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Ich wollte nie Kaiserin werden: Elisabeth von Österreich
Ich wollte nie Kaiserin werden: Elisabeth von Österreich
Ich wollte nie Kaiserin werden: Elisabeth von Österreich
eBook512 Seiten6 Stunden

Ich wollte nie Kaiserin werden: Elisabeth von Österreich

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Über dieses E-Book

Sisi ist 15 Jahre alt, als der Kaiser um ihre Hand anhält. Um ihre und nicht um die ihrer großen Schwester Néné, die eigentlich Kaiserin werden sollte.
Wie wird es Sisi gelingen, sich am Wiener Hof zu behaupten?
An einem Hof, dessen Zermemoniell ihr fremd ist?
Mit einer Schwiegermutter, die sich Néné an ihre Stelle wünscht?
Mit einem Mann, der sich nicht um sie kümmern kann, da er dauernd Krieg führt und seiner Mutter den Thron verdankt?
In einer Welt, die unterzugehen droht?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum23. Dez. 2021
ISBN9783754179765
Ich wollte nie Kaiserin werden: Elisabeth von Österreich
Autor

Carina Zinkeisen

Die Autorin ist Historikerin und ein großer Fan der Habsburger. "Ich wollte nie Kaiserin werden" ist nach "Ich bin Isabella - eine unmögliche Liebe am Hofe Maria Theresias" der zweite Habsburgerinnen Roman.

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    Buchvorschau

    Ich wollte nie Kaiserin werden - Carina Zinkeisen

    Kapitel 1 – Sommer in Bad Ischl

    Ich wollte nie Kaiserin werden

    Elisabeth von Österreich

    Grafik 1

    Foto, Shutterstock, Yuri Turkow

    Roman

    von

    Carina Zinkeisen

    15. August 1853

    Es tut mir leid, aber meine Schrift ist wahrscheinlich wahnsinnig krakelig. Die Kutsche schaukelt nämlich ziemlich hin und her und das Tagebuch habe ich auf den Knien. Ich schreibe, weil wir in der Kutsche sitzen, ausnahmsweise auch nicht mit Tinte, sondern mit einem Bleistift.

    Ich vergaß ganz mich vorzustellen, ich heiße Sisi und bin 15 Jahre alt. Die Kutsche fährt mit mir, meiner Mama, meiner Schwester Néné und unserer Kammerzofe, nach Bad Ischl. Dort treffen wir den Franzl und seine Familie. Franzl heißt eigentlich Franz Joseph und ist der Kaiser von Österreich. Er ist aber auch unser Cousin, weil seine Mutter, meine Tante Sophie, Mamas Schwester ist. Mein Papa, der Herzog Max in Bayern, der sehr volkstümlich und liberal regiert und wie ich gerne liest, kommt nicht mit.

    Er nennt eine riesige Bibliothek sein Eigen, macht gerne Zithermusik, hat viele Freunde bei den Bürgern und gar bei den Bauern und war mit nichtadeligen Kindern auf der Schule. Papa reitet auf Zirkuspferden und missachtet die aristokratische Gesellschaft und feiert wenig hoffähige Herrenfeste in München und Possenhofen. Er kann weder dem Kaiserhaus noch der Tante Sophie etwas abgewinnen. Dabei entgeht ihm eine Reise und mein Papa liebt Reisen, er war sogar einst im Heiligen Land, im Orient und in den ersten Ehejahren reiste er mit Mama in der Schweiz und in Italien umher. Auch in Griechenland war er schon, denn er liebt die griechische Kultur. In Kairo in Ägypten hat er damals übrigens vier kleine Mohrenknaben auf dem Sklavenmarkt gekauft, die dann bei uns in München getauft wurden.

    Die Néné soll den Franzl heiraten und Kaiserin von Österreich werden. Sie freut sich wie irre darauf, was ich gar nicht verstehen kann, muss doch öde sein. Nur Pflichten, kein bisschen Spaß, nur Enge, keine Freiheit. Ich hatte so ein Vergnügen schon einmal am sächsischen Königshof und kam von dort gottseidank ohne Bräutigam zurück. Ich hätte Prinz Georg, den zweiten Sohn des sächsischen Königs heiraten sollen. Irgendwie bin ich gegen die Nene, meine ältere Schwester, die so viel schöner, gebildeter und ernsthafter ist, ein hässliches Entlein. Ein Naturkind, das gut schwimmen kann, auf Bäume kraxelt, Bayerisch spricht, gut zu Pferd ist, angeln und bergsteigen kann und viele Bauernkinder seine Freunde nennt. Ganz ehrlich, was soll ich in einem Königsschloss statt in unserem lieben Sommerschloss in Possenhofen? Allein schon unser Herzog-Max-Palais in der Ludwigstraße in München, der von Leo von Klenze für meinen Papa erbaut wurde, gefällt mr viel weniger als unser Sommerschloss am Starnberger See und der Palais ist eigentlich allerliebst klein und herzig, wenn man ihn mit dem Schloss des bayerischen Königs oder gar mit dem des Kaisers in Wien vergleicht.

    Unser Possi ist nämlich mein allerliebster Lieblingsort auf dieser Welt. Schloss Possenhofen liegt einiges außerhalb von München an den Ufern des Starnberger Sees, ein von vier Ecktürmen flankierter Bau, der mitten in einem entzückenden Park mit Rosengärten, die fast bis zum See hinuntereichen, liegt. Am See kann man an schönen Tagen die schneebedeckten Gipfel des Wettersteins und der Zugspitze sehen und ich habe allerlei Tiere, um die ich mich dort kümmern darf. Rehe, Lämmchen, putzige Kaninchen, Hühner und Perlhühner. Oft zeichne ich meine Tiere oder schreibe Gedichte, die ich nur meiner besten Freundin Irene zeige, der Tochter des Grafen Paumgarten. Mit ihr und ihrem Bruder David wollte ich eigentlich um die Welt segeln, allerdings starb David im letzten Jahr an einer Lungenentzündung, so wird nichts draus.

    Mama meint, aus mir wird noch ein schöner Schwan, den ein König heiratet. Hoffentlich nicht so bald! Den Franz habe ich übrigens schon einmal gesehen, damals im Juni 1848 in Innsbruck gemeinsam mit der Mama, dem Ludwig, dem Karl Theodor und der Néné. Der Franz war damals 18 und nur an der Politik interessiert. Für uns kleine Cousinen hatte er keine Augen übrig. Damals machte sein jüngerer Bruder Karl Ludwig mir den Hof, folgte mir auf Schritt und Tritt, brachte mir Blumen und Früchte und war ganz verzweifelt, als wir abreisten. Er hat mir noch lange mit seiner wunderschönen, wie gestochenen Handschrift, Briefe geschrieben und ich habe mich geschmeichelt gefühlt. Er hat mir auch immer wieder Geschenke geschickt, eine Rose und einen Ring und ich habe ihm auch einen Ring senden lassen. Und dann habe ich noch eine Uhr mit Kette, die ich mir schon lange gewünscht habe, geschenkt bekommen. Natürlich habe ich mich immer recht artig bedankt und erzählt, dass mir die braven Lämmerl hinterherlaufen. Néné war damals ziemlich eifersüchtig gewesen, dass ich und nicht sie den ersten Verehrer hatte und fand das Theater, das Karl Ludwig meinetwegen machte, albern. Nicht einmal von den Erdbeeren, die Karl Ludwig uns beiden anbot, wollte sie damals kosten. Sie, die damals schon eines Tages die Schönheit, die sie jetzt ist, zu werden versprach. Sie, die anscheinend das damenhaft Repräsentieren in die Wiege gelegt bekommen hatte. Eifersüchtig war sie auf mich, die nur Pferde und Papageien im Sinn hatte. Denn der Karl Ludwig gab mir das Gefühl, schon ein bisserl erwachsen zu sein. Und er war der netteste aus der Habsburger Verwandtschaft, die mir allesamt recht steif vorkamen.

    „Ich schreib dir", hatte Karl Ludwig beim Abschied ganz laut gerufen und wild an die Kutsche geklopft, die andere Hand am Herzen. Und er hatte Wort gehalten.

    Ich erinnere mich immer noch daran, wie Néné mich damals albern und kindisch nannte und der Meinung war, dass keiner aus dem Kaiserhaus eine von uns, eine aus der armen bayerischen Verwandtschaft, heiraten würde.

    Jetzt anscheinend doch!

    Ich schaue nachdenklich zum Fenster hinaus und freue mich über diese Reise. Eigentlich bin ich ja nur dabei, weil Papa nicht wollte, obwohl er und nicht ich eingeladen war und alle meinten, ich würde mich freuen, den Karl Ludwig wiederzusehen. Vielleicht hatte Sophie auch uns beide eingeladen, damit der Kaiser die freie Auswahl bei uns Schwestern hat? Ich weiß es nicht und es interessiert mich nicht, denn ich werde ihn ohnehin nicht heiraten, weil ich nicht in Wien leben will. So einfach ist das!

    Aber ich liebe Kutschenfahren und ich liebe Reisen, schaue immerfort nach draußen zu den Bergen, die in ein milchiges Licht getaucht sind. Allein das Wort Reise übt einen unwiderstehlichen, fast magischen Reiz auf mich aus. Wenn ich erwachsen bin, will ich nur noch reisen, egal wohin, ans Ende aller Zuggleise und darüber hinaus. Ich will auch das Meer sehen und mit einem Schiff fahren. Im Gegensatz zu Néné wird mir nämlich dabei nicht schlecht.

    Die Kutsche hält mit einem Ruck und mir wäre beinahe das Buch ausgekommen und der Bleistift zu Boden gekullert, so sehr war ich in meine Gedanken versunken. Schnell klappe ich das Buch zu.

    „Wir machen eine kleine Rast, Néné und ich haben furchtbares Kopfweh und müssen uns ausruhen. Man soll uns Eiswasser zur Kühlung bringen," befiehlt Mama der Kammerzofe.

    Ich mustere Néné, als wir aussteigen, sie ist ganz blass und tut mir furchtbar leid. Wahrscheinlich hat sie Angst, hätte ich an ihrer Stelle auch.

    „Mir ist so furchtbar übel."

    Néné seufzt erleichtert auf, als sie festen Boden unter den Füßen hat. „Wahrscheinlich mag mich der Franzl nicht und ich werde keine Kaiserin. Warum müssen wir ausgerechnet jetzt wegen einem Todesfall in der Familie schwarz tragen. Diese Farbe steht mir gar nicht, ich sehe damit alt, trist und grau aus wie eine Nonne."

    Mama guckt indigniert, weil sie es nicht leiden kann, wenn wir jammern und ich umarme Nene ganz fest.

    „Das trägst du doch nur auf der Reise, du ziehst dich nachher um. Was du in Ischl anziehst, wird in München ja niemand erfahren. Du wirst dich von deiner besten Seite zeigen und der Kaiser wird dich bezaubernd finden. Und jetzt will ich keine Klagen mehr hören. Und mach um Gotteswillen kein so verdrießliches Gesicht. Nimm dir ein Beispiel an deiner Schwester", schimpft meine Mutter die arme Néné aus.

    „Du bist doch so viel hübscher als ich, du wirst bestimmt eine formidable Kaiserin, ganz bestimmt", flüstere ich tröstend in ihr Ohr.

    16. August 1853

    Es ist spät abends. Ich habe den Kaiser gesehen, er sieht gut aus, ist schlank, blond, hat ein feines, weiches Gesicht und er trägt Uniform. Ich gestehe, ich mag Männer in Uniformen, schon der gute Richard, den ich am Hofe meines Vaters kennenlernte, trug eine und sah so schneidig aus, dass ich mich in ihn verliebte. Heimlich mit der Hilfe meiner kleinen Schwester Marie traf ich mich mit ihm und tauschte schüchterne Worte und Blicke aus. Ganz traurig war ich, als er plötzlich fort aus meinem Leben war. Weggeschickt hatten sie ihn aus dem Hofdienst und die Mama hatte mich arg gescholten und mehr Anstand und Standesbewusstsein von mir gefordert. Der arme Richard war zu allem Überfluss am Fieber gestorben, sodass ich ihn nie wieder gesehen habe.

    Néné hat also Glück über so einen Mann mit einer so schmucken Uniform!

    Ich würde dennoch nicht mit ihr tauschen wollen. Die Menschen hier am Hofe gefallen mir nämlich gar nicht, sie kommen mir falsch und bösartig vor und ich habe Angst vor ihnen. Die Tante Sophie ist ziemlich furchteinflößend, obwohl sie Mama herzlich umarmt hat. Mir graut vor ihr. Ihr Mann, Franz Karl, ist sehr nett, aber steht völlig in ihrem Schatten seiner Frau und hat nicht viel zu melden. Keine Frage, wen ich lieber mag von den beiden.

    Als der Franzl mich angeschaut hat, bin ich rot geworden, wie eine richtig dämliche Provinzgans kam ich mir vor und hab verlegen zum Karl Ludwig rüber geschaut, der ziemlich eifersüchtig auf seinen Bruder schien.

    17. August 1853

    Beim Nachmittagstee im Seeauer-Haus an der Esplanade saß ich dann mit meiner Erzieherin an der Kindertafel und die Néné beim Kaiser. Ich war aufgeregt wegen der vielen Menschen und hatte ohnehin keinen Appetit. „Die Néné hats gut, die hat schon so viele Menschen gesehen, aber ich nicht, mir ist so bange, dass ich gar nichts essen kann", raunte ich der Gouvernante zu, die neben mir Platz genommen hatte.

    Am 18. August feiern wir den 23. Geburtstag des Kaisers. Wahrscheinlich wird dann auch seine Verlobung mit Néné bekannt begeben. Ich würde es ihr so wünschen, sie ist nämlich immer noch so aufgeregt und ziemlich blass. Sie hat wieder einmal ihre scheußliche Migräne. Zu Beginn war ja nicht einmal die zweite Kutsche mit den Kleidern da und sie musste in der schwarzen Trauerkleidung, in der sie so traurig, trist, ernst und gar etwas streng aussieht, vor den Kaiser treten.

    Ich hätte ihr am liebsten zugeraunt: „Nimm es leicht, denn sonst mag der Kaiser dich nicht."

    Heute Abend ist ja noch der große Ball und da muss Néné glänzen! Ich darf auch teilnehmen, weil ich mich an der Kindertafel recht gut betrug. Mein erster Ball und Nénés großer Auftritt.

    Es muss alles gut gehen für sie!

    18. August 1853

    An des Kaisers Geburtstag goss es in Strömen und ich bin beim Geburtstagsmittagessen an der Tafel neben dem Franz gesessen und die Néné an meinem Platz am Ende der Tafel.

    Irgendwie schien der Kaiser mich netter als Néné zu finden. Er war gehörig eifersüchtig, als der Karl Ludwig gestern nach dem Tee auf der Terrasse mit mir plauderte. Ständig sah er zu uns hinüber, was auch der Nene nicht entging und sie verdrießlich stimmte.

    Heute nach dem Mittagessen sind wir dann im Wagen zum Wolfgangsee ausgefahren, wobei die Néné auf einmal wie ein Wasserfall geredet hat und den ganzen Charme versprühte, den sie die ganzen Tage missen ließ. Wahrscheinlich, um dem Kaiser zu gefallen. Was ihr gestern Abend beim Ball nämlich leider nicht so recht gelang und die Weichen dafür stellte, dass das Unfassbare passieren konnte. Das Unfassbare, auf das ich später noch zurückkommen werde, denn erst mal der Reihe nach.

    Schon gestern Abend sah er nur zu mir ans Ende der Tafel, wo ich mit meiner Gouvernante saß und im Essen herumstocherte. Dabei gab sich die Néné doch solche Mühe, ihn zu zerstreuen. Und sie sah wunderschön aus mit ihrem Kleid aus schwerer Atlasseide, den juwelenbesetzten Kämmen und den Efeuzweigen in ihrem dunklen Haar. Die Kutsche mit der Kleidung war ja mit einer gehörigen Verspätung eingetroffen. Sie sah prachtvoll aus und ich kam mir mit meinem rosafarbenen Musselinkleid mit der altrosa Schleife um meine Taille und den winzigen Puffärmeln wie ein Backfisch vor.

    Und mit wem hat er getanzt?

    Mit mir, statt mit der Néné, die stumm mit den Tränen kämpfend an der Tafel saß. Selbst den Kotillon, als wir zu Mitternacht in seinen Geburtstag hineintanzten, den tanzte er mit mir, so als wolle er sich mit mir verloben statt mit der Néné. Die Ärmste saß ganz aufgelöst wie festgewachsen auf ihrem Stuhl, denn niemand hatte sie aufgefordert und sie sah aus wie ein wunderschönes Mauerblümchen.

    Eine Kaiserin, die keiner will!

    Und ich fühlte mich nur geniert und hatte Angst, den Kotillon zu verderben und hinzufallen.

    Vielleicht will er ja an Nénés Stelle mich?

    Nicht auszudenken!

    „Sisi, die Erzherzogin hat mich gerade besucht und lange mit mir gesprochen. Du weißt, was das bedeutet, sagt Mama und nimmt meine Hand, die sich auf einmal ganz kalt anfühlt, in die ihre. „Der Kaiser hat sich für dich entschieden, du sollst seine Frau werden.

    Der Franzl, nein der Kaiser – er will nicht die Néné heiraten, sondern – mich!!! Tante Sophie und der Kaiser haben deshalb bei Mama, weil ja Papa nicht da ist, um meine Hand angehalten.

    Was soll ich machen, ich habe solche Angst.

    Wieso will er ausgerechnet mich heiraten? Ich bin doch so jung, so unbedeutend, nicht besonders hübsch.

    Die arme Néné, sie tut mir so leid, sie wollte doch unbedingt Kaiserin werden. Wie mag sie sich fühlen?

    Ich wollte doch nie Kaiserin werden.

    Nie!!!

    Verwirrt sehe ich Mama und meine Gouvernante an und denke an Tante Sophie, die mir Angst macht, weil sie so streng ist und mich nicht leiden kann. In der Hoffnung, ich hätte mich verhört, aber das habe ich leider nicht. Sie wartet auf eine Antwort von mir, am liebsten würde ich fortlaufen.

    Ich will hier nicht bleiben!

    Ich will ihn nicht heiraten!

    Néné soll ihn heiraten!

    „Ja, sage ich leise, sehr leise. „Ja, ich will den Kaiser heiraten.

    Immerhin sieht der Franzl gut aus, groß und schlank und ich habe ihn lieb. Aber ich kann so vieles nicht, nicht richtig tanzen zum Beispiel, hatte nur drei Tanzstunden. Ich seufze und denke an den Ball gestern nach dem Diner, als wir in Franzens Geburtstag hineinfeierten, das Tanzen mit dem Kaiser, der Kotillon, es hat richtig Spaß gemacht und dennoch muss er Mut für uns beide haben. Als er mir sein Bouquet überreicht hatte, fühlte ich mich nur geniert und wurde wieder rot. Und die Néné tat mir irre leid, denn eigentlich hätte der Kaiser mit ihr den Kotillon tanzen sollen.

    Und sie heiraten! Der Kotillon gilt nämlich als Heiratsversprechen.

    Sie sollte Kaiserin werden!

    Nicht ich!

    Bang sehe ich die Mama und die Roedi an. Stolz sieht sie aus, dass sie die zukünftige Kaiserin erzogen hat.

    „Ich habe den Kaiser lieb, wenn er nur kein Kaiser wäre. Wie kann man diesen Mann nicht lieben. Aber wieso denkt er nur an mich, ich bin doch so unbedeutend und die Néné hatte all den Unterricht, um Kaiserin zu werden, sage ich schluchzend. „Mama, ich will alles tun, um den Kaiser glücklich zu machen und der Tante Sophie das zärtlichste Kind zu sein, selbst, wenn ich so doll Angst vor ihr habe. Ich will dir keine Schande machen.

    „Dann musst du der Tante Sophie Ja sagen, Elisabeth, erwidert meine Mutter. „Ich werde sogleich an sie schreiben. Tu du es bitte auch, wir setzen uns gleich hin. Einem Kaiser gibt man nämlich keinen Korb. Und dann geh zu Bett. Das mit der Néné wird sich schon klären. Gewiss findet sich für sie auch ein Mann. Jetzt müssen wir noch dem Papa telegraphieren.

    Ein Mann, aber, kein Kaiser, den sie sich so gewünscht hat, denke ich. All der Unterricht, all die schönen Kleider, für nichts und wieder nichts!

    Mamas Stimme klingt ziemlich nüchtern und ich atme tief durch. Für sie ist diese Angelegenheit in etwa so, als würde sie überlegen, welches Kleid ich morgen anziehen soll.

    Sie widmet mir die ganze Aufmerksamkeit, die eigentlich Néné gebühren würde, sagt mir zuerst gute Nacht, ich kann förmlich Nénés Tränen spüren, wie scheußlich sie sich fühlt und ich fühle mich plötzlich auch ganz scheußlich.

    „Du kleine Hexe, formen lautlos ihre bebenden Lippen und sie schluchzt ihr Kissen nass. „Lügnerin, elende Lügnerin, du hast mir den Mann wegegeschnappt

    Ich kann doch nichts dafür!

    Ich wollte das alles nicht!

    Néné, du musst mir glauben!

    Ich halte den Atem an. Am liebsten würde ich mich in Luft auflösen, für immer verschwinden. Das Lächeln des Kaisers, der strenge Blick, den Tante Sophie auf mir ruhen ließ, den Hohn und den Spott der Hofdamen.

    „Die falsche Braut", flüsterten sie einander zu und musterten mich missbilligend.

    Dabei wollte ich gar nicht mit, viel lieber wäre ich jetzt daheim in Possi und würde im Wald spazieren gehen, ausreiten und im Starnberger See schwimmen. Ich mache mir nichts aus Karl Ludwig, an den die Mama dachte und an den Kaiser hat niemand von uns so recht geglaubt. Nur für die Néné, die Kaiserin werden sollte, nicht für mich.

    19. August 1853

    Puh, war das ein anstrengender Tag. Ich bin völlig am Ende. Wir mussten schon irre früh aufstehen und es war wahnsinnig heiß.

    Tante Sophie ist schon ganz früh bei uns im Grand Hotel gewesen und hat mich gefragt, ob ich Franzls Frau werden will. Ich habe Ja gesagt. Auch sie meinte natürlich, man gäbe dem Kaiser keinen Korb.

    Der Franzl hat mir glückstrahlend schon vor acht Uhr seine Aufwartung gemacht. Er hat mich vor allen Leuten halbtot geküsst.

    „Willst du meine Frau werden, Sisi, rief er aus. „Ich habe dich so lieb, dass es mir das Herz abdrückt.

    „Ich will deine Frau werden", sagte ich mit klopfendem Herzen und er schloss mich fest in die Arme.

    Der arme Karl Ludwig hatte Tränen in den Augen, hat aber mir dann ganz artig gratuliert. Arm in Arm verließen der Kaiser und ich dann das Hotel, um mit der Erzherzogin Sophie in der Villa zu frühstücken und der Franzl stellte mich seinen Adjutanten, vor allem dem Grafen Grünne, vor.

    Um 11 Uhr waren wir dann alle in der Pfarrkirche. Es ist ja Sonntag. Tante Sophie ließ mir am Eingang den Vortritt. Die Leute sangen die Volkshymne. Ich konnte mich gar nicht auf die Messe konzentrieren und andächtig zuhören, so aufgeregt war ich, weil ich von so vielen Menschen beäugt wurde, was mir gar nicht behagte und scheu und verlegen machte. Ich kann ohnehin besser in der Natur mit dem lieben Gott sprechen als in einer Kirche. Irgendwie hatte sich zu allem Überfluss die Kunde unserer Verlobung herumgesprochen und die Kirche war rappelvoll, wie mein Papa sagen würde.

    Nach der Messe griff der Kaiser behutsam nach meiner Hand und führte mich zum Pfarrer.

    „Ich bitte Hochwürden, segnen Sie uns, das ist meine Braut."

    Als wir dann aus der Kirche rausgekommen sind, standen sehr viele Menschen am Portal und haben uns angestarrt, ganz besonders den Kaiser und mich. Alle wollten mich sehen und mich beglückwünschen, ich musste schon in der Kirche unzählige Hände schütteln und Segenswünsche beantworten. Ich habe mich vor Angst ganz fest an Franzls Hand geklammert, die Hochrufe über mich ergehen lassen. Die Menschen haben ein Recht, mich, die künftige Kaiserin, zu sehen. Mir aber machen sie Angst damit. Ich bin einfach so, ich kann nichts dafür, so viele Meschen machen mir eben Angst. Sie ziehen mich aus mit ihren Blicken, machen mich nackend, rauben mir meine Seele.

    „Die Kaiserin von Österreich darf sich nicht verstecken, Elisabeth!"

    Ich glaube Nene würde eine bessere Kaiserin werden. Richtig schwindelig war mir und ich habe vor Aufregung kaum Luft bekommen!

    „Du hast gelbe Zähne, Elisabeth, du musst sie besser putzen oder wenigstens das breite Lächeln unterlassen, dröhnt Tante Sophies Stimme in meinen Ohren und ich klammere mich noch etwas fester an Franz fest. Dem alten Drachen werde ich es ohnehin nicht recht machen können. „Sei nicht so empfindlich, es ist ja normal, dass dich viele Menschen ängstigen, aber es ziemt sich nicht für eine Kaiserin. Du musst dir ein dickeres Fell zulegen. Ich habe es damals auch gekonnt.

    Mama sagt, dass Tante Sophie es nur gut mit mir meint, aber ich will ihr keine Chance geben, weil ich sie hasse.

    Der arme Franzl wird wirklich Mut für uns zwei brauchen!

    Das Essen nahmen wir in Hallstein ein und es gab noch eine Spazierfahrt. Nach dem Regen der vergangenen Tage war die Sicht wunderschön. Berge und Felse waren von der untergehenden Sonne in ein mildes Licht getaucht und auch der See glitzerte golden.

    Nur mir war irgendwie kalt in dem offenen Landauer, der Franzl reichte mir fürsorglich seinen Mantel. Er ist ja so ein Lieber!

    Am Abend war Ischl von zehntausenden Kerzen und von Lampen in den österreichischen und bayerischen Farben beleuchtet und das Feuerwerk zeichnete ein E und ein FJ, eine Kaiserkrone und einen Brautkranz in den dunklen Nachthimmel.

    05. September 1853

    Ein Fest folgte dem anderen und ich wurde mit Geschenken überhäuft, der Kaiser gab mir Geschmeide und Juwelen, unter anderem eine prachtvolle Blütenranke aus Diamanten und Smaragden, die ich mir in die Haare flechten konnte. Mit der ich am Hofball tanzte, meinem zweiten richtigen Ball. Ich war so aufgeregt, dass ich Karl Ludwig, meinem zukünftiger Schwager bei der Polka auf den Fuß stieg und der Arme ist doch ohnehin schon so unglücklich, da ich den Kaiser heirate und nicht ihn.

    Im Garten der Sommervilla ließ der Kaiser geschwind sogar eine Schaukel errichten, die ich natürlich sofort in Besitz nahm, der Wildfang, der ich bin. Er spürte auch, dass mir die immer neuen Gesichter Angst machten und ließ mir zuliebe den prächtigen, von fünf Schecken gezogenen, Wagen nicht von einem Kutscher, sondern von Graf Grünne, an den ich schon gewöhnt hatte und gerne mochte, ziehen.

    Dem Hofmaler musste ich Modell sitzen, damit ein jeder in Wien weiß, wie ich aussehe.

    Jetzt sind wir wieder daheim in Possi und darüber bin ich eigentlich recht froh. Ich muss irrsinnig viel tun und komme kaum zum Schreiben. Französisch, Italienisch, Tanzstunden, Anproben bei der Schneiderin und vieles mehr. Für mich ist der Ernst des Lebens nun angebrochen, sagt Mama. Ich muss jetzt viel lernen, um eine gute Kaiserin zu werden. Bisher wäre mein Unterricht vernachlässigt worden.

    Am 24. August wurde nämlich ganz offiziell in der Wiener Zeitung verkündet, dass sich der Kaiser mit mir verlobt hat und es wurden auch meine Eltern, Herzogin Ludovika und Herzog Max in Bayern, namentlich erwähnt und natürlich seine Majestät, König Maximilian II von Bayern, das Familienoberhaupt von uns Wittelsbachern. An den Papa, den Brautvater, und an den König war natürlich auch ein Telegramm versendet worden.

    Ich habe jetzt Unterricht in österreichischer Geschichte, allerdings bei einem Ungarn, den Papa für mich ausgesucht hat, wahrscheinlich um Tante Sophie ein bissel zu ärgern, was ich sehr begrüße. Denn den Papa freut es klammheimlich, dass ich, seine Lieblingstochter, die ehrgeizigen Pläne meiner Mutter und meiner Tante durchkreuzt habe. Er hofft auch, dass ich den Kaiser liberaler mache, denn der Franz regiert mit strenger Hand, so wie seine Mutter es ihm befiehlt. Beide seien beim Volk recht unbeliebt, da viele kritische Köpfe im Gefängnis sitzen oder in Ungarn hingerichtet worden waren.

    Mein Lehrer heißt Janos Majlath, der Graf ist ein Freund meines Vaters. Er ist ein kleiner, lebhafter, sehr unterhaltsamer Mann, den ich sehr gerne mag. Er lebt in München in bescheidenen, fast ärmlichen Verhältnissen vom Ertrag seiner Bücher, das Geld, das er hier verdient, tut ihm sicher wohl. Er unterrichtet sehr anschaulich bis in den Abend hinein und manchmal hören ihm auch Nene und der Karl Theodor, unser Gackel, zu, die Mama und einige der anderen Lehrer.

    Und ich muss ja auch noch Sprachen lernen, Französisch, Italienisch und Böhmisch, leider habe ich kein rechtes Talent für fremde Sprachen und das Französisch sprechen nimmt in der Gesellschaft zu Mamas Verdruss ohnehin sehr ab. Aber der Kaiser herrscht ja über so viele Länder, Venezien, Lombardei, wo man Italienisch spricht, Böhmen, Ungarn, Kroatien, Slowenien, das Banat und Serbien, wie mir Mama immer wieder in Erinnerung ruft.

    Die Tante Sophie, die begierig über meine Lernfortschritte unterrichtet werden möchte, erscheint mir immer furchteinflößender. Meine Kinderangst hat einen Namen und ein Gesicht bekommen. Dabei schreibt sie angeblich an alle Tanten von mir nur als der lieben Elise, die ihren Sohn so glücklich macht.

    10. September 1853

    Mir macht der Unterricht viel Freude, besonders der bei meinem Ungarn. Herr Majlath ist sehr nett zu mir, er weiß so viel und hat sehr viel Humor. Immerzu schwärmt er mir von seinem schönen Heimatland vor. Ungarn muss traumhaft sein, ein richtiges Herzensland. Ich habe Bilder von der Puszta gesehen, diese unheimliche Weite. Ich freue mich so darauf, dort hinzureisen, ich würde mich dort frei fühlen, unendlich frei.

    Außerdem sind die Ungarn tapfere und mutige Menschen, sind sie doch genauso freiheitsliebend wie ich. 1849 wurde ihre Verfassung von Franz Joseph außer Kraft gesetzt. Ein Jahr zuvor hatte es nämlich viele Todesurteile gegen aufständische Ungarn gegeben, nachdem einer von ihnen versucht hatte, den Kaiser umzubringen. Das ist eine sehr schlimme Tat gewesen, aber man darf doch nicht ein ganzes Volk für die Tat eines Einzelnen bestrafen.

    Franzls General Julius von Haynau bekämpfte entschieden alle Gegner der Monarchie und war daher bei diesen als Hyäne von Brescia oder als der Blutrichter von Arad berüchtigt. Auf seinen Befehl wurden am 6. Oktober 1849 dreizehn ungarische Generale sowie am gleichen Tage in Budapest der erste ungarische Ministerpräsident Lajos Batthyány hingerichtet. Majlath hat voller Verachtung von diesem Menschen gesprochen, was ich gut nachempfinden kann.

    Ich habe mir jedenfalls ganz fest vorgenommen, mich für Ungarn einzusetzen, wenn ich Kaiserin bin, ganz fest. Schon alleine wegen Herrn Majlath, der ein stolzer Ungar ist und bei mir um Verständnis für die ungarischen Sonderrechte wirbt, was er nicht tun muss. Er erklärt mir die ungarische Verfassung, die von Franz Joseph aufgehoben wurde und unbedingt wieder in Kraft gesetzt werden muss.

    Wir sind übrigens beide der Meinung, dass die zweckmäßigste Regierungsform die Republik sei. Das darf ich natürlich niemanden sagen, das muss unser Geheimnis bleiben, aber das weiß ich noch nicht so recht.

    Allerdings hängt in allen Köpfen noch Frankreich wie eine dunkle Wolke fest. Tante Sophie hat dolle Angst, dass dieses Beispiel Schule macht und wir wie die unglückselige Marie Antoinette und ihr Gemahl geköpft werden, nur, weil Leute glauben, das Ende der Monarchie sei gekommen und sich gegen die heilige Macht des Kaisers auflehnen. Sie glauben nicht, dass die Monarchen von Gott bestimmt sind, ihre Völker zu lenken und, dass sie es alleine besser könnten. Also sag ich lieber nicht, was ich denke oder zu denken glaube.

    Er zeigt mir so schöne ungarische Gedichte, Sagen und Märchen. Ich wäre lieber Königin von Ungarin statt Kaiserin von Österreich.

    „Sisi, leg dein Schreibzeug beiseite. Du musst dich jetzt mit deiner Aussteuer beschäftigen. Die Zeigt drängt. Ich möchte, dass dein Trousseau, deine kaiserliche Aussteuer, in Wien vor Sophies gestrengen Augen besteht. Ich will mich nicht blamieren und du sicher auch nicht."

    Mama war neben mich getreten und ich räume etwas widerwillig die Schreibsachen beiseite.

    Anproben, wie öde. Ich hasse das ständige Anprobieren und kümmere mich kaum um die vielen, neuen, furchtbar kostbaren Kleider. Ich habe auch keine Freude mehr an den Juwelen, die der Kaiser mir schickt. Ich habe mich über keines seiner Geschenke so recht gefreut nur über den diamantenen Armreif mit dem Miniaturportrait des Kaisers, das damals gemeinsam mit meinem Bild in Ischl gemalt wurde.

    „Übrigens ist Néné immer noch böse auf mich, Mama, sage ich „wir reden zwar wieder mit einander, aber nicht über das, was in Bad Ischl passiert ist. Das ist für sie alles ganz furchtbar schlimm. Sie sieht doch, wie ich den Unterricht bekomme, den sie eigentlich bekommen sollte. Wie meine Aussteuer in Kisten gepackt wird, die eigentlich die ihre sein sollte. Mama, ich habe ihr den Mann gestohlen, den sie heiraten sollte und wollte. Wegen mir wird sie nun keine Kaiserin. Ich habe das doch nicht mit Absicht getan. Ich wollte doch nie Kaiserin werden.

    Meine Mutter sieht mich ernst an. „Es ist passiert, was passiert ist. Kümmere dich bitte jetzt um deine Aussteuer. Alles andere regelt sich."

    13. September 1853

    Néné und ich saßen an unserem Steg am See und haben über alles geredet. Sie ist mir nicht mehr böse und sie versteht, dass ich Angst habe. Sie hatte ja auch große Angst gehabt und es deswegen vermasselt, wie sie nun unumwunden zugibt.

    „Ich habe es einfach zu sehr gewollt, Sisi und ich glaube, wenn man etwas unbedingt will, dann geht es niemals gut. Du hast es gar nicht gewollt und du hast es bekommen", sagt sie traurig und ich lege tröstend den Arm um sie.

    „Du wirst gewiss einen guten Mann bekommen. Du bist so schön, klug und gebildet und du spielst so wundervoll Klavier. Beim nächsten Mal stellst du dich einfach entspannter an, bekommst keine Migräne und alles wird gut", sage ich bestimmt.

    „Nur, dass es beim nächsten Mal keinen Kaiser mehr für mich gibt. So viele Kaiser hat Europa nicht und der Zar von Russland ist mindestens 10 Jahre jünger als ich", meint Néné schmunzelnd.

    Auch mein Papa hat übrigens Angst, da er sich nun ordentlich benehmen muss und sich nicht wie ein freigeistiger Bürger oder ein Zechbruder bei seinen Artusrunden betragen darf, wenn er nun der Schwiegervater des Kaisers von Österreich wird. Meint zumindest Onkel Max, der König, der meinem Papa regelmäßig wegen seinem Lebenswandel die Leviten liest.

    Hoffentlich hält sich Papa dran, denn ich fürchte, dass ich auch seinetwegen viele Gegner am Wiener Hof haben werde.

    15. Oktober 1853

    Der Franzl ist für ein paar Tage hier. Er hat mit meinen Geschwistern im Garten herumgetollt. Wie ein kleiner Junge, mein Kaiser, der sich hier entspannen kann, mit meinen Brüdern alberne Spiele spielt und ganz und gar die Orientkrise vergisst. Zar Nikolaus ist nämlich in einige Gebiete des türkischen Sultans eingedrungen und möchte, dass der Kaiser ihn unterstützt, weil er ihm 1848 beim Aufstand der Ungarn zur Hilfe gekommen war und geholfen hatte, den Aufstand niederzuschlagen, als die Ungarn sich vom Kaiserreich trennen wollten. Der Kaiser kann sich nicht recht entscheiden, was er machen soll und grübelt viel.

    Wie viel jünger wirkt er jetzt, wie viel unbeschwerter. Und er reitet mit mir über die Felder und Wiesen, auch, wenn es die Tante Sophie sicher nicht gerne sieht, dass ich reite, denn das schickt sich nicht für eine zukünftige Kaiserin, die den Erben gebären soll. Angeblich wurde auch der armen Marie Antoinette von ihrer Mama, der gestrengen Kaiserin Maria Theresia, das Reiten verboten. Dabei ritt sie in Versailles so gerne aus, aber es sei nicht gut für das Becken und würde das Gebären erschweren. Aber es macht solche Freude und der Franzl reitet so gut wie mein Vater.

    Seine Reise nach Possi war allerdings sehr beschwerlich. Über Prag, Dresden, Leipzig und Hof ging es nach München, was etwas mehr als einen Tag dauerte, denn es gibt noch keine Eisenbahnverbindung zwischen München und Wien. Und dann ist er zuerst zu König Max, meinem Onkel, wegen dem Protokoll und ich musste ziemlich lange warten.

    Der Kaiser ist so verliebt in mich, er konnte die Tage kaum erwarten, nach Possi zu reisen, denn er muss immerzu an mich denken und liebt mich jeden Tag ein wenig mehr, wie er auch seiner Mama schreibt. Sisi ist reizender denn je, solche lieben Worte hört man gerne.

    Mit der Zahnpflege will es allerdings nicht recht klappen. So sehr ich auch putze, sehr viel weißer werden sie nicht. Muss ich eben mit geschlossenem Mund lächeln, was ich schon ganz gut kann.

    24. Dezember 1853

    Lange habe ich nicht geschrieben. Bald werde ich den Franzl heiraten und Kaiserin werden. Ich weiß immer noch nicht, ob ich das überhaupt will.

    Den Franzl heiraten schon, ich habe ich ja auch lieb.

    Aber das mit der Kaiserin?

    Ich muss von so vielem Abschied nehmen, was mir lieb ist.

    Von meinen Eltern, meinen Geschwistern, meiner Heimat, München und vor allem meinem Possi, meinem See, meinen Tieren, meiner Kindheit, ich werde nicht mehr ich selbst sein. Mein Zimmer wird übrigens Marie, meine Lieblingsschwester, bekommen.

    Ich werde in ein anderes Land gehen und weiß nicht, was mich erwarten wird. Ich weiß, ich bin undankbar. Aber ich habe solche Angst vor Wien.

    Leb wohl vertraute Isar, geliebtes Bayernland.

    Franz wird mich gewiss lieben.

    Aber reicht das für uns beide?

    Ich weiß es nicht.

    Ich werde mit dem Kaiser reisen und fremde Länder sehen.

    Aber reicht das auf Dauer?

    Ich bin ja kein Mann wie der Papa, dass ich alleine auf Reisen gehen kann. Ich werde mit einer Kinderschar in Wien festsitzen und der Sophie ausgeliefert sein.

    Vielleicht war die Nene die eigentliche Siegerin in Bad Ischl. Ihr ruhiges, frommes, ein wenig steifes Wesen passt perfekt zu Sophie!

    Obwohl, ich will nicht ungerecht sein, der Kaiser ist so lieb, kam zu Weihachten zu Besuch und brachte Juwelen, ein Portrait von sich und ein silbernes Frühstücksservice für die Reise mit, in das ein E mit Kaiserkrone graviert ist.

    Von Tante Sophie bekam ich einen Kranz und ein Bukett frischer Rosen mitten im Winter. Letzten Herbst zu meinem Namenstag, am 19. November, habe ich eine sehr kostbare Brosche geschenkt bekommen. Der Kaiser und ich schenkten uns gegenseitig Bilder von uns zu Pferd. Ich habe ehrlich gesagt keine Freude mehr an den Juwelen, die der Kaiser mir schenkt. Ich habe mich über keines seiner Geschenke so recht gefreut, nur über den Papageien, den er mir heute schenkte. Über den freute ich mich aber riesig.

    „Danke für die lieben Geschenke, vor allem für den reizenden Papagei. So gerne würde ich mit dir einmal in den Urwald reisen. Er war das

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