Das Freundschaftsherz
Von Eva Susso
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Buchvorschau
Das Freundschaftsherz - Eva Susso
Saga
Die heimliche Nachricht
Kaum hat Hanna die Wohnungstür geöffnet, sieht sie ihn auch schon. Den weißen Umschlag auf der Fußmatte. Schnell bückt sie sich und hebt ihn auf. Neugierig betrachtet sie die Vorderseite.
Hanna Erikson
Der Brief ist für sie!
Von wem der wohl ist?
Mit pochendem Herzen reißt sie den Umschlag auf, zieht den Brief heraus und liest mit angehaltenem Atem:
Hallo, süße Hanna!
Hier kriegst du was Süßes
von deinem heimlichen Freund.
Ein heimlicher Freund? Wer soll denn das sein?
Hanna kichert in sich hinein.
Dann liest sie die Nachricht noch einmal, Wort für Wort.
Und da entdeckt sie das rote Herz. Ein kleines feuerrotes Herz in der untersten Ecke des Zettels.
Bis jetzt hat Hanna es nur für einen Scherz gehalten. Aber es ist ein echter Liebesbrief! Der erste Liebesbrief ihres Lebens!
Mit einem Mal fühlt sich alles ganz unwirklich an. Wie in einem Traum.
Jetzt ist es also so weit, denkt sie. Jetzt werde ich erwachsen. Und das ist durch absolut nichts mehr aufzuhalten.
Am liebsten würde Hanna vor Wut toben. Aber dann würde Papa herbeigestürzt kommen und wissen wollen, was passiert ist.
Ich will nicht erwachsen werden!, rumort es in ihr. Nicht jetzt. Noch nicht. Tut mir das nicht an!
Aber dafür ist es zu spät.
Als sie die Augen zukneift, spürt sie es bereits im ganzen Körper. Ihre Arme und Beine kribbeln und glühen. Wahrscheinlich wachsen sie genau in diesem Moment. Hilfe! Gleich ist sie zwei Meter groß und stößt mit dem Kopf gegen die Decke!
Wo soll das bloß enden?
Ob sie sich sehr verändern wird?
Hanna schlägt die Augen wieder auf. Noch scheint keine Gefahr zu bestehen. Ihre Arme und Beine sind genauso dünn und voller Sommersprossen wie vorher.
Sie dreht den Umschlag auf den Kopf. Da purzelt ein Salzlakritz-Piratentaler auf den Boden. Sie hebt ihn auf, pustet ein paar Staubkörner weg und schiebt ihn in den Mund.
Der heimliche Briefeschreiber weiß also, dass sie Salzlakritze liebt. Obwohl das fast alle in der Schule wissen. Aber die meisten sind verreist. Erst vorhin hat sie sich von Fanny verabschiedet, die morgen aufs Land fährt.
Leonardo ist nicht weggefahren. Könnte es sein, dass Leonardo der heimliche Briefeschreiber ist? Aber warum sollte er einen Brief schreiben, wo er und Hanna sich doch jeden Tag sehen? Hanna schiebt den Gedanken gleich wieder beiseite.
Und schiebt den Umschlag mitsamt Zettel in die Tasche.
»Papa«, fragt sie und betritt sein Arbeitszimmer. »Ist jemand da gewesen, um was für mich abzugeben?«
Papa schaut von der Tastatur auf.
»Nein«, sagt er. »Wieso?«
»Ach, nur so«, murmelt Hanna und geht zurück in die Küche.
»Übrigens«, ruft Papa hinter ihr her. »Leonardo hat angerufen!«
Während Hanna Leonardos Nummer wählt, entscheidet sie sich ihm nichts zu sagen. Jedenfalls jetzt noch nicht. Keiner soll wissen, dass sie einen heimlichen Liebesbrief bekommen hat. Nicht bevor sie herausgefunden hat, wer der Schreiber ist. Wenn es sich schon nicht vermeiden lässt, dass sie jetzt erwachsen werden muss, will sie wenigstens wissen, wem sie das zu verdanken hat. Und derjenige kriegt dann erst einmal eine ordentliche Abreibung!
Bloß nicht erwachsen werden
Hanna schmiert sich ein Käsebrot. Papa hat mal wieder vergessen sich ums Mittagessen zu kümmern. Er ist schrecklich beschäftigt mit dem Buch, das er gerade schreibt.
Sie setzt sich in den Park und wartet. Kaut auf den Nägeln und lässt heißen Sand zwischen den Zehen hindurchrieseln.
Jetzt werde ich also erwachsen, denkt sie. Als Erste. Außer ihr hat in der Klasse noch keiner einen Liebesbrief bekommen. Noch nicht einmal Fanny. Komisch, dabei ist Fanny doch viel süßer als ich, geht es ihr durch den Kopf.
Bei dem Gedanken, dass es jemanden gibt, der sie süß findet, muss Hanna kichern. Vielleicht sogar noch süßer als Fanny, vielleicht am süßesten auf der ganzen Welt.
Ohne etwas dagegen machen zu können wird Hanna plötzlich warm wie eine frisch gebackene Zimtschnecke. Und in ihrem Kopf fährt alles Karussell.
Über ihr rauscht es in den Baumkronen. Es klingt fast so, als ob sie flüstern. Süße Hanna, flüstern sie. Süße Hanna. Hanna lacht in sich hinein. Oje, ganz schön albern, das Ganze.
Sie überlegt, wie lange es her ist, dass sie mit den anderen Kindern hier herumgetobt und Blödsinn gemacht hat. Da war der Spielplatz noch ein magischer Ort voll spannender Möglichkeiten.
Als ich klein war, war