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Sophies Erwachen
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eBook417 Seiten5 Stunden

Sophies Erwachen

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Über dieses E-Book

Stell Dir vor: Du verbringst ein Schuljahr in Neuseeland. Der immergrüne Regenwald mit Farnen, Moosen und Palmen duftet nach Honig. Zikaden zirpen ohrenbetäubend laut. Vögel zwitschern in metallischen Tönen fremde Melodien. Du bist hin und weg von diesem Ort. Dem Wald aus Deinen Träumen. Der Wald hat mit Dir etwas vor. Das weißt Du genau. Dann passieren dort unbegreifliche Dinge. Du hast plötzlich übermenschliche Kräfte. Du verwandelst Dich. Doch nicht nur der Wald ist geheimnisvoll. Deine neuen Freunde und Dein Schwarm sind nicht die, für die Du sie hältst. Nach und nach tut sich eine makabre Geschichte auf. In der Bucht vor Blenheim, wo Du wohnst, liegt eine sagenumwobene vulkanische Insel. Vor zwanzig Jahren kauften ein Dutzend Familien die Insel. Sie bauten ihre Häuser mitten im Krater. Gerüchte und Geschichten kursieren über die Inselbewohner. Denn sie leben völlig isoliert. Nur ihre Kinder schicken sie zur Schule. Und die verbreiten Angst und Schrecken. Du tauchst in diese mysteriöse Welt ein. Mit Haut und Haaren. Doch wie sagt man so schön: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Ein Wahnsinniger hat es auf Dich abgesehen. Er schmiedet blutrünstige Pläne. Mit Dir im Mittelpunkt. Du sollst ihn bei einer abscheulichen Tat unterstützen. Als Gegenleistung sollst Du erfahren, wer Du wirklich bist. Wie würdest Du Dich entscheiden? Geh mit Sophie, der Frankfurter Schülerin, nach Neuseeland in den immergrünen Regenwald.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum6. Feb. 2014
ISBN9783847673545
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    Buchvorschau

    Sophies Erwachen - Anna Bloom

    Widmung

    Für meine Freunde

    Mara, Nina, Manuel, Stefan und Jochen

    Vielen Dank für Ideen, Korrekturen und Aufmunterung

    1

    Ich riss das Fenster auf. Eine Welle kalter Luft schlug mir entgegen. Es war Winter und die Welt war schneebedeckt. Die Renaissancehäuser, die vorbeifahrenden und parkenden Autos, die Straßen: Alles war weiß und reflektierte die Lichter der Straßenlampen. Die schneegeschwängerte orangefarbene Luft wirbelte sich hinten am Horizont zu einem schwarzen Loch zusammen. Dort lag unsichtbar, aber noch zu erahnen die Skyline von Frankfurt. Das war er nun, der letzte Abend, bevor es ans andere Ende der Welt ging. Ich zündete mir heimlich die letzte Zigarette an, verabschiedete mich von meiner Stadt. Die gespenstischen Türme spendeten einen bitteren Trost. Ich versuchte den Zigarettenrauch so auszublasen, dass er nicht ins Zimmer hineinströmen würde. Mein Kopf ragte weit aus dem Fenster hervor, so dass sich langsam eine Schneekrone auf meinen Haaren absetzte. So sehr mich der lang anhaltende Schneefall ärgerte, so sehr würde ich den Schnee morgen vermissen. In Neuseeland war es derzeit Sommer. Innerlich schwankte ich zwischen Wehmut, Angst und Hoffnung. Ich war zu aufgeregt, um schlafen zu können. Ich fragte mich, ob sich nach meiner Rückkehr meine Freunde noch an mich erinnern würden. Ein ganz anderer Mensch werde ich wohl nicht sein. Aber ich würde gut Englisch sprechen und hätte ein neues, ganz anderes Land kennengelernt. Schlecht würde es mir nicht gehen. Immerhin würde ich bei Papas Freunden leben. Aber wenn ich in Neuseeland keine Freunde finden würde? Ein Jahr war eine sehr lange Zeit, um einsam zu sein. So grübelte ich noch die halbe Nacht vor mich hin. Irgendwann gegen drei oder vier Uhr schlief ich dann doch ein. Ich träumte vom Regenwald. Das war ein ganz anderer Wald als der bei uns. Keine Eichen oder Buchen, nur unbekannte Bäume. Alles war grün. Farne und grünes langes Moos wuchsen an den Sträuchern, an den Steinen, an den Bäumen. Wie der Bart von uralten versteinerten Göttern. Ich lief barfuß im Wald umher. Das Moos war so fest und dicht, dass mir die Steine an den Füßen nicht wehtaten. Nebelschwaden rauschten herbei und wieder fort. Ein leichter Nieselregen tropfte auf meine Haut. Er war weder kalt, noch warm. Ich fühlte mich nicht geborgen und doch sicher. Ich suchte nach etwas. Ich wusste aber nicht wonach. Es war eine ganz tiefe Sehnsucht, wie nach Wasser oder Essen. Ich wusste, dass ich mich vor wilden Tieren nicht fürchten musste. Aber wie war es mit Menschen? Nein, um Menschen musste ich mir auch keine Sorgen machen. Ich versuchte, mein Gedächtnis zu erforschen, wonach ich suchte, ich schien es aber ganz vergessen zu haben. Übrig blieb nur die Erinnerung an die Suche. Als ich so auf dem Boden saß wurde ich müde, legte mich hin und drehte den Kopf zur Seite. Das Moos war wie ein Kissen an meiner Wange. Die Farne wuchsen in einer unglaublichen Geschwindigkeit, um eine Decke für mich zu flechten. Die Decke fühlte sich warm und feucht an. Ich öffnete die Augen und blickte in ein Augenpaar. Ob sie menschlichen oder tierischen Ursprungs waren, konnte ich nicht sagen. Sie waren grün und ich hatte keine andere Wahl, als ihnen zu vertrauen. Ein schriller Ton zwang mich dazu, den Blick von diesem Augenpaar abzuwenden. Das weiße, gleißende Licht, das mich umgab, kam nicht aus dem Wald. Es kam aus meinem Frankfurter Zimmer. Automatisch griff meine linke Hand nach dem Wecker und schaltete ihn endlich ab. Es war acht Uhr. Meine Koffer und Taschen stapelten sich im Raum. Mein Bett stand wie eine Insel mitten im Zimmer. Ich balancierte zwischen den Koffern zur Tür und steuerte das Bad im Korridor an. Das Bad war frei und ich schloss die Tür hinter mir zu. Ich drehte die Dusche auf und stellte die Wassertemperatur so heiß ein, wie ich die Hitze ertragen konnte. Da meine nächste Dusche erst in zwei Tagen sein würde, wusch ich mich so gründlich wie möglich. Die Haare föhnte ich kurz durch und packte in meinen Waschbeutel alles ein, was ich in Neuseeland brauchen würde. Das waren die letzten Dinge, die ich noch nicht verpackt hatte. In meinem weißen Bademantel ging ich wieder zurück ins Zimmer. Auf meinem Bett lagen die Klamotten, die ich für den Flug vorbereitet hatte: Unterwäsche, eine bequeme Jeans, ein T-Shirt und ein Kapuzenpulli. Auf dem Weg in die Küche hörte ich die Stimmen meiner Eltern. Sie waren wohl schon wach. Sie deckten den Tisch, meine Mutter wirbelte in ihrem Bademantel herum. Mein Vater goss den Kaffee ein.

    „Guten Morgen, Schatz!", sagte mein Vater, als er mich sah.

    „Ach, hallo Sophie! Du bist ja schon wach", fügte meine Mutter überrascht hinzu.

    „Guten Morgen, Ihr Beiden", sagte ich und setzte mich auf meinen Stammplatz, von dem ich aus dem Fenster schauen konnte. Wurde ich gerügt, als ich noch klein war, hatte ich meinen Blick immer aus dem Fenster in die Freiheit schweifen lassen. In letzter Zeit allerdings verstand ich mich mit meinen Eltern viel besser. Vielleicht lag es daran, dass ich älter wurde, etwas vernünftiger, aber vielleicht lag es auch an meinen Eltern, die umgänglicher wurden und anfingen, mir zu vertrauen. Ein Vertrauensvorschuss verpflichtet, ihm gerecht zu werden. Vielleicht hatten sie das in einem Elternratgeber gelesen. Zumindest schien es zu funktionieren. Ich hatte viel Freiheit, die ich nun selbst einschränken musste. Ob das Verhältnis zu meinen Gasteltern in Neuseeland genauso reibungslos funktionieren würde? Ob sie mich am Wochenende lange ausgehen lassen würden? Hier in Frankfurt war ich es gewohnt, erst um fünf oder sechs Uhr morgens nach Hause zu kommen, nachdem ich lange in den Clubs gefeiert hatte. Ich war ja immerhin schon 17 Jahre alt. Für meine Eltern war es auch kein Problem, wenn mein Freund bei mir übernachtete. Als ich noch einen hatte. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Meine Mutter stellte die weich gekochten Eier auf den Tisch und setzte sich zu mir und meinem Vater.

    „Iss dich an den Brötchen satt. In Neuseeland gibt es kein gutes Brot. Zumindest kein Dunkles. Es gibt nur Toastbrot und fluffiges Weißbrot. Du wirst dich schnell nach unserem schönen Brot sehnen".

    Mein Vater war öfters geschäftlich in Neuseeland unterwegs. Bei einer dieser Geschäftsreisen hatte er meinen Gastvater Volker, einen ausgewanderten Deutschen, kennengelernt. Die beiden verstanden sich sehr gut und trafen sich immer wieder auf Geschäftsreisen in Neuseeland oder in Deutschland. Irgendwann kam mir die fixe Idee, ein Auslandsjahr zu machen. Ich wollte weg aus Frankfurt. Etwas Neues erleben, neue Leute kennen lernen. Es kamen die USA, Kanada, Australien oder Neuseeland in Frage. Da mein Vater die Familie meines Gastvaters gut kannte und es ihm lieber war, wenn seine Tochter bei Bekannten unterkam als bei Fremden, organisierte er meinen Aufenthalt bei meinem Gastvater in Neuseeland. Für mich war dieses Land zuerst das „Ende der Welt". Klar, alle sprachen Englisch und das war die Begründung für meinen Wunsch, ins Ausland zu gehen. Insofern konnte ich mich nicht dagegen wehren, ausgerechnet am anderen Ende der Welt ein Schuljahr zu verbringen. So wie mein Vater von Neuseeland schwärmte, würde ich es doch nicht schlecht treffen. Er zeigte mir Fotos, Fernsehdokus und ich surfte im Internet, um mehr über dieses Land und seine Bewohner herauszufinden. Irgendwann steckte er mich mit seiner Begeisterung an und ich willigte ein. An meiner Schule hatten bereits viele Schüler Auslandsjahre absolviert. Insofern war es kein Problem, dass auch ich ein Jahr lang weg sein würde. Die Schulen in Neuseeland haben einen sehr guten Ruf, die Lehrinhalte sind vergleichbar. Ich müsste bestimmte Kurse besuchen und dann könnte ich, ohne ein Jahr zu verlieren, hier in Frankfurt das Abitur machen.

    Nun war es mein letztes Frühstück zusammen mit meiner Familie. Ich biss in mein Kürbiskernbrötchen, das ich mit Leberwurst bestrichen hatte. Das wird es tatsächlich ein Jahr lang nicht geben. Ich versuchte mir den Geschmack einzuprägen. Dann nahm ich eine Brezel aus dem Brotkorb und bestrich sie mit Butter. Brezeln wird es in Neuseeland auch nicht geben. Ich genoss alles, was auf dem Tisch lag. Selbst den Kaffeegeschmack versuchte ich so lange wie möglich auszukosten. Vielleicht trinkt man in Neuseeland nur Instant-Kaffee. Ich schaute meine Eltern an. Auch sie würde ich ein Jahr lang nicht sehen. Das Gesicht meiner Mutter mit den zarten Falten um die Augen und die muskulösen Hände meines Vaters. Er würde mich ein Jahr lang nicht in die Wange kneifen, wie er es immer tat. Ich lächelte meine Eltern an und sagte: Es wird schon gut gehen.

    „Aber natürlich. Sonst verfolge ich Volker bis zu seinem Lebensende", lächelte mein Vater verschmitzt.

    „Ach, Papa", rollte ich mit den Augen.

    „Ich geh jetzt noch kurz ins Internet. Dann können wir alles ins Auto packen und losfahren." Ich stand auf und strich meiner Mutter über die Wange.

    „Bis gleich, Schatz." Wenn sie traurig war, dann ließ sie es sich heute gewiss nicht anmerken. Sie kann sich immer so gut beherrschen. Ich dagegen bin eher der emotionale Typ, wie mein Vater.

    Ich loggte mich bei Facebook ein und postete auf meiner Wand: „auf zum ende der welt!" Zwei meiner Freunde waren auch eingeloggt. Als sie sahen, dass ich auch online war, wünschten sie mir einen guten Flug. Ich hatte einen Kloß im Hals. Beim Telefonieren hätte man es mir angemerkt, aber beim Chatten nicht.

    Ich schrieb: „ich hab einen kloß im hals."

    Und: „Ich werde euch vermissen! Lasst uns über Facebook in Kontakt bleiben."

    Meine beste Freundin Susi antwortete: „mir laufen tränen runter :( …aber wozu gibt es das netz?"

    Ich gab zurück: „hoffentlich ist meine family in NZ auch vernetzt…meinen schlepptop nehme ich mit, aber die müssen ja für die verbindung sorgen…ich mache einen aufstand, wenn die das nicht hinbekommen!"

    „ansonsten gehst du ins internetcafe… das gibt’s auch am ende der welt…vielleicht lernst du ja ein paar nette typen dort kennen :)"

    „ich hoffe darauf, dass ich das überhaupt überlebe, und du denkst schon an typen!"

    „klar, das nenne ich mal kulturaustausch :)…ich beneide dich…So einen süßen kiwi hätte ich auch gerne mal. Und ich meine nicht die wilden vögel, die dich zerfleischen werden…"

    „oh mann, ist es denn so seltsam, dass mir ein wenig mulmig zumute ist?"

    „nö, aber ich zieh dich gerne damit auf…"

    „na, dann ist es ja ok :) vielleicht finde ich ja einen kiwi-mann für dich?!"

    „immer her damit…"

    „ich mach mal einen contest: susi sucht den super-kiwi, ich sitze in der jury und mache dumme bohlensprüche"

    „mann, schade, dass ich nicht mitkommen kann…das hört sich fantastisch an…aber ich gönns dir… hab ganz viel spaß in NZ und vor allem erzähl mir alles, wirklich alles, ok?"

    „na logo...keine geheimnisse…ich schreib nen Blog oder so. du kriegst die unzensierte variante"

    „danke, das habe ich als beste freundin auch verdient :)"

    „du, ich mach jetzt schluss…mein vater klopft an die tür… wir müssen zum flughafen…"

    „scheiße, ist es echt schon so spät?!…viel glück und nen guten flug, kleines… ich geh jetzt pennen."

    „schlaf gut und ich meld mich, sobald ich da bin…"

    „bis die tage :)"

    Sie loggte sich zuerst aus. Dann meldete ich mich auch ab.

    „Ich bin gleich fertig", rief ich meinem Vater zu, der wieder anklopfte.

    „Wir müssen los, Sophie. Bei dem Wetter dauert die Fahrt lange", drängelte er.

    „Ja, ich komme gleich", antwortete ich ruppig. Ich war immer noch aufgelöst. Der Laptop war am Herunterfahren. Ich blickte mich in meinem Zimmer ein letztes Mal um. Ich hatte alles mit IKEA-Möbeln eingerichtet. Ob IKEA auch in Neuseeland zu kaufen war? Meine Wände hatte ich sonnengelb gestrichen. Das machte mich fröhlicher, wenn ich mal wieder melancholisch auf meinem Bett lag. Hier hatte ich alles, was ich je in meinem Leben erlebt hatte, überschlafen, überdacht und verarbeitet. Hier hatte ich mich mit Musik getröstet und wenn ich einsam war, meine Zeit im Internet verbracht. Das war immer mein zu Hause gewesen. Als mein Computer endlich aus war, packte ich ihn in die Laptoptasche und verließ damit fluchtartig mein Zimmer. Ich sagte meinem Vater, dass er alle Taschen und Koffer aus dem Zimmer selbst holen müsse, ich könne da nicht mehr rein.

    Ich saß im Auto und wartete, bis mein Vater alles im Kofferraum verstaut hatte. Meine Mutter setzte sich zu mir nach hinten. Sie wusste, dass jetzt jegliche Aufmunterungen und sonstige Worte wie Salz in meinen Wunden wären und schwieg. Wir sprachen so lange nicht, bis wir auf die Autobahn kamen. Ich ließ die Frankfurter Welt, die ich so gut kannte, an mir vorüberziehen. Alles, was hässlich und unbewohnbar an dieser Stadt war und alles, was ich lieb hatte. Ein undefinierbares dumpfes Gefühl breitete sich in mir aus, wie eine schlechte Vorahnung. Ich versuchte, sie zu zerstreuen und mir vorzustellen, was Schönes auf mich zukommen würde: Grüner Wald, grünes Wasser, in dem man jetzt im dortigen Sommer baden könnte und Kajakfahren. Wandern war auch nicht ohne. Die warmen Bilder aus „Herr der Ringe tauchten vor meinem inneren Auge auf. Den Feuerberg und die Orks versuchte ich schnell wieder auszublenden. Der sagenumwobene Ring war auch nicht gerade positiv. „Ein Ring, um sie alle zu knechten. Weg damit.

    Ich drehte mich zu meiner Mutter: „Wenn ich wieder zurück bin, erwarte ich einen gedeckten Tisch mit allen meinen Lieblingsessen", ich drückte ihre Hand.

    „Worauf Du Dich verlassen kannst. Meine Mutter lächelte. „Du bekommst eine richtige Willkommensparty. Das vergisst Du jetzt gleich am besten. Soll ja eine Überraschung werden.

    Nach einer Ewigkeit, die wir mit Parkplatz- und Schaltersuche verbracht hatten, checkte ich endlich alles ein und wir gingen zu den Sicherheitskontrollen. Ein letztes Mal drückte ich meine Eltern. Mein Vater gab mir in seiner Rolle als solcher einen letzten gut gemeinten Rat, der dämlicher nicht hätte sein können.

    „Du kannst Volker und Barbara vertrauen. Bitte halte Dich an das, was sie Dir sagen. Sie wollen Dein Bestes, auch wenn es Dir nicht immer als das Beste vorkommen mag. Bitte versprich mir das."

    „Ok, Papa." So wie die Beiden da standen, konnte ich ihm den Wunsch gar nicht abschlagen. Aber innerlich dachte ich mir, dass ich alt genug war, Regeln zu hinterfragen. Ich drehte mich ganz schnell um und mit dem obligatorischen Kloß im Hals ging ich durch die Sicherheitskontrolle.

    2

    Der Flug nach Blenheim verging ganz und gar nicht wie im Flug. Zuerst hatte ich durch Papas Panik massig viel Zeit, die ich wartend am Gate zu überbrücken hatte. Der Flug mit Emirates nach Dubai dauerte knapp sechs Stunden, die ich ohne eine Minute Zeit zu verlieren am selbstbedienbaren HighTech-Fernsehapparat verbracht hatte. Die Filmauswahl war gigantisch: Über 300 Kinofilme, unzählige Fernsehserien und dutzende CD-Platten standen zum Abruf bereit. Drei volle Kinofilme hätte ich statistisch gesehen eigentlich auf diesem Flug sehen können, hätten anfangs der Kapitän und das automatische Stewardess-System in eben diesem HighTech-Gerät nicht in vier Sprachen ihre Ansagen gemacht und uns über das Verhalten in Notsituationen aufgeklärt. Als ob man bei einem Absturz aus 10 000 Metern Höhe mit den Rettungswesten etwas ausrichten könnte. Einen letzten Blick auf Frankfurt wagte ich noch, bevor ich mich dem Wahnsinnsapparat hingab. Den dritten Film schaffte ich tatsächlich nicht ganz. Der Kapitän machte seine Landungsansage, während unter uns ein Teppich aus Lichtern immer näher kam. Aus dem Teppich wurden Straßen und Häuser. Wie ein buntes, energiegeladenes Nervensystem war alles miteinander verbunden. Die fahrenden Autos sahen aus wie Informationen, die von Nervenzelle zu Nervenzelle übertragen wurden. Kurz bevor die Räder des Flugzeugs die Landebahn berührten, sah ich hoch oben am Horizont das höchste Gebäude der Welt – den Burj Khalifa. So weit oben wie dort leuchtete nichts mehr, außer den Sternen. Menschen aus allen Teilen der Welt mischten sich hier am Flughafen durcheinander. Obwohl sie unterschiedlich aussahen, waren sie in den „Duty Free Shops" alle gleich. Sie wollten alle billige Zigaretten, Parfüms, Alkohol und Schokolade kaufen. Ich schlenderte zwei Stunden lang durch den auf Hochglanz polierten Flughafen, der architektonisch einem langgezogenen Schlauch glich, bis mir schlecht wurde von den Ausdünstungen der Menschen und der Erschöpfung. Als ich eine freie Liege entdeckte, entschloss ich mich, ein Weilchen zu entspannen, bevor ich mich zu meinem Gate aufmachen musste. Unter den Liegen lagen Menschen in bunte Decken gehüllt, ihre Habseligkeiten zwischen sich schützend eingekeilt. Die schwarze Lederliege war mit einem alten Fettfilm überzogen. Vor Ekel zog ich die Kapuze meines Pullis über meinen Kopf und legte ihn erst dann auf der Liege auf. Ich suchte in meinem Ipod die Snow Patrol-Platte heraus und schloss meine Augen. Die bekannten Klänge beruhigten mich ein wenig.

    Der Flug nach Sydney dauerte über dreizehn Stunden. Zwar waren meine Beine bei einer Körpergröße von ein Meter zweiundsiebzig recht kurz, trotzdem fühlten sie sich im Verhältnis zum Sitz meines Vordermanns nach wenigen Stunden schon Heidi Klumesk an. Der Sitz quetschte meine Venen und Arterien zusammen. Mein Blutkreislauf hatte keine Chance mehr. Ich konnte mich nicht lang genug machen, um ihn wieder in Schwung zu bringen. So fühlte sich wohl eine akute Thrombosegefahr an. Meine Sitznachbarn, ein deutsches Pärchen beide Ende Dreißig, straßenköterblond, etwas aufgeschwemmt und jeweils mit zwei Denkfalten auf der Stirn gebrandmarkt, die bereits aufgrund ihrer - Zitat - „superstressigen Jobs in der Werbebranche" zu Narben auswuchsen, waren trotz meines entschuldigenden Blickes genervt, dass ich sie einmal stündlich zum Aufstehen zwang. Zuvor hatte ich mir geduldig die Geschichte anhören müssen, wie sie ein Paar wurden, warum sie keine Kinder haben wollten und was sie im Urlaub in Australien vorhatten. Dann schliefen beide bei ihren Hörbüchern, die sie auf ihren IPhones hörten, selig ein und ich musste sie jedes Mal, wenn ich Spaziergehen wollte, wecken. Beim nächsten Flug, das schwor ich mir, würde ich am Gang sitzen, auch wenn ich den grandiosen Ausblick auf Wolkenformationen, Licht, Wasser, Erde und alles anderem, was nicht immer zu identifizieren war, aus dem Bullauge verpassen würde. Da ich durch das Flugzeug streifte, um nicht so viel sitzen zu müssen, kannte ich das Flugzeug in und auswendig. Ich bot der Stewardess, die mich besorgt fragte, ob es mir auch wirklich gut ginge, scherzhaft an, sie beim Verteilen des Essens oder der Getränke zu unterstützen. Sie winkte leider ab. Wenn mir das Herumlungern zu peinlich war, ging ich auf die Toilette. Während ich einige Kniebeugen und Streckübungen machte, betrachtete ich alles ganz genau. Wenn mir etwas gefiel, schaltete ich mein Handy ein und machte Fotos davon. Mein Spiegelbild, der Seifen- und Handlotionspender, das Waschbecken und auch das Klopapier. Das werden die ersten Fotos sein, die meine Freunde auf Facebook von mir sehen würden. Das war ein seltsamer Gedanke, den ich grinsend beiseiteschob. Ich machte nochmal ein Foto: von meiner sichtbar geschwollenen Vene am Oberschenkel. Wenigstens eine Erklärung für die vielen Toilettenfotos. Dann machte ich das Ding wieder aus und ging zu meinem ungeliebten Platz. Die folgende Zeit bis zum Landeanflug auf Sydney hörte ich Musik und blickte auf die Welt unter mir. Der Ausblick war gigantisch, dafür hatten sich die Strapazen gelohnt. Das gesamte Farbspektrum zwischen Grün und Gelb ergoss sich unter uns, Blau war um uns herum und über uns. Es war wie ein Frontenkrieg der Farben. Je näher wir der Erde kamen, desto größer war die Gewalt der Grün- und Gelbtöne, bis sie schließlich ganz die Oberhand gewannen und wir die Erde berührten. Der kühle graue Marmor des Flughafens war der krasse Gegensatz zur natürlichen Färbung der Erde. Die Menschen trugen Shorts und Jeans und plapperten viel auf Englisch. Es war laut, lebendig und heiß hier, ich zog meinen Pulli aus. Die Stiefel, die ich über den Jeans trug, waren eindeutig fehl am Platz. Meine Füße quollen in der Hitze auf. Ich steuerte die Schuhläden an und kaufte schließlich ein Paar rote Flipflops, die ich in den kommenden Sommermonaten in Neuseeland eindeutig brauchen würde. Die Stiefel und die dicken Socken zog ich auf der Toilette aus und wusch mir nach dem erschreckenden Anblick die Füße im Waschbecken, bevor ich die neuen Flipflops anzog. Eine ältere Frau musterte mich skeptisch und leicht erbost, als ich die Füße in das Waschbecken hob, aber sie hielt sich aus Höflichkeit zurück. Bei uns in Deutschland hätte ich längst eins auf die Nuss bekommen. Die angelsächsische Zurückhaltung gefiel mir eindeutig besser als unsere direkte Art, preußische Tugenden zu vermitteln. Die verbleibenden zwei Stunden bis ich das Flugzeug nach Wellington bestieg, lief ich einfach nur umher, um die Schwellungen aus den Gliedern zu bekommen. Im Flugzeug fing es dann endlich an: Hunderte Schmetterlinge hoben ab und landeten in meinem Bauch. Und das alle zwei Minuten. Es war nun unumgänglich. Bisher hatte ich noch mit der Möglichkeit eines Absturzes gerechnet, aber bei dem sanften Dahingleiten des Vogels war die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir ankamen und dass mich meine Gastfamilie erkannte, war so gut wie sicher. Mein Vater hatte ihnen dutzende Fotos von mir geschickt, damit am Flughafen ja nichts schief ging. Das könnte mir zumindest die Peinlichkeit ersparen, dass sie mich mit einem Schild, auf dem mein Name in Großbuchstaben stand, empfingen. Ich rutschte unruhig hin und her und lächelte meinen Sitznachbarn, einen älteren Herren, an. Das provozierte ihn zu einem Gespräch über Gott und die Welt. Die Zeit verging schnell und Blenheim, meine neue Heimatstadt, war nur noch einen Katzensprung entfernt. In Wellington bestieg ich das nächste Flugzeug. Wenn man die kleine Klapperkiste als solches bezeichnen konnte. Kaum erreichte die Kiste ihre Flughöhe, musste sie schon wieder den Landeanflug in Angriff nehmen. Denn Blenheim lag auf der nördlichen Spitze der neuseeländischen Südinsel. Die Insel sah von oben aus wie ein grüner Diamant, den jemand im blauen Meer verloren hatte. Überwältigend schön. Ein Funke von Vorfreude entfachte eine Welle von Aufregung und Zittern in meinem ganzen Körper. Wir landeten auf einem ehemaligen kleinen Militärflughafen unweit von Blenheim. Vor Müdigkeit und Aufregung wankend verließ ich die Maschine. Ich war so durch, dass alles wie automatisch passierte. Ich zeigte am Schalter meinen Pass, holte mein Gepäck und ging durch den Zoll. Obwohl ich nichts zu verzollen hatte, wurde mein gesamtes Gepäck auseinandergenommen, um sicher zu gehen, dass ich kein Essen dabei hatte und damit Krankheiten in das Land einschleppte. Ich dachte eigentlich, dass die Neuseeländer locker seien. Da hatte ich mich wohl geirrt. Aber die Müdigkeit machte es mir unmöglich, mich irgendwie aufzuregen oder zu wehren. Ich ließ es passieren. Als sie nichts fand, lächelte mich die dicke Zöllnerin zuckersüß an und bekam dabei überall Lachfalten im Gesicht. Vielleicht sind sie ja doch ganz nett, diese Neuseeländer, dachte ich und steuerte schwankend auf die Milchglastür zu, die die Vergangenheit von der Zukunft trennte.

    3

    Als sich die Tür automatisch öffnete und meine Augen sich an das gleißende Licht, das durch die Öffnung hereinströmte, gewöhnten, sah ich ein paar Gestalten in der Empfangshalle herumstehen. Einige Personen schloss ich gleich aus. Eine wild winkende Dreiergruppe erregte meine Aufmerksamkeit. Sie mussten Vater, Mutter und Tochter sein. Ich erkannte ihre Gesichter von den Fotos, die mein Vater mir gezeigt hatte. Das war eindeutig meine neue Familie. Ich lächelte sie breit und erleichtert an. Sie hatten kein peinliches Schild mit meinem Namen dabei. Das Eis war damit gebrochen. Barbara, die Mutter, umarmte mich als Erste, dann Volker, der Vater und dann Stephanie ihre Tochter, die so etwas wie eine Schwester für mich werden würde.

    „Endlich bist Du da!", rief Stephanie.

    „Herzlich willkommen Sophie", sagte Barbara.

    „Wie war Dein Flug?", fragte Volker.

    Ich wusste gar nicht, was ich auf diese Flut von Fragen sagen sollte. „Ich bin sterbensmüde", war das Einzige, das mir einfiel, was aber auch der Wahrheit entsprach.

    „Nach dreißig Stunden ist das auch kein Wunder", antwortete Barbara.

    Dann besann ich mich auf meine gute Erziehung und fügte hinzu: „Danke, dass ich bei Euch sein kann. Ich freue mich schon sehr auf die Zeit hier."

    „Als Dein Vater uns darauf ansprach, ob Du ein Schuljahr hier verbringen könntest, waren wir Feuer und Flamme. Stephanie redet von nichts anderem mehr, als von ihrer neuen Schwester." Volker zwinkerte Stephanie zu.

    „Ich habe meinen Freunden von Dir erzählt. Wir haben uns echt coole Sachen überlegt, die wir unternehmen können. Hast Du schon Wale gesehen?"

    „Nur im Zoo", erwiderte ich.

    „Der Großvater meiner besten Freundin fährt mit Touristen am Samstag raus aufs Meer zum Wale beobachten. Wir können mitfahren."

    „Das wäre echt cool", sagte ich begeistert.

    „Kommt, lasst uns Deine Sachen in den Wagen befördern. Gib mir Deinen Rucksack und Deine Tasche", sagte Volker. Er nahm sofort den Wagen mit meinen überdimensionierten Koffern in Beschlag. Stephanie riss die Tragetasche mit meiner Jacke und meinen Stiefeln aus meinen Händen.

    „Ich will mich auch nützlich machen, rechtfertigte sie sich, als ihr Vater den Kopf verständnislos schüttelte. Barbara und Volker gingen vor, während Stephanie und ich ein paar Schritte hinter ihnen gingen. Sie begutachtete meine Stiefel, deren Schaft aus der Tüte raushing. „Die sind sehr schön. Aber so schnell wirst Du sie hier nicht brauchen, sagte sie und lachte dabei.

    „Ja, ich weiß. In Frankfurt liegt jetzt viel Schnee und hier ist Sommer. Der Wahnsinn!", sagte ich und spürte den warmen neuseeländischen Sonnenschein auf meiner Haut als wir aus der Tür des Flughafens traten. Hinter dem kleinen Parkplatz mit einer Handvoll Autos türmten sich blaugrüne Berge auf. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tals, in dem Blenheim lag, waren die Berge gelblich-braun, fast wie die Landschaft aus einem Western-Film. Volker und Barbara steuerten auf einen silbernen Jeep zu. Ich betrachtete die Beiden. Sie waren sehr sportlich, braun gebrannt und trugen beide Jeans und helle kurzärmlige Hemden. Sie wirkten leger und ausgeglichen. Zwar hatten sie sehr viel Deutsches an sich, aber ihr Gang war etwas langsamer und geschmeidiger als bei Menschen, die in Deutschland leben. Die Lachfältchen rund um den Mund verrieten, dass sie nicht nur bei meinem Empfang ein freundliches Grinsen aufsetzten. Nachdem meine Sachen im riesigen Jeep verschwunden waren und wir losfuhren, stellte ich mit Erstaunen fest, dass Volker sich schnurstracks auf der linken Straßenseite einordnete. Natürlich fuhren wir auf der linken Straßenseite. Neuseeland war ja mal eine englische Kolonie, aber so richtig bewusst hatte ich mir das vorher nicht gemacht. Wir fuhren an einigen Kasernen vorbei. Blenheims Flughafen war mal ein Militärflughafen gewesen und lag etwas außerhalb der Stadt. Rechts und links von der Straße standen Obstplantagen und Weinstöcke. Nach zehn Minuten Fahrt erreichten wir die Stadt. Die Straßen waren breiter als bei uns. Ein Grünstreifen trennte sie auf beiden Seiten von den dahinterliegenden Gehwegen. Auf einer Straßenseite standen Strommasten in Reih und Glied. Die Häuser waren hinter Bäumen und blühenden, wild wuchernden Hecken versteckt, die nicht wie bei uns in Deutschland mit Hilfe einer Wasserwaage beschnitten waren. Wenn man überhaupt ein Haus hinter den Heckenmauern vermuten konnte, dann waren es einstöckige Einfamilienhäuser. Nur ihre Dächer lugten hervor. Den Menschen hier lag wohl viel an ihrer Privatsphäre. In Frankfurt wohnten wir in einer Wohnung im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses. Die Wände waren recht dünn und man konnte so sehr leicht am Leben der Anderen teilnehmen. Mein Viertel bestand nur aus solchen Häusern. Strommasten gab es bei uns fast nicht, da die Stromkabel unterirdisch verbaut wurden. Hecken gab es nur in den Vororten oder im Park. Das hier war eine andere Welt. Hinter den Bergen begann bereits die Wildnis. Alles, was die Menschen hier an Zivilisation hatten, rangen sie der Natur in einem langen und anstrengenden Prozess ab.

    „Hier gibt es Palmen?", stellte ich erstaunt fest, als wir an zwei ausgewachsenen Exemplaren vorbeifuhren.

    „Ja klar. Blenheim ist die Stadt mit den meisten Sonnenstunden in Neuseeland", sagte Stephanie in ihrem schnellen Redetempo, das sie mit wilden Gesten unterstützte.

    „Das ist die Nikau-Palme. Sie ist die südlichste Palmenart der Welt", klärte mich Barbara auf.

    „Es wird hier nicht so kalt im Winter wie in Deutschland, fügte Volker hinzu. „Deswegen sind wir hergekommen. Der Riesling hat hier beste Bedingungen zum Reifen, fuhr er fort.

    „Und die Leute sind fröhlicher und entspannter", sagte Barbara lächelnd.

    „Das Meer und die Berge sind das Beste an Blenheim. Ich gehe oft Wandern, Schwimmen oder Kajakfahren. Manche Schüler kommen morgens mit dem Kajak zur Schule", schwärmte Stephanie von ihrer Heimat.

    „Das klingt verrückt für meine Frankfurter Ohren, sagte ich verdutzt. „Aber auf jeden Fall cool.

    Dann fuhren wir schon in eine Einfahrt. Ein riesiger grüner Garten war auf der rechten Seite angelegt, mit der obligatorischen wilden Heckenmauer davor, um die Bewohner vor neugierigen Blicken zu schützen. Dahinter stand ein zartrosa gestrichenes eingeschossiges Einfamilienhaus. Mein neues Zuhause sah zwar kitschig aus, aber auch irgendwie süß. Mein erster Eindruck war, dass die Leute hier alles taten, um fröhlich und beschwingt leben zu können. Ob ich mich mit meiner melancholischen Stimmung hier wohl fühlen würde fing ich an zu bezweifeln. Die Vorstellung, im rosaroten Schweinchenhaus düstere Musik von Björk zu hören und mich vor Heimweh heulend unter meiner Bettdecke zu verstecken, war doch zu abstrus.

    „Hier wohnen wir, Sophie." Barbara holte mich aus meinen Gedanken.

    „Komm, ich zeige Dir das Haus und Dein Zimmer." Stephanie streckte mir ihre Hand entgegen und kaum hatte ich ihr meine Hand gereicht, zog sie mich schon ins Haus. Es war nicht abgeschlossen. Das wäre in Frankfurt undenkbar gewesen. Hier am anderen Ende der Welt waren Einbrüche wohl kein großes Thema. Wohin sollte man auch flüchten, wenn man auf einer Insel mit lediglich vier Millionen Einwohnern mitten im Pazifik eine Straftat beging? Ein großer Flur lag hinter der Eingangstür. Auf der rechten Seite ging es in die Küche. Sie war recht modern

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