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Karriere(des)illusionen - Rückwärts auf der Überholspur: Kurzgeschichten vom modernen Arbeitsleben
Karriere(des)illusionen - Rückwärts auf der Überholspur: Kurzgeschichten vom modernen Arbeitsleben
Karriere(des)illusionen - Rückwärts auf der Überholspur: Kurzgeschichten vom modernen Arbeitsleben
eBook231 Seiten2 Stunden

Karriere(des)illusionen - Rückwärts auf der Überholspur: Kurzgeschichten vom modernen Arbeitsleben

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Über dieses E-Book

Karriere machen - ist das wirklich der große Traum?
Die Kurzgeschichten handeln von 7 Frauen und 7 Männern, die sich beruflich auf der Überholspur befinden und bis Anfang vierzig die Karriereleiter erklimmen wollen. Doch das moderne Arbeitsleben steckt voller Überraschungen. So begegnen wir in einer Geschichte Robert, der sich über seine Beförderung überhaupt nicht freuen kann. Dann ist da Marlies, deren Fähigkeiten von den Männern um sie herum ignoriert werden. Linda erlebt, wie es ist, wenn ein selbst ernannter Coach das Betriebsklima auf den Kopf stellt. Klaus sorgt sich um seinen besten Freund, der ständig hellwach ist und sich keine Pausen gönnt, während er immer höher nach den Sternen am Karrierehimmel greift. Jürgen hat einen befristeten Job, findet aber keine bezahlbare Wohnung. Agnes versucht mit aller Kraft, ihren kleinen Sohn perfekt auf die Ansprüche der Businesswelt von morgen vorzubereiten. Und dann gibt es noch Johannes, der einen ganz anderen Lebensweg gewählt hat. Die Geschichten handeln von Karriereträumen und Karriere(des)illusionen. Aber vor allem regen sie zum Nachdenken an, ob die Karriere wirklich alles im Leben ist.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum14. Jan. 2019
ISBN9783748104032
Karriere(des)illusionen - Rückwärts auf der Überholspur: Kurzgeschichten vom modernen Arbeitsleben
Autor

Dirk Erfolgreich

Dirk Erfolgreich schreibt mit großer Begeisterung in seiner Freizeit. Angefangen hat es mit Geschichten, die Dirk für seine Familie und Freunde verfasst hat. Aktuell beschäftigen ihn sehr stark die Auswirkungen des digitalen Wandels und die damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt sowie das zunehmende "Verschwimmen" von Arbeit und Freizeit.

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    Buchvorschau

    Karriere(des)illusionen - Rückwärts auf der Überholspur - Dirk Erfolgreich

    Über das Buch

    Karriere machen – ist das wirklich der große Traum? Die Kurzgeschichten handeln von 7 Frauen und 7 Männern, die sich beruflich auf der Überholspur befinden und bis Anfang vierzig die Karriereleiter erklimmen wollen. Doch das moderne Arbeitsleben steckt voller Überraschungen. So begegnen wir in einer Geschichte Robert, der sich über seine Beförderung überhaupt nicht freuen kann. Dann ist da Marlies, deren Fähigkeiten von den Männern um sie herum ignoriert werden. Linda erlebt, wie es ist, wenn ein selbst ernannter Coach das Betriebsklima auf den Kopf stellt. Klaus sorgt sich um seinen besten Freund, der ständig hellwach ist und sich keine Pausen gönnt, während er immer höher nach den Sternen am Karrierehimmel greift. Jürgen hat einen befristeten Job, findet aber keine bezahlbare Wohnung. Agnes versucht mit aller Kraft, ihren kleinen Sohn perfekt auf die Ansprüche der Businesswelt von morgen vorzubereiten. Und dann gibt es noch Johannes, der einen ganz anderen Lebensweg gewählt hat. Die Geschichten handeln von Karriereträumen und Karriere(des)illusionen. Aber vor allem regen sie zum Nachdenken an, ob die Karriere wirklich alles im Leben ist.

    Die Geschichten, Institutionen und Personen sind alle

    frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden

    Begebenheiten oder Personen wären rein zufällig.

    Inhalt

    Der einfühlsame Coach

    Zweite Klasse?

    Der High Performer

    Optimierung am Sonntag

    Alles nur weibliche Einbildung?

    Die scheinbar perfekte Familie

    Die langersehnte Beförderung

    Der versteckte goldene Käfig

    Die außerordentlich schöne Wohnung

    Die Hilfsbereite

    Krank!

    Der Kurzurlaub

    Der wichtigste Deal

    Networking zum Geburtstag

    #1

    Der einfühlsame Coach

    Der einfühlsame Coach

    Linda erzählt.

    „Linda, wie fühlst du dich?"

    Während Bernd mir diese Frage stellt, sieht er mich mit seinen glasklaren blauen Augen so prüfend an, dass mir fast schwindelig wird.

    „Danke, mir geht’s gut." Ich zucke mit den Schultern. In zwei Stunden habe ich eine wichtige Telefonkonferenz mit einem Kunden aus Brüssel, die ich dringend vorbereiten muss. In meinem hochgetakteten Alltag als Marketingmanagerin steht mir wirklich nicht der Sinn nach Gefühlsduselei. Ich finde diese wöchentlichen Coachingsessions, die uns das oberste Management eingebrockt hat, höchst überflüssig. Bernd scheint davon jedoch nicht die Spur zu merken. Kein Wunder. Als unser neuer FGM – das ist die Abkürzung für Feel-Good-Manager – verdient er sich sicherlich eine goldene Nase damit, uns zu coachen. Dabei macht er eigentlich nicht viel anderes als zu fragen, wie es uns geht und ob wir uns persönlich weiter öffnen möchten, um die Vertrauensbeziehung innerhalb unseres Teams zu stärken.

    „Wie geht es dir, Achim?", wendet er sich jetzt einfühlsam meinem Kollegen zu, der links neben mir sitzt.

    „Müde. Ich bin etwas müde. Einfach müde eben", antwortet Achim widerwillig und starrt auf sein Smartphone.

    „Müde? Bernd sieht Achim aufmerksam mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Magst du vielleicht mit uns teilen, warum du dich heute müde fühlst?

    „Ich war gestern bis Mitternacht auf Dienstreise. So einfach ist das", erklärt Achim, ohne dabei auch nur einmal aufzuschauen.

    „Und wie geht es dir, Sabine?", erkundigt sich Bernd im Anschluss bei meiner Kollegin.

    „Danke, total super!" Sabine strahlt wie immer über beide Backen.

    „Sehr schön." Bernd nickt begeistert.

    „Wie geht es dir, Martin?", fragt er in der Reihe weiter.

    „Danke, gut." Martin kratzt sich kurz am Kinn.

    „Wundervoll." Bernd nickt schon wieder und lächelt.

    „Und wie geht es dir, Tom?"

    „Danke, sehr gut, alles top", antwortet Tom und lächelt ebenfalls.

    „Und last but not least, wie geht es dir, Heiko?", erkundigt sich Bernd.

    „Könnte nicht besser sein", erwidert Heiko und wirft dabei demonstrativ einen Blick auf die digitale Zeitanzeige seines dezent schwarzen Fitnessarmbands, das konstant mit seinem Smartphone verbunden ist.

    „Wunderbar! Ich danke euch dafür, dass ihr heute hier seid und euch wieder diese eine Stunde eurer wertvollen Zeit nehmt, um unser gegenseitiges Vertrauen zu stärken", sagt Bernd und sieht uns alle mit seinen glasklaren blauen Augen der Reihe nach an. „Ich sage bewusst unser gegenseitiges Vertrauen und nicht euer gegenseitiges Vertrauen, da ich mich hier miteinschließe. Es ist ein großes Geschenk, das ihr mir entgegenbringt, indem ihr so offen zu mir seid."

    „Aber sehr gerne doch! Wir freuen uns, dass du da bist!", erwidert Sabine und zwinkert Bernd zu.

    Heiko wirft ihr einen verächtlichen Blick zu. Wahrscheinlich steht er mit seiner Arbeit genauso unter Zeitdruck wie ich und sehnt sich an seinen Schreibtisch zurück.

    „Heute gibt es eine besondere Übung, erklärt Bernd feierlich, „ich möchte gerne, dass ihr euch hier im Besprechungsraum aufstellt. Und zwar so, dass ihr räumlich am nächsten bei den Kollegen steht, denen ihr euch nahe fühlt, und am weitesteten entfernt von den Kollegen seid, mit denen ihr weniger gut zusammen arbeiten könnt.

    „Und wozu soll das gut sein?", will Achim wissen und legt von einem tiefen Seufzer begleitet sein Handy beiseite.

    „So findet ihr heraus, wie ihr zueinander steht – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, antwortet Bernd verheißungsvoll, „das ist essenziell, um eine offene und ehrliche Basis zwischen euch im Team zu schaffen.

    „Aha", sagt Achim.

    „Und was ist, wenn wir das unterschiedlich wahrnehmen, wie wir zueinander stehen?, frage ich zweifelnd. „Ich meine, es kann doch sein, dass sich ein Kollege dem anderen näher fühlt, als der andere es womöglich empfindet. Oder dass im Extremfall ein Kollege den anderen im Team überhaupt nicht mag und die Antipathie dann sichtbar wird. So etwas kann zu riesigen Enttäuschungen führen und neue Konflikte schüren, oder etwa nicht?

    Bernd pfeift durch die Zähne.

    „Das hast du hervorragend erkannt, Linda, alle Achtung!, meint er. „Und ich verrate dir jetzt ein kleines Geheimnis: Gewiss wird das passieren! Es gibt überall asymmetrische Beziehungen, auch in noch so gut funktionierenden Teams. Es gibt immer jemanden, der einen anderen mehr mag als umgekehrt. Aber genau das ist eure Aufgabe! Genau diesen Konflikt müsst ihr bei eurer Aufstellung dann lösen. Und zwar so, dass alle am Ende mit dem Ergebnis zufrieden sind!

    „Ist diese Übung denn überhaupt sinnvoll, um unseren Teamspirit zu boosten?, erkundigt sich Achim zweifelnd. „Wenn diese Aufstellung zu großen zwischenmenschlichen Enttäuschungen führen kann... „Und schon wieder liegt die Antwort in deiner Frage, Achim, erklärt Bernd lächelnd, „eine Enttäuschung ist nichts Schlimmes. Sprich’ das Wort einmal ganz langsam aus: Ent-Täuschung. Es bedeutet lediglich, dass eine Täuschung endlich aufgedeckt wird und man ehrlich und offen damit umgehen kann. Ihr habt eine so unglaublich positive Energie und Stärke in eurem Team! Ich traue euch das absolut zu, dass ihr damit umgehen könnt! Sonst würde ich diese Übung gar nicht erst anregen.

    „Ich weiß nicht, ob ich da mitmachen soll...", murmele ich unschlüssig.

    „Willst du dich in etwa von unserem Teambuilding ausschließen?", fragt Tom.

    „Genau, jetzt, wo es einmal herausfordernd und knifflig wird!", pflichtet Martin ihm bei.

    „Linda, wovor hast du Angst? Verspürst du Furcht, dass keiner der Kollegen dir wirklich nahe steht und unsere Übung das visualisieren wird?, erkundigt sich nun auch Bernd einfühlsam. „Du brauchst keine Angst zu haben, ich fange dich auf! Wir fangen dich auf!

    „Ach was!", wiegele ich ab.

    „Geht es eigentlich nur darum, wie gut wir mit jemandem zusammen arbeiten? Oder wie nahe wir uns auch auf der persönlichen Ebene stehen?, fragt Heiko. „Alles zusammen, sozusagen das Gesamtpaket! Wie gut ihr auf der Arbeit kooperiert, aber auch wie die menschliche Chemie zwischen euch ist, erläutert Bernd, „die Gesamtsumme macht’s. Diese Dimensionen kann man überhaupt nicht klar trennen."

    „Also, Leute, lasst uns einfach anfangen! Ich will unbedingt wissen, wo ich bei euch stehe!", ruft Sabine übermütig. Sie stellt sich in die Mitte der freien Fläche unseres Besprechungsraums, sodass überall neben ihr viel Platz ist.

    Sabine ist echt mutig.

    Heiko, Achim, Martin, Tom und ich kreisen in langsamen Schritten um sie herum.

    Dabei schauen wir uns immer wieder unschlüssig an.

    Irgendwie finde ich diese Übung total bescheuert.

    Denn wer sich als nächstes irgendwo hinstellt, gibt damit automatisch an, wie er zu Sabine steht. Eigentlich verbindet mich mit Sabine nicht besonders viel. Aber wie sie jetzt so alleine dasteht und uns wie ein treues Reh mit ihren großen braunen Augen erwartungsvoll ansieht, tut sie mir fast leid.

    Plötzlich bleibt Heiko stehen.

    Und zwar direkt am Fenster.

    Er ist so weit von Sabine entfernt, wie man es in diesem Raum überhaupt gerade sein kann. Im Büroalltag hat Heiko nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Sabine mit ihrer unbeschwerten, lebhaften Art nicht besonders gut leiden kann. Aber dass er das jetzt gleich auf diese Weise demonstrieren muss...

    Achim kratzt sich unschlüssig am Kopf. Mit langsamen Schritten geht er in einem immer größer werdenden Radius um Sabine herum und kommt Heiko näher. Es ist unglaublich. Achim, der sonst so toughe Key-Account-Manager, der stets ein äußerst souveränes Auftreten an den Tag legt, sieht regelrecht ratlos aus.

    „Du siehst aus, als ob dich etwas belastet, Achim", stellt unser Coach Bernd überflüssigerweise fest.

    „Ja, ja, das tut es auch", murmelt Achim laut.

    „Magst du mit uns teilen, was dich soeben gedanklich beschäftigt?", fragt Bernd ausgesprochen höflich.

    „Also... ähem... das Problem ist wie folgt: Zu Heiko verspüre ich im Team die engste Verbindung. Wir sind beide als Key-Account-Manager am längsten im Team und haben gemeinsam im Unternehmen angefangen, erklärt Achim, „aber ich möchte nicht so weit von Sabine entfernt stehen. Das würde einfach nicht passen.

    „Okay. Okay. Bernd nickt. „Dann werdet mal erfinderisch! Aber du musst dich schon entscheiden! „Es kann bei dieser Übung doch nicht sein, dass meine Nähe zu Heiko gleichzeitig eine Distanz zu Sabine bedeutet! Das ist total unlogisch!", meint Achim kopfschüttelnd.

    In dem Moment verlangsamt Tom seinen Schritt. Er stellt sich so hin, dass er zwar etwas näher an Heiko steht, aber auch nicht ganz weit weg von Sabine ist. Martin folgt ihm und sucht sich einen Platz genau auf halber Strecke zwischen Sabine und Heiko, aber in nächster Nähe zu Tom.

    Derweil gehen Achim und ich nach wie vor ziellos weiter.

    Bernd sieht Tom und Martin prüfend an.

    „Wie fühlt ihr beiden euch? Habt ihr euren Platz gefunden? Ist das so okay für euch?, erkundigt er sich teilnahmsvoll. „Oder fühlt ihr euch in die Mitte getrieben durch die Distanz, die Heiko gegenüber Sabine aufgebaut hat? Wenn ja, sollten wir das jetzt unbedingt offenlegen.

    Sabines und meine Blicke kreuzen sich kurz.

    Ich sehe, dass ihr Tränen in den Augen stehen.

    Sie hat erst vor fünf Monaten bei uns angefangen und befindet sich noch in der Probezeit. Verdammt! Mein Mitleid mit ihr wird immer größer. Und das, obwohl sie mir mit ihrer überschwänglichen Art sonst oft auf die Nerven geht.

    „Also, ich fühle mich total wohl hier, genau in der Mitte zwischen Sabine und Heiko – und in direkter Nähe zu Tom", antwortet Martin lächelnd.

    „Und bei mir passt’s auch optimal von der Konstellation her, meint Tom, „ich fühle mich etwas näher zu Heiko als zu Sabine, deshalb habe ich mich so positioniert.

    „Und wieso verspürst du eine größere Distanz zu Heiko als zu Martin, der fast neben dir steht? Ihr könntet euch ja auch komplett anders aufstellen!, merkt Bernd an. „Stellt euch mal vor, ein Mitarbeiter wäre nicht da. Beispielsweise die Sabine. Denkt sie euch einfach mal weg! Würde das in der Konstellation unter euch dreien etwas ändern?

    „Ja klar. Martin und ich würden dann näher mit Heiko zusammenrücken", antwortet Tom unverblümt.

    Mir klappt fast die Kinnlade herunter.

    Auch Achim sieht alles Andere als begeistert aus.

    Sabine starrt inzwischen nur noch auf den Boden. Sie scheint die Zähne heftig zusammenzubeißen, um nicht laut losheulen zu müssen.

    Auf einmal halte ich es nicht mehr aus.

    Ehe ich mich versehe, rufe ich ganz laut: „ES REICHT, BERND, ES REICHT!"

    Alle sehen mich irritiert mit großen Augen an.

    Bernd japst sichtlich nach Luft.

    Aber ich bin noch lange nicht fertig. Wie bei einem Vulkan, der zu lange unter Druck gestanden hat, sprudelt es nur so aus mir heraus.

    „So kannst du nicht mit Menschen umgehen, Bernd! Diese Übung trägt nicht zum Teamspirit bei, sondern zerstört ihn nur! Man kann sich Kollegen nicht einfach wegdenken! Wie kannst du unsere jüngste Kollegin im Team bloß in so eine missliche Lage bringen? Die arme Sabine! Führe deine seltsamen Psychoanalysen bitte woanders aus, aber nicht hier! Das ist mir echt zu blöd! Da mache ich nicht mit!"

    Mit seinen tiefblauen Augen sieht Bernd mich extrem lange an, als ob er mich gleich hypnotisieren würde. Die Stille im Raum ist fast hörbar, so unangenehm empfinde ich die Situation.

    „Linda, bist du mit deinen Ausführungen fertig?", fragt Bernd mich nach einer Weile seelenruhig, als ob er gerade frisch von einem Meditationsseminar aus dem Himalaya zurückgekommen wäre.

    „Ja, das bin ich", nicke ich.

    „Ich stelle fest, du kooperierst nicht mit dem Team. Das ist schlecht. Sehr schlecht, konstatiert Bernd, „was führt dazu, dass du dich selbst ausgrenzt, Linda? Magst du deine Empfindungen mit uns teilen?

    „Das ist doch offensichtlich, warum ich nicht mitmachen möchte! Deine seltsamen Analysen und suggestiven Fragen führen zu Problemen im Team. Das ist nicht der Zweck eines zielgerichteten Coachings", antworte ich empört und jetzt weitaus gefasster.

    „Soso. Meine seltsamen Analysen. Findest du meine Analysen seltsam, Tom?", erkundigt sich Bernd bei meinem Kollegen.

    „Nein, im Gegenteil. Ich finde sie die Teamdynamik betreffend äußerst aufschlussreich, erwidert Tom grinsend, „ich finde, es ist beachtlich, welche persönlichen Konfliktlinien du damit ans Tageslicht bringst!

    „Und du, Sabine? Wie geht es dir damit?, möchte Bernd wissen. „Linda hat sich ja wohl vor allem so aufgeführt, um dir zu helfen. Sie hat dich gewissermaßen als Opfer stilisiert.

    Sabine schaut wieder nach oben.

    Es ist deutlich erkennbar, dass sie immer noch kurz vor dem Weinen steht. Aber sie reißt sich zusammen und zwingt sich zu einem Lächeln.

    „Ich schätze es sehr, Linda, dass du dich für mich einsetzt!, sagt sie langsam. „Aber das ist überhaupt nicht nötig, fährt sie dann erstaunlich bestimmt fort, „ich finde, Bernd macht eine Superarbeit! Ich gebe zu, es tat total weh, als Heiko sich so weit von mir weggestellt hat. Aber insgeheim habe ich das schon seit längerem vermutet, dass er mich nicht sympathisch findet. Ich finde diese Übung so toll, denn da kann ich lernen, wie ich mit meiner Gegenwart auf das Team wirke. Ich bin bei der Übung nämlich gar kein Opfer, nicht wahr?" Triumphierend sieht Sabine Bernd an.

    „Sehr gut! Mach’ weiter so, Sabine! Erzähle uns mehr, wie du dich fühlst!", muntert er sie begeistert auf.

    „Ich bin ja quasi das Küken hier", meint Sabine, „aus diesen Erfahrungen kann ich lernen, wie ich mich ändern kann, um für weniger Spannungen im Team zu sorgen. Es tut mir leid, wenn ich durch meine lebhafte Persönlichkeit eure soziale Ordnung durcheinandergebracht habe. Aber dafür

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