Negotius: Dimensionen der Verhandlungsführung
Von Foad Forghani
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Foad Forghani
Foad Forghani ist einer der gefragtesten Shadow Negotiators in Europa. Shadow Negotiators sind Verhandlungsspezialisten, die Verhandlungsstrategien für Mandanten aus Wirtschaft und Politik entwickeln und sie dabei begleiten. Forghani wird vor allem in Krisensituationen und brisanten Verhandlungsfällen als Spezialist hinzugezogen. Er versteht es, die schwierigsten und komplexesten Verhandlungsfälle mit außergewöhnlichen Ideen zum Erfolg zu führen. Er ist ein gefragter Experte in den Medien, wenn es um die Geheimnisse der Verhandlungsführung geht. Zu seinen Mandanten zählen hochrangige Wirtschaftsführer.
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Buchvorschau
Negotius - Foad Forghani
Inhalt
Verhandlungsmanagement
Die Wirkung von Argumenten
Rangordnung
Motivdeutung
Macht
Innerer Zustand
Die Agenda
Verhandlungsvorbereitung
Trennung von Person und Sachverhalt
Win-win als Wagnis
Umgang mit der Angst bei einer Verhandlung
Verhandeln mit sich selbst
Angst vor Erfolg
Der Wegweiser
Solides Taktieren
Ein mächtiges Instrument
Gewieft verhandeln
Satelliten-Verhandlungen
Multilaterale Verhandlungen
M&A-Verhandlungen
Die höchste Liga der Verhandlungsführung
Verhandeln in Extremsituationen
Schocktherapie!
Macron
Globus ohne Europa
Das mündige Volk
Hinweis: Alle Angaben und Bezeichnungen im Buch beziehen sich auf Angehörige beider Geschlechter. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text vorwiegend lediglich eine Form gewählt.
Der Lebensquell versiegt und wir gewahren mit Schmerz, daß wir nicht bleiben, was wir waren.
Hafez (~1315-~1390), persischer Dichter und Mystiker
Verhandlungsmanagement
Mit dem Verhandeln assoziiert jeder von uns den Moment, in dem wir mit den Verträgen unter dem Arm den Besprechungsraum betreten, die anderen kommen ebenso hinein, es werden Argumente ausgetauscht. Diesen Ausschnitt eines Gesamtprozesses von Interaktionen zwischen Personen sehen wir als Verhandlung an. Das Verhandeln ist natürlich viel mehr. Alle Aktionen, die durchgeführt werden, welche eine Wirkung auf die Entscheidungsfindung der Gegenseite haben, sind ein Teil der Verhandlung. Das Verhandeln beginnt mit dem Händeschütteln oder gar zuvor, weil alles, was von da an unternommen wird, eine Wirkung auf die Entscheidungsfindung des Verhandlungspartners hat. Wann ein Verhandlungspartner angerufen wird, ist oft wichtiger als das, was wir beim Telefonat zu sagen haben. Denn der Zeitpunkt des Anrufes weckt eine Erwartungshaltung beim Gegenüber. Kein Argument der Welt wird den Gesprächspartner dazu bewegen, seine Forderung herunterzuschrauben, wenn er einmal seine Erwartungshaltung den Machtverhältnissen und dem Verhalten der gegnerischen Partei gemäß justiert hat. Rhetorik wird überbewertet. Verhandeln ist viel mehr als rhetorisch gut manövrieren zu können.
Im Kern verhandeln wir, um die Entscheidungsfindung des anderen zu steuern, diese zu lenken. In diesem Zusammenhang werden Argumente ausgetauscht, um Vernunft zu suggerieren. Darüber hinaus existiert bei den meisten die unbewusste Annahme, dass ein Gesprächspartner überzeugt ist, wenn man ihn überredet hat. Dies ist aber selten der Fall.
Die Rhetorik hat zwar eine Wirkung. Diese ist aber eingeschränkt und somit nicht ausreichend, um eine Verhandlung zu führen.
Also, was ist das Verhandeln nun? Was umfasst es?
Das Verb Verhandeln
besteht aus Ver
und Handeln
. Das Handeln inkludiert natürlich viel mehr als nur das Reden. Wenn man berücksichtigt, dass die Sprache eine psychologische Dimension besitzt und deshalb viel mehr Informationen zu vermitteln hat, als wir meinen, so sagt sie in diesem Fall, dass jedes Handeln ein Teil einer „Ver-Handlung" ist.
Verhandeln umfasst somit jedes Tauziehen um Motive und Interessen.
Gewiss schließt das Verhandeln kriegerische Handlungen aus, also jede Art von Gewalt austragender Handlung. In manchen Bereichen bleibt aber die Linie zwischen einer Verhandlung und einer kriegerischen Handlung hauchdünn. Zum Beispiel wenn eine Partei, in diesem Fall ein Land, sich dazu entschließt, Soldaten an der Grenze zu positionieren, um das andere Land bei aktuellen Verhandlungen unter Druck zu setzen. Die Positionierung der Soldaten ist in diesem Fall eine Gewaltandrohung auf der Handlungsebene. Solange es nicht zu einem Gewaltausbruch kommt, kann dies analytisch betrachtet als Teil einer Verhandlung betrachtet werden, wenn auch in konkreten Fällen nicht immer empfehlenswert. Aber wir betrachten ja den geschilderten Fall, um Dynamiken zu verstehen. Ob und wann eine solche Aktion durchzuführen und ob sie zweckmäßig wäre, ist eine andere Frage.
Die Verhandlungsführung ist also eine ganzheitliche Kunst, die alle Handlungen, die der Zielerreichung dienen, beinhaltet, ausgenommen kriegerische.
Die nächste Frage, die sich sofort stellt, ist die der Ethik und Moral. Ethik ist in diesem Zusammenhang als eine getrennte, autarke Disziplin anzusehen. Das bedeutet nicht, dass ethisch-moralische Werte nicht berücksichtigt werden sollten. Es bedeutet, dass dies dem Verhandler überlassen ist, nicht dem Verhandlungsmanagement.
Eine Verhandlung aus der ganzheitlichen Perspektive der Handlungen zu führen, öffnet den Blickwinkel für die unendliche Reihe von Möglichkeiten, die anvisiert, geplant und durchgeführt werden können, um ein Verhandlungsziel zu erreichen.
Alle Handlungen, die ein Verhandler in diesem Kontext durchführt, werden nun wichtig. Denn mit eigenen Handlungen senden wir dem Gegenüber nicht nur positive und negative Signale, die seine Erwartungshaltung ändern, sondern adressieren und bedienen auch seine Interessen und Ängste und können ihn somit belohnen und bestrafen, um seine Entscheidung in unserem Sinne zu steuern. Darin liegt die wahre Kunst des Verhandlungsmanagements verborgen. Wer darüber hinaus auch die Machtverhältnisse zu seinen Gunsten ändern kann, hat alles Notwendige unternommen, um die Verhandlung erfolgreich zu führen. Zum Thema Macht
aber später mehr in einem gesonderten Kapitel.
Der Verhandlungspartner, der mit der Androhung konfrontiert wird, dass ein aktueller Geldzufluss gekürzt wird, wird für unsere Argumente weniger zugänglich sein, als wenn wir die Reihenfolge von Äußerung und Handlung austauschen würden. Das heißt, wenn zuerst der Geldfluss gekürzt wird und erst danach das Gespräch stattfindet, wird dieselbe Person unseren rhetorischen Äußerungen viel mehr Beachtung schenken.
Auch diesem Beispiel soll natürlich nicht in allen Verhandlungsfällen gefolgt werden. Denn die Zweckdienlichkeit der eingesetzten Taktik ist abhängig von der Wertigkeit der Beziehung mit dem Verhandlungspartner und den Machtverhältnissen.
Das erwähnte Beispiel zeigt uns allerdings, wie wichtig eigene Entscheidungen, die in Handlungen münden, sein können und wie somit das Regelwerk funktioniert.
Ein tiefgehendes, klares Verständnis der Verhandlungsdynamiken ist der erste und sehr wichtige Schritt für jeden, der diese Kunst ganzheitlich beherrschen möchte. Es ermöglicht hohe Variabilität und somit auch Effektivität bei allen anstehenden Verhandlungen. Denn alle Folgeschritte basieren darauf.
Alle Handlungen, die vollführt werden, um ein Ziel zu erreichen, sind Teil einer Verhandlung.
Die eigenen Entscheidungen, die in Handlungen münden, sind oft wichtiger als rhetorische Manöver.
Rhetorik und Kommunikation sind nur ein Teilbereich der Verhandlungswelt.
Die Wirkung von Argumenten
Wie bereits im ersten Kapitel erläutert, ist das Bild, das wir im Allgemeinen mit dem Thema der Verhandlungsführung assoziieren der Moment, wenn zwei Verhandlungspartner mit ihren Verträgen am Tisch sitzen und Argumente austauschen.
Gewiss gehört dieses Bild zur Verhandlungswelt. Aber wie einleitend expliziert, ist das Verhandeln eben viel mehr als nur das Unterhandeln von Verträgen. Es ist mehr als das Austauschen von Argumenten.
Jede Art von Tauziehen, das unsere Beweggründe und Interessenfelder tangiert, stellt eine Verhandlung dar.
Die Bestimmung des nächsten Urlaubsortes ist eine Verhandlung. Das erörternde Gespräch mit dem Kind, damit es um 8 Uhr abends ins Bett geht, ist eine Verhandlung. Natürlich ist es ebenso eine Verhandlung, wenn wir uns mit dem Vorgesetzten auf eine neue Gehaltsstufe einigen oder mit einem Partnerunternehmen eine Lösung finden, um neue Prozesse zu etablieren.
In all den Verhandlungssituationen sind wir stets bestrebt die Entscheidungsfindung des Verhandlungspartners in unserem Sinne zu lenken. Wir versuchen dies vorrangig mit Argumenten. Unsere unbewusste Annahme ist hierbei: Wenn der Verhandlungspartner überredet ist, dann ist er auch überzeugt.
Eine Dynamik, die ebenso im vorherigen Kapitel angeschnitten wurde.
Was passiert aber