Häusliche Gewalt - betroffenen Männern* helfen: Ein Leitfaden zum Aufbau von Männer*schutzeinrichtungen
Von Jana Peters
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Über dieses E-Book
Häusliche Gewalt gegen Männer* ist gesellschaftlich weitgehend tabuisiert. Doch einige Interessierte, selbst Betroffene und engagierte Träger haben den Bedarf an Schutzeinrichtungen für Männer* mit Gewalterfahrungen im häuslichen Kontext erkannt. Sie stehen oft vor der Frage, wie nun weiter. Dieses Buch bietet Antworten an.
Der Leitfaden widmet sich zuerst grundsätzlichen Themen wie Ursachen, Mustern und Betroffenheit von Männern*. Daraus und aus den Erfahrungen der Praxis leitet die Autorin praktische Schritte ab, die man(n*) zum Aufbau einer Schutzeinrichtung nutzen kann. Dazu zählen Fragen nach Finanzierung, rechtlichem Rahmen oder bereits bestehenden Kooperationsnetzwerken.
Der Inhalt dieses Buches ist als Bachelorarbeit an der Hochschule Zittau/Görlitz entstanden. Sie bündelt viel zu viel praxisrelevantes Erfahrungswissen, als dass sie in den Schubladen der Theorie nach unten rutscht.
Der Asterisk * (Gender-Sternchen) steht für Akzeptanz und Berücksichtigung der geschlechtlichen Vielfalt.
Jana Peters
Jana Peters wurde 1988 im sächsischen Leisnig geboren. Nach Realschule und zwei Ausbildungen sammelte sie in einem Schulprojekt praktische Erfahrungen in der Jugendarbeit. 2013 begann sie ihr Studium der Sozialen Arbeit an der Hochschule Zittau/ Görlitz. Für eines der Praxissemester wählte sie 2017 die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen. Dort ist man dabei, ein landesweites Hilfenetzwerk für von häuslicher Gewalt betroffene Männer* aufzubauen. Im Rahmen eines Pilotprojektes Männer*schutz gelang es in Sachsen ab 2017 - bundesweit erstmals staatlich unterstützt - Männer*schutzwohnungen einzurichten. Bei einem begleitenden Netzwerktreffen lernte Jana Peters - ausschlaggebend für dieses Buch - Akteur*innen des Männer*schutzes im deutschsprachigen Raum kennen. Das aus den Befragungen der Beteiligten gewonnene Wissen bündelte sie in ihrer Bachelorarbeit, die sie 2018 verteidigte. Sie wurde mit ‚sehr gut‘ benotet.
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Buchvorschau
Häusliche Gewalt - betroffenen Männern* helfen - Jana Peters
Inhaltsverzeichnis
DANKSAGUNG
EINLEITUNG
1.1 Vorgehensweisen
1.2 Buchaufbau
GRUNDSÄTZLICHE ERLÄUTERUNGEN
2.1 Differenzierung von Projekt und Einrichtung
2.2 Definition von häuslicher Gewalt, ihre Folgen und Dynamiken
2.2.1 Folgen häuslicher Gewalt
2.2.2 Gewaltmuster und -dynamik
2.3 Charakteristika häuslicher Gewalt gegen Männer*
2.4 Zufluchtsstätten vs. Männer*schutzwohnungen
FÜNF MÄNNER*SCHUTZEINRICHTUNGEN IN DEUTSCHLAND
BEDARFSANALYSE
4.1 Statistische Bedarfslage
4.2 Markt- und Umfeldanalyse
4.2.1 Umfeldanalyse: PESTEL
4.2.2 Stakeholder-Analyse
4.2.3 SWOT-Analyse
4.3 Spezifische Bedarfe bei der Hilfeleistung von gewaltbetroffenen Männern*
4.3.1 Grundlegende Regeln für die Beratung von Betroffenen
4.3.2 Beratungsspezifika für Männer*
ZIELORIENTIERUNG DER EINRICHTUNG
5.1 Zielgruppe
5.2 Zielsetzung der Arbeit
METHODEN UND DIENSTLEISTUNGEN DER EINRICHTUNG
6.1 Methoden
6.1.1 Case Management
6.1.2 Soziale Beratung
6.1.3 Soziale Gruppenarbeit
6.1.4 Reflexion, Intervision und Supervision
6.2 Angebote und Leistungen
TRÄGERSCHAFT UND FINANZIERUNG
7.1 Trägerschaft
7.2 Finanzierungsmodelle
7.3 Finanzierungsplanung
ORGANISATION
8.1 Personelle und zeitliche Ausstattung
8.2 Räumliche und sachliche Ausstattung
GESETZLICHER RAHMEN
9.1 Rechtlicher Handlungsrahmen
9.2 Förderungsgrundlagen
AUSSENARBEIT UND -WIRKUN
10.1 Kooperations- und Netzwerkarbeit
10.2 Öffentlichkeitsarbeit
QUALITÄTSSICHERUNG
11.1 Begriffserläuterung
11.2 Methodisches Vorgehen nach Meinhold
11.2.1 Phase 1: Unverbindliche Qualitätsdiskussion
11.2.2 Phase 2: Festlegung der Bereiche für die Qualitätsstandardentwicklung
11.2.3 Phase 3: Festlegung von Qualitätsstandards
11.2.4 Phase 4: Festlegung der Maßnahmen zur Qualitätssicherung
11.2.5 Phase 5: Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement
RESÜMEE
12.1 Ergebnisdarstellung
12.2 Ausblicke für die Weiterarbeit
ANHANG
Anhang A: Tabellarische Zusammenfassung der Expertengespräche nach Einrichtungsart
Anhang B: Tabellarische Zusammenfassung der Expertengespräche nach konzeptionellen Rahmenbedingungen der Einrichtungen
Anhang C: (Erste) Standards für Männer*schutzeinrichtungen
LITERATURVERZEICHNIS
DANKSAGUNG
Ich bedanke mich bei den Mitarbeitenden des Männernetzwerk Dresden e.V., LEMANN e.V., Weissenberg e.V., Männer-(Wohn-)Hilfe e.V. sowie des Sozialberatung Stuttgart e.V. für die hilfreiche Unterstützung durch praxisnahe Auskünfte und eigene Erfahrungen in der alltäglichen Arbeit. Besonderer Dank gilt Prof. Dr. Ulrike Gräßel und Frank Scheinert, die mich in der Ausarbeitung inhaltlich begleiteten, Enrico Damme, der mir bei der Veröffentlichung des Werkes half sowie den Mitarbeitenden des LAG Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V., die mir stets für Fragen zur Verfügung standen.
Außerdem danke ich meinem Partner Thomas und meinem Sohn Linus, die mich moralisch unterstützten und stets zum Weitermachen motivierten.
Vielen Dank.
1. EINLEITUNG
„Männer, die sich von ihren Frauen schlagen lassen?
Was sind denn das für Weicheier?"
Seit nunmehr über eineinhalb Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema häusliche Gewalt gegen Männer*¹. Zunächst im Rahmen einer Prüfungsleistung an der Hochschule Zittau/Görlitz, darauffolgend in meinem Praxissemester in der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen und in meiner Bachelorarbeit. In der Zeit begegnete ich auch vielen Nichtfachleuten. Aussagen wie die im vorangestellten Zitat waren dabei häufige erste Reaktionen auf die Thematik, von Männern* wie Frauen*. Dies brachte und bringt mir immer wieder vor Augen, dass häusliche Gewalt, die sich gegen Männer* richtet, in der allgemeinen Bevölkerung noch viel zu wenig Anerkennung findet, oft unreflektiert passiert und tabuisiert wird. Und das, obwohl empirische Ergebnisse beweisen, dass – je nach Studie – fünf bis 25% der Gewaltbetroffenen Männer* sind (vgl. Kapitel 4.1). Die Zahlen zeigen natürlich auch die wesentlich größere Betroffenheit von Frauen*, weswegen ihre öffentliche Beachtung und damit einhergehend der nahezu flächendeckende Ausbau eines Schutz- und Hilfsnetzwerks samt finanzieller Unterstützung durch öffentliche Mittel notwendig und gerechtfertigt ist.
Zum Jahreswechsel 2011/12 gab es in Deutschland „genau 353 Frauenhäuser sowie 41 Zufluchtswohnungen mit über 6.000 Plätzen (Deutscher Bundestag 2016). Übertragen auf Männer*, müssten also bei gemittelten 15% Betroffenheit mindestens 70 Gewaltschutzwohnungen für Männer* bereitgestellt werden, die dann Schutzraum für bis zu 1.060 Männer* böten. Anfang 2019 bestanden deutschlandweit lediglich insgesamt vier staatlich unterstützte Männer*schutzeinrichtungen sowie vier privat finanzierte stationäre Angebote für betroffene Männer*. Ein realistischer Meilenstein wären zunächst drei bis fünf Schutzwohnungen für Männer* pro Bundesland. Dr. Dag Schölper vom Bundesforum Männer - Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V. forderte am 22.01.2018 zum Start der seinerzeit gerade gebildeten Bundesregierung, „Männer als gleichstellungspolitische Akteure in allen Politikfeldern stärker einzubeziehen
(Schölper 2018), und, im gleichen Kontext, eine bundesweite Studie zur Gewaltbetroffenheit von Männern*, sowie die Schaffung eines flächendeckenden Beratungs- und Schutznetzwerks für Männer*.
Die vorliegende Publikation beschäftigt sich mit der Frage, was organisatorische, konzeptionelle, strukturelle und rechtliche Voraussetzungen sind, um eine Männer*schutzwohnung zu eröffnen. Das Buch stellt einen Leitfaden zum Aufbau einer solchen Einrichtung dar. Während meines Praktikums in der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen stellte ich immer wieder fest, dass sich einzelne Engagierte, Interessengruppen oder ganze Einrichtungen für von häuslicher Gewalt betroffene Männer* stark machen und gern eine Schutzeinrichtung betreiben wollen. Jedoch standen und stehen sie vor vielen Fragen. Die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen bot und bietet immer noch individuelle Treffen und Beratungsleistungen zum Informationsaustausch und zur Hilfestellung bei diesen wichtigen ersten Schritten an.
Ich möchte mit dem Buch das bisherige Know-how zu Schutzeinrichtungen, die vorliegenden praktischen Erfahrungen der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen sowie von fünf Männer*schutzeinrichtungen in Deutschland bündeln und mit theoretischen sowie empirischen Kenntnissen anreichern. Gleichzeitig möchte ich Interessierten und Engagierten mit diesem Wissenspool einen Leitfaden an die Hand geben. Dies geschieht auch mit dem Wissen, dass jeder potentielle Träger anderen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen unterliegt. Ich sehe die Notwendigkeit und Möglichkeit, mit der vorliegenden Arbeit beizutragen, dass sich Engagierte auf den Weg machen. So könnte über kurz oder lang ein flächendeckendes Hilfenetzwerk für von häuslicher Gewalt betroffene Männer* entstehen.
Gleichstellungsarbeit bzw. die Gleichstellung von Mann* und Frau* bedeutet für mich, dass für alle Gruppen mit geschlechterspezifischen Unterstützungsangeboten gesorgt wird, sodass sowohl Männern* als auch Frauen* und anderen Geschlechtern ein selbstbestimmtes, gewaltfreies Leben möglich ist.
Grundsätzlich werde ich nachfolgend weniger von Opfern häuslicher Gewalt, vielmehr von Betroffenen, Geschädigten, Rat- und Hilfesuchenden, Beratenen, bzw. Bewohner*innen oder Nutzer*innen der Hilfsangebote sprechen. Die Anerkennung als Opfer achtet den Menschen zwar in seiner leidvollen komplexen Betroffenheit, jedoch in einer passiven Konnotation. Betroffene Menschen sind allerdings meiner Meinung nach nicht ausschließlich passiv, sie suchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten immer eine Umgangsform, der Gewalt zu begegnen, diese zu meiden, zu mindern oder zu verhindern. Und dies, auch wenn die gewählte Bewältigungsstrategie nicht immer zielführend erscheint. Gerade Betroffene, die institutionelle Unterstützung suchen – sei es bei der Polizei, Beratungsstellen oder Schutzeinrichtungen – handeln aktiv gegen ihre derzeitige Konflikt- und Gewaltsituation. Für den Hilfeprozess in Beratungs- und Schutzeinrichtungen ist aber eine aktive Haltung der Ratsuchenden umso dienlicher, sodass sie die vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen (re-)aktivieren und ins Hilfesystem mit einbeziehen. Eine klagende Opferhaltung verschafft den Betroffenen zwar Gehör (ebenfalls eine wichtige Sache), dient dem Hilfeprozess selbst aber wenig. Eine hoffnungslose, aufgebende Opferhaltung wirkt hemmend. Dieser Haltung entsprechend werde ich die Betroffenen, Hilfesuchenden, Bewohner*innen, Beratenen usw. (möglichst) nicht als Opfer titulieren.
Ebenso umstritten ist der stigmatisierend wirkende Begriff Täter*in. Viele Einrichtungen gehen davon aus, dass Beteiligte häuslicher Gewalt sowohl Täter*innen- als auch Opferanteile innehaben. Somit werde ich statt von Täter*innen vorwiegend von Gewalt ausführenden Menschen sprechen.
1.1 Vorgehensweisen
Grundlage des vorliegenden Buches bildet die literarische Recherche am Thema. Der Text ist somit grundsätzlich eine Literaturarbeit. Unterstützend kommen Informationen aus fünf Expertengesprächen hinzu. Diese sind jedoch nicht als wissenschaftlich qualitative Datenerhebung zu werten, da sie zwar protokolliert, aber nicht transkribiert und nicht methodisch-analytisch ausgewertet wurden. Die tabellarischen Zusammenfassungen der Gespräche sind im Anhang enthalten.
Die Expertengespräche wurden Leitfaden gestützt mit Mitarbeitenden der folgenden fünf deutschen Männer*schutzeinrichtungen geführt.
Diese fünf Gespräche begannen mit der eröffnenden Frage nach den Schritten, welche die Einrichtung gegangen ist, um arbeitsfähig zu sein. Weiterhin gingen wir jeweils auf folgende Punkte ein:
Bedarfsanalyse (Welche Voraussetzungen musste die Schutzwohnung bzgl. Lage, Anbindung, sozialem Umfeld, Größe, Kosten mitbringen? Welche beruflichen Qualifikationen benötigen die Mitarbeitenden?)
Projektdefinition und Zielgruppe (Wie definieren Sie sich: als Männer*schutzwohnung bzw. Zufluchtsstätte? Für welche Zielgruppe bieten Sie Hilfen an? Welche Ausschlusskriterien liegen bei Ihnen vor?)
Dienstleistungen (Welche Dienstleistungen bieten Sie mit Ihrem Schutzraum an?)
Finanzierungsmodelle (Wie finanziert sich die Männer*schutzeinrichtung? Welche Kosten fallen wann an? Wie organisiert sich die Trägerschaft?)
Gesetzlicher Rahmen (Nach welchen gesetzlichen Richtlinien arbeiten Sie?)
Kooperationspartner (Mit welchen Einrichtungen und Netzwerken kooperieren Sie? Sind die Kooperationen vertraglich festgelegt?)
Öffentlichkeitsarbeit (Wie treten Sie an die Öffentlichkeit?)
Mit den Expertengesprächen zielte ich auf konzeptionelle Ausrichtungen, Gemeinsamkeiten und Besonderheiten sowie auf die notwendigen Schritte der Einrichtungen im regional spezifischen Kontext.
Ein sechstes Gespräch führte ich mit einer Einrichtung im brandenburgischen Ketzin. Das ist jedoch für dieses Buch nicht ausreichend relevant.
Außerdem führte ich mehrere Expertengespräche mit Frank