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Nach Sonnenuntergang: Sie kommen nachts ...
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eBook236 Seiten3 Stunden

Nach Sonnenuntergang: Sie kommen nachts ...

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Über dieses E-Book

Wenn die Dunkelheit kommt, steigen sie empor. Geister und Dämonen bemächtigen sich unser und lassen unser Blut erstarren. Unsere tiefsten Ängste erwachen, unsere Sinne richten sich auf das schier Unmögliche. In dunklen Schatten lauern ungeahnte Gefahren, und das leiseste Geräusch klingt wie ein Donner.

Doch gibt es sie nur nachts? Sind all die vielen Sterne, die wir am Himmel sehen, wirklich unbewohnt? Oder lauert auch dort das Böse, Unvorstellbare, das uns sogar am Tage bedroht?


Lesen Sie die 12 Geschichten in diesem Buch, und vergessen Sie Ihre Paranoia! Denn die Angst ist real.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum9. Juli 2018
ISBN9783946381426
Nach Sonnenuntergang: Sie kommen nachts ...

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    Buchvorschau

    Nach Sonnenuntergang - Jon Padriks

    Autorenvorstellung

    Widmung

    Für alle, die mich auf meinem Weg bislang begleitet und an mich geglaubt haben.

    – Jon Padriks –

    Vorwort

    Verehrte Leser,

    glauben Sie an das Übersinnliche, das Okkulte? An Geister und Dämonen? Das personifizierte Böse? Vielleicht auch an außerirdisches Leben?

    Meiner Meinung nach kann es keine Frage sein, dass es auch außerhalb der Welt, wie wir sie bewusst wahrnehmen, Kräfte gibt, die unser rationales Verstehen überfordern. Nicht jedes Erlebnis lässt sich stets logisch erklären, und unsere Psyche ist viel sensibler, als vielleicht gesund für uns wäre.

    In diesem Buch lesen Sie eine exquisite Auswahl meiner schönsten und gleichsam schaurigsten Geschichten, die von solchen Erlebnissen handeln. Sie werden vielleicht das ein oder andere Mal schmunzeln, denn ab und an habe ich den Schrecken bewusst überzeichnet. Wenn Sie aber gute Schauerliteratur mögen, werden Sie mit Sicherheit auf Ihre Kosten kommen. Gewiss werden Sie am Ende mancher Geschichte mit meinen Protagonisten aufatmen, wenn der Schrecken vorüber ist. Gelegentlich werden Sie sich aber vielleicht auch fragen, ob wir nicht tatsächlich einer höheren Macht ausgesetzt sind – und ob dies nun positiv oder negativ ist. Denn nicht immer siegt das Gute …

    Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre der Geschichten in diesem Buch jedenfalls gute Unterhaltung!

    Bad Honnef, im Juni 2018

    Jon Padriks

    Nachtwache

    Es ist gut, wenn es

    still ist in dem Haus,

    in dem du

    Nachtwache hast.

    Manchmal aber wird die

    Stille unerträglich.

    Jedes Geräusch wird zu

    Lärm in deinem Kopf,

    und die Schatten

    erschrecken dich.

    Deine Fantasie

    verbündet sich mit den

    dunklen Seiten der Nacht,

    und die Vorahnung des Todes

    überkommt dich.

    »Bisher noch nicht«, sagte der Mann, das Gesicht von der dicken Bettdecke fast gänzlich verdeckt. Obgleich der Alte undeutlich sprach, verstand Jim jedes Wort. Wahrscheinlich aber auch aus dem Grund, weil er mit der Antwort gerechnet hatte. Schließlich hatte er dem Alten zum x-ten Mal dieselbe Frage gestellt, und seit einem halben Jahr nun bekam er immer die gleiche Antwort.

    Jim schüttelte langsam den Kopf und sah auf das Glas, in dem zwei Zahnprothesen, untere und obere, im Wasser lagen. »War denn der Zahnarzt heute da?«

    Wieder verneinte der Alte. »Vielleicht kommt er ja noch«, beeilte er sich dann, zu sagen.

    Jim lächelte, guckte auf seine Armbanduhr und winkte ab. »Bestimmt nicht, Mister Freed, schließlich haben wir schon elf Uhr abends. Aber jetzt nehmen Sie erst mal Ihre Nachtmedizin.« Er nahm die kleine, runde Tablette aus dem auf dem Nachtschrank bereitgestellten Döschen und schob sie in den zahnlosen Mund des Bettlägerigen. Dann reichte er ihm ein Glas Wasser.

    Dankend nickte Freed und spülte die Pille hinunter. »Eine ruhige Wache noch, Jim«, sagte er.

    »Ja, danke.« Jim strich dem Alten zärtlich über die Wange. »Und Ihnen eine gute Nacht!« Er knipste die kleine Lampe oberhalb des Bettendes aus und verließ das Zimmer.

    Als Jim kurz nach Mitternacht das Stationszimmer wieder betrat, schenkte er sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich an den Tisch. Da sah er den Brief, der bei seinen Schreibsachen lag.

    Mister Jonathan Freed, las er lautlos und warf einen Blick auf das Regal hinter sich, in dem die Post für die Bewohner des Altenheims gesammelt wurde, bis sie – meist an die Angehörigen – weitergegeben wurde.

    Jim grinste. Jonathan, der Name passte zu dem Alten!

    Plötzlich stockte er. Der Brief hatte weder eine richtige Anschrift noch einen Absender. Alles, was Jim erkennen konnte, war, dass der Brief aus Stormy Hill in Schottland kam. Wie aber war dieser hergekommen? Und dann auch noch an die richtige Adresse? Mochte ein Bekannter Freeds, der in Stormy Hill gewesen war, ihn mitgebracht haben?

    »Halt, Moment mal!«, brauste Jim an sich selbst gewandt auf, sodass er vor seiner eigenen Stimme fast erschrak. War das nicht der Brief, auf den der Alte schon so lange wartete? Hatte Freed nicht nach Stormy Hill geschrieben in der Hoffnung auf jenen Wunderheiler, der dort leben sollte und angeblich in der Lage war, Fernheilungen durchzuführen?

    Am liebsten wäre Jim aufgesprungen, um Freed den Brief zu bringen. Aber der schlief sicher schon längst.

    Im nächsten Augenblick wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als ein leidvoller Ruf ertönte.

    Das war Freed!

    Einen Moment später stand Jim in der Tür zum Zimmer des Alten und sah ihn an. Er lag mit schmerzerfülltem Gesicht in seinem zerwühlten Bett und starrte in seine Richtung.

    »Was ist?«, stieß Jim hervor, eilte zu Freed und griff nach seiner Hand.

    »Ich …«, stotterte Freed. »Ich sterbe …«

    Jim schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein, ganz bestimmt nicht!«, versuchte er den Alten und auch sich selbst zu beruhigen. Er zeigte dem Mann den Brief, den er noch immer in der Hand hielt. »Hier! Der ist aus Schottland! Sie werden leben.«

    Augenblicklich war Freed ruhiger, schien sich zu fangen und sagte beinahe befehlend: »Lies ihn mir vor! Schnell!« Er ließ Jim los.

    Der riss das Kuvert auf und entfaltete das Schreiben. Mit vor Aufregung bebender Stimme las er die mit zittriger Hand geschriebenen Zeilen vor:

    »Mein lieber Mister Freed!

    Aus Ihrem Schreiben vom ersten Januar entnehme ich Ihren Wunsch nach einem erfüllten Leben.

    Nachdem ich Ihnen nun lange Bedenkzeit eingeräumt habe, ohne dass Sie dieses Anliegen widerrufen hätten, teile ich Ihnen nun mit, dass in der Nacht vom 4. zum 5. Juli diesem Wunsch nachgekommen wird: Sie sollen leben!«

    Jim sah auf. »Aber das ist ja diese Nacht.« Sein Blick fiel auf Freed, der jetzt wie schlafend dalag. »Mister Freed?«

    Jim erhielt keine Antwort. Und er war schon lange genug in dem Beruf tätig, um Schlaf und Tod unterscheiden zu können. Instinktiv fasste er nach dem Handgelenk des Alten. Tatsächlich war kein Puls mehr tastbar. Betroffen schüttelte er den Kopf, musste an die gelesenen Zeilen denken, las sie noch einmal. »Sie sollen leben!«

    Unheimlich hallte das Echo von den hellhörigen Wänden des Zimmers wider. Doch Jim nahm das nicht mehr wahr. Mit gesenktem Kopf wandte er sich zur Tür, um über das Telefon im Stationszimmer die Nachtbereitschaft zu informieren.

    Kaum hatte er einen Schritt gemacht, da spürte er plötzlich den kalten, festen Griff einer Hand im Nacken.

    »Ich werde leben!«, ertönte Freeds Stimme. Ein unheimliches, gefühlloses Lachen folgte.

    Jim wurde übel. Er schrie auf, rannte zur Tür, noch immer die kalte Hand im Nacken spürend. Erst als er auf dem Flur, zehn Meter von Freeds Zimmer entfernt, um eine Ecke bog, ließ ihn diese endlich los. Schnell floh er in das nächste Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und machte Licht.

    »Was, um alles in der Welt, soll das denn?«, schnauzte ihn Mrs Smith an, in deren Zimmer er so barsch eingedrungen war. Sie saß aufrecht im Bett und blickte dem jungen Mann fassungslos entgegen.

    Noch bevor der eine Antwort geben konnte, vernahm er ein Kratzen auf der anderen Seite der Tür, und einen Augenblick später spürte er, wie jemand – oder etwas – die Klinke, die er noch immer festhielt, herunterzudrücken versuchte.

    Die alte Dame erkannte die Sachlage zum Glück und war sofort hellwach. »Einbrecher?«, schlussfolgerte sie ängstlich.

    »Wenn’s nur das wäre!«, antwortete Jim und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Tür.

    »Soll ich die Polizei rufen?« Mrs Smith griff nach dem Telefonapparat auf ihrem Nachttisch.

    »Machen Sie lieber, dass Sie hier wegkommen!« Jim deutete auf die Balkontür.

    Ein Knall zerriss die Luft.

    »Hauen Sie ab!«, schrie Jim die Alte an. »Er versucht, die Tür aufzubrechen.«

    Mrs Smith versuchte, Jims Anordnung Folge zu leisten, bemühte sich, aus dem Bett zu kommen, was jedoch mit nur noch einem Bein gar nicht so einfach war. »Helfen Sie mir!«, jammerte sie.

    »Ich kann nicht!«, wehrte Jim ab, sprang von der Tür weg, stieß hastig den Tisch davor und kippte ihn als Schutzwall dagegen.

    »Bitte!«, flehte unterdessen die Alte.

    Jim schnappte sich den schweren Körper der Frau und hievte ihn in den Rollstuhl neben dem Bett.

    In dem Moment zerbarst die Tür.

    Mr Freed stand vor ihnen. Doch es war nicht der friedliche, immer gut gelaunte Freed, den Jim kannte, nein! Es war das Böse in der Gestalt Freeds! Als wäre es nichts, warf es den Tisch beiseite und kam auf die beiden unter lautem, widerlichem Gestöhne zu, riss den zahnlosen Mund auf und breitete die Arme weit aus. Es wollte Jim packen, da sprang dieser durch die offen stehende Balkontür ins Freie.

    Von hier aus musste Jim zusehen, wie Freed sich auf Mrs Smith stürzte. Während die Frau laut aufschrie, packte der Alte ihren Kopf und riss ihn ihr von den Schultern, als wäre sie eine Puppe. Fontänenartig spritzte das Blut. Ihr Schrei hallte noch nach, als Freed den Kopf gegen die Wand schmetterte, an der er zerbarst.

    Jim hatte genug gesehen. Er sprang vom Balkon, landete auf dem Garagendach des Nachbarhauses und gelangte so zu einem Schlafzimmerfenster. Wild klopfte er dort dagegen, bis es endlich von einem vor Wut rasenden Mann im Pyjama geöffnet wurde.

    »Was sind das denn für Manieren?«, bellte er Jim an, packte ihn am Kragen und beschleunigte so sein Eindringen in das Haus.

    Jim ließ alle Beschimpfungen über sich ergehen und hätte auch die Ohrfeige widerstandslos hingenommen, wäre nicht die Frau des Wüterichs dazwischengegangen.

    »Halt, Charles!«, rief sie und hielt die schon zum Schlag erhobene Hand ihres Gatten fest. »Siehst du denn nicht, dass der Mann Hilfe benötigt?« Mit der Feinfühligkeit einer Frau hatte sie Jim durchschaut. »Setzen Sie sich erst mal hin«, sagte sie zu Jim und drückte ihn mit sanfter Gewalt in einen Sessel neben dem Fenster. Dort ließ sie ihn verschnaufen, drängte aber nach einer Weile: »Ich glaube, Sie sind uns eine Erklärung schuldig!«

    Jim nickte langsam, das Gesicht in den Händen vergraben. »Natürlich …« Er sah auf. »Bestimmt werden Sie meine Geschichte nicht glauben. Das kann ich ja selbst kaum.« Er blickte der Frau fest ins Gesicht und berichtete alles, was passiert war. Die Augen seiner Zuhörer wurden während seiner Erzählung immer größer. Als Jim fertig war, sah sich das Paar ungläubig an.

    »Sie sagen, der Brief, mit dem alles angefangen hat, sei aus Stormy Hill in Schottland gekommen?«, fragte der Mann und ging an eine Regalwand, die mit Büchern überfüllt war. Einen Augenblick suchte er, dann kam er mit einem dicken Wälzer zurück, setzte sich neben Jim auf eine Kommode und schlug das Buch auf. »Stormy Hill, ein kleines Dorf im Norden Schottlands. Einziger Zugang über einen schmalen Bergpfad«, las er, überflog ein paar Zeilen und las weiter: »Schottische Legenden berichten, dass Stormy Hill der Wohnort des Bösen sei, jedoch könne dieses auf Wunsch eines Menschen verreisen unter der Bedingung, dass der Mensch sein Leben gegen seine Seele bereit sein müsse, zu tauschen.« Er schlug das Buch zu und sah Jim ernst an.

    »Das also ist das Geheimnis«, flüsterte dieser nachdenklich. »Aber wie kann man das Böse wieder nach Stormy Hill oder sonst wohin – halt weg – treiben?«

    »Um das Böse, ist es erst einmal aus Stormy Hill entkommen, wieder dorthin zurückzubringen, benötigt es einen Menschen, dessen Leben ausgelöscht wird für die Seele desjenigen, der besessen ist«, antwortete der Gefragte.

    Ironisch lächelte Jim. »Und – schwups! – ist das Böse wieder weg?«

    »Aber was geschieht mit demjenigen, dessen Leben ausgelöscht wird?«, mischte sich die Frau ein.

    Ihr Mann zog sie zärtlich in seine Arme. »Was glaubst du wohl, woher die Menschen in Stormy Hill kommen? Kein Mensch, der eine Seele hat, könnte dort leben, wo das Böse heimisch ist.«

    Entsetztes und gleichsam nachdenkliches Nicken gab dem Mann zu verstehen, dass sowohl seine Frau als auch Jim verstanden.

    »So werde ich zurückgehen müssen«, entschied Jim und stand auf. »Und bald schreibe ich Ihnen eine Ansichtskarte aus Schottland.«

    Die Frau erschrak. »Was?«

    »Einer muss gehen, und ich bin verantwortlich für die Alten da drüben.« Jim deutete auf das angrenzende Altenheim.

    Der Mann stimmte zu. »Ja, Mary, er hat recht. Und er muss so bald wie möglich gehen, bevor das Böse sich noch weiter ausbreitet und auch wir sterben müssen. Das willst du doch nicht, oder?«

    Sie schwieg.

    »Dann gehe ich am besten jetzt«, erklärte Jim. »Sind irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen zu beachten?«

    »Sie dürfen auf keinen Fall Angst vor dem Bösen haben. Und machen Sie ihm klar, dass Sie sich für uns opfern.«

    Jim nickte entschlossen. Unter den mitleidigen und ängstlichen Blicken des Paares ging er zurück auf den Balkon.

    Etwa einen Monat später erhielten Mr und Mrs Burkley, die Nachbarn des Altenheims, Post aus Schottland. Mit zittriger Schrift stand auf einer Ansichtskarte:

    »Liebe Freunde,

    unserem Gespräch am 5. Juli entnehme ich Ihren Wunsch nach einem dauerhaft erfüllten Leben. Nachdem ich Ihnen nun lange Bedenkzeit eingeräumt habe, ohne dass Sie dieses Anliegen widerrufen hätten, teile ich Ihnen nun mit, dass in der Nacht vom 11. zum 12. August diesem Wunsch nachgekommen wird: Sie sollen leben!

    Hochachtungsvoll, Ihr Freund Jim«

    … und es gibt sie doch!

    Da! Als das Klopfen begann, zuckte Benny zusammen. Seit er zu Bett gegangen war, hatte er darauf gewartet. Er wusste, er würde es auch in dieser Nacht zu hören bekommen, doch nun setzte es so plötzlich ein, dass die Furcht ihm die Kehle zuschnürte. Bald war der Riss in der Wand sicher breit genug, damit das Monster herauskommen konnte. Warum nur hatte ihm niemand geglaubt, als er von dem Pochen erzählte, das schon letzte Nacht erklungen war? Die Eltern hatten ihm einzureden versucht, er habe schlecht geschlafen, und Isabelle hatte über ihren drei Jahre jüngeren Bruder nur gelacht. Niemand hatte etwas vernommen. Aber diesen Lärm musste man doch hören!

    Bennys Hände wurden feucht, die Angst kroch über seinen Körper gleich einer Schlange. Gebannt lag der Neunjährige da, starrte auf die Wand gegenüber dem Bett. Vielleicht hörte es niemand außer ihm, weil es die Außenwand war? Dahinter erstreckte sich weites Land bis zum Horizont. Das Fenster war nur zwei Fuß von der Stelle entfernt, wo es sich seinen Weg zu ihm grub.

    Das Einzige, was klopft, ist die Meise unter deinem Pony, Doofie, erinnerte er sich an Isabelles Hohn. Vergnügt hatte sie sich auf die Schenkel geklopft, als Vater die Mauer auf sein Drängen hin untersucht hatte.

    Da ist kein Riss, mein Sohn, nicht mal ein Mauseloch, war dessen Erkenntnis gewesen. Er hatte ihm durch die blonden Locken gewuselt. Vater und Isabelle hielten ihn noch immer für ein kleines Kind!

    Benny biss sich auf die Unterlippe. Rang mit sich, zu schreien oder aufzuspringen und davonzulaufen. Aber er wollte nicht wieder Isabelles Spott ertragen.

    Krrrrk!

    Das Geräusch eines Steins, der in der Mauer verschoben wurde, erklang. Benny hielt den Atem an. Gleich darauf erschollen weitere eindeutige Töne. Es war so weit. Benny versuchte, den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken. Er musste etwas tun, durfte nicht einfach liegen bleiben. Er wollte das Monster nicht sehen, das aus der Wand hervorbrach, wollte nicht sterben …

    Plötzlich fiel ein Lichtschein durch den schmalen Spalt, den seine Tür geöffnet war. Mutter kam die Treppe herauf.

    In Bennys Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie wäre dem Monster bestimmt gewachsen. Aber sie rechnete nicht mit einer Konfrontation. Also würde es sie vielleicht doch überwältigen. Töten. Fressen. Vor seinen Augen. Um dann, nachdem es ihm den liebsten Menschen genommen hatte, ihn zu ermorden.

    »Nein!«, schrie Benny.

    Da stieß Eve Michaels die Tür auf, schaltete die Deckenlampe ein. Besorgt sah sie ihren Jungen an. »Wieder schlecht geträumt, mein Schatz?« Eve ging zu ihrem Sohn, strich ihm über den Kopf. »Es war nur ein Traum, nichts weiter. Es ist alles in Ordnung, wie du siehst.«

    Benny lugte zu der Wand neben dem Fenster. Nicht ein Stein war verrückt. Erleichtert, aber verwirrt blinzelte der Junge. Mit Tränen in den Augen sah er zu seiner Mutter auf. Solange sie über

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