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Die Legende der Eiswölfe: Das schwarze Herz erwacht - Band 4
Die Legende der Eiswölfe: Das schwarze Herz erwacht - Band 4
Die Legende der Eiswölfe: Das schwarze Herz erwacht - Band 4
eBook339 Seiten4 Stunden

Die Legende der Eiswölfe: Das schwarze Herz erwacht - Band 4

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Über dieses E-Book

Die Abenteuer des Eisexorzisten Razer gehen weiter... In Rückblenden werden Ereignisse aus der Vergangenheit geschildert, während die Haupthandlung in einer uns ähnlichen Gegenwart spielt. Der Geist der einzelnen Protagonisten wird wiedergeboren und kann seinem Schicksal nicht entrinnen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum23. Juni 2016
ISBN9783738074499
Die Legende der Eiswölfe: Das schwarze Herz erwacht - Band 4

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    Buchvorschau

    Die Legende der Eiswölfe - Nicole Seidel

    1 Kurze Reise durch die Jahrtausende

    Die Sammlung verlorener Schriften der Aensidhe

    Das Buch des dunklen Prinzen Nuance Silver

    von Leandea Valayeth

    I Prinz Nuance und das Artefakt

    3408 Neuzeit, Weihmar, Doriaths Hauptstadt. Jhil Raven schloss ihre Wohnungstür auf und warf den Schlüssel auf die Anrichte neben der Tür. Wie immer, wenn sie abends von der Arbeit nach Hause kam, streifte sie ihre Jacke ab und hängte sie an die Garderobe und schlüpfte dann aus ihren Schuhen. Ihr Kommen wurde lautstark miauend von zwei dunklen Katern begrüßt.

    Ja, Will. Hi, Jack. Gleich gibt's was zu futtern. Die schwarzen Katzen mit den wenigen weißen Flecken folgten der schwarzhaarigen Frau in die Küche, wo sie ihre Handtasche und die Post auf den Tisch warf und nach den beiden Fressnäpfen der Tiere griff. Das war heute wieder ein Tag, sag ich euch, redete Jhil mit den Katern, die ihr mit forderndem Miau antworteten. Den ganzen Tag durfte ich im Lager wieder räumen. Ich bin ganz schön müde und - sie roch an sich, verschwitzt. Sie verteilte den Rest der Dose vom Morgen und stellte den Tieren ihre Näpfe hin. Ohne Umschweife machten die sich über das Futter her.

    Die junge Frau ließ sich auf den Stuhl fallen und sah die Post durch, uninteressante Werbung wurde sofort aussortiert und auf den Papiermüllhaufen gelegt. Sonst gab es eine magere Handy­rechnung und einen Brief einer Freundin, die am anderen Ende der großen Stadt lebte.

    Kurze Zeit darauf hatte sich Jhil unter die Dusche gestellte, rubbelte sich den schlanken, wohl­ge­formten Körper trocken. Sie zog sich einen roten Slip über und betrachtete sich kurz im Spiegel. Ihre Brüste waren fest und je eine gute Handvoll, die Hüften etwas knochig, die Beine schlank und lang geformt. Jhil war mit ihrem Aussehen vollauf zufrieden und schlüpfte in bequeme schwarze Leggings und einem T-Shirt - ebenfalls schwarz. Eigentlich war zwei Drittel ihrer Kleidung von dieser Farbe, sonst hatte sie einige Bluejeans und etwas rot und etwas violett-lilanes im Kleiderschrank hängen. Das lange, glatte Haar ließ sie unter einem Handtuchturban antrocknen.

    Wieder in der Küche richtete sie sich einige Brotscheiben mit Wurst und Tomaten her und griff nach ihrem Handy. Mit beiden ging sie in ihr Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an. Sie hatte eine SMS erhalten. Mein Bruder kommt morgen zurück, sprach sie mit Jack, dem größeren der beiden Katern, der neben ihr aufs Sofa gesprungen war. Er bringt was Aufregendes mit. Toll, jetzt weiß ich auch, warum mich der Professor hat das Lager aufräumen lassen. Aber dass Aleann zurückkommt, das verrät der Hund mir nicht! Mistkerl.

    Jhil aß die Brote und achtete mit einem Ohr und Auge auf die Nachrichten. Mit einem Blick auf die Fernsehzeitung, die ihr einen langweiligen TV-Abend bescheren würde, holte die junge Frau ein uraltes, großes Buch hervor und legte es sich auf den Schoss.

    Sie blätterte ein wenig darin herum, konnte sich aber nicht richtig auf die schwer lesbare verschnörkelte Runen­schrift konzentrieren. Jhil war müde, sie dämmerte kurz weg, beachtete das langweilige Programm nur mit einem Auge und Ohr.

    Auf dem Bildschirm erschien ein Gesicht, das seltsame Gesicht eines Mannes, der sie böse anstarrte. Er hatte eine fahlgraue Haut und weißes, seidenglattes Haar, dass sein markantes, langes Gesicht umhüllte. Die gelb funkelnden Augen lagen in schattigen Höhlen und die vollen Lippen waren dunkel gefärbt, die Nase dominant. Ein seltsames Tattoo zog sich unter den Augen über beiden Wangen und den Nasenrücken und erinnerte an Stacheldrahtabdrücke. Als er boshaft zu lächeln begann und sie ihn mit melodisch-schöner Stimme sagen hörte: "Telithon! Nasto i chaw e-eth na chae." - schreckte sie aus ihrer Starre hoch und hätte fast den kostbaren Folianten fallen lassen.

    Sie blickte zum Fernseher hinüber, aber das unheimliche Männergesicht war verschwunden. Was hatte er da gesagt? Jhil versuchte sich an seine wenigen Worte zu erinnern. Im Geiste übersetzte sie die alte Elfensprache. Ich komme! Deute die Spitze des Speers zu Boden. Was hatte er damit nur gemeint? Und wer war er?

    Eine Stunde später kuschelte sich die Frau in ihr Bett, umringt von ihren beiden Katern. Sie fand aber sehr lange keinen Schlaf, sah immer wieder dieses boshafte Gesicht vor sich. Als sie dann doch endlich einschlief, hatte sie einen seltsamen Traum...

    543 n. G. D., Valdavien. Die Ebene bedeckte ein riesiges Heer von eisengerüsteten Menschen. Fünftausend Kavalleristen und dreitausend bunt gekleidete Bogenschützen aus den Weiten Valdaviens, sieben­tausend Lanzenträger und viereinhalbtausend Schwertkämpfer aus dem starkbesiedelten Reich Doriath, von den südöstlichen Ufern des Glann kamen sechseinhalbtausend Amruner Söldner und aus dem eisumtosten Norden Lannduns weitere siebentausend Kämpfer mit Breitschwerter auf dem Rücken. Und zweitausend bildeten die zusammengewürfelten Truppen von den westlichen Neuen Königreichen Castros und Zarosa und Sileval. Schweigend standen fünfunddreißigtausend Gerüstete wartend im gleißenden Sonnenlicht in korrekter einheitlicher Formation.

    Ihnen gegenüber stand ein anderes Heer, weniger beeindruckend im Angesicht der dunklen Masse die sich über die östliche Ebene von Tanelor ergossen hatte, aber nicht minder zu unterschätzen. Auf der kleinen Anhöhe warteten dreieinhalbtausend Elfenkrieger auf edelschlanken Pferden, gesäumt von finster dreinblicken­den bärtigen zweitausend Zwergen und eintausend Gnome, die fünfhundert Trolle mit sich führten.

    Zwischen diesen Fronten wartender Krieger, eilten Generäle und Feldlords zu ihren Königen und Herrschern.

    Sie haben meinen Sohn gefangen, wenn sie ihn töten, sterben beide meiner Kinder, sprach ein uralter Mann im königlich-goldenen Gewand und einer Krone aus schwarzgoldenen Spitzen. Es ist genug Blut vergossen worden, wir sollten uns um Frieden bemühen. Dunkelkönig Gil'galad, der tausendjährige Elfenkönig von Ban Dúath saß auf einem kräftigen Rappen.

    Ich stimme dem Dunkelkönig bei, es sollte längst wieder Zeit für Frieden sein, erwiderte Ysengrím, ein schwarz­haariger blutjunger Locthar aus der nördlichen Elfenstadt Ban Gynvael.

    Der Zwergenkönig Skelton Drachenpranke brummte etwas von das könne als Schwäche ausgelegt werden und stimmte für einen Angriff.

    Ich sage wir greifen sie an! Mögen sie uns auch in der Zahl um das Vierfache überragen, es sind doch nur Menschen. Allein ein Elf kann es leicht mit acht von ihnen aufnehmen, äußerte sich der hellblonde König Leboras. Der blonde Aensidhe hatte einst die Stadt Ban Lâvael beherrscht, bevor sein Volk 519 n. G. D. in die fruchtbaren Ebenen ins Amruner Nordtal hinab zog, war vom Blut vergießen zwar nicht wirklich angetan, stimmte aber auch für einen Angriff.

    Die Gnome äußerten sich nur argumentlos mit einem Nein, wir wollen keinen Krieg! und zu aller Überraschung schlossen sich ihnen die Trolle mit einem wollen wieder nach Hause gehen an.

    Der schwarzhaarige Ysengrím aep Gynvael nickte zum ältesten Elfenkönig herüber und ließ sein edles weißes Ross den Abhang hinunter schreiten. Ihnen folgte der blonde Leboras aep Lâvael, ebenfalls auf einem edlen Schimmel. Der Zwergenkönig und sein General und der Feldlord der Gnome rannten den Elfen hinterher. Auf halber Höhe des Niemandstreifens blieben die Verteidiger stehen.

    Ihnen kamen die frischernannten Könige von Valdavien, Doriath, Amrun und Lanndun entgegen, gefolgt von weiteren Herzöge und Feldlords, so dass den sechs Verteidiger doppelt so viele Aggressoren gegenüber standen.

    Es gab einen kurzen, aber heftigen Wortabtausch, indem Dunkelkönig Gil'galad die Herausgabe seines Sohnes forderte - was er zur obersten Bedingung der Friedensverhandlungen ansetzte.

    Ein bärtiger hübscher Mann in rotgoldener Rüstung, der neben dem König von Doriath stand, hob seine behandschuhte Hand. Auf seinen Befehl hin, brachte ein orangegerüsteter Ritter den gefangenen Elfenprinzen herbei. Auch mein Herz hat genug vom Krieg und Tod, sehnt sich nach der friedlichen Heimat. Ihr mögt uns zahlenmäßig unterlegen sein, aber ich zweifle nicht an dem Mut und der Ausdauer und der Gefährlichkeit von Elfen, Zwergen und - ich sehe auch Trolle in euren Reihen.

    Der reitende Ritter zerrte eine schlanke Gestalt zu Fuß an einem Seil hinter sich her. Die edle schwarz-rote Gewandung des Gefangenen war zerrissen, sein sehniger Körper wies Spuren von Folterung auf. Schnittwunden ebenso, wie Prellungen und Peitschenhiebe - wer weiß, was sie ihm noch angetan haben, dachte der uralte Elfenkönig, jedenfalls hat seine Schwester Tage lang mitgelitten und vor Schmerzen geschrien.

    Der Prinz Nuance Silver 'Elin hielt den Blick zu Boden gesenkt, sein weißes langes Haar hing ihm wirr vom Kopf. Nicht ein einziges Mal hatte er zu seinem Vater und König hinauf gesehen, dieser hingegen konnte keinen Lidschlag lang seinen Blick von der geschundenen Gestalt wenden.

    Unsere Forderungen sind folgende, setzte der rote König Elessar, vom Geschlecht der Tanelors, die Friedensverhandlungen fort. Unverzüglich hat sich die Armee aufzulösen, jeder kehrt in seine Heimat zurück. Jeder Locthar meldet sich zur Unterzeichnung der Petition bei dem ihn vorstehen­den König. Der Dunkelkönig und die Zwerge untersteht zukünftig Gereon von Doriath. Ihr, Locthar Ysengrím untersteht fortan dem Lannduner König. Amrun nimmt sich der Gnome und Trolle aus Loth an. Da sich die Aensidhe in alle Königreiche verstreut haben, muss Locthar Leboras mir den Treueeid schwören. Gibt es hierzu Einwände?

    Die Zwerge und Gnome grummelten etwas Undeutliches in ihre bärtigen Gesichter, die Elfenkönige senkten nur kurz schweigsam den Blick zu einem einstimmigen Nicken.

    Ich lade alle hier anwesenden edlen Herrschaften zu einem Fest nach Aedd-Tanelor ein. Dort werden auch alle Verträge unterzeichnet. Ach, ich vergaß, wandte der Valdavische König Elessar ein und winkte seinem Ritter, der ihm das Seil des Gefangenen übergab. Er hat viele meiner besten Männer getötet, euer Sohn. Ich gebe ihn nur ungern wieder frei, da er eher auf einem Schafott Platz nehmen sollte. Seht es als mein guter Wille an, dass mir der Friede zwischen unseren Völkern dieses Opfer wert ist. Der hübsche König in roter Rüstung zog unerwartet und heftig an dem Seil, so dass der Elfenprinz nach vorn gerissen wurde und auf die Knie fiel. König Elessar übergab dem uralten Dunkelkönig das Ende des Taus ohne sein ernstes Gesicht wegen dieses Triumpfes zu verziehen.

    Die beiden Zwerge eilten zu Nuance und durchschnitten ihm die Fesseln. Auf die Füße helfen ließ er sich jedoch von ihnen nicht. Er verbarg sein Gesicht weiterhin hinter dem wirren Haar, zeigte kaum Regung. Sein Vater ritt an ihn heran, bot ihm die Hand entgegen. Nur kurz blickte Nuance auf, ergriff die Hand, dann schwang sich der Prinz hinter seinen Vater aufs Pferd.

    Die Elfen ritten mit stolzen Häuptern und wehenden Mähnen zurück auf die Anhöhe und gaben Befehl zum Abzug. Zwerge, Gnome und Trolle trotteten ebenfalls vom Feld. Die Menschen sahen ihnen mit eisigen Mienen nach.

    Werden sie unsere Verträge unterzeichnen und akzeptieren? fragte Doriaths König Gereon.

    Wir müssen ihnen keine andere Wahl lassen, entgegnete Elessar de Tanelor.

    Prinz Nuance gönnte sich keine Ruhepause, zog einen wärmenden Umhang über und ließ sich ein Pferd geben. Ich will zu meiner Schwester, unverzüglich!

    Der alte Elfenkönig winkte einigen seiner blass-häutigen Krieger, die den Prinzen in die Heimat nach Ban Dúath - einer unterirdischen Stadt im Schwarzgebirge - begleiten sollten. Er wollte im gemächlicheren Tempo mit seinem Heer folgen. Seine beiden Kinder Nuance und Nuaja waren Zwillinge, die eng miteinander verbunden waren, nicht nur geistig, auch körperlich teilten sie ein Schicksal. Verletzte sich der eine, litt der andere mit. Jeder wusste was der andere fühlte, was er dachte und wo er sich aufhielt. Und doch waren sie sich so gegensätzlich, wie ihr Geschlecht.

    Der geschundene junge Elfenkrieger streifte sich das weiße Haar aus dem Gesicht. Darunter kam das bleiche Antlitz mit dem Narbentattoo über der Wange und den gelben Augen und dunklen Lippen zum Vorschein. Er trieb das Pferd zum scharfen Galopp an und rief ihr "Telithon!" entgegen.

    Jhil fuhr erschrocken aus dem Traum hoch. Ihre Nackenhaare stellten sich aus Furcht. Diesem Elfenprinz Nuance Silver 'Elin gehörte das weiße, unheimliche Gesicht. Diesem Prinz war in dem alten Buch ein eigenes Kapitel gewidmet, aber sie hatte dieses Kapitel nur mal kurz überflogen gehabt.

    Den alten Folianten hatte sie aus dem unterirdischen Lager des Museum, in dem sie arbeitete, mitgehen lassen. Weil das Buch sie auf magische Weise angezogen hatte und weil sie eine der wenigen Menschen war, die diese alten verschnörkelten Elfenrunen zu entziffern vermochte. Das Erbe deiner Vorfahren, hatte ihre Großmutter einige Male geheimnisvoll verlauten lassen. Das Alte Blut kommt durch, weil ihr Zwillinge seid und es sich somit verstärkt, verriet ihr ihre Großmutter. Als Jugendliche fand sie es toll, etwas anders zu sein - aber nun mit sechsundzwanzig Jahren wollte sie nicht mehr so recht daran glauben.

    Wieso offenbarte ihr das Elfenbuch gerade jetzt diese seltsame Kriegsoffenbarung? All das konnte doch nicht mehr existieren, war viele Tausend Jahre her.

    Jhil schaute auf die Uhr, es war gerade mal halb Fünf Uhr morgens. Ihr blieben noch mindestens eineinhalb Stunden, bevor sie aufstehen musste. Aber der Schlaf wollte sich nicht mehr einfinden. Eine halbe Stunde später nach etlichem Herumwälzen, machte die Frau das Licht an und holte sich das alte Buch auf den Schoss und suchte das Kapitel mit dem Elfenprinz Nuance heraus und versuchte aus der Elfenerzählung schlau zu werden.

    Jhil fand den Professor im abgesperrten hinteren Bereich des Museums. Er redete dort mit Joe Marley. Professor Eduard Higgins war ein stattlicher Herr, deren beste Jahre bereits hinter sich lagen, was ihn griesgrämig gegenüber seinen jungen Mitmenschen werden ließ. Als er Jhil auf sich zuschreiten sah, sprach er sie sofort an - an ihrem ernsten Gesicht hatte er schnell ihre Stimmung abgelesen. Ah, Jhil, da sind sie ja endlich. Sie begleiten Joe zum Flughafen. Ihr Bruder wird sich freuen, sie zu sehen!

    Die Frau blickte mit funkelnd-grünen Augen kurz auf ihre Uhr, es war viertel vor neun - also war sie pünktlich. Professor, zischte Jhil, wann wollten sie mir mitteilen, dass Aleann kommt?

    Doch auf die Provokation ging der graumelierte Herr Professor nicht ein. Joe, rufen sie Kurt und die Jungs an. Es wird ein zweiter LKW benötigt. Ich will nicht, dass sich irgendwelche Fremde mit der Fracht befassen.

    Schon geschehen, Professor. Joe Marley war ein kräftiger, rotblonder Shymier. Er müsste jede Minute hier eintreffen.

    Bringen sie das Zeug so schnell es geht hierher! Eduard Higgins wandte sich ab. Als er an der zierlichen Frau vorüber ging, meinte er: Hat ihr Bruder sie nicht rechtzeitig unterrichtet. Doch es war keine Frage, dazu schwang zu viel Sarkasmus mit hinein.

    Das Verhältnis zu meinem Bruder geht dich einen Scheißdreck an, du Blödian! - dachte Jhil Raven und folgte Joe Marley nach draußen.

    Was hat Aleann denn gefunden? fragte Joe hinterm Lenkrad auf dem Weg zum abgelegenen, privaten Flughafen.

    Ich hoffe, dass wonach er gesucht hat, antwortete die junge Frau und schaute aus dem Fenster.

    Uih, Jhil, sind wir heute Morgen mit dem falschen Bein aufgestanden? Joe nahm die Ausfahrt vom Highway und bekam von der schwarzhaarigen Frau keine Antwort. Sag, was ist los?

    Sorry, hatte nur eine unruhige Nacht.

    Eine Stunde später landete ein mittelgroßes Frachtflugzeug auf einer staubigen Landebahn, an deren Ende die Leute vom Museum bereits warteten. Ein nicht besonders großer, aber kräftiger Mann mit kurzem Haarschnitt sprang aus dem Flugzeug. Er trug Jeans, Boots, eine dunkelbraune Lederjacke und einen breitkrempigen Hut. Herzlich umarmte er die schwarzgekleidete Frau, die er um wenige Zentimeter überragte.

    Es ist unglaublich, was ich gefunden habe, Jhil, schwärmte er. Du wirst es mir kaum glauben wollen! Er lächelte über beide Ohren und grüßte Joe, Kurt und die Jungs. Seit vorsichtig beim Verladen, das Zeug ist schwer - und wertvoll!

    Aleann Raven spannte seine Zwillingsschwester noch eine ganze Weile auf die Folter. Solange, wie die Rückfahrt dauerte und die ein Dutzend große Holzkisten brauchten, um in der Requisite des Museums eingelagert zu werden. Ein kleiner Hubwagen reihte die zwölf Kisten einzeln im Raum auf. Die Aufregung des Professors, Jhil, Aleann und allen zehn weiteren im Raum stehenden Männern war allen deutlich anzusehen.

    Aleann blätterte ein Stapel Papiere durch und ging dann zu einer der größten Holzkisten hinüber und befahl sie zu öffnen. Eine kleine Schicht Holzwolle sicherte darin einen Sarkophag. Kannst du die Inschrift entziffern, Jhil?

    Jhil trat ehrfürchtig an die Kiste heran, in der ein Sarkophag aus weißem Marmor lag. Der Deckel trug das dreidimensionale Bildnis eines liegenden, hübschen Königs in Rüstung mit Schwert in der Hand. Der Rand war mit springenden Löwen verziert und zu Füßen des steinernen Königs gab es eine dreizeilige Inschrift aus schwungvollen Runen - uralte Runen, wie Jhil sie bereits aus dem Buch kannte. Elfenrunen. "Es sarch elessar or venn Tanelor, aglareb aran uin Valdavien", las Jhil mit melodischem Timbre in der Stimme vor.

    Und was heißt das? fragte Professor Higgins ungeduldig.

    Hier ruht Elessar vom Geschlecht der Tanelor, ruhmreicher König über ganz Valdavien. Jhil blickte zu ihrem Bruder herüber, der sie mit den gleichen grünen Augen anfunkelte. Du hast das Grabmal des ersten Königs gefunden?

    Ihr Zwillingsbruder nickte und grinste stolz über beide Ohren hinaus.

    Hast du schon in den Sarg hineingesehen? wollte Jhil wissen.

    Aleann Raven schüttelte den Kopf. Der Deckel sitzt zu fest. Und dann begann er allen Beteiligten zu erzählen, wo und wie er die Grabkammer gefunden hatte. "Wie ich bereits vermutet hatte, fand ich in den Katakomben von Tanelor die Grabkammer des letzten Rosenritters Pantaleon de Avalon. Dort fand ich alte Chronikbücher und Aufzeichnungen, die bis ins sechste Jahrhundert zurück reichten. Es war sehr schwer, die alten Pergamente zu entziffern, doch zwischen den Seiten einer uralten Chronik aus der Hauptstadt fand ich einen Brief in Elfisch geschrieben, der mir einen Hinweis gab und mich in den Norden, nach Avalon führte.

    Das alte Kloster der Rosenritter war längst dem Erdboden gleich gemacht. Es hatte sich einst vor zweitausend Jahren an den Klippen über dem Meer erhoben. Ein Einheimischer meinte, als ich ihm die Zunge mit ausreichend Bier gelockert hatte, dass unterhalb der Klippen Höhlen vermutet wurden, die damals mit dem Kloster verbunden gewesen seien. Leider lag der Zugang unter Wasser und die Valdavischen Behörden durften nicht spitz bekommen, dass ich dort illegale Nachforschungen anstellte. Aber William Stafford, unser Freund vom Ministerium, hat mir zum Glück den Rücken freigehalten. Und mir noch zwei Sammler verraten, deren Urgroßväter einst in den Klosterhöhlen auf Schatzsuche gegangen waren.

    Ich wagte mich mit Ausrüstung hinab und fand tatsächlich einen Eingang. Ich kam bis in eine große unterirdische Halle, die bereits geplündert worden war. Aber die eisigen Wellen hatten mit der Zeit einen Eingang verschoben, der davor unbemerkt geblieben war. Dahinter kam die Grabkammer des ersten Königs zutage. Das Schwierigste war sicherlich die beiden Sarkophage und die Wertgegenstände darin ungesehen hinauf zu schaffen. Wir schafften es, ein Glück dass die Gegend dort oben lang nicht mehr so dicht besiedelt war, wie noch vor wenigen Jahrhunderten.

    Am Eingang zur Grabkammer fand ich eine Scherbe aus einer unbekannten Silberle­gierung, das Bruchstück und Drittel eines schön gearbeiteten Keltischen Knotens. Ich bin dann zu den beiden privaten Schatzsuchern gegangen und hab mir ihre Schätze einmal genauer angesehen. In ihrem Fundes befanden sich unter anderem zwei weitere Teile dieses Knotenschmuckstückes und ich schwatzte ihnen die Teile ab, die Leute konnten mit dem alten Kram ihrer sammelwütigen verstorbenen Großväter eh wenig mit anfangen. Das Sonderbarste ereignete sich am folgenden Abend, als ich die drei Scherben aneinander gelegt hatte, denn plötzlich leuchteten sie auf und fügten sich zu einem Stück zusammen."

    Aleann Raven holte aus der Innentasche seiner Jacke ein etwa handtellerrundes Schmuckstück aus einem mattglänzenden Silbermetall. Das Rund war durchbrochen und handwerklich vollkommen gearbeitet, zeigte ein mehrfach-verschlungenes keltisches Knoten-Dreieck.

    Es ist wunderschön, staunte Jhil. Wann hast du es zusammengesetzt Wenn es sich selbst zusammen fügte, scheint es magisch zu sein.

    Gestern Abend irgendwann.

    Da ist eine Elfenrunen-Inschrift auf dem Rand. Hm, die zierliche Frau versuchte eine direkte Übersetzung. "Rufe die Vergessenen, die nicht leben, nicht sterbend sind. Aus dem Dunkel strebt ein Licht, offenbart die Wahrheit des Herzens." Jhil runzelte die Stirn und reichte das Schmuckstück dem Professor, der es sich auch ansehen wollte.

    Die Männer begannen die Holzkisten auszupacken. Den Nachmittag über katalogisierten, sortierten, verzeichneten, untersuchten und bestimmten Aleann, Jhil, der Professor und Steve Andersen ein weiterer Archäologe des Museums, die Grabgegenstände, die sie aus den Kisten zogen. Viele kleine Alltagsgegenstände, unterschiedliche Kriegswaffen aus alter Zeit, fein gearbeiteter kostbarer Schmuck, zwei wundervoll goldene Rüstungen und ein weiterer Steinsarg. Der zweite Sarkophag war etwas kleiner und trug kein Abbild, des darin liegenden. Doch der Deckel war mit einem verschlungenen Dornenornament aufwendig verziert und eine Namentafel deutete auf dessen Inhalt.

    Nuaja Silver 'Elin arwen uin Valdavien, las Jhil. Wenn sie mit ihm in der Grabkammer lag, handelt es sich wohl um seine Frau. Obgleich mir eine Besonderheit bei ihrem Namen auffällt.

    Ja, er ist elfisch, entgegnete Aleann.

    Nuaja Silberstern, Hohe Frau Valdaviens, übersetzte Jhil und erinnerte sich an das alte Buch in dem sie heute früh noch geschmökert hatte. Sie ist die Zwillingsschwester des Elfenprinzen Nuance Silver 'Elin. Sie ist eine Dunkelelfin aus Ban Dúath aus dem Pamirgebirge. Wow, Al, eine Elfin!

    Leider eine ausgetrocknete faltige Mumie mit wenig elfischem Glanz. Der Mann machte sich daran den Deckel des Sarkophags zu verschieben. Steve Andersen half ihm und sie hoben gemeinsam den Deckel zur Seite, lehnten ihn gegen die Sargwand.

    Jedem verschlug es die Sprache, als sie die Mumie im Innern betrachteten, hatten sie doch einen schrumpeligen dürren Frauenleichnam erwartet. Die Frau im mit gelbem Samt ausgeschlagenen Sarko­phag und einem pompösen hellbeigen Kimono artigen Kleid bekleidet, hatte ein sehr lebendiges Aussehen: glatte weiße Haut zeigten ein wunderschönes, edles Gesicht, gerahmt von langem weißem Haar. Sie trug ein dunkles Makeup um Augen und schöngeschwungenem Mund und die Narbe über den Wangen, die Jhil aus ihren Träumen bereits kannte. Das Kleid war hochge­schlossen, ein graues Mieder betonte die kleinen Brüste, ihre Hände waren in den Falten der weiten Ärmel verborgen. Sie trug keinerlei Schmuck, nur ein filigraner Goldreif, eine Krone, lag auf ihrer Brust. Sie wirkte als schliefe sie.

    Das kann nicht sein, stammelte Aleann Raven. Als ich in Avalon den Sarg öffnete, ich schwöre, da lag eine vertrocknete Mumie darin! Seht sie euch an, es ist als würde sie jeden Moment aufwachen!

    Sie ist unglaublich schön, erwiderte Steve.

    Eine wahrhaftige Elfin, dazu noch eine sehr bedeutende, vorsichtig legte Jhil eine Haar­strähne zur Seite und offenbarte ein spitzes Ohr.

    Steve, bestimmen sie das Alter von Misses Spock! wandte der Professor mit kühler Stimme ein. "Ich will genau wissen, wie alt dieser ganze Krempel ist. Dreitausend Jahre scheint mir unwahr­scheinlich, es wirkt alles so - neu. Und den Königssarg müssen wir auch noch aufbekommen - vielleicht erwartet uns da auch eine Überraschung?! Wenn uns hier jemand auf den Arm nehmen will und das ganze Zeug hier nicht authentisch ist, kann ich den ganzen Einsatz dieser Expedition abschreiben! Los, rann an die Arbeit!"

    Jawohl, Professor! salutierte Aleann mit breitem Grinsen. Er glaubte an die Echtheit seines Fundes.

    Aleann ging zu seiner Schwester und massierte ihr ein wenig den Nacken. Mir reicht es für heute, ich werde zu Yong gehen, sein feuriges Essen hab ich im Norden vermisst. Komm mit Jhil.

    Jhil schaute von ihrem Mikroskop auf die Uhr - sie zeigte 20:07 h - und meinte: Nein, ich will die letzten drei Schmuckstücke noch fertig machen. Aber wir können uns auf einen Drink später noch bei Max treffen.

    Gute Idee, ich warte aber nicht länger als bis Mitternacht auf Dich. Der Mann gab der Frau einen Kuss auf die Stirn und verließ mit Steve Andersen den Raum, in dem die Grabbeigaben im chaotischen System auf Tischen und Regalen, in Holzkisten und am Boden verstreut lagen.

    Das künstliche Licht flackerte diffus von der Decke herab. Jhil rieb sich müde die grünen Augen und kramte einen Schokoriegel hervor. Sie erhob sich, streckte die steifen Glieder und ging zum Sarg der Königin rüber. Die wunderhübsche Elfin schlief friedlich darin. Jhil berührte ihre straffe Wange, die Haut war eisigkalt. Da schien kein Leben in ihr zu sein.

    Wie wunderschön und friedvoll du aussiehst, Nuaja, flüsterte Jhil. Hingegen dein Zwillings­bruder Nuance macht mir Angst. Du bist das Licht und er ist dein böser Schatten. Die zierliche Frau ging zurück zum Tisch und widmete sich wieder ihren Schmuckstücken.

    Von irgendwoher drang das Geheul eines Krankenwagens an ihr Ohr. Eine nahe Turmuhr schlug die volle Stunde. Verdammt, es ist ja schon zehn! Die Frau massierte sich den steifen Nacken und speicherte ihre Notizen ab und klappte den Laptop zu.

    Da schepperte etwas im hinteren Teil des Raumes. Jhil blickte in Richtung des Geräusches und stand auf. Sie lauschte aufmerksam. Stille. Nur die typischen Geräusche der Großstadt drangen von ferne an ihre Ohren. Und doch stellten sich ihr die Nackenhärchen auf und sie spürte, dass jemand mit ihr im Raum war.

    Instinktiv ging sie zum Sarg der Elfin und schaute hinein. Die weißhaarige Nuaja lag noch darin - hatte Jhil wirklich geglaubt, dass dieses Wesen auferstehen würde?

    Sie stand am Marmorsarg und wusste plötzlich, dass der unbekannte Besucher hinter ihr stand. Jhil drehte sich langsam um und starrte der Person entgegen, die da dunkel im Schein des flackernden Neonlichts stand. Ein knielanger schwarzer Mantel, mit über dem Kopf gezogener Kapuze. Ein roter Schal betonte die sehr schlanke Taille und ein langes Schwert steckte untypisch darin.

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