Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin: Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018
()
Über dieses E-Book
Ähnlich wie Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin
Ähnliche E-Books
Politisches Grundwissen für Ausbildung und Studium in der Polizei: Staat - Verfassung - Internationale Organisationen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStaats- und Europarecht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBaustelle Parlament: Warum die österreichische Verfassung für das 21. Jahrhundert nicht geeignet ist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Wahl zum Deutschen Bundestag: Was bewirke ich mit meinem Kreuzchen bei der Bundestagswahl? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHoheitsrechte - Grundverträge: das BRD-Rechtwesen und deren Änderungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNeue Weltordnung 4 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerfassungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag: 19. Wahlperiode Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesamtdeutsche Verfassung - eine Karikatur?: Ein Abriss mit Dokumenten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Ermächtigungsgesetz vom 24.03.1933 und die Konsequenzen des Grundgesetzes: Eine verfassungshistorische Untersuchung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungendie macht ergreifung der brd: durch grund rechte beugung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungenwir sind Weltmeister ... Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenParlamentslexikon: Abgeordnete bis Zwischenruf - juristisch und kompakt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesetzessammlung des liechtensteinischen Rechts: Staatsrecht I Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine Berufung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerfassung - Deutschland 2024: Freies Preußen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Geburtsfehler unserer Demokratien: Sie sind parteiendominiert und kapitalgesteuert Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVolksherrschaft und Gerechtigkeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen60 Jahre Bonner Grundgesetz – eine geglückte Verfassung? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie gefährdete Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland: Beiträge zur Bewahrung ihrer verfassungsrechtlichen Organisationsstruktur Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErklärs mir, als wäre ich 5: Politik. Der Nachfolger zum SPIEGEL-Bestseller. Das perfekte Geschenk für Eltern, Lehrer und alle Neugierigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnmerkungen zur Souveränität Deutschlands und der deutschen Staatsangehörigkeit sowie zum Zustand der Rechtspflege und der Medien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBasisgesetze Einsatzrecht: Textausgabe für Ausbildung, Studium und Praxis der Bundespolizei Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGrundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Schiedsrichterstaat: Die Macht des Bundesverfassungsgerichts Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRechtliche und politische Einflussmöglichkeiten der Opposition auf die Gesetzgebung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSammlung Zürcher Erlasse: Band I: Gerichtsorganisation, Zivilrecht, Steuern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMuster für Vollmachten Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Staatsgrenzen im Kontext ihrer Zeit: Rechtshistorische Betrachtungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse, 2. Band Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Politik für Sie
Einbürgerungstest für Deutschland - Ausgabe 2023: Handbuch zur Integration Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer politische Islam gehört nicht zu Deutschland: Wie wir unsere freie Gesellschaft verteidigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTrump: The Art of the Deal Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Kognitive Kriegsführung: Neueste Manipulationstechniken als Waffengattung der NATO Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn man weiß, wo der Verstand ist, hat der Tag Struktur: Anleitung zum Selberdenken in verrückten Zeiten (aktualisierte Ausgabe) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAngst und Macht: Herrschaftstechniken der Angsterzeugung in kapitalistischen Demokratien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKrass: 500 Jahre deutsche Jugendsprache Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLinke Identitätspolitik: Der neue Kulturkampf Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie verschleierte Gefahr: Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKALTES Denken, WARMES Denken: Über den Gegensatz von Macht und Empathie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBusiness Bullshit: Managerdeutsch in 100 Blasen und Phrasen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie geheimen Ängste der Deutschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutschland Schwarz Weiß: Der alltägliche Rassismus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCancel Culture: Demokratie in Gefahr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRassismus und kulturelle Identität: Ausgewählte Schriften 2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSolidarität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer nächste große Krieg: Hintergründe und Analysen zur medial-politischen Hetze gegen Russland Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFremdbestimmt: 120 Jahre Lügen und Täuschung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Alles, was Sie über Energiesparen wissen müssen: Erklärungen und Tipps vom Energiesparkommissar Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNaher Osten 01: Themenzusammenfassung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGenderismus: Der Masterplan für die geschlechtslose Gesellschaft Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5Das weiße Denken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Krieg im Dunkeln: Die wahre Macht der Geheimdienste. Wie CIA, Mossad, MI6, BND und andere Nachrichtendienste die Welt regieren. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAntisemitismus in der Sprache: Warum es auf die Wortwahl ankommt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPsychologie der Massen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5The Four: Die geheime DNA von Amazon, Apple, Facebook und Google Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Zusammenfassung: Utopien für Realisten: Kernaussagen und Analyse des Buchs von Rutger Bregman: Zusammenfassung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Diktatur der Demokraten: Warum ohne Recht kein Staat zu machen ist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Guttenberg-Dossier: Das Wirken transatlantischer Netzwerke und ihre Einflussnahme auf deutsche Eliten Bewertung: 1 von 5 Sternen1/5Der Überfall - Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin - Eberhard Schneider
Impressum
Vom Reformer Medwedew zum Zaren Putin.
Hauptlinien der russischen Innenpolitik 2008-2018
Eberhard Schneider
Published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2012 Eberhard Schneider
ISBN 978-3-8442-2915-8
1 Medwedews Präsidentschaftskandidatur 2008
Um die politische Bedeutung der Entscheidung richtig zu gewichten, warum sich Wladimir Putin im Frühjahr 2012 erschloss, erneut für das Präsidentenamt zu kandidieren, ist zu untersuchen, welche Kompetenzen der Präsident im russischen politischen System hat.
1.1 Kompetenzen des Präsidenten
Der Präsident ist die zentrale politische Figur des russischen politischen Systems, denn er ist nicht nur Staatsoberhaupt, sondern auch der Chef der Exekutive. Die Verfassung kennt zwar das Amt eines Regierungschefs, räumt aber dem Präsidenten die Möglichkeit ein, bei Kabinettssitzungen den Vorsitz zu führen (Verfassungsartikel 83 b). Der Präsident schlägt der Staatsduma, dem Parlament, den Premierminister vor, den das Unterhaus dann wählt. Für die Ernennung der Minister braucht er nicht dessen Einwilligung, muss sich aber an den Personalvorschlägen seines Premiers orientieren. Der Präsident kann von sich aus nicht einzelne Kabinettsmitglieder abberufen, sondern nur über den Rücktritt der gesamten Regierung entscheiden (Art. 83 c).
Der Präsident ist bei der Regierungsbildung nicht auf die Stärke der Parteien in der Staatsduma angewiesen, denn die Regierung ist mehr oder weniger ein Technokratenkabinett, das an die Amtszeit des Präsidenten und nicht an die Legislaturperiode der Staatsduma gebunden ist. Die Regierung ist dem Parlament auch nicht verantwortlich. Der ehemalige Präsident Boris Jelzin unterstellte sich die Ministerien der Silowiki direkt[1], das sind die Ministerien der Verteidigung und des Innern sowie den Föderalen Sicherheitsdienst (FSB). Später kamen die Ministerien des Äußeren, der Justiz und für die Angelegenheiten der Zivilverteidigung, Ausnahmesituationen und die Beseitigung der Folgen von Naturkatastrophen hinzu sowie die Föderalen Dienste für Auslandsaufklärung (= Auslandsspionage), für den Schutz Russlands und für den Schutz der Grenzen, der inzwischen im FSB aufging.[2] Durch die Herauslösung dieser Ministerien aus ihrer Unterstellung unter den Premier reduziert sich die Regierung mehr oder weniger auf ein Wirtschafts- und Verwaltungskabinett.
Der Präsident kann gegen ein Gesetz ein Veto einlegen, das mit einer Zweidrittelmehrheit der Staatsduma und des Föderationsrats – das Oberhaus - überstimmt werden kann (Art. 107, Abs. 3). Die Haupteinwirkungsform des Präsidenten ist das Dekret (Art. 90), mit dem er jede Angelegenheit mit unmittelbarer Rechtswirkung entscheidet, wenn es dazu keine gesetzlichen Regelungen gibt. Er darf dabei allerdings nicht gegen die Verfassung oder ein föderales Gesetz verstoßen.
Der Präsident kann die Staatsduma auflösen:
· wenn sie den vom Präsidenten vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs dreimal abgelehnt hat und er keinen anderen Kandidaten vorschlagen will (Art. 111),
· wenn die Staatsduma innerhalb von drei Monaten der Regierung erneut ihr Misstrauen ausgesprochen hat und der Präsident an der Regierung festhalten will (Art. 117, Abs. 3) oder
wenn die Staatsduma auf Antrag des Regierungschefs der Regierung das Vertrauen verweigert hat (Art. 117, Abs. 4).
Der Präsident bestimmt laut Verfassung die Hauptrichtungen der Innen- und der Außenpolitik (Art. 80) und er leitet zudem die Außenpolitik (Art. 86). Der Präsident ist der Garant der Verfassung sowie der Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers
(Art. 80) und übt das Begnadigungsrecht aus (Art. 89). Er schlägt dem Föderationsrat, dem Oberhaus, die Richter des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts und des Obersten Schiedsgerichts sowie den Generalstaatsanwalt vor. Darüber hinaus kann der Präsident dem Föderationsrat empfehlen, den Generalstaatsanwalt zu entlassen. Die Richter der übrigen föderalen Gerichte ernennt der Präsident von sich aus (Art. 83).
Der Präsident ist der Oberkommandierende der Streitkräfte (Art. 87) und ernennt und entlässt das Oberkommando (Art. 83). Im Fall einer erfolgten oder unmittelbar drohenden Aggression verhängt der Präsident über das gesamte Land oder einzelne Landesteile den Kriegszustand. Über diesen Schritt hat er unverzüglich den Föderationsrat und die Staatsduma zu unterrichten (Art. 87). Auch über die Verhängung des Ausnahmezustands über das gesamte Territorium oder einzelne Landesteile muss der Präsident beide Parlamentskammern informieren (Art. 88). Der Föderationsrat muss die entsprechenden Dekrete des Präsidenten bestätigen (Art. 102 b und c).
Der Präsident ist befugt, die Gültigkeit von Verwaltungsakten der Republiken und Gebiete in dem Falle, dass sie der föderalen Verfassung, föderalen Gesetzen oder internationalen Verträgen widersprechen bzw. die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers
verletzen, solange auszusetzen, bis die entsprechenden Gerichte darüber entschieden haben (Art. 85, Abs. 2).
Als Gegengewicht zur starken exekutiven Stellung des Präsidenten sieht die Verfassung die Möglichkeit eines Impeachments, der Ablösung des Präsidenten, wegen Hochverrats oder eines anderen schweren Verbrechens nach einem komplizierten Verfahren vor, an dem folgende Organe beteiligt sind: Die Staatsduma (a) beschließt mit mindestens einem Drittel aller Abgeordneten (150) die Initiative zu einer Anklage des Präsidenten wegen Hochverrats oder eines anderen schweren Verbrechens. Unter Vorlage des Gutachtens einer (b) Sonderkommission, die von der Staatsduma zu diesem Zweck mit einfacher Mehrheit aller Abgeordneten (226) eingesetzt wird, kann dann eine entsprechende Klage gegen den Präsidenten mit zwei Dritteln der Stimmen aller Abgeordneten (300) beschlossen werden. (c) Das Oberste Gericht hat danach in einem Gutachten zu bestätigen, dass die Handlungen des Präsidenten tatsächlich Merkmale eines Verbrechens aufweisen. (d) Das Verfassungsgericht muss anschließend in einem weiteren Gutachten bekunden, dass das vorgeschriebene Verfahren der Anklageerhebung eingehalten wurde (Art. 93). (e) Der Föderationsrat entscheidet innerhalb von drei Monaten mit Zweidrittelmehrheit (119) über die Amtsenthebung (Art. 93).
1.2 Warum kandidierte Putin nicht?
Wladimir Putin stand mit dem Blick auf das Auslaufen seiner zweiten Amtszeit als Präsident am 8. Mai 2008 vor der Frage, ob er ein drittes Mal kandidieren soll. Nach Verfassungsartikel 81 wird der Präsident für vier Jahre gewählt und darf nicht mehr als zwei Amtszeiten unmittelbar nacheinander innehaben (Abs. 3). Natürlich hätte dieser Artikel, der nicht zu den nicht änderbaren Artikeln in den Kapiteln 1, 2 und 9 gehört, nach dem Verfahren zur Verabschiedung föderaler Gesetze geändert werden können (Art. 135). Dazu sind mindestens zwei Drittel der Stimmen aller Staatsdumaabgeordneten und drei Vierteil der Stimmen aller Mitglieder des Föderationsrats erforderlich (Art. 108, Abs. 2). Diese Änderung tritt allerdings nur in Kraft, wenn sie zusätzlich von mindestens zwei Drittel der Parlamente der Föderationssubjekte der Russischen Föderation, das sind die Republiken und die Gebiete wie bei uns die Bundesländer, gebilligt wird.[3]
Eine Änderung von Artikel 81 hätte Putin erreichen können, denn in der Staatsduma stellte die Fraktion der Machtpartei „Einiges Russland" 2007 mehr als zwei Drittel der Abgeordneten. Auch hätten dreiviertel der Senatoren für die Änderung der Verfassung votiert. Etwas schwieriger wäre es vielleicht geworden, in mindestens zwei Drittel der Regionalparlamente eine Mehrheit für das verfassungsändernde Projekt zu bekommen. Doch wenn der Kreml den regionalen Parlamenten signalisiert hätte, dass er ihr Votum für eine Verfassungsänderung wünsche, würden wohl auch oppositionelle Fraktionen dafür gestimmt haben.
Doch Putin strebte keine Verfassungsänderung an. Warum? Er wollte wohl nicht im Westen den Eindruck entstehen lassen, dass er aus persönlichen Machtgelüsten die Verfassung ändern lässt. Er hatte nicht vor, dem Beispiel seines belarussischen Amtskollegen Aljaksandr Lukaschenka zu folgen, der sich mittels einem 2004 von westlichen Beobachtern als undemokratisch bezeichneten Referendum eine dritte Amtszeit gesichert hatte.
1.3 Warum stellte Putin Medwedew als Präsidentschaftskandidaten auf?
Am 10. Dezember 2007 schlug der damalige Staatsdumavorsitzende und Chef der Machtpartei von „Einiges Russland", Boris Gryslow, bei einem vom russischen Fernsehen