Jahr einen „Kollegen abends zum Essen mitbrachte und sein wahres Gesicht zeigte. Er war ein eiskalter Zuhälter und verschacherte sie an alles und jeden, der ein paar Euro dafür bezahlte, mal wieder Sex zu haben. Und davon gab es hier im Stadtviertel weiß Gott genug Kerle. Anfangs hatte sie noch versucht, sich ihm zu widersetzen, aber nachdem er sie ein paar Mal im wahrsten Sinne des Wortes grün und blau geschlagen hatte, hatte sie sich in ihr Schicksal gefügt. So ging es nun seit gut fünf Jahren, sie hatte sich allerdings wohl geschworen, dass er es schaffen sollte, dass aus ihm etwas Anständiges werden sollte. Seit einem halben Jahr besuchte er das städtische Gymnasium, er war kein schlechter Schüler, aber seine Mutter war absolut unbarmherzig, wenn er einmal nicht der Klassenbeste war. Jeden Tag beim Mittagessen erklärte sie ihm, dass sie es ja nur gut meine, dass sie nur sein Bestes wolle und er solle doch später einmal ein besseres Leben in einer schöneren Wohnung vielleicht sogar mit einem kleinen Garten oder Balkon führen. Sie bestrafe ihn doch nur, weil sie es für ihn und seine Zukunft tat. Jeden Tag die gleichen Worte – wie ein Mantra, das sich in seinen Kopf einbrannte. Und doch hasste er sie dafür. Nein, vielleicht hasste er sie nicht wirklich, aber er verachtete sie und sehnte sich den Tag herbei, da er diesem allem entfliehen konnte. Aber er war erst zehn Jahre alt. Ein verzweifeltes Kind, das versuchte, seiner Mutter immer Recht zu machen, auch wenn es ihm nicht gelang. Und er hasste Hardy, diesen schmierigen aalglatten Typen, der nicht nur ihr, sondern auch sein Leben zerstört hatte. Wenn er erwachsen war, würde er sich an ihm rächen – und an allen Hardys und Nutten dieser Welt. Inzwischen hatte er die Eingangstür erreicht, steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte. Der kalte, faulige Gestank des Treppenhauses schlug ihm in einer Übelkeit erzeugenden Welle entgegen. Langsam stieg er die Treppenstufen hinauf, es würde sowieso passieren, da konnte er es auch direkt hinter sich bringen. Als er die Wohnungstür aufschloss, hörte er sie bereits in der Küche hantieren. Er ließ den Rucksack auf den Boden gleiten, hängte die Jacke ordentlich an den Haken, nahm das Heft heraus und ging in die Küche. Wortlos legte er das Heft aufgeschlagen auf den Küchentisch. Sie drehte sich um, trocknete sich die Hände an der Schürze ab und warf einen Blick auf das aufgeschlagene Heft. „Dein Gürtel, sagte sie leise und streckte ihm auffordernd die Hand entgegen. Er zog den Ledergürtel, den er zum letzten Geburtstag von ihr bekommen hatte, aus der Jeans. „Dreh dich um und Hose runter. Er tat wortlos, wie ihm geheißen. „Du weißt, dass das alles hier nur zu deinem Besten ist, sagte sie leise. „Wie viele Punkte fehlen? „Sechzehn, antwortete er mit leiser Stimme, bei der es ihm unmenschliche Kraft kostete, das Zittern zu unterdrücken. „Es ist für deine Zukunft, ich tue das nicht gerne, aber du sollst es einmal besser haben als ich. Er schloss die Augen und biss sich auf die Unterlippe, als der Gürtel das erste Mal auf die nackte Haut klatschte. Mit jedem Schlag würde es schlimmer werden, das wusste er aus Erfahrung. Insgesamt sechzehn Mal ließ sie den Ledergürtel auf sein nacktes Hinterteil niedersausen. Ihm wurde übel vor Schmerz, aber schließlich hatte er es ja nicht besser verdient. Er hatte versagt – wieder einmal. Sie schlief mit fremden ekelerregenden Männern, damit sie seine Schulbücher bezahlen konnte. Da war es seine Verpflichtung, eine Gegenleistung zu bringen. Und wenn er dazu nicht in der Lage war, musste er eben mit den Konsequenzen leben. Nachdem sie fertig war, richtete er sich mühsam auf, zog vorsichtig die Jeans und die Boxershorts über die geschundene Haut, die wie Feuer brannte, nahm das Heft vom Tisch und ging zur Tür. „Ich gehe meine Hausaufgaben machen", sagte er leise, schlich zu seinem Zimmer und warf sich erst einmal bäuchlings aufs Bett, nachdem er sich die Jeans direkt wieder ausgezogen hatte. Er würde wieder tagelang nicht schmerzfrei sitzen können und er würde eine gute Ausrede benötigen, um beim Sport nicht duschen zu müssen. Er hasste sie, er hasste Hardy, er hasste dieses ganze verdammte Dasein.

    Ulli Normal Ulli 2 2016-07-08T20:03:00Z 2016-07-08T20:03:00Z 25 47458 298988 2491 691 345755 14.00

    23 Jahre später, Hannover

    Freitag, 17:30 Uhr

    Als er die Tür aufschloss, hörte er laute Musik aus der Küche. Der Ghettoblaster schmetterte „When the sun goes down von David Guetta, überall roch es nach frischer Farbe und im Flur standen diverse Türme aus unterschiedlich beschrifteten Kisten. In der Küche balancierte Anna auf der Küchenzeile, die roten Locken in einem Zopf gebändigt, den sie unter eine Baseballkappe von Hannover 96 gesteckt hatte und pinselte munter in der Ecke neben den Hängeschränken. Was war das bitte für eine Farbe? Professor Hofmann hätte sie sehr treffend als leichentuchgrün bezeichnet, auf dem Eimer stand allerdings mintgrün. „Hatten wir uns nicht eigentlich für sonnengelb entschieden, junge Frau? fragte er mit gespielter Empörung. Anna, die ganz in ihre Arbeit vertieft gewesen war, drehte sich um – ein bisschen zu heftig und geriet ins Straucheln. Robert ließ alles fallen – auch die Eier in der Einkaufstüte – und fing sie auf. Ihre Augen blitzten und er stellte wieder einmal für sich fest, welches unglaubliche Glück er doch hatte, so eine Frau an seiner Seite zu haben.

    Als sie sich vor einem Jahr kennengelernt hatten, war sie noch verschüchtert und extrem verschlossen gewesen. Sie war die Hauptverdächtige in einem Mordfall, den seine Abteilung - das K9 - bearbeitet hatte, und er hatte sich Hals über Kopf in sie verliebt. Anfangs war Anna noch sehr reserviert gewesen, vor allem wegen der schlimmen Ereignisse in ihrer Ehe, aber nach und nach hatte sie begonnen, damit abzuschließen – komplett vergessen konnte sie nicht, aber das machte auch nichts. Er hatte gelernt, damit zu leben. Von dem Gepolter in der Küche angelockt, streckte der siebzehnjährige Tom seinen Schopf durch die Tür. „Na toll, grinste er und zeigte auf den Hund, der sich gerade genüsslich über die zerschlagenen Eier in der Einkaufstüte hermachte. „Darf ich unter diesen Umständen davon ausgehen, dass es morgen in diesem Haushalt wohl eher keine Frühstückseier geben wird, wenn ich nicht einkaufen gehe? Er rollte gespielt theatralisch mit den Augen. „Wenn man nicht alles selber macht …, stöhnte er. „Ja, du bist schon wirklich arm dran, spöttelte Anna. „Ich finde, du solltest dringend das Jugendamt um Hilfe bitten. „Und alles nur, weil ich rote Haare habe, Tom raufte sich den widerspenstigen Schopf. „Heute im Unterricht kam unsere Lehrerin auf die grandiose Idee, Gruppenarbeit zu machen – anderer pädagogischer Ansatz und so. Und was sagt die? Wir machen heute mal Gruppen nach Haarfarbe. Tom konnte gut schauspielern und verzog furchtbar leidend das Gesicht. „Darauf ich: Gut, dann bin ich wohl meine eigene Gruppe. War ihr furchtbar peinlich. Alle drei lachten schallend. „Danach durfte ich mir dann aussuchen, mit wem ich in eine Gruppe wollte."

    Anna setzte sich auf die Küchenzeile, legte den Kopf schräg und lachte Robert an. „Um deine Frage von eben zu beantworten – bei der Farbe handelt es sich um mintgrün, passt hervorragend zu den dunkelgrünen Blenden. Und ja, wir hatten uns für sonnengelb entschieden – allerdings für den Flur, lachend schüttelte sie den Kopf. „Bloß gut, dass dein Kopf angewachsen ist. Wie hast du nur jemals die Aufnahmeprüfung für die Polizeischule geschafft? Robert blickte sie an. „Na warte, meine Rache wird fürchterlich über dich kommen. „Oh, ich habe schon Angst. Tom schaltete sich in das Geplänkel ein. „Können wir die Turtelei vielleicht für einen kleinen Moment vergessen und das Einkaufsproblem klären? Grundsätzlich würde ich mich ja bereit erklären, neue Eier und was sonst noch so zu Bruch gegangen ist zu kaufen, schließlich bin ich ein Jugendlicher im Wachstum und muss vernünftig ernährt werden. Anna zog skeptisch die Augenbrauen in die Höhe. „Du siehst auch extrem mangelernährt aus, aber wir könnten ja, während du einkaufst, hier ein bisschen zusammen räumen und das Pizzataxi bestellen. Heute Abend streichen wir die Küche fertig und ab morgen können wir dann wieder kochen. „Heißt das etwa, dass ich armer hart arbeitender Polizist meinen wohlverdienten Feierabend mit der Farbrolle auf der Leiter verbringen muss? „Lass mich kurz überlegen – ja, kam die prompte Antwort von Anna. Sie grinste mit krausgezogener Nase, was sie locker zehn Jahre jünger wirken ließ.cVor zwei Wochen waren sie in das hübsche Reihenhäuschen in einem Vorort von Hannover gezogen. Fast ein Jahr lang waren sie zwischen Roberts und Annas Wohnung hin- und hergependelt. Für drei Personen und Hund waren beide Wohnungen zu klein, also hatten sie vor ein paar Wochen die Entscheidung getroffen, sich etwas Größeres zu suchen. Für Anna war die Entscheidung nicht leicht gewesen, aber sie hatte sich einmal mehr klar gemacht, dass Robert und Toms Vater nichts miteinander gemein hatten und irgendwann musste man die Schatten der Vergangenheit auch hinter sich lassen. Als sie dann die Anzeige für das Häuschen sahen, in das sie sich auf Anhieb verliebt hatten, hatten sie nicht lange gezögert. Die letzten beiden Wochen waren mit Kisten schleppen, Möbel aufbauen und Anstreichen ins Land gegangen, aber so langsam lichtete sich das Chaos. Tom schnappte sich die Stofftasche, um einkaufen zu gehen, Robert schlüpfte aus der Jeans in die alten Arbeitsklamotten und die beiden machten sich wieder an die Küche. Eine dreiviertel Stunde später klingelte der Pizzalieferant an der Tür, alle setzten sich um den Küchentisch und Tom ging kurz durch den Kopf, dass das hier etwas von einem ganz normalen Familienleben hatte. Ein wenig von der Normalität, die für andere Alltag war.

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    Freitag, 19:15 Uhr

    Lena Christensen stand vor dem Spiegel, bürstete sich ihre schulterlangen Haare, bis sie seidig glänzten, trug noch etwas Wimperntusche auf und betrachtete dann eingehend ihr Werk. Sie war zufrieden. Sie sah gut aus, sehr gut sogar. Um acht Uhr hatte sie einen Auftrag, sie sollte einen Geschäftsmann zum Abendessen begleiten. Punkt acht Uhr sollte sie in der Lounge des Sheraton-Hotels an der Bar warten. Dort würde er sie abholen. Wahrscheinlich würde er sie nach dem Essen noch mit auf ein Zimmer nehmen. Sie hatte sich darauf eingestellt und schwarze Spitzendessous mit Strumpfhaltern angezogen. Sie hatte geduscht, sich komplett rasiert und eingecremt; sie wusste, worauf Männer standen. Zu Beginn ihres Studiums hatte sie noch mit kellnern, Zeitungen austragen und diversen anderen Jobs versucht, sich finanziell über Wasser zu halten, doch das Geld reichte hinten und vorne nicht. Irgendwann hatte eine Kommilitonin sie angesprochen und gesagt, sie hätte einen Superjob für sie – 200 Euro für einen Abend als Begleitung. Sie müsse nichts tun, lediglich mit essen gehen und freundlich und unverbindlich lächeln. Lena hatte angenommen, der Abend war völlig harmlos verlaufen und sie hatte mehr Geld mit einem Abendessen verdient als den ganzen Monat mit kellnern. Sie hatte diese Aufträge immer öfter angenommen und irgendwann bot ihr der erste reiche Geschäftsmann 500 Euro extra für Sex im Auto. Zunächst hatte sie sich geziert, dann aber eingewilligt und es auch gar nicht so schlimm gefunden. Vor allem unter dem Aspekt, was sie sich mit diesem Geld alles leisten konnte. Sie betrachtete sich noch einmal komplett in dem großen Spiegel im Flur, war zufrieden und schlüpfte in Jacke und Stiefel. Im Hinausgehen nahm sie die Schlüssel zu ihrem Audi A1, den sie sich im letzten Jahr neu gekauft hatte, vom Haken und machte sich auf den Weg zum Sheraton. Den Wagen stellte sie in die Tiefgarage und an der Bar bestellte sie sich einen Tequila Sunrise. Pünktlich um acht kam ein schlanker, gepflegter, gut aussehender Mann im maßgeschneiderten Anzug auf sie zu. Er hatte braune, perfekt geschnittene Haare und eine Aura von Charme umgab ihn. „Warum bestellt der sich einen Escort? ging es ihr durch den Kopf. Der würde doch bestimmt auch anders eine Begleitung finden. Naja, wie auch immer, vielleicht arbeitete er einfach lieber mit Profis. „Thomas Winkelmann, stellte er sich vor. „Lena Christensen. Er bot ihr den Arm und sie gingen nach nebenan ins Restaurant. Das Essen verlief wie erwartet. Lena, die Literaturwissenschaft und gehobenes Management an der Hochschule Hannover studierte, besaß eine gute Allgemeinbildung, ausgezeichnete Manieren und konnte sich sehr eloquent ausdrücken. Der Geschäftspartner, wegen dem Winkelmann von ihr zu dem Essen begleitet werden wollte, war begeistert und sie kamen schnell zu einem Abschluss. Er lud sie noch auf einen Drink an der Bar ein. „Kommst du noch mit aufs Zimmer? Ich habe eine Suite hier. „Kostet aber 300 extra. „Kein Problem, er zückte die Brieftasche und zählte drei grüne Scheine auf den Tisch. Sie fuhren mit dem Lift nach oben, doch kaum hatten sie die Zimmertür hinter sich geschlossen, fiel die Maske und der biedere Geschäftsmann zeigte sein wahres Gesicht.

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    Samstag, 08:40 Uhr

    Robert und Anna lagen in dem neuen Doppelbett, das sie sich anlässlich des Umzugs gegönnt hatten. Die ersten Sonnenstrahlen lugten durch die Schlitze in der Jalousie, Anna lag zusammengerollt mit dem Gesicht zu ihm und schlief noch tief und fest. Das Licht spiegelte sich in ihren Haaren wieder und Robert wagte kaum, sich zu rühren, um sie nicht zu wecken. Bis nach ein Uhr hatten sie gestrichen, aber jetzt war die Küche fertig und Anna wollte sie heute Abend mit einem schönen Abendessen einweihen, zu dem sie auch Marina und Hartmut eingeladen hatten.

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