Endstation Son Reus?
Von Frank Siegert
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Buchvorschau
Endstation Son Reus? - Frank Siegert
Ein Dankeschön an meine drei wundervollen Südländer.
Bild 115148 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.Timmi aus Berga / Barcelona (gest. 2009)
Bild 115149 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.Kuno aus Cala d‘Or / Mallorca (gest. 2008)
Bild 115150 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.Fido aus Paphos / Zypern
Gebet eines Streuners 1
Lieber Gott hilf mir bei meiner Qual,
der ganzen Welt bin ich egal,
niemand da, der an mich denkt,
der mir ein wenig Liebe schenkt.
So müde von der Streunerei,
zieht keine Hoffnung mehr vorbei.
Vor Schmerzen kann ich kaum noch stehen,
muss trotzdem durch den Regen gehen.
Bei meinem schweren Gange hier,
verzweifle ich und bet‘ zu Dir:
um jemand, der mich wirklich liebt,
mir eine warme Obhut gibt.
Mit einem schönen, warmen Bett.
Ja - und mit `nem Knochen – das wär nett!
Beim letzten Herrchen war es schlimm,
bin froh, dass ich dort nicht mehr bin.
Ohne Wasser, angekettet,
hat mich nur die Flucht gerettet.
Meine Leine hab ich durchgebissen,
und bin von dort dann ausgerissen.
Lieber ein Streuner! Lieber allein!
Als ewig eingesperrt zu sein.
Jetzt, lieber Gott, bin ich geschafft.
Ich kann nicht mehr, mir fehlt die Kraft.
Bin müde, hungrig – mir ist kalt.
Ich fürchte, Gott, ich werd‘ nicht alt.
Mit Stöcken jagt man mich und Steinen,
doch mir bleibt keine Zeit zum weinen.
muss durch die Straßen – Knochen finden –
Obwohl stetig meine Kräfte schwinden.
Hab’s nicht verdient, bin eigentlich gut,
will nicht, dass man mir böses tut.
Vorn Würmern geplagt, von Flöhen gebissen,
lieber Gott, ich möchte von Dir wissen,
ob’s jemanden gibt auf dieser Welt,
dem ich und der auch mir gefällt?
Sollt es diesen jemand geben,
so würd‘ mein Herz vor Freude beben.
Ja! Alles würd‘ ich für ihn machen
Und kau auch nicht auf seinen Sachen.
Ihm lauf ich ganz bestimmt nicht fort,
Ich liebe ihn und hör auf’s Wort.
Doch so schwach, allein wie ich jetzt bin,
macht Weiterleben keinen Sinn.
Schmutzig und unendlich mager
Weine ich jede Nacht in meinem Lager,
weil ich mir solche Sorgen mache,
ob ich am nächsten Tag erwache.
Soviel Liebe und Treue kann ich geben,
will deshalb eine Chance zum Leben.
Oh, lieber Gott erhör mich gleich,
bevor die letzte Hoffnung weicht
und schicke jemand, der mich liebt.
Mein Gott – wenn es Dich wirklich gibt …….
1. Vorwort
Ende Februar / Anfang März 2013 erhielt ich nach einen Aufruf bei Facebook, mit welchem wir Flugpaten für Spanien und Zypern suchten, ein paar E-Mails, die mich anfangs sehr verärgerten, die aber nach längerem Nachdenken dazu führten, dieses Buch zu schreiben. In den E-Mails wurden Vorwürfe laut, wie: „in Deutschland gäbe es genug Hunde, die Tierheime seien voll, die Tierschutzorganisationen im Auslandstierschutz machten ohnehin nur falsche Versprechungen, weil die vermittelten Tiere meist krank oder psychisch stark gestört seien usw.. Das Übelste, was ich lesen musste, war, dass den Tierschützern Gewinnstreben und Uneigennützigkeit vorgeworfen wurde. Sicher, schwarze Schafe gibt es leider überall und ich möchte auch nicht behaupten, dass es nicht vereinzelt Personen oder Gruppen gibt, die sich als „Tierschützer
ausgeben, in Wirklichkeit aber skrupellose Tierhändler sind. Die meisten im Auslandstierschutz arbeitenden Organisationen sind aber seriös und verdienen es nicht, in diese Schublade gesteckt zu werden.
In Deutschland jedenfalls haben Tiere im Allgemeinen und Hunde im Speziellen einen recht guten gesetzlichen Grundschutz. Dass es auch hierzulande gelegentlich zu schweren Rechtsverletzungen kommt, ist eher die Ausnahme. Es kommt aber leider vor. In sehr vielen Ländern unserer Erde jedoch genießen Hunde absolut keinen gesetzlichen Schutz, im Gegenteil, wie im Herbst 2013 aus Rumänien bekannt geworden ist, wo nunmehr Hunde, vorrangig Streuner, offiziell per Gesetzt getötet werden dürfen. Nicht für umsonst wird vermutet, dass jährlich weltweit mehr als 10 Millionen Hunde² getötet werden. Dies geschieht nicht, weil sie vielleicht krank oder alt und schwach wären. Nein, dies geschieht, weil es zu viele sind, weil sie keiner haben möchte und weil sie stören, den Tourismus, den Sport, den Kommerz im Allgemeinen usw.. Getötet werden sowohl junge, alte, kranke sowie völlig gesunde Hunde, selbst Welpen.
Die Hunde können nichts dafür, dass die Menschen mit ihrer großen Zahl nicht mehr zurecht kommen. Einzig wir, die Menschen, haben dafür gesorgt und sorgen leider auch weiterhin dafür, dass immer und immer weiter unzählige Hunde in die Welt gesetzt werden, von denen ein großer Teil ein jämmerliches Dasein fristen muss, das sie dann oft noch unnötig mit dem Leben bezahlen müssen.
Im Auslandstierschutz geht es vor allem darum, bei den Menschen vor Ort ein Bewusstsein für die Tiere zu schaffen. Natürlich werden auch einige Hunde nach Deutschland oder in andere Länder vermittelt. Frank Weber vom Franziskaner Tierheim in Hamburg hat dazu folgende, völlig plausible Erklärung geäußert: ... an Staffordshire, Rottweiler, Dobermann, Schäferhund und Herdenschutzhunden herrscht meistens kein Mangel. An Interessenten, die mit solchen Hunden umgehen können, aber schon. Was nur noch selten im Tierheim abgegeben wird, sind gesunde, sozialverträgliche und freundliche Hunde. Und eben diese Hunde sind es, die der normale Hundehalter gerne in seine Familie holen würde. Wohin kann man denn eine sympathische Familie mit Kindern schicken, wenn man keinen im Tierschutz geeigneten Hund hat? Soll man ihnen sagen, sie sollen sich mal im Internet umschauen oder gleich beim nächsten Hundehändler - da ist es billiger? Und gleichzeitig sitzen in Tierheimen und Tötungsstationen im uns umgebenden Europa Tausende von armen Seelen unter erbarmungswürdigen und lebensbedrohlichen Bedingungen. Darunter Hunderte unkomplizierte freundliche Hunde, die in ihren Herkunftsländern ein grausamer und schmerzhafter Tod erwartet. Da wundert man sich immer wieder über die Argumentation, wegen dieser Hunde würden die deutschen Hunde im Tierschutz kein Zuhause finden. Das ist ein Trugschluss. In der Realität ist das Gegenteil der Fall. Wenn man nette, gut vermittelbare Tiere aus dem seriös praktizierten Auslandstierschutz hat, kommen mehr Interessenten in die Vermittlung. Wie die Erfahrung zeigt, erhöht das definitiv auch die Chancen der „schwierigen Hunde
, unter diesen tierlieben Menschen ein neues Herrchen oder Frauchen zu finden".³
Was nun sollte man über ausländische Hunde, insbesondere aus dem Süden wissen? Auf den folgenden Seiten möchte ich versuchen, möglichst umfassende Informationen zu vermitteln, die die Entscheidung für einen Auslandshund erleichtern und ein glückliches, gemeinsames Leben mit dem neuen Familienmitglied ermöglichen sollen. Viele dieser Informationen orientieren sich an meinen Erfahrungen, die ich auf Mallorca gesammelt habe. Sie gelten im Wesentlichen aber auch für Hunde aus anderen Regionen. Überall in Europa gibt es mittlerweile zahlreiche engagierte Menschen, die damit befasst sind, allmählich und kontinuierlich Veränderungen im Tierschutz herbei zu führen. Dabei ist zu beobachten, dass eine zunehmende Zahl, insbesondere junger Leute, überall in Spanien sich um die Belange des Tierschutzes kümmert. Auch in Rumänien, wo gerade eine unvorstellbare Jagd auf alle Hunde stattfindet, und auf Zypern werden zunehmend junge Menschen einbezogen, um aus den Fehlern der älteren Generationen zu lernen und den Hunden wieder ein tiergerechtes Leben zu ermöglichen.
Uns wird an verschiedenen Stellen dieses Buches der braune Cocker Spaniel Hurano (auf Deutsch, der „Menschenscheue") begegnen. Wir werden miterleben, was aus solch einem Hund werden kann, wenn man ihn artgerecht behandelt und wenn man seine Bedürfnisse und seine Art zu leben und mit anderen zu kommunizieren, respektiert.
2. Endstation Son Reus4 – oder doch nicht?5
Es ist noch früh am Morgen, als ich mit meinen 6 Hunden, 4 Leinenhunden und 2 „Freigängern von unserem langen Spaziergang in die Hügel und Wiesen hinter dem kleinen Tierheim von MADRA⁶ im Südosten von Mallorca zurückkomme. Die Hunde haben einen langen Spaziergang gemacht, konnten sich lösen und miteinander spielen, soweit sie ableinbar sind. Zurück im Tierheim, ist jetzt erst einmal Ruhen angesagt. Die Hunde werden in ihre Zwinger gebracht, denn heute gibt es für mich noch viel zu tun. Während Maria die Tiere füttert und Jose noch ein paar Transportboxen in unserem kleinen Transporter verstaut, trinke ich schnell einen Kaffee. „Hast Du für Carlito alles zusammen, Box, Kissen, Ausweis und Flugbestätigung?
, frage ich Jose und der nickt nur schräg rüber schauend. Carlito ist ein Brackenmischling, der uns von irgendjemand „freundlicherweise" eines Nachts über den Zaun geworfen wurde. Er hat schon einige Monate hier im Tierheim zugebracht, doch nun hat er Interessenten in der Nähe von Dresden gefunden, geht aber erst einmal auf eine Pflegestelle.
Mittlerweile ist die Sonne schon ein Stück hoch über dem Horizont aufgestiegen und wir, Jose und ich, sitzen in unserem kleinen Transporter auf der Fahrt in Richtung Palma. In Llucmajor biegen wir auf die Autobahn und nun geht es geradewegs zum Flughafen Son Sant Joan (Palma International). Dort haben wir uns mit den Flugpaten, einem jüngeren Ehepaar aus Dresden, verabredet. Sie werden Carlito mitnehmen und in Dresden zunächst an eine Pflegestelle übergeben. Während ich mit Carlito an der Leine, seiner Transportbox, dem europäischen Tierausweis und der Buchungsbestätigung von Air Berlin die Abreisehalle betrete, versucht Jose, den Wagen irgendwo zu parken. Mit den Flugpaten habe ich mich am Schalter 128 verabredet. Bei den vielen Menschen hier die Richtigen zu finden, ist gar nicht so einfach. Aber die beiden haben mich schon entdeckt, wahrscheinlich weil sie dachten, der da mit dem Hund wird schon der vom Tierschutz sein. „Wie war Euer Urlaub hier auf der Insel?, frage ich. Ein wenig Smalltalk, bevor es ans Einchecken von Carlito geht. Am Counter wird die Buchungsbestätigung vorgelegt und dafür bekommen wir einen Gepäckanhänger. Dann gehen wir zum Schalter für Sperrgut. Dort wird Carlitos Box, natürlich ohne ihn, durch den Röntgenapparat geschoben und mir zurückgegeben. Nun noch ein paar Schmuseeinheiten für Carlito und schon ist die Zeit ran, dass er in die Box muss. Diese wird von einem Flughafenangestellten vorsichtig nach hinten getragen. „Guten Flug, Carlito und ein schönes neues Zuhause
, wünsche ich ihm noch, als er schon fast nicht mehr zu sehen ist. Nun zeige ich den beiden jungen Leuten noch, was im Tierausweis eingetragen ist, die Angaben zum Tier, die Impfungen, der Leishmaniose-Test und die Chipnummer und gebe ihnen das wertvolle Dokument. „Das ist alles?, fragt die junge Frau. „Hier ja. In Dresden müsst Ihr die Box nur beim Sperrgutschalter entgegen nehmen und in die Ankunftshalle bringen. Dort wartet dann schon die Pflegefamilie auf Euch und Carlito.
Die Beiden sind zum ersten Mal Flugpaten. Kein Wunder, dass sie dachten, sie müssen mehr tun. Ich wünsche auch ihnen einen guten Flug und treffe Jose lässig an einem Pfeiler nahe der Eingangstür lehnend. „Carlito ist auf dem Weg in eine sichere Zukunft, sage ich zu ihm, „und wir beide machen uns jetzt auf nach Son Reus.
Weiter geht unsere Fahrt über die Autobahn Richtung Palma. Nördlich der Stadt biegen wir nach rechts auf die Straße in Richtung Soller und nach einigen wenigen Kilometern geht es wieder nach rechts über die Gleise vom „Roten Blitz". Begleitet werden wir hier von einem Müllauto, das zur nahe gelegenen Müllverbrennungsanlage fährt. Nach ein paar hundert Metern erreichen wir die weißen Mauern des CSMPA⁷ Son Reus, dem städtischen Tierheim von Palma de Mallorca. Jose stellt den Wagen in den Schatten, denn es ist schon wieder recht warm geworden. Kurze Verschnaufpause, denn der Gang durch Son Reus ist immer ein anstrengender Spießrutenlauf der Gefühle. Es gibt 120 Zwinger zu besichtigen, in denen teilweise mehrere, miteinander verträgliche Hunde sitzen. Wir können aber nur 3 Hunde mitnehmen, mehr freie Plätze haben wir zurzeit nicht.
Bild 115151 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.„Komm lass uns anfangen., sage ich zu Jose. Mit einem Zettel und einem Stift bewaffnet schreiten wir die Zwinger ab. Viele der Hunde schauen uns mit erwartungsvollen, großen Augen an. Manche springen an den Gitterstäben hoch, manche lecken uns die hingestreckte Hand, als wollten sie sagen: „Nehmt mich doch mit.
Die Auswahl fällt uns auch dieses Mal so unendlich schwer. Wir versuchen, solche Hunde aufzuschreiben, bei denen wir vermuten, dass sie kaum eine Chance der Vermittlung durch das CSMPA haben. Außer uns laufen noch ein paar wenige andere Leute an den Zwingern entlang. Ein junger Mann berichtet uns, dass ihm sein Hund kürzlich beim Spaziergang in El Molinar weggelaufen ist und er hofft, ihn hier zu finden. Wir wünschen ihm viel Erfolg und gehen weiter. Nach 10 notierten Hunden machen wir Schluss. Nun geht es ins Büro, um die Liste abzuarbeiten. Wir haben uns dieses Mal ganz schön getäuscht, denn für 9 der ausgesuchten Vierbeiner gibt es keine Möglichkeit, sie mitzunehmen. 8 der ausgesuchten Kandidaten dürfen nicht mitgenommen werden, weil die vorgeschriebene Wartezeit noch nicht abgelaufen ist. Für einen Hund soll schon eine Reservierung vorliegen. Ob das alles wirklich so stimmt, wissen wir nicht, müssen es aber hinnehmen. Also haben wir einen einzigen Hund gefunden, den wir mitnehmen können. Damit gebe ich mich aber nicht zufrieden. Schließlich wollten wir den langen Weg nicht für nur einen Hund gemacht haben. Der junge Angestellte kommt hinter dem Tresen hervor und meint, wir sollten doch mit ihm mitkommen. Er habe da noch zwei Kandidaten für uns. Und in der Tat, die haben wir vorhin nicht gesehen, weil sie sich wohl im Haus versteckt haben. So, nun haben wir drei, Doch was ist das da drüben? Da ist doch ein so hübscher brauner Cocker Spaniel Mischling, an dem ich einfach nicht vorbei gehen kann. Der junge Mann sagt uns: „Den würde ich nicht nehmen. Der ist sehr menschenscheu und so schreckhaft. Ihr werdet mit ihm wirklich keine Freude haben. Aber gerade das ist es, was mich heraus fordert. Ich nenne ihn Hurano, was auf Deutsch so viel heißt, wie „Der Menschenscheue
. Nun haben wir vier Hunde und Jose schüttelt nur mit dem Kopf. „Lass gut sein. Wir schaffen das schon., ist meine Antwort. Wir holen die Boxen aus dem Auto und der junge Angestellte hilft beim Verstauen der Hunde. Der mir am ausgeglichensten erscheinende Podenco-Mix wird zum „Leinenhund
. Er wird während der Rückfahrt bei mir vorn im Fußraum untergebracht und dort hoffentlich auch ruhig bleiben. So, nun noch schnell den Papierkram und die Bezahlung der wirklich niedrigen Abgabegebühr und schon geht es wieder Richtung Autobahn.
In Höhe S’Arenal sage ich zu Jose: „Lass uns hier mal kurz rausfahren. Ich habe Hunger und will beim „Grillmeister eine Riesencurrywurst essen.
„Die Currywurst müsste Dir eigentlich schon aus den Ohren hängen!, meint Jose spöttisch zu diesem Vorschlag. Wir halten in einer schattigen Nebenstraße zwischen dem „Oberbayern
und dem „Megapark, von wo laute Blasmusik und Stimmengewirr herüberschallt. Ende September – Oktoberfest auf Mallorca, ideal für die vielen Kegelklubs, die in dieser Zeit gern auf die Insel kommen. „Wenn die nur 10 ct pro Bier uns für die Hunde geben würden …
, denke ich laut und Jose meint nur, „Du bist immer noch so ein Träumer."
Wir haben heute 4 Hunden das Leben gerettet. Ob der Reservierte wirklich abgeholt wird? Zu wünschen wäre es ihm. Immer noch werden in Son Reus viele Hunde getötet, nur weil sie keiner haben will. Hierüber gibt es aber keine konkreten Angaben. Die Offiziellen schweigen sich aus. Inoffiziellen Schätzungen zu folge sollen es jährlich zwischen 2000 bis 4000 Tiere sein, die alleine in Son Reus eingeschläfert werden. Aber immerhin werden auch immer mehr vermittelt. Es dauert eben lange, für viele leider zu lange, dass die Menschen hier auf der Insel wenigstens ein wenig Verständnis für die Hunde bekommen.
3. Das Schicksal der Hunde im Süden
In fast allen Ländern des Mittelmeerraumes und in Südost- und Osteuropa, aber auch in ganz vielen anderen Ländern unserer Erde, genießen die Hunde keineswegs eine auch nur annähernd ähnliche Bedeutung und Beachtung, wie in den nördlichen und nordwestlichen Ländern Europas. Ich erinnere mich an einen Ausspruch, den ich irgendwo einmal gelesen habe, der da so ähnlich lautete: Im Süden ist es zwar warm, aber die Herzen der Menschen sind kalt. Im Norden ist es umgekehrt.
Tierschutzgesetze existieren zwar in einigen Ländern mehr oder minder rudimentär, eingehalten werden sie aber überwiegend nie. Selbst die örtlichen Behörden zeigen wenig Interesse an der konsequenten Verfolgung von Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit Nutz- und Haustieren.
Diese äußerst missliche Lage ist dann auch die Ursache dafür, dass Hunde angeschafft und auch wieder verstoßen oder getötet werden können, wie es dem Menschen gerade beliebt, ohne dass auch nur eine Behörde dagegen einschreitet. Nicht selten passiert es, dass die Hunde als süße Welpen ins Haus genommen und wenn sie größer werden, einfach verjagt werden. Andere Hunde werden ihr Leben lang in kleinen Verschlägen, im Keller, im Schuppen oder auf dem Balkon gehalten, ohne dass sie Auslauf bekommen. Aber auch viele Kettenhunde, teils mit viel zu kurzen Ketten, werden im Freien, bei Hitze, Kälte, Regen und Schnee als Wachhunde gehalten, ohne dass sie eine Rückzugsmöglichkeit haben. Aber wie kann ein Wachhund an einer ganz kurzen Kette überhaupt wirkungsvoll wachen? Darüber macht sich niemand ernsthaft Gedanken.
3.1 Woher kommen die Tierschutzhunde?
Im Prinzip gibt es drei Arten von Hunden, die in die Tierasyle und Tierheime der Tierschützer gelangen: 1) ganz viele Streuner, 2) einige Abgabehunde und 3) einige beschlagnahmte Hunde. Auf die drei Gruppen soll nachstehend detailliert eingegangen werden.
Bild 115153 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.3.1.1 Die Streuner
Ein Streuner ist nichts anderes, als ein Obdachloser mit Fell auf 4 Pfoten. Er lebt im Freien, also auf der Straße, im Park, im Wald, am Strand, also überall, wo er für sich Platz findet. Seine Nahrung beschafft er sich planlos gerade dort, wo er etwas Fressbares findet. Das können Mülltonnen eines Hotels, eines Supermarktes, einer Wohnsiedlung oder die Abfalleimer am Strand sein. Er frisst aber auch Kadaver anderer Tiere, buddelt nach Mäusen, fängt Eidechsen und wenn er Glück hat, auch Vögel. Er frisst also alles, was seiner Meinung nach fressbar ist. Wenn er Pech hat, findet er tagelang nichts. Das ist auch der Grund, warum man viele, sehr abgemagerte Tiere unter den Streunern findet. Der Streuner ist also im wahrsten Sinne des Wortes ein echter Überlebenskünstler. Draußen auf der Straße oder in der Natur schläft, vermehrt, spielt und stirbt der Streuner meistens auch, es sei denn, er wird vom Hundefänger erwischt oder von Tierschützern in ihre Obhut genommen.
Streuner sind ständig unterwegs, um sich zu versorgen. Oftmals geschieht dies in Gruppen mit wechselnden Gruppenmitgliedern. Dabei entwickeln viele Streuner eine bemerkenswerte Selbstständigkeit, aber auch eine sehr gute Sozialverträglichkeit zu Artgenossen.
Bild 115154 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.Auf Mallorca gab es bis zum Ende des vergangenen Jahrtausends überall Streuner, auch in den Touristenhochburgen wie an der Playa de Palma, in Alcudia, in Pollenca, in Cala d‘Or, in Magaluf, einfach überall. Da aber in dieser Zeit die Reiseveranstalter den rapiden Rückgang der hohen Zahl der Mallorca-Touristen hauptsächlich mit den vielen Straßenhunden in den Touristenzentren begründeten, sah sich die Balearenregierung genötigt, zu handeln. In vielen Gemeinden wurden Perreras, also Tierauffangstationen, die auch die Funktion einer Tötungsstation hatten, eingerichtet und die Hundefänger hatten Hochkonjunktur. Zu Tausenden wurden die eingefangenen Hunde teilweise grausam getötet, nicht etwa von Tierärzten. Nein, sie wurden von Zivilpersonen oder Polizisten vergast, erschossen, vergiftet, erschlagen, erhängt usw., also wahrhaft grausam umgebracht. Heute sieht