Helmut Schmidt: Macher. Staatsmann. Mensch.
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Über dieses E-Book
besondere Momente nach. Vom aufstrebenden Politiker aus Hamburg über den Krisenmanager
bei Flut und Terror zum Elder Statesman, dessen Meinung auch lange nach
seiner Kanzlerschaft Gewicht hat: Helmut Schmidt ist bis heute einer der beliebtesten
Politiker des 20. Jahrhunderts. Er traf schwierige und unbequeme Entscheidungen,
konnte sich des Respekts von Parteifreunden wie Gegnern aber immer sicher sein.
Dabei erhielt er sich stets seinen Eigensinn und Charakter. Zunehmende Rauchverbote
hinderten ihn nicht daran, auch im Fernsehen zur Zigarette zu greifen.
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Buchvorschau
Helmut Schmidt - Neue Osnabrücker Zeitung
Helmut Schmidt
Macher. Staatsmann. Mensch.
NOZ-Beiträge über einen Jahrhundert-Politiker
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Vorwort
Der NOZ-Kommentar zum Tode Helmut Schmidts am 10. November 2015
Hanseat, kein Hampelmann
Einleitung: Eine deutsche Instanz
1. Schmidts Weg in die Bundespolitik – von Hamburg nach Bonn
Die wichtigsten Lebensstationen
Krisenmanager in turbulenten Zeiten
Die große Stunde des Helmut Schmidt
Katastrophe über Nacht: Sturmflut 1962 traf Hamburg unvorbereitet
2. Kanzler in schwierigen Zeiten - Krisen, Terror und Sicherheit
Brandt bereut Kanzler-Rücktritt nicht
1976: Kohl scheitert nur knapp gegen Schmidt
Deutscher Herbst
Die wichtigsten Akteure im „Deutschen Herbst" 1977
Die Landshut-Entführung: Dramatischer Höhepunkt im „Deutschen Herbst"
Ex-Kanzler Schmidt fühlt sich mitschuldig am Tod Schleyers
Helmut Schmidt: Der NATO-Doppelbeschluß ist nach wie vor richtig
Hanseat gegen Polit-Polterer - Der kurzlebige Sieg Helmut Schmidts
Keine Verschlechterung des deutsch-deutschen Verhältnisses
3. Die Schmidt-Schnauze
ist niemals still - Meinungsstark auch nach der politischen Karriere
Überraschung bei der „Zeit" - Der neue Kollege heißt Helmut Schmidt - Redaktion war nicht informiert -
Helmut Schmidt und Giscard gründen Komitee für Währungsunion
Schmidt gegen deutsch-deutsche Alleingänge - Berliner Ehrenbürger –
„Moralischer Verfall": Schmidt hält seinem Nachfolger Kohl schwere Versäumnisse vor –
Mit Entschlossenheit wie bei RAF gegen Rechts-Gewalt
Kanzler a.D. geht mit politischer Klasse hart ins Gericht
Ex-Kanzler Schmidt sieht besorgniserregende Lage Deutschlands
Scharfzüngige Kritik an Politik und Gesellschaft –
4. Alle Achtung - Deutschland würdigt den Altkanzler – Preise und Ehrungen
Ehrenbürger seiner Heimatstadt Hamburg
Hochschule der Bundeswehr soll „Helmut Schmidt-Universität" heißen
Altkanzler für politische Verdienste geehrt
Schmidt mit Kissinger-Preis ausgezeichnet
Verehrtes Vorbild: Schmidt erhält den Preis des Westfälischen Friedens
Unterwegs in die politische Unsterblichkeit - Helmut Schmidt wird 95
Medienpreis für Helmut Schmidt und Valéry Giscard d'Estaing –
5. Helmut Schmidt privat – Zwischen Loki und Lungenbrötchen
Helmut und Loki gaben sich vor 50 Jahren das Ja-Wort
Loki Schmidt ist tot - Mehr als nur die „Frau von..."
Liebe und Legende
Schmidt quarzt bei Günther Jauch
„Meine Freundin Frau Loah" - Helmut Schmidt plaudert über seine Neue
Helmut Schmidt schreibt über seine Geliebte
6. Helmut Schmidt und die Region
Mal kämpferisch, mal launig: Schmidts Auftritte in der Region
Berichte und Reportagen aus den Jahren 1974 bis 2012
„Wahl entscheidet auch über Bundespolitik!" - Helmut Schmidt auf dem Markt in Osnabrück
12.000 hörten Schmidt - Kanzler warnt vor Opposition als Regierungspartei
Schmidt auf Bauernhof: Ich will hier viel lernen
Nach Kanzler-Besuch wenig Hoffnung auf Ansiedlung von Uranit - Vorwürfe gegen Landesregierung
„Strauß hat seine Zunge nicht in der Gewalt" - Helmut Schmidt in der Stadthalle
Helmut Schmidt: Meyer-Werft hat mir immer mächtig imponiert
„Zum Teufel mit der Taktik" - Kanzler a. D. an der Basis: Mal stark, mal moderat
Georgianer trafen Alt-Kanzler - Buchvorstellung in Hamburg
Interviews aus den Jahren 1970 bis 1978
Schmidt: Keine „neue" Bundeswehr
Wehrstruktur im April im Kabinett
Schmidt: Schießbefehl schwere Belastung - „Verstoß gegen elementare Rechtsauffassungen"
Schmidt: Mit Breschnjew Aussprache über Berlin - Neue Impulse erwartet
„Niedersachsenwahl am interessantesten"
Schmidt: Mit Carter Fortschritte erzielt - Weitere Annäherung erwartet
Fotostrecke
Helmut Schmidt – Bilder eines Lebens
Impressum
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Breiter Gang 10 –16
49074 Osnabrück
Telefon: 0049 (0)541 310-360
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Registergericht: AG Osnabrück HRA 3551
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1. Auflage 2015
© Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion: Burkhard Ewert (Ltg.), Uwe Westdörp; Carmen Vosgröne (Archiv/Produktion); Julia Knieps (Koordination)
Für die Inhalte der dpa:
© dpe, Deutsche Presse-Edition – eine Marke der dpa, Deutsche Presse-Agentur/dpa-infocom, Hamburg
Da es sich bei den ausgewählten Texten um Originalbeiträge aus dem Archiv der Neuen Osnabrücker Zeitung und den Datenbanken der dpa handelt, entspricht die verwendete Rechtschreibung der Zeit, aus der die Dokumente stammen. Aus Gründen der Authentizität wurden die Texte nicht in die neue Rechtschreibung übertragen.
ISBN: 978-3-7375-7565-2
Bildquellenverzeichnis: picture alliance / dpa (45), Kurt Löckmann (1), Paul Petschkuhn (1), privat (1)
Vorwort
Ein großer, ein einzigartiger Mann ist von uns gegangen: Helmut Schmidt, Zeit Lebens ein ebenso kluger wie kantiger Politiker, Staatsmann, Publizist und Denker. In Erinnerung bleiben seine überragenden Fähigkeiten als Krisenmanager: Die große Flut in Hamburg, schwere weltweite Wirtschaftskrisen und die Rote Armee Fraktion (RAF) zählten zu den Herausforderungen, denen er sich stellen musste. Unvergessen bleibt aber zugleich „Schmidt Schnauze", der zuspitzende und scharfsinnige Redner.
Auch bei Wahlkampfauftritten im Raum Weser/Ems mobilisierte Schmidt zehntausende von Menschen. Zudem stand er unserer Redaktion immer wieder in Interviews Rede und Antwort. Wie wurde er, was er war? Wie haben ihn die Menschen vor Ort erlebt? Mit einer Mischung von Originaltexten aus unserer Zeitung und Hintergrundinformationen über Helmut Schmidt zeichnen wir seinen Lebensweg nach und verfolgen die vielfältigen Spuren auch in unserer Region.
Eine interessante Lektüre wünscht
Ihr Ralf Geisenhanslüke
Chefredakteur Neue Osnabrücker Zeitung
Ralf GeisenhansluekeDer NOZ-Kommentar zum Tode Helmut Schmidts am 10. November 2015
Hanseat, kein Hampelmann
Von Burkhard Ewert
Die Flut. Loki. Zigaretten. Mogadischu, Stammheim und die Schiffermütze. Der Brahmsee. Der Scheitel. Seine Jugend im Nazi-Regime, die steten und strengen Mahnungen zur Welt- und Wirtschaftspolitik. Sie werden fehlen. Helmut Schmidt ist tot. Deutschland trauert.
Sein Leben illustriert eine kleine Episode: Wie für Hamburger üblich, lehnte er nach dem Ende seiner Amtszeit als Kanzler das Bundesverdienstkreuz ab. Das war Bescheidenheit, einerseits. Dem Staat zu dienen, war ihm Pflicht. Sie verlangte nicht nach Ehrung. Und doch war da Stolz. Eine Ehrung zum Anheften, ihm, dem Bürger der Freien und Hansestadt von einer äußeren Obrigkeit verliehen; auf solchen Tand konnte Schmidt getrost verzichten.
Tatsächlich: Nötig hatte er solcherlei Ehrungen nie. Uneitel war er trotzdem nicht. Aber lieber, als einen Orden zu tragen, rühmte er sich seiner Haltung und Härte, Bodenhaftung und Bescheidenheit. Daneben schmückte er sich mit politischen und persönlichen Freundschaften in aller Welt; Autokraten eingeschlossen.
Die Bewunderung für ihn war groß, die Anerkennung riesig. Ob es immer auch Liebe war? Kühl war Schmidt als Mensch, klar in der Analyse, knapp und kantig im Ausdruck. Er war eine Persönlichkeit aus einer anderen Zeit. Hanseat statt Hampelmann, mehr Bismarck als Obama. Wer ihn erleben durfte, wird ihn nicht vergessen. Schmidt ist Legende.
Einleitung: Eine deutsche Instanz
Von Uwe Westdörp
Von scharfem Verstand, eisern, mutig, angriffslustig: Helmut Schmidt war als Bundeskanzler geachtet, aber nicht beliebt. Den Gipfel seiner Popularität erreichte er erst lange nach dem Ende seiner politischen Laufbahn. Als erfahrener Ratgeber und geschätzter Publizist war der Sozialdemokrat eine deutsche Instanz. Das Beste kam zum Schluss.
Osnabrück (NOZ) - So kannte man Helmut Schmidt: In Zigarettenrauch gehüllt, ernst und jedes Wort wägend – als gelte es, fortwährend unumstößliche Wahrheiten zu formulieren. Als wäre er aus der Zeit gefallen, setzte der eigensinnige Hanseat sich lässig über alle Rauchverbote hinweg. Politisch und intellektuell war er indessen bis ins hohe Alter auf der Höhe der Zeit. Ja, sein Ansehen stieg von Jahr zu Jahr.
Kurz vor seinem 95. Geburtstag im Dezember 2013 erklärte eine Umfrage-Mehrheit Helmut Schmidt sogar zum bedeutendsten Bundeskanzler der Bundesrepublik – vor Konrad Adenauer, Willy Brandt und Helmut Kohl. Dass die drei Vorgänger historisch mehr bewirkt hatten, trat in den Hintergrund. Schmidt bestach bis zuletzt durch scharfen Intellekt und Geradlinigkeit. Hochgelobt erhob er sich als umfassend gebildeter Publizist, gefragter Redner und „Orakel von Hamburg-Langenhorn" in höchste Sphären der öffentlichen Wertschätzung.
„Meine Fehler habt ihr verschwiegen, euer Lob habt ihr weit übertrieben, monierte der Altkanzler 2013 nach seinem 95. Geburtstag. Zu allzu großer Bescheidenheit neigte er aber zeitlebens nicht: „Mir ist der eigene Geltungsdrang durchaus bewusst
, bestätigte er noch als alter Mann.
Helmut Schmidt habe ihm stets Orientierung gegeben, lobte Gerhard Schröder. Henry Kissinger, der unter anderen für John F. Kennedy gearbeitet hatte, nannte Schmidt „einen der bedeutendsten Männer, die ich kennenlernen durfte. Und Bundespräsident Joachim Gauck gratulierte zum 95. mit den Worten, Schmidt werde „zu Recht in die Geschichtsbücher eingehen
.
Die erste große Stunde des Hanseaten schlug, als seine Heimatstadt Hamburg 1962 von einer schweren Sturmflut heimgesucht wurde. Als Polizeisenator riss Schmidt zentrale Entscheidungsvollmachten an sich und koordinierte die Hilfsmaßnahmen. Auch Bundeswehrsoldaten beteiligten sich auf Drängen des Senators an der Rettung von Flutopfern, obwohl solche zivilen Einsätze der Truppe damals rechtlich noch nicht abgesichert waren. O-Ton Schmidt: „Ich habe das Grundgesetz nicht angeguckt in jenen Tagen."
Im Bundestag, dem er von 1953 bis 1962 und von 1965 bis 1982 angehörte, machte der Sozialdemokrat sich als Verkehrs- und Militärexperte einen Namen. Entschieden lehnte er eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr ab, scharf attackierte er den damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU). „Ich bin der Mann mit der schnellen Schnauze", sagte er über sich selbst.
Als „Schmidt Schnauze nahm der angriffslustige Sozialdemokrat freilich nicht nur politische Gegenspieler hart an, sondern auch politische Freunde. „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
, ätzte Schmidt – ein Seitenhieb auf Willy Brandt. „Es war eine pampige Antwort auf eine dusselige Frage", so Schmidt Jahrzehnte später in einem Interview.
Am 16. Mai 1974 übernahm er nach dem Rücktritt von Brandt erstmals das Amt des Bundeskanzlers. Schwere Wirtschaftskrisen und der Terrorismus der Roten-Armee-Fraktion (RAF) wurden zu seinen größten Herausforderungen. Schmidt ging die Probleme mit kühler Konsequenz an. Sein Credo: „In der Krise beweist sich der Charakter."
In Fortsetzung der Brandt’schen Entspannungspolitik unterzeichnete Schmidt im August 1975 die Schlussakte der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" in Helsinki. Doch war er auch mit neuen Spannungen konfrontiert: 1979 marschierte die UdSSR in Afghanistan ein.
Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing begründete Schmidt 1975 regelmäßige Treffen der wichtigsten Wirtschaftsnationen. Diese „Weltwirtschaftsgipfel" gibt es bis heute. Gemeinsam initiierten beide Staatsmänner auch die Einführung des Europäischen Währungssystems, aus dem die Rechnungseinheit ECU hervorging. Es war ein wichtiger Schritt auf dem