Beitrag zum Klimawandel Phänologie
Von Dr. Siegmund Günther und Aloys Bockhorst
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Buchvorschau
Beitrag zum Klimawandel Phänologie - Dr. Siegmund Günther
EINLEITUNG
Jedes organische Wesen ist in seiner Entwicklung abhängig von der Umgebung, an welche es gebunden erscheint, und zwar sind es die klimatischen Zustände, welche in dieser Hinsicht einen besonders mächtigen Einfluss ausüben. So konnte es denn auch nicht fehlen, daß schon in ziemlich früher Zeit das Augenmerk der Naturforscher auf die erwähnte Abhängigkeit sich richtete und daß man bald daran dachte, eine fest – womöglich zahlenmäßig zu fixierende – Gesetzmäßigkeit zwischen den Entwicklungsstadien der Organismen und der ihnen entsprechenden Klimaphasen auszumitteln. In gewisser, freilich noch ganz äußerlicher Weise hatte sich schon das Altertum derartige Regeln zurecht gemacht.
Näheres hierüber findet man bei Ideler 1806. Man knüpfte gerne an feststehende astronomische Ereignisse an (Auf- und Untergang von Sternen usw.) wie bei den Athenern, später aber auch ebenso bei den Römern an gewisse Erscheinungen im Pflanzenleben, die für das praktische Leben Bedeutung besaßen und z. B. eine bestimmte Art landwirtschaftlicher Arbeiten notwendig machten. Zunächst war das Zusammentreffen ein zufälliges, abermals erblickte man darin auch einen Kausalzusammenhang.
Aufgabe der Astronomen war es, die „Phänomene zu verfolgen, sie mit den Hauptveränderungen der Witterung zu verbinden und beide Tatsachenreihen in der Form von „Parapegmen
tafelmäßig zusammenzustellen, welche man dann der öffentlichen Besichtigung zugänglich machte. Man besitzt noch Parapegmen von Geminus. Auch Caesar gab einen phänologischen Kalender heraus, dessen sich nach Plinius die Landleute gerne bedienten. Auch die späteren agronomischen Schriftsteller wie Columella und die „Geoponiker, legten Wert auf solche Tabellen. Jener führt die „providentia in motibus astrorum et ventorum
auf Eudoxus und Meton (fünftes vorchristliches Jahrhundert) zurück.
Man kann auch in den antiken Angaben über die Erscheinungen am Himmel und auf der Erde den Ursprung des jetzt üblichen Wortes Phänologie erblicken, obwohl dieses selbst natürlich neueren Datums ist.
Nach der verdienstvollen Schrift von E. Ihne 1884, welche für alle Arbeiten auf diesem Gebiete und natürlich also auch für die vorliegende Studie eine unentbehrliche Grundlage darbietet, ist das Wort Phänologie in unserem Sinne durch den belgischen Naturhistoriker C. Morren in Aufnahme gebracht worden. Die Biographie 1860 desselben, verzeichnet unter seinen vielen Abhandlungen nur eine einzige aus dem Jahr 1842, welche sich mit diesem Gegenstande befasst. Diese Arbeit lag dem Verfasser nicht vor.
Schon an und für sich ist es klar, daß die Tierwelt für Untersuchungen fraglicher Art ungleich weniger als die Pflanzenwelt in Betracht kommen kann. Das Tier bewegt sich frei von Ort zu Ort, die Pflanze ist wesentlich an ihren Standort gebunden. Es kann uns deshalb nicht wundern, daß zu dem, was man als Tierphänologie bezeichnen könnte, noch nicht viele Beobachtungen vorliegen. Wertvolles Material für eine spätere systematische Bearbeitung dieser überaus verwickelten Probleme hat Hoffmann 1887 für ihre jeweiligen Orte geliefert. Es handelt sich größtenteils um die periodische Wiederkehr solcher Tiere, die infolge ihrer Lebensgewohnheiten einen großen Teil des Jahres hindurch abwesend sind.
Wenn somit im Folgenden von Phänologie gesprochen wird, so versteht es sich von selber, daß wir ausschließlich die Phänologie der Gewächse im Auge haben.
Unsere Darstellung zerfällt in drei Bestandteile. Der erste derselben ist rein geschichtlich, und es geht unsere Absicht hier dahin, alle früheren Versuche zu registrieren und zu beleuchten, welche rein empirisch, und ohne irgendwelche theoretische Voreingenommenheit, die Bedingtheit des pflanzlichen Lebens durch meteorologische Faktoren zu erforschen strebten.
Daneben sollen jedoch auch die älteren Bemühungen um das, was man exakte Phänologie nennen möchte, was aber freilich diese Bezeichnung mehr nur dem Namen als dem Wesen nach verdient, eine Stelle finden. Die Tätigkeit eines reichen Lebens hat der Gießener Botaniker H. Hoffmann an die Lösung der vorstehend angedeuteten Aufgabe gesetzt und es lässt sich nicht leugnen, daß er zu einem Ergebnis gelangte, welchem freilich wohl nicht die entscheidende Bedeutung zukommt, die er selbst seinen Errungenschaften beizumessen geneigt war, welche unter allen Umständen aber doch einen wichtigen Durchgangspunkt in der Entwicklung der Phänologie darstellt. Hiermit wird sich die zweite Abteilung unseres Essays zu beschäftigen haben.
In der dritten endlich soll eingegangen werden auf die rein geographische Auffassung des phänologischen Grenzproblemes, wie sie in neuester Zeit, vorwiegend Dank den Anregungen Ihnes zum Durchbruch gekommen ist.
Über die Persönlichkeit dieses Mannes, in dem sich, wie man wohl sagen darf, die moderne phänologische Forschung durch Jahrzehnte hindurch konzentrierte, sowie über die Eigenart seines wissenschaftlichen Strebens erteilt vortrefflich den Aufschluss Ihnes Biographie.
Der zweite Abschnitt wird uns zu Hoffmann zurückführen und uns einen Einblick in seine Leistungen gewähren.
METHODEN
Als Begründer der Phänologie muss fraglos der große Pflanzenkenner betrachtet werden, der nach so vielen Richtungen hin in seiner Wissenschaft fruchtbar und bahnbrechend wirkte. Nachdem er sehr eingehend die Verhältnisse geographischer und bodenkundlicher Natur erörtert hat, welche für eine gegebene Pflanze von bestimmendem Einflusse sind, geht Linné weiter dazu über, die Zeiten des Eintrittes einer Pflanze in eine maßgebende
