Kommissar Jörgensen jagt den Serienkiller: Hamburg Krimi
Von Alfred Bekker
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Kommissar Jörgensen jagt den Serienkiller
Ein Serienkiller treibt sein Unwesen und gibt den Ermittlern Rätsel auf. Handelt es sich nur um die Taten eines Verrückter, der seinen dunklen Trieben folgt? Oder steckt mehr dahinter?
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
Alfred Bekker
Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
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Kommissar Jörgensen jagt den Serienkiller - Alfred Bekker
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Kommissar Jörgensen jagt den Serienkiller
von Alfred Bekker
1
Es war Nacht. Von der nahen Autobahn drangen Motorengeräusche herüber. Lichter wanderten entlang des Fahrbahnverlaufs durch die Dunkelheit. Christian Dubbert drehte sich kurz um, griff zum dritten Mal innerhalb von zehn Sekunden zu der Waffe, die er unter dem Jackett des dunkelgrauen Dreiteilers trug. Bevor er die Raststätte betrat, drehte er sich noch einmal um. Sein Gesicht wirkte angespannt. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Sein Puls raste.
Keine Spur von IHNEN!, dachte er. Gut so! Die Hoffnung, dass SIE ihn inzwischen nicht mehr verfolgten, hatte Dubbert aufgegeben. Im Augenblick musste er damit zufrieden sein, dass er vor seinen Verfolgern einen Vorsprung hatte, der es ihm erlaubte, Danny's Laden zu betreten und dort einen Kaffee zu trinken. Es hätte nämlich nicht viel gefehlt, und er wäre am Steuer eingeschlafen.
Er löste den ersten Knopf seines Hemdkragens, bevor er die Tür der Raststätte passierte. Lebend bis nach Bremen gelangen – das erschien ihm im Moment wie ein Ziel, das fast unerreichbar war.
Dubbert ließ den Blick schweifen. Hinter dem Tresen stand ein großer, breitschultriger Mann, auf dessen T-Shirt in großen Buchstaben ICH BIN DANNY aufgedruckt war, womit er wohl signalisieren wollte, dass man es bei ihm mit dem Chef in Danny’s Laden zu tun hatte.
Dubbert bemerkte einen Mann mit hoher Stirn, die so sehr glänzte, dass sich in ihr sich das Licht der Neonröhren spiegelte. Er trug eine Brille mit schwarzem Horngestell, die ihm auf der Nase zu drücken schien, denn er nestelte immer wieder an dem Gestell herum.
Einen Augenblick fragte sich Dubbert, ob er einer von IHNEN war. Dicke Brillen eigneten sich hervorragend zum Verstecken von Ohrhörern und Mikrofonen, wie sie Observationsteams benutzten. Besonders stark schien die Brille auch nicht zu sein.
Möglicherweise Fensterglas!, dachte Dubbert.
Wie erstarrt stand er da und konnte sich im letzten Moment bremsen, um nicht einfach instinktiv unter die Jacke zu greifen und die Waffe herauszureißen.
Der Mann mit der dicken Brille schien sich für den Ständer mit Karten und Stadtplänen zu interessieren. Zumindest tat er so. Er blätterte in einem Reiseführer über Hamburg herum und stellte ihn wieder zu den anderen. Dann blickte er auf und sah Dubbert für einen Moment an.
Das Gesicht war v-förmig und sehr schmal, was die abstehenden Ohren dafür umso größer wirken ließ. An dem spitz zulaufenden Kinn befand sich ein deutlich sichtbares Grübchen.
Dubbert schluckte. Er versuchte, sich zu erinnern, ob dieser Mann zu IHNEN gehörte und er ihn schon einmal gesehen hatte. Vielleicht in anderer Kleidung und kosmetisch verändert ...
»Ist was?«, fragte der Mann mit Brille.
Der Schweiß auf Dubberts Stirn fühlte sich jetzt eiskalt an. Er öffnete halb den Mund und war im ersten Moment vollkommen unfähig, auch nur einen einzigen Ton herauszubringen.
»Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte der Mann mit der Brille.
»Alles in Ordnung«, meinte Dubbert, obwohl sein Herz raste und er das Gefühl hatte, als ob jemand einen Spanngurt um seinen Brustkorb gespannt hätte und diesen nun langsam immer fester zurrte.
Dubbert ging weiter Richtung Tresen. Eine Frau von Mitte dreißig saß dort vor ihrem Kaffee. Sie trug ein seriös wirkendes Kostüm. Das blonde Haar war leicht gelockt.
»Einen Kaffee«, wandte sich Dubbert an den Mann mit dem Danny-T-Shirt. »Und ich hoffe, dass er besonders stark ist.«
»Für Sie also einen Leichenwecker, mein Herr?«
»Ja.«
Er grinste.
Aber dieses Grinsen erstarb sofort, als er die Schweißperlen auf Dubberts Stirn sah.
»Ist es Ihnen zu warm hier?«
»Nein, nein, ist alles in Ordnung.«
»Sagen Sie, ich kenne Sie doch! Fahren Sie die Strecke nicht öfter?«
»Tut mir leid, aber mir ist im Moment nicht nach Small Talk«, sagte Dubbert.
»War ja nur ´ne Frage, Herr. Ich dachte, ich hätte Sie hier schon mal gesehen.«
Das Telefon klingelte und der Mann mit dem »ICH BIN DANNY«-T-Shirt ging an den Apparat.
»Nehmen Sie das Danny nicht übel«, sagte die Frau mit den blonden Locken. »Das macht er bei jedem.«
Dubbert lächelte matt. Immer wieder kehrte sein Blick dabei zu den blonden Haaren zurück, die sich auf ihren schmalen Schultern kräuselten.
Dubbert nippte an seinem Kaffee.
»Wenigstens ist sein sogenannter Leichenwecker wirklich das, was er sein sollte – nämlich stark!«
»Ja, hier halten viele LKW-Fahrer, die viel zu lange auf dem Bock sitzen und glauben, dass sie mit einer Tasse des Gebräus wenigstens noch bis Hamburg kommen!« Sie stutzte. »Ist irgendetwas mit meinen Haaren nicht in Ordnung oder warum starren Sie ...«
»Es ist alles in Ordnung. Es ist nur so: Jemand der mir sehr nahe stand, hatte die Haare genauso wie Sie. Und für einen Moment sind meine Gedanken etwas abgeschweift.«
Sie runzelte die Stirn. Dann blickte sie auf die Uhr an ihrem Handgelenk und sagte: »Es wird Zeit für mich.« Sie wirkte plötzlich nervös.
Danny war immer noch am Telefon.
Sie holte ihre Kreditkarte aus der Handtasche und tickte damit unruhig auf dem Tresen herum.
Als sie stillhielt, konnte Dubbert den Namen lesen, der dort eingetragen war: Rita Grunert.
»Das dauert wohl noch eine Weile«, meinte sie.
Dubbert blickte auf die Uhr.
»Zu lange für mich.« Er kippte den Leichenwecker mit ein paar kräftigen Schlucken hinunter und legte einen Schein auf den Tresen.
2
Eine Stunde später ...
Die Limousine holperte über den schmalen, ungepflasterten Weg, der bis zu einem Waldstück führte. In einer Entfernung von einem halben Kilometer war das nächtliche Lichterband der Autobahn zu sehen. Bei dem Waldstück hielt der Wagen. Der Motor wurde abgeschaltet.
Der Fahrer stieg aus, umrundete die Motorhaube und öffnete die Beifahrertür. Das Mondlicht fiel auf den von blonden Locken bedeckten Kopf einer Frau.
Dieser Kopf sackte schlaff nach vorn.
Der Fahrer der Limousine griff in die Seitentasche seiner Jacke und holte ein paar Latex-Handschuhe hervor, die er sich jetzt überstreifte. Anschließend fasste er den regungslosen Körper der Frau unter den Armen und hievte ihn vom Beifahrersitz herunter. Ihre Hacken schleiften über den Boden. Sie verlor einen Schuh.
Am Waldrand angekommen, lehnte er sie gegen einen dicken, knorrigen Baum. Sie stöhnte plötzlich auf. Ein unartikulierter Laut kam über ihre Lippen. Der Kopf hob sich kurz, bevor sich das Kinn wieder gegen den Halsansatz presste.
Vielleicht habe ich die K.o.-Tropfen nicht ausreichend dosiert, ging es dem Fahrer durch den Kopf. Er musste sich also beeilen. Er holte ein Klappmesser hervor. Die Klinge blitzte im Mondlicht.
Er ging neben ihr in die Hocke, nahm mit der Linken ihren rechten Arm und setzte ein paar schnelle Schnitte in der Armbeuge und am Handgelenk an. Dasselbe tat er mit dem anderen Arm.
Dann folgte ein ebenso schneller Schnitt durch die Halsschlagader. Das Blut floss bereits in Strömen, als er mit dem Messer die Bluse und den Bund ihres Rockes öffnete. Die Bauchschlagader war immer am schwierigsten zu finden.
Als er zurück zum Wagen ging, fand er ihre Handtasche auf dem Beifahrersitz.
Er nahm sie und öffnete sie. Wenig später fand er auch die Brieftasche. Er durchsuchte sie, fand zwei Kreditkarten und eine Mitgliedskarte einer Krankenkasse. Außerdem einen Führerschein. Alles ausgestellt auf den Namen Rita Grunert.
Außerdem war da noch ein Ausweis der Stadtbibliothek von Hamburg. Er war schon ziemlich alt, aber immer wieder erneuert worden. Das Foto zeigte Rita Grunert anstatt mit blonden, gelockten mit glatten dunklen Haaren.
Er verzog das Gesicht.
Hatte ich es mir doch gedacht! Falsch wie die meisten Blondinen!, ging es ihm durch den Kopf, während sein Gesicht einen Ausdruck von spöttischem Zynismus bekam.
Er tat alles wieder zurück in die Tasche und schloss sie sorgfältig. Anschließend schleuderte er sie dorthin, wo er die Frau zurückgelassen hatte.
3
Als wir den Tatort an der A1, ungefähr fünfzehn