Innige Gespräche der Seele mit Gott
Von Gerlach Petri
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Über dieses E-Book
Aber wo ist der Herr?, sagst du. Er ist dir nahe und du weißt es nicht; das ewige Wort ist es, welches in deinem Mund, in deinem Herzen, vor deinen Sinnen ist, welches in und außer dir, über dir und um dich ist und welches dich begleitet an welchen Ort du gehen magst." - Gerlach Petri.
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Innige Gespräche der Seele mit Gott - Gerlach Petri
Schätze der christlichen Literatur
Band 19
Approbation
der
Pariser Doktoren der Theologie.
DIE Seelengespräche des frommen Gerlach, regulierten Kanonikers aus dem Orden des heiligen Augustin, sind so voll göttlichen Geistes, daß sie durch dieses Merkmal zur Genüge begutachtet sind, und daher nicht unserer besonderen Begutachtung bedürfen. Wir haben dieselben mit allem Eifer und aller Aufmerksamkeit gelesen, und wurden davon so erbaut, daß wir dieses öffentliche Zeugnis auszustellen vermögen, darin nichts gefunden zu haben, was dem Glauben oder der Sittlichkeit zuwider sei, ja wir haben in diesem Werkchen eine solche vollkommene Geistesverwandtschaft mit dem Meisterwerk der Nachahmung Jesu Christi gefunden, welches gewöhnlich dem Thomas von Kempis zugeschrieben wird, daß mit Recht der Verfasser dieser herrlichen Gespräche ein zweiter Thomas von Kempis genannt wird, indem beide dieselbe Schreibart, denselben Geist, dieselben Grundsätze rücksichtlich der geistigen Vervollkommnung und Erbauung haben, was uns hoffen läßt, daß dieses letzte Werkchen, welches aus dem lateinischen Original in unsere Sprache übersetzt, durch den Druck veröffentlicht wird, nicht weniger günstig aufgenommen und nicht geringere Früchte tragen werde, als das erste, welches eine allgemeine Wertschätzung in der ganzen Kirche erhalten hat, und täglich noch ganz besondere Wirkung in den frommen Seelen hervorbringt.
Paris den 8. Dezember 1666.
Doktor Grennet, Pf.
Doktor Petitpied.
Vom Leben des Verfassers und seinem Werk.
GERLACH Petri, regulärer Chorherr vom Orden des heiligen Augustinus, geboren zu Deventer im Jahre 1378, erhielt die ersten Grundsätze seines geistigen und gottgefälligen Lebens in dem von dem ehrwürdigen Florentinus gestifteten und durch die fromme Lebensweise seiner Vorsteher in hohem Ruf stehendem Priesterkollegium seiner Vaterstadt. Von hier ging er in das Kloster Windesheim bei Zwoll, wo er im Jahre 1403 eingekleidet wurde. Wie er sich schon in früher Jugend dem Leben des Geistes zugewendet hatte, so strebte er von jetzt an mit allem Eifer und Ernst, sich selbst kennenzulernen, die Liebe Gottes in seinem Herzen zu entzünden und in der Betrachtung himmlischer Dinge sich zu üben, und bald leuchtete er seinen Mitbrüdern als ein Muster aller Tugenden vor. So wie er konnte keiner derselben vom Himmlischen sprechen; er war die keusche Taube, deren Stimme Tag und Nacht gehört wurde im Land der Lebendigen, denn sein Leben war im Himmel, da wanderte er unter den Chören der Engel als ein wahrhaft himmlischer Mensch liebend und schauend, und die Himmlischen gesellten sich hinwieder ihm bei. Wer seinen heiligen Lebenswandel beachtete und die Christenwürde in seinem ganzen Benehmen, der verehrte und liebte ihn, denn alles an ihm sprach deutlich aus: Hier ist eine Wohnstätte des Heiligen Geistes.
Er bat den Herrn, er möge ihn mit dem Bad der Buße und den Wassern der Trübsal, ehe er sterbe, reinigen, und hier schon, wie und wodurch immer es dem Herrn gefalle, sein Fegefeuer ihm verfügen. Und der gütige und gnädige Vater erfüllte das heilsame Verlangen seines Dieners, er prüfte und läuterte ihn wie Gold im Feuerofen durch die empfindlichsten Schmerzen des Steins. Dankbar gegen das Geschenk des Herrn war der fromme Knecht, und in größter Geduld ertrug er dies Leiden bis an sein seliges Ende im Jahre 1411.
Sein Buch Innige Gespräche der Seele mit Gott, die einzige Schrift, die wir von ihm besitzen, ist ein treuer Abriß seines inneren und äußeren Menschen und ein schönes Zeugnis seiner geistigen Vollkommenheit. Ein Zeitzeuge des gottseligen Thomas von Kempen, zeigt er sich auch als einen wahren Geistesverwandten desselben, so daß dem Buch die Ehre ward, der zweite Kempis zu heißen. In der Art und Form jedoch, wie hier diese Schrift vorliegt, schrieb selbige unser Verfasser nicht nieder, sondern, wie der Geist des Herrn ihn trieb, verzeichnete er seines Herzens Sprache, Empfindungen und Erfahrungen auf einzelne Blätter, und erst nach seinem Tode wurde das Ganze in die vorliegende Ordnung gebracht.
Inhalt.
1. Kapitel.
Derjenige, welcher sich sammeln will von der Zerstreuung seines
Herzens, muß immer sein Ziel im Auge haben, und alle Tröstungen
zurückweisen, die nicht von Gott kommen.
2. Kapitel.
Der Mensch bedenke immer, daß er hier in der Verbannung lebe, damit
er immer seine Zuflucht bei Gott suche, und vereint mit ihm
nichts auf der Erde mehr verlange.
3. Kapitel.
In allen Dingen und besonders im göttlichen Dienst muß man erwägen
den Beweggrund, der uns bestimmt zu handeln.
4. Kapitel.
Mit welcher Ehrfurcht man dem Gottesdienst und insbesondere
dem Opfer der heiligen Messe beiwohnen soll.
5. Kapitel.
Man darf die Tugend nur allein üben aus Liebe zur Tugend.
6. Kapitel.
Man muß seinen Gedanken und Neigungen zum Zorn durch
wahre Demut und durch Hinblick auf die ewige
Wahrheit Widerstand leisten.
7. Kapitel.
Eigenliebe und Eigennutz hindern die Seele,
in der Tugend vorwärtszuschreiten.
8. Kapitel.
Von der wahren Freiheit und von der Glückseligkeit der Seele,
welche sich Gott gleichförmig macht.
9. Kapitel.
Von der Frucht der himmlischen Freiheit und von der Herrlichkeit,
welche der Seele zuteil wird, welche sich Gott gleichförmig macht.
10. Kapitel.
Von der Beherrschung der Blicke unserer Seele und unseres
Körpers; wie der Mensch sich vollkommen Gott
gleichförmig zu machen vermag.
11. Kapitel.
Von der verborgenen Anmut des inneren Kreuzes.
Man soll mit Ausdauer darin verharren.
Mit welcher Gesinnung wir uns demselben unterwerfen sollen.
12. Kapitel.
Die Feinde der Seele verbinden sich mit dem Satan ihrem Urheber, um
ohne Unterlaß Schlingen der Seele zu legen, die Gott liebt.
13. Kapitel.
Der geistige Mensch macht immer Fortschritte in der Gottseligkeit, sei es
in der Anwesenheit ober in der Abwesenheit der Gnade. Wie die Engel
uns lehren, uns in der Gegenwart Gottes zu verhalten.
14. Kapitel.
Die Liebe Gottes verbreitet in dem Menschen eine wahre Sicherheit.
15. Kapitel.
Gerechtigkeit und Wahrheit lieben und in allen Dingen den Ruhm Gottes
suchen heißt in dem Kreuz Jesu Christi verharren.
16. Kapitel.
Die Seele, die nichts eigentümlich besitzt, wandelt
in allen Lagen sicher im Verein mit Gott.
17. Kapitel.
Übung des Geistesmenschen, besonders während des Gottesdienstes.
18. Kapitel.
Es gibt nichts Herrlicheres und Angenehmeres für die Seele als dem
höchsten Gut sich hinzugeben und sich gleichförmig
zu machen der heiligsten Dreieinigkeit.
19. Kapitel.
Das höchste Gut des Gerechten ist: mit Gott vereinigt werden, und sein
höchstes Unglück: davon getrennt zu werden.
20. Kapitel.
Gebet eines Menschen, der sich mit Finsternissen bedeckt sieht
und Gott beschwört sein Herz zu erleuchten.
21. Kapitel.
Der wahrhaft Arme im Geiste setzt seinen ganzen Ruhm
in seine Armut und in sein Nichts.
22. Kapitel.
Von der vollkommenen Selbstentäußerung.
23. Kapitel.
Wie sehr derjenige reich ist, welcher arm im Geist und im Herzen ist.
24. Kapitel.
Von dem Glück einer Seele, welche erhaben ist über alle Ehre
und über alle Verachtung der Menschen.
25. Kapitel.
Von den zwei Gebieten der Seele, dem niederen, welches das der
Sinnlichkeit ist, und dem hohen, welches das
ihrer sittlichen Umwandlung ist.
26. Kapitel.
Mit welcher Sorgfalt Gott von uns fordert, daß wir unser
Inneres und Äußeres umwandeln.
27. Kapitel.
Ermahnung uns dem Bild Gottes gleichförmig zu machen.
28. Kapitel.
Welches die Erbschaft des wahrhaft geistig
Armen in diesem Leben ist.
29. Kapitel.
Von dem Lob, welches die heilige Armut verdient, und wie man durch
die freiwillige Ertragung der Widerwärtigkeiten
zu dem wahren Ruhm gelangt.
30. Kapitel.
Auf welche Art der innere Mensch erleuchtet und vereinigt wird mit
dem Wort (Jesus Christus). Wie sehr es notwendig ist, daß bei allen
Begegnissen unser Auge einfältig und unsere Absicht rein sei.
31. Kapitel.
Die Tugend ist in sich unveränderlich und
nicht den Zufälligkeiten unterworfen.
32. Kapitel.
Es gibt nichts außer Gott, was wahrhaft die Seele befriedigen kann.
33. Kapitel.
Man muß die Schwäche der Natur durch die
Kraft der Seele unterstützen.
34. Kapitel.
Die Betrachtung ist unvereinbar mit weltlichem
Treiben und Unruhe.
35. Kapitel.
Die beiden Wege Jesu Christi von Herzen zu betrachten.
36. Kapitel.
Welches die Frucht aller heiligen Zeremonien
und aller Sakramente der Kirche sei.
37. Kapitel.
Wir müssen mit Geduld die Zurechtweisungen ertragen,
sei es, daß sie gerecht oder ungerecht sind.
38. Kapitel.
Man muß eine allgemeine Liebe haben,
welche alle Menschen umfaßt.
39. Kapitel.
Wie das Herz frei werden kann.
Innige
Gespräche der Seele
mit Gott
Gebet des Verfassers.
IM Geist der Demut, mit zerknirschtem und gebeugtem Herzen, wie Staub, der am Boden liegt, erniedrigt unter Himmel und Erde und allem, was darin ist, gänzlich verzichtend auf uns selbst, doch alles in Demut hoffend von dir, nahen wir uns wie arme, verlassene Schäflein, wie ein armes verirrtes Küken flüchten wir uns unter deine Flügel; nimm uns auf, o gnädigster Vater, nach deiner Barmherzigkeit.
1. Kapitel.
Derjenige, welcher sich sammeln will von der Zerstreuung seines
Herzens, muß immer sein Ziel im Auge haben, und alle Tröstungen
zurückweisen, die nicht von Gott kommen.
BEI allem, was mir begegnet, und auf mich Eindruck macht, will ich immer sorgfältig meinen Blick auf das Ende meines Lebens richten, und mich selbst fragen: welche Gesinnungen würde ich haben, und wie würde ich mich benehmen in dieser Angelegenheit, wenn ich bereit wäre, vor Gott zu erscheinen, und wenn er mich gegenwärtig zu sich rufen würde? Und wenn ich fände, daß diese Angelegenheit mir ein Hindernis meines Heiles sei, und ich selbst eine Mauer und eine Scheidewand zwischen mir und Gott errichtete, dann ist es mir besser, zu