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Sieben Stunden Licht: Ein Abenteuerroman mit Schlittenhunden
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Sieben Stunden Licht: Ein Abenteuerroman mit Schlittenhunden
eBook275 Seiten3 Stunden

Sieben Stunden Licht: Ein Abenteuerroman mit Schlittenhunden

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Über dieses E-Book

Max ist finanziell ruiniert und nutzt die Gelegenheit eines Winterurlaubs, um sich seinem Sohn zu erklären. Sein Vater, der alte Achnitz, schickt ihm einen Anwalt hinterher, dem jedes Mittel recht ist, um den Verkauf des Familienunternehmens zu verhindern.

Max und der junge Paul ziehen mit dem Hundeschlitten durch die eisigen Berge Norwegens. Sie treffen auf Sarah, die Unternehmerin. Eine mächtige, sehr erfolgreiche Frau, aber einsam. Eines Morgens ist der Guide verschwunden und sie können die Hunde nicht lenken. Paul ist verletzt und es ist zu kalt, um länger zu warten.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Juli 2019
ISBN9783748568612
Sieben Stunden Licht: Ein Abenteuerroman mit Schlittenhunden

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    Buchvorschau

    Sieben Stunden Licht - Heinrich-Stefan Noelke

    Montag, den 5. Februar 2001

    Sonnenaufgang 9:16 h; Sonnenuntergang 14:40 h; Höchsttemperatur –20,5 °C, weiter fallend in der Nacht; dichte Wolken; Wind bis 62,5 km/h

    - 01 -

    Falls man sich am Nordpol flach auf den Rücken legt, nachts vor allem, wenn oben eine maßlos übertriebene Menge an Sternen leuchtet, dann fühlt man den Schwindel. Unser Planet dreht sich im Norden langsamer als anderswo. Dennoch ist gerade hier das Schwanken zu spüren. Es ist die Angst, die Welt gleite weg und ziehe die Füße mit. Die Erde ist eine Scholle, auf der man leicht ins Rutschen kommt.

    Manche Menschen geraten in Panik, wenn sie eine derart weite Ebene überqueren. Sie zittern und schwitzen und lassen sich auf alle Viere nieder, um an den Rand zu kriechen, wo sie Halt suchen. Später meiden sie derlei Orte.

    Andere sind reinweg unempfindlich und langweilen sich.

    Sobald Maximilian von Achnitz auf dem Beifahrersitz die Tür öffnete und sein Gewicht verlagerte, neigte der greise Bulli sich ächzend auf die Seite. Vorsichtig tastend mit spitzem Fuß prüfte Max die Standsicherheit der Schneedecke. Er saß in einem verrosteten Kastenwagen. VW-LT in Rot mit Doppelkabine. Hinten drauf bot ein hölzerner Aufbau mit Zwingern Platz für viele Hunde. Oben auf dem Dach hatte jemand fünf Tourenschlitten festgezurrt. Der Wind fing sich in den Riemen, er ließ ein Brummen hören. Eine Frau saß am Steuer, die Max nicht kannte.

    „Is’ nicht glatt", sagte er zu seinem Sohn Paul, der hinten saß.

    Damit hatte Max nicht gerechnet, dass sich die Dämmerung derart auf das Gemüt legen würde. Es war erst sechzehn Uhr. Vor einer Stunde war das Flugzeug im norwegischen Bardufoss gelandet. Von zu Hause aus betrachtet lag der Nordpol zum Greifen nah. Max war hier bereits auf halbem Wege. In der Luft hatte er links die Lofoten wie Hütchen im Meer treiben gesehen und rechts die kahl gefegten Berge.

    Es war nicht die Dunkelheit, die ihn erdrückte, sondern der endlose Weg dahin. Die stundenlange Dämmerung, die vorausging. Das bisschen Licht würde den Tag nicht lohnen, der dazwischen lag. Die Flamme des Feuerzeuges vor dem Wind schützend, zündete er sich eine Zigarette an. Die hintere Tür des Bullis öffnete sich.

    Sein Sohn stieg aus. Hier draußen war es zu kalt für den Jungen. Max zog ihm den Reißverschluss an der Daunenjacke hoch.

    „Jetzt lass mich", maulte Paul.

    „Es ist zu kalt, sagte Max. „Der Wind ist zu stark. Max hatte es nicht erwarten können, einen ersten Schritt aus der Behaglichkeit des Bullis heraus zu tun. Er hatte sich umsehen wollen. Einen Moment nur den Sturm hören und die eiskalte Luft schmecken.

    Groß und breit war er. Ein kräftiger Schnauzbart und dichte Augenbrauen. Jeder Anzug an ihm sah grob aus, deshalb vermied er solche Kleidung. Lieber trug er seine weite braune Cordhose und einen dunklen Pullover. Hemden mochte er nicht. Die schoben sich ihm nach einer Weile unweigerlich hinten aus der Hose heraus und ließen eine haarige Pospalte sehen, falls er sich bückte. Das zog ihm den Rücken hinauf bis zu den Haaren, die einem braunen Fell glichen.

    „Jetzt mach schon, sagte Paul. „Es ist kalt. Der Junge wurde bald sechzehn.

    Max nahm zwei, drei schnelle Züge und warf die Zigarette mit dem Wind in den Wald hinein. Sie stiegen zu der Frau ins Auto zurück, die sie am Flughafen abgeholt hatte.

    Sie fuhr schnell und sicher, doch sprach sie kein Wort. Als ob es ihr lästig sei. Sie hatte sich nicht vorgestellt und nichts gefragt. Touristen schien es hier kaum zu geben. Das Flugzeug war voller Soldaten gewesen, die zu einem Manöver eingeflogen wurden. Die wenigen Zivilisten an Bord hatten sich wenig um das Schwanken gekümmert, als der Sturm das landende Flugzeug verriss.

    Paul und Max hatten ihr Gepäck hinten in einem der Käfige verstaut. Die Frau hatte ihnen nagelneue rote Daunenparkas mitgebracht, die sie überzogen. Sie selbst hatte ihre Pudelmütze aufbehalten und fuhr mit Handschuhen. Sie war groß gewachsen, hatte blondes Haar und mochte recht hübsch sein.

    Der Wind blies durch unzählige Rostlöcher herein, doch der Wagen bot einen gewissen Schutz. Auf dem Weg trat das blanke Eis frei hervor, sodass der Bulli in der Spurrinne hin und her rutschte. Eben noch, zwischen Bardufoss und Setermoen, hatte sich eine breite Straße durch das Land gezogen. Über Narvik führte sie an den Fjorden vorbei Richtung Süden bis Oslo, wo man eine Fähre zurück nach Dänemark nehmen konnte. Da war man fast wieder zu Hause. Die Frau jedoch war hinter Setermoen nach links in ein enges Tal abgebogen und folgte einem Wasserlauf, bis Max um den kurzen Halt bat.

    Es lag wenig Schnee. Rechts sah man zwischen den Bäumen den gefrorenen Fluss.

    „Können Sie bitte langsamer fahren?", fragte Max, als sie über eine Brücke rutschten. Die Frau schaute zu ihm herüber und nickte, ohne vom Gas zu gehen.

    „Die fahren hier mit Spikes", sagte Max nach hinten zu seinem Sohn. Wolken stoben am Himmel vorbei und ein fast voller Mond ließ den Schnee blau leuchten. Auf den Bergen konnte man Skipisten sehen. Sie hingen die Hügel hinunter und verschwanden im Wald. Zum Greifen nah, so schien es.

    „Siehst du die Pisten?", fragte er.

    „Ja", sagte Paul.

    „Wie hingehängt, bemerkte Max. „So, als habe man sie auf den Berg genäht.

    Er wähnte sich als übergroßen Skifahrer dort straucheln und hielt sich am Bulli fest. Das Stürzen war nicht so erschreckend, doch das Fallen machte ihm Angst.

    Sie waren unterwegs nach Innset am Rande des norwegischen Dividal-Parkes, um dort zehn Tage lang mit Hundeschlitten zu reisen. Max hatte sich sehr spontan entschlossen und seinen Freund Holdin Rose gebeten, mitzufahren. Er hatte ihn vorausgeschickt, um die nötige Ausrüstung zu kaufen. Max besaß eine Schnapsbrennerei im Emsland. Achnitzer Torfbrand. Holdin arbeitete als Buchhalter für Max. Er war der Pate seines Sohnes und sie spielten zusammen Golf. Er war es vermutlich, der die dicken roten Parka geschickt hatte, die sie jetzt trugen. Statt wie beabsichtigt, Paul in den Skiferien nach Hause zu holen, war Max gestern gen Süddeutschland gefahren, um seinen Sohn im Internat zu überraschen, in dem er lebte. Die beiden waren sehr hastig nach Norwegen aufgebrochen.

    „Du wirst im Anschluss an die Sommerferien bei mir in Großbeesen bleiben und dort zur Schule gehen", sagte Max nach hinten und fand, dass das jetzt ein geeigneter Moment für diese Nachricht war.

    „Wieso?"

    „Die Firma läuft nicht gut. Wir sprechen darüber."

    „Wartet Holdin auf uns?"

    Selbst das Hundefutter würden sie mitschleppen müssen. In Innset am Rande des Sees Altevatn lag die Hundefarm von Torben Haag, einem Deutschen, der vor Jahren hierher ausgewandert war. Er würde nicht ihr Guide sein, denn er war längst ausgebucht. Sie wollten mit einem Norweger fahren, der mit Torben zusammenarbeitete. Pentti Aalto hieß der Mann, mehr wusste Max nicht. Es interessierte ihn nicht.

    Max hatte keine Ahnung, wer die Frau war, die fuhr, doch sie hatte nicht gezögert, als sie in den Bulli einstiegen. Vermutlich sprach sie Deutsch, wollte nur nicht.

    Eine Gestalt tauchte im Scheinwerferlicht auf. Mitten im Wald dem Wind und dem Wetter trotzend schob jemand einen Kinderwagen auf Kufen die Straße entlang. Rechts und links standen jetzt Häuser zwischen den Birken. Ein einsamer Ort, doch es schien eine Siedlung zu sein. Die Wege waren vom Schnee geräumt. Unter einer Laterne am Straßenrand verbreiterte sich die Fahrbahn zu einem Parkplatz.

    Dort hielten sie rutschend an. Ein Schaufenster war zu sehen, das vor Monaten schon verhängt worden war. Max fiel ein Schild auf, das den Platz zur Bushaltestelle erklärte. Das Haus schien bewohnt zu sein. In der Mitte führten drei Stufen hoch. Daneben stand ein Mann und schaute von der Arbeit auf, als sie hielten. Er hackte Holz und hatte bereits einen ansehnlichen Stoß unter dem Schaufenster gestapelt. Auf dem Kopf trug er eine Fellmütze mit Ohrenklappen, die er jetzt mit dem Handrücken zurecht schob.

    „Sehe keine Hunde", sagte Paul.

    „Vielleicht hinter dem Haus, antwortete Max. „Das scheint ein Laden zu sein.

    „Bleiben Sie sitzen", sagte die Frau, aber Max war schon ausgestiegen. Es genügte jetzt.

    Sie knallte die Wagentür zu und ging ohne Gruß in das Gebäude. Paul stieg ebenfalls aus. Der Mann kam auf Max zu und reichte die Hand.

    „Pentti?, fragte Max. „Pentti Aalto? Der Mann lächelte ein wenig schief. Ihm fehlten der kleine und der Ringfinger an der rechten Hand, sodass man sie nicht richtig greifen.

    „Welcome!, sagte Pentti. Er sprach es „welcum aus. „Cum in."

    „Denk daran, sagte Max zu Paul, „dass wir hier zu Gast sind.

    - 02 -

    „Kennel is away", sagte Pentti und wies die Straße hinunter. Gleich dort sei die Hundefarm. Er ging ins Haus und knipste im Laden ein Licht an, das von den braunen Holzregalen fast vollständig verschluckt wurde. Neben der Treppe stand ein Besen, mit dem sie sich die Schuhe reinigten, bevor sie eintraten. Im Vorraum hing Winterkleidung zum Trocknen. Die Regale waren halb leer. Ein Geruch nach Staub, Schmierfett und Ruß empfing Max. Da lagen Eisbohrer und Eisangeln herum. Es gab Filzmützen, Filzschuhe, derbe Overalls aus dunkelblauem Cordura, Konserven und andere haltbare Lebensmittel. Gepökelten Fisch, Schneeschaufeln, Schneefräsen und Defrostermittel in Fünfliter-Kanistern. Ein Plakat wies auf einen Skilanglauf hin, ein anderes auf eine Rallye, die im letzten Sommer ausgetragen worden war. Ganz im Hintergrund ein Verkaufstresen, davor ein Tisch mit zwei Bänken. Kinderzeichnungen von Engeln und Teufeln. Eine Kreidetafel hing an der Wand. Die Frau saß dort. Sie hatte von irgendwo her eine dampfende Tasse Kaffee geholt und schaute ihnen zu.

    In einer Ecke stand Ausrüstung zusammengestellt.

    „Take", sagte Pentti und deutete auf zwei Boxen aus Styropor, die Max und Paul sich nahmen. Die Frau sagte etwas auf Norwegisch, was unhöflich klang. Pentti antwortete nicht, sondern ging mit einer dritten Box voraus nach draußen.

    Sie schoben die Kästen in einen der Käfige auf dem Bulli. Pentti hieß sie einsteigen und startete den Wagen. Die Frau trat aus der Tür und Max sah zum ersten Mal ihre Augen. Sie waren blau. Ihr langes blondes Haar trug zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr in den Rücken hing. Sie wich seinem Blick aus und stieß mit einem Fuß gegen den Holzstoß, den Pentti aufgeschichtet hatte. Der Stoß kam ins Rutschen und fiel in sich zusammen. Sie kümmerte sich nicht darum.

    „Is wife, sagte Pentti, gab Gas und ließ seine Frau im Dunkeln stehen. Er lachte sein schiefes Lachen und zeigte die Zähne. „Is Grete aus Deutschland. Must stay home. Rückwärts fuhr Pentti aus dem Licht heraus.

    Max schätze ihn auf Anfang vierzig. Dann wären sie gleichaltrig. „Das kommt vor, sagte er zu seinem Sohn nach hinten. „Manchmal streiten sich Mann und Frau.

    „Aha", sagte Paul und Max verstand nicht, was er damit meinte.

    Die Farm lag nur ein paar hundert Meter die Straße entlang, die jetzt leicht bergan stieg. Eine Rampe führte auf einen Hof, der von drei Gebäuden umschlossen wurde. Ein großer Zwinger begrenzte die offene Seite, der in der Dämmerung kaum auffiel.

    Rechts lag ein zweistöckiges Blockhaus. Über der Haustür in der Mitte der Langseite brannte eine Glühbirne und darunter leuchtete gelb ein schmales Fenster.

    Alle anderen Gebäude waren dunkel. Pentti fuhr quer über den Platz und hielt vor einem Klafterschuppen.

    „Hütte", sagte er auf Deutsch und zeigte auf das Licht. Max und Paul stiegen aus, der Wind riss ihnen die Autotüren aus den Händen. Pentti kümmerte sich nicht weiter um sie, sondern machte sich an einem Schneemobil zu schaffen, das im Schuppen stand.

    „Was sollte das denn?", fragte Max, ohne eine Antwort zu erwarten.

    Ihr ganzes Gepäck war in zwei kleinen Taschen verstaut. Max verließ sich auf Holdin. Nur eine Art grünen Köcher hatte er noch mitgenommen, der kaum Platz bot für ein paar Skistöcke. Die Taschen trugen sie zum Blockhaus, hinter der Tür fand sich eine Diele, wo sie sie abstellten. Eine Stiege führte hoch in die Wohnräume.

    „Lass mir noch ein paar Minuten, sagte Max und zündete sich eine Zigarette an. „Geh zu Holdin. Er müsste oben sein. Murrend verschwand Paul hinter der Holztür.

    Max nahm einen Zug aus der hohlen Hand und stellte sich in die Mitte des unebenen Platzes. Der Sturm fegte brüllend durch ein Tal, das ihm kaum Widerstand bot. Die Kälte biss Max in die Wangen und klebte in den Nasenlöchern. Der Wind war so stark, dass man sich auf ihn legen wollte. Er zog die Kapuze mit dem Fellrand über den Kopf. Jetzt drangen alle Geräusche von vorn zu ihm. Ihre Richtung ließ sich nicht mehr deuten. Max spürte die lächerliche Angst, die ihn seit einiger Zeit quälte, und die er immer wieder suchte wie eine Wunde, die man ständig betastet. Er hörte knirschende Schritte und drehte sich um, doch da war niemand.

    Der Sturm schmeckte wie ein Kupferpfennig, an dem man lutscht. Max’ Kopf dröhnte. Kälte ist Leere und scheinbar wollte ihm der Schädel in diese Ödnis bersten … aber es war auszuhalten und ging vorbei.

    Manchmal wäre er gerne tot. Das kam so über ihn in der letzten Zeit. Wie Sodbrennen kam der Gedanke immer wieder hoch.

    Das zweite Blockhaus war größer. Das musste das Haus von Torben sein. Im Schuppen startete Pentti im Licht einer Stirnlampe das Schneemobil und fuhr davon. Max ging mit dem Wind auf den Zwinger zu. Der war innen in neun kleinere Käfige unterteilt. Zwischen ihnen lag ein Gang in der Form eines liegenden T. In den einzelnen Verschlägen standen mehrere Hundehütten im Schnee. Die Hunde schlugen nicht an, als Max näher kam. Die meisten hatten sich wohl in den Hütten verkrochen, denn nur wenige liefen unruhig hin und her oder hockten stumm im Wind und schauten zu ihm herüber. Das Rasseln von Ketten machte ihn auf einen umzäunten Auslauf links vom Zwinger aufmerksam. Hier gab es eine ganze Reihe weiterer Hütten, diese in Form eines einfachen Zeltes. Davor war jeweils ein Hund angekettet. Max lockte sie pfeifend. Ein fast völlig schwarzes Tier erhob sich, streckte sich und bemerkte ihn, gähnte in den Wind hinein und jaulte ganz kurz auf. Es schnüffelte die Hütte entlang, hob ein Bein, kam zurück, schüttelte rasselnd sein Halsband und legte sich schnaufend wieder in den Schnee.

    Die Hände in die Taschen des neuen Parkas gestopft breitete Max die Arme aus wie Flügel und ließ sich vom Wind an den Zwingern vorbei treiben. Hier ging es zu dem Fluss hinunter, der das Tal gegraben hatte. Eis und Schnee schimmerten blau in der Ferne und legten eine leere Landschaft bloß. Das Tal lag weit offen, es schien viel breiter zu sein, als es ihm während der Fahrt vorkam. Südöstlich war der See Altevatn gestaut. Den Damm konnte Max nicht sehen, doch er wusste, wo er lag.

    Die Daunenjacke hielt den Wind ab, die dünne Hose ließ die Kälte durch. Max spitzte die Lippen erneut, um zu pfeifen, wie man es im Wald tun soll. Es gelang ihm nicht, der Wind riss jeden Laut mit sich. Aus dem Schutz der Gebäude heraus war er noch stärker geworden. Er stellte sich vor, wie er zu Hause in Großbeesen durch den Ort lief und die Leute sich wegdrehten. So ließ er sich treiben und bald verloren die Schuhe auf dem frei gefegten Eis jeden Halt.

    Da klingelte und vibrierte es in seiner Hosentasche. Wütend kramte er unter all der Kleidung das Handy hervor. Sein Vater, sagte das Display. Der alte Achnitz.

    „Nicht jetzt!", schrie Max das Telefon an und warf es in hohem Bogen in die Dunkelheit. Er fiel hinten über, so wild hatte er geworfen … und rutschte weiter, bis ein Fuß eine Wurzel fand, die ihn stützte.

    Das Handy klingelt noch eine Weile.

    Max atmet zu kurz. Schweiß bricht ihm aus und der Magen will sich umdrehen. Er bekommt keine Luft. Der Wind weht ihm die Kapuze vom Kopf. Es bläst ihm mehr in den Mund hinein, als er ausatmen kann. Ruhig bleiben ... obwohl das schier unmöglich ist. Er wird wütend und verliert zu viel Kraft. Nichts, um sich daran festzuhalten.

    Da ging oben am Blockhaus ein Licht an. Eine Frau erschien am Fenster. Schwarzes Haar. Mittellang. Ein bleiches, rundes Gesicht. Sie hob eine Hand an die Stirn gegen die Spiegelung und starrte ins Dunkle, als hätte sie etwas gehört.

    Max rief und winkte, aber sie sah ihn nicht. Er kroch auf allen Vieren auf sie zu und wollte sie festhalten ... als sich ihm plötzlich ein Handschuh entgegenstreckte.

    Da standen Schneeschuhe vor ihm. Eine schwarze Thermohose, ein vermummter Kopf unter einer Fellmütze.

    Die Frau am Fenster tauchte kurz ab, richtete sich wieder auf und verschwand. Das Licht ging aus. Einer der Hunde fing zu heulen an und alle anderen folgten ihm, als ob es ein großer Spaß sei, bis der Lärm schließlich abebbte.

    „Kommen Sie", rief eine männliche Stimme.

    Max ergriff die Hand und richtete sich auf. Der Mann war groß und hager, schien aber sehr kräftig zu sein. Er griff Max unter die Achsel und stützte ihn, als er erneut stolperte.

    „Danke, sagte Max, als sie den Windschatten des Blockhauses erreichten. „Ich stehe in Ihrer Schuld.

    Der Mann zog sich die Maske vom Kopf. Er war strohblond und hatte ein bleiches und weiches Gesicht. Blaue Augen.

    „Wollen Sie Morgen mit auf Tour gehen?", fragte er.

    „Ja, sagte Max. „Ich heiße Maximilian von Achnitz.

    „Kurt Henkelmann. Hören Sie, antwortete Kurt, „ich werde die nächsten Tage nicht auf Sie aufpassen können. Verstehen Sie?

    „Das wird nicht nötig sein."

    Endlich betrat Max das Blockhaus. Da war zunächst die Diele, um Schuhe und Überkleidung auszuziehen. Die Stiege führte hoch in den Wohnbereich. Max nahm seine Taschen mit, während Kurt sich noch auszog.

    - 03 -

    Sie saß mit Paul und Holdin an einem grob gehauenen Tisch

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