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Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin: Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018
Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin: Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018
Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin: Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018
eBook159 Seiten1 Stunde

Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin: Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018

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Über dieses E-Book

In dem Buch "Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin" werden die Hauptlinien der russischen Innenpolitik seit dem Amtsantritt von Präsident Dmitrij Medwedew im Mai 2008 nachgezeichnet und Szenarien für die Präsidentschaft Wladimir Putins bis zum Jahr 2018 skizziert. Warum kandidierte 2008 Putin nicht zum dritten Mal als Präsident? Warum erlaubte Putin nicht, dass Medwedew 2012 ein zweites Mal als Präsident kandidierte? In welchem Zustand sah Medwedew Russland? Welche Reformen führte er durch? Wer sind die Unterstützter Medwedews und Putins? Was treibt die Protestbewegung in Russland an? Wer sind die Protestierenden? Was wollen sie? Wie reagiert der Kreml? Wer steuert Putins "Russia, Inc."? Wie geht es mit Russland weiter?
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum16. Aug. 2012
ISBN9783844229158
Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin: Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018

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    Buchvorschau

    Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin - Eberhard Schneider

    Impressum

    Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin.

    Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018

    Eberhard Schneider

    Published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    Copyright: © 2012 Eberhard Schneider

    ISBN 978-3-8442-2915-8

    1 Medwedews Präsidentschaftskandidatur 2008

    Um die politische Bedeutung der Entscheidung richtig zu gewichten, warum sich Wladimir Putin im Frühjahr 2012 erschloss, erneut für das Präsidentenamt zu kandidieren, ist zu untersuchen, welche Kompetenzen der Präsident im russischen politischen System hat.

    1.1 Kompetenzen des Präsidenten

    Der Präsident ist die zentrale politische Figur des russischen politischen Systems, denn er ist nicht nur Staatsoberhaupt, sondern auch der Chef der Exekutive. Die Verfassung kennt zwar das Amt eines Regierungschefs, räumt aber dem Präsidenten die Möglichkeit ein, bei Kabinettssitzungen den Vorsitz zu führen (Verfassungsartikel 83 b). Der Präsident schlägt der Staatsduma, dem Parlament,  den Premierminister vor, den das Unterhaus dann wählt. Für die Ernennung der Minister braucht er nicht dessen Einwilligung, muss sich aber an den Personalvorschlägen seines Premiers orientieren. Der Präsident kann von sich aus nicht einzelne Kabinettsmitglieder abberufen, sondern nur über den Rücktritt der gesamten Regierung entscheiden (Art. 83 c).

    Der Präsident ist bei der Regierungsbildung nicht auf die Stärke der Parteien in der Staatsduma  angewiesen, denn die Regierung ist mehr oder weniger ein Technokratenkabinett, das an die Amtszeit des Präsidenten und nicht an die Legislaturperiode der Staatsduma gebunden ist. Die Regierung ist dem Parlament auch nicht verantwortlich. Der ehemalige Präsident Boris Jelzin unterstellte sich die Ministerien der Silowiki direkt[1], das sind die Ministerien der Verteidigung und des Innern sowie den Föderalen Sicherheitsdienst (FSB). Später kamen die Ministerien des Äußeren, der Justiz und für die Angelegenheiten der Zivilverteidigung, Ausnahmesituationen und die Beseitigung der Folgen von Naturkatastrophen hinzu sowie die Föderalen Dienste für Auslandsaufklärung (= Auslandsspionage), für den Schutz Russlands und für den Schutz der Grenzen, der inzwischen im FSB aufging.[2] Durch die Herauslösung dieser Ministerien aus ihrer Unterstellung unter den Premier reduziert sich die Regierung mehr oder weniger auf ein Wirtschafts- und Verwaltungskabinett.

    Der Präsident kann gegen ein Gesetz ein Veto einlegen, das mit einer Zweidrittelmehrheit der Staatsduma und des Föderationsrats – das Oberhaus - überstimmt werden kann (Art. 107, Abs. 3). Die Haupteinwirkungsform des Präsidenten ist das Dekret (Art. 90), mit dem er jede Angelegenheit mit unmittelbarer Rechtswirkung entscheidet, wenn es dazu keine gesetzlichen Regelungen gibt. Er darf dabei allerdings nicht gegen die Verfassung oder ein föderales Gesetz verstoßen.

    Der Präsident kann die Staatsduma auflösen:

    ·         wenn sie den vom Präsidenten vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs dreimal abgelehnt hat und er keinen anderen Kandidaten vorschlagen will (Art. 111),

    ·         wenn die Staatsduma innerhalb von drei Monaten der Regierung erneut ihr Misstrauen ausgesprochen hat und der Präsident an der Regierung festhalten will (Art. 117, Abs. 3) oder

    wenn die Staatsduma auf Antrag des Regierungschefs der Regierung das Vertrauen verweigert  hat (Art. 117, Abs. 4).

    Der Präsident bestimmt laut Verfassung die Hauptrichtungen der Innen- und der Außenpolitik (Art. 80) und er leitet zudem die Außenpolitik (Art. 86). Der Präsident ist der Garant der Verfassung sowie der Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers (Art. 80) und übt das Begnadigungsrecht aus (Art. 89). Er schlägt dem Föderationsrat, dem Oberhaus, die Richter des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts und des Obersten Schiedsgerichts sowie den Generalstaatsanwalt vor. Darüber hinaus kann der Präsident dem Föderationsrat empfehlen, den Generalstaatsanwalt zu entlassen. Die Richter der übrigen föderalen Gerichte ernennt der Präsident von sich aus (Art. 83).

    Der Präsident ist der Oberkommandierende der Streitkräfte (Art. 87) und ernennt und entlässt das Oberkommando (Art. 83). Im Fall einer erfolgten oder unmittelbar drohenden Aggression verhängt der Präsident über das gesamte Land oder einzelne Landesteile den Kriegszustand. Über diesen Schritt hat er unverzüglich den Föderationsrat und die Staatsduma zu unterrichten (Art. 87). Auch über die Verhängung des Ausnahmezustands über das gesamte Territorium oder einzelne Landesteile muss der Präsident beide Parlamentskammern informieren (Art. 88). Der Föderationsrat muss die entsprechenden Dekrete des Präsidenten bestätigen (Art. 102 b und c).

    Der Präsident ist befugt, die Gültigkeit von Verwaltungsakten der Republiken und Gebiete in dem Falle, dass sie der föderalen Verfassung, föderalen Gesetzen oder internationalen Verträgen widersprechen bzw. die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers verletzen, solange auszusetzen, bis die entsprechenden Gerichte darüber entschieden haben (Art. 85, Abs. 2).

    Als Gegengewicht zur starken exekutiven Stellung des Präsidenten sieht die Verfassung die Möglichkeit eines Impeachments, der Ablösung des Präsidenten, wegen Hochverrats oder eines anderen schweren Verbrechens nach einem komplizierten Verfahren vor, an dem folgende Organe beteiligt sind: Die Staatsduma (a) beschließt mit mindestens einem Drittel aller Abgeordneten (150) die Initiative zu einer Anklage des Präsidenten wegen Hochverrats oder eines anderen schweren Verbrechens. Unter Vorlage des Gutachtens einer (b) Sonderkommission, die von der Staatsduma zu diesem Zweck mit einfacher Mehrheit aller Abgeordneten (226) eingesetzt wird, kann dann eine entsprechende Klage gegen den Präsidenten mit zwei Dritteln der Stimmen aller Abgeordneten (300) beschlossen werden. (c) Das Oberste Gericht hat danach in einem Gutachten zu bestätigen, dass die Handlungen des Präsidenten tatsächlich Merkmale eines Verbrechens aufweisen. (d) Das Verfassungsgericht muss anschließend in einem weiteren Gutachten bekunden, dass das vorgeschriebene Verfahren der Anklageerhebung eingehalten wurde (Art. 93). (e) Der Föderationsrat entscheidet innerhalb von drei Monaten mit Zweidrittelmehrheit (119) über die Amtsenthebung (Art. 93).

    1.2 Warum kandidierte Putin nicht?

    Wladimir Putin stand mit dem Blick auf das Auslaufen seiner zweiten Amtszeit als Präsident am 8. Mai 2008 vor der Frage, ob er ein drittes Mal kandidieren soll. Nach Verfassungsartikel 81 wird der Präsident für vier Jahre gewählt und darf nicht mehr als zwei Amtszeiten unmittelbar nacheinander innehaben (Abs. 3). Natürlich hätte dieser Artikel, der nicht zu den nicht änderbaren Artikeln in den Kapiteln 1, 2 und 9 gehört, nach dem Verfahren zur Verabschiedung föderaler Gesetze geändert werden können (Art. 135). Dazu sind mindestens zwei Drittel der Stimmen aller Staatsdumaabgeordneten und drei Vierteil der Stimmen aller Mitglieder des Föderationsrats erforderlich (Art. 108, Abs. 2). Diese Änderung tritt allerdings nur in Kraft, wenn sie zusätzlich von mindestens zwei Drittel der Parlamente der Föderationssubjekte der Russischen Föderation, das sind die Republiken und die Gebiete wie bei uns die Bundesländer, gebilligt wird.[3]

    Eine Änderung von Artikel 81 hätte Putin erreichen können, denn in der Staatsduma stellte die Fraktion der Machtpartei „Einiges Russland" 2007 mehr als zwei Drittel der Abgeordneten. Auch hätten dreiviertel der Senatoren für die Änderung der Verfassung votiert. Etwas schwieriger wäre es vielleicht geworden, in mindestens zwei Drittel der Regionalparlamente eine Mehrheit für das verfassungsändernde Projekt zu bekommen. Doch wenn der Kreml den regionalen Parlamenten signalisiert hätte, dass er ihr Votum für eine Verfassungsänderung wünsche, würden wohl auch oppositionelle Fraktionen dafür gestimmt haben.

    Doch Putin strebte keine Verfassungsänderung an. Warum? Er wollte wohl nicht im Westen den Eindruck entstehen lassen, dass er aus persönlichen Machtgelüsten die Verfassung ändern lässt. Er hatte nicht vor, dem Beispiel seines belarussischen Amtskollegen Aljaksandr Lukaschenka zu folgen, der sich mittels einem 2004 von westlichen Beobachtern als undemokratisch bezeichneten Referendum eine dritte Amtszeit gesichert hatte.

    1.3 Warum stellte Putin Medwedew als Präsidentschaftskandidaten auf?

    Am 10. Dezember 2007 schlug der damalige Staatsdumavorsitzende und Chef der Machtpartei von „Einiges Russland", Boris Gryslow, bei einem vom russischen Fernsehen

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